Verwaltungsrecht

Vergabeermessen bei zu fördernden Sportveranstaltungen der Landeshauptstadt München

Aktenzeichen  M 31 K 18.1677

Datum:
17.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 42570
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1
VwGO § 88, § 102 Abs. 2, § 113 Abs. 5, § 117 Abs. 5, § 154 Abs. 1, § 167 Abs. 2
SportFöR § 2 Abs. 1, § 11 Abs. 4 Nr. 2
GKG § 52 Abs. 1, Abs. 3

 

Leitsatz

Um der Praxis der Selbstbindung der Verwaltung und dem Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. GG zu entsprechen, muss die Bewilligungsbehörde die in ihren eigenen Sportförderrichtlinien geregelten Voraussetzungen gleichmäßig anwenden. Insoweit hat sie auch nur eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung zu gewährleisten. (Rn. 21 – 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte ohne Anwesenheit des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 20. Mai 2019 verhandelt und entschieden werden, da der Kläger ordnungsgemäß zum Termin geladen worden ist und im Ladungsschreiben vom 15. April 2019 darauf hingewiesen wurde, dass im Falle des Nichterscheinens eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Das Begehren des anwaltlich nicht vertretenen Klägers ist dahingehend auszulegen (§ 88 VwGO), dass die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 14. März 2018 verpflichtet werden soll, dem Kläger die mit Antrag vom 15. Januar 2018 beantragte Förderung zu bewilligen.
Die so verstandene Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 15. Januar 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf Bewilligung der bei der Beklagten beantragten Förderung (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Bei Zuwendungen der vorliegenden Art handelt es sich um freiwillige Maßnahmen der Beklagten. Eine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch des Klägers auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Vorliegend einschlägig sind die Richtlinien der Landeshauptstadt zur Förderung des Sports (SportFöR) in der seit dem 01.01.2017 geltenden Fassung.
Sind die Fördervoraussetzungen – wie hier – zulässigerweise in Richtlinien geregelt, müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig angewendet werden. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung der jeweiligen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung im zugrunde liegenden Haushaltsgesetz/Haushaltsplan gezogen ist, nicht beachtet worden ist. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebunden ist. Dabei unterliegt eine solche Richtlinie nicht etwa wie Gesetze oder Rechtsverordnungen gerichtlicher Auslegung, sondern sie dient nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (BVerwG, U.v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 – juris Rn. 24). Bei den Richtlinien handelt es sich um keine Rechtsnormen, die einer richterlichen Auslegung unterworfen wären (BayVGH, B.v. 17.11.2010 – 4 ZB 10.1689 – juris Rn. 19; BayVGH. B.v. 27.7.2009 – 4 ZB 07.1132 – juris Rn. 13), sondern um verwaltungsinterne Weisungen. Diese setzen die Maßstäbe für die Verteilung von Fördermitteln. Sie erzeugen aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung über den Gleichheitssatz des Art. 3 GG bzw. Art. 118 Abs. 1 BV einen Anspruch auf Förderung im Einzelfall, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis der Beklagten auch gefördert werden. Nur entsprechend den genannten Grundsätzen besteht ein Anspruch auf Förderung im Einzelfall. In den einschlägigen Förderrichtlinien selbst wird auch einleitend klargestellt, dass die Förderung ohne Rechtspflicht im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel erfolgt (§ 2 Abs. 1 SportFöR).
1. Vorliegend hat der Kläger die Fördervoraussetzungen nicht erfüllt, da er vor Antragstellung – von ihm nicht bestritten – die Zustimmung des zuständigen Dachverbandes zur Durchführung der Skimeisterschaften eingeholt und erhalten hatte, ohne dass durch die Beklagte zuvor die grundsätzliche Zustimmung zur Austragung der Veranstaltung erteilt worden ist. Damit lagen die Fördervoraussetzungen nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 SportFöR nicht vor.
Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang zunächst, dass in § 11 Abs. 4 Nr. 2 SportFöR insoweit nur von Veranstaltungen in München die Rede ist.
Nach unbestrittener Aussage der Beklagten entspricht es ihrer ständigen Praxis, dieses Zustimmungserfordernis auch bei Veranstaltungen außerhalb des Stadtgebiets zu verlangen. Begründet wird dies u.a. damit, dass die Beklagte die Entscheidungsfreiheit über die Gewährung von Zuschüssen behalten will, weil bereits mit einer vorherigen Zustimmung eines Dachverbandes eine Vorfestlegung im Hinblick auf die zu fördernde Veranstaltung verbunden sei. Dies ist vom Gericht nicht zu beanstanden. Die Beklagte bestimmt im Rahmen des ihr eingeräumten Vergabeermessens darüber, welche Ausgaben sie dem Fördergegenstand zuordnet. Insoweit hat sie auch die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (vgl. BVerwG, U.v. 23.4.2003 – 3 C 25/02 – juris), sodass es allein darauf ankommt, wie die administrative Binnenvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt wurde und in welchem Umfang die Beklagte infolge dessen durch den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) gebunden ist (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2007 – 4 ZB 06.707 – juris Rn. 14). Das gilt insbesondere in Fällen, in denen der Wortlaut einer Verwaltungsvorschrift auslegungsbedürftig erscheint (BVerwG, U.v. 17.1.1996 – 11 C 5.95 – juris; BayVGH, U.v. 21.8.2002 – 4 B 00.1936 – juris).
Es obliegt einem Antragsteller, sich im Falle von Unklarheiten vorab mit der Förderstelle abzustimmen.
Im Übrigen ist die Forderung nach einer solchen grundsätzlichen Zustimmung auch bei Veranstaltungen außerhalb Münchens vom Wortlaut der Richtlinie gedeckt, da § 11 Abs. 4 Nr. 2 SportFöR an § 11 Abs. 4 Nr. 1 SportFöR anknüpft, in deren Satz 2 die ausnahmsweise Förderfähigkeit von Veranstaltungen außerhalb des Stadtgebiets niedergelegt ist.
Dass in früheren Förderzeiträumen seitens der Beklagten eine andere Förderpraxis bestanden habe, entbindet den Kläger nicht von der Einhaltung der zwischenzeitlich geänderten Fördervoraussetzungen.
Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang auch die Sichtweise des Klägers, dass das Wort „grundsätzlich“ die Interpretation zulasse, dass eine vorherige Zustimmung der Beklagten nicht immer zwingend und ausschließlich erforderlich sei. Zum einen bedeutet „grundsätzlich“ im maßgeblichen Kontext des § 11 Abs. 4 Nr. 2 SportFöR nach dem objektiven Empfängerhorizont, dass eine grundsätzliche Zustimmung der Beklagten vorliegen müsse (d.h. eine Zustimmung zum „ob“ der Veranstaltung, nicht bereits eine Zustimmung zum genauen „wie“) und nicht – wie der Kläger meint – dass eine solche Zustimmung grundsätzlich, d. h. nicht in jedem Fall, erforderlich sei.
Zum anderen ist auch insoweit auf die Interpretationshoheit der Beklagten über ihre Verwaltungsvorschriften, die von ihr praktizierte Auslegung und Anwendung dieser Vorschriften und die sich daraus für sie ergebende Bindung durch den Gleichheitsgrundsatz zu verweisen. Die Beklagte hat auch hier unwidersprochen ausgeführt, dass mittlerweile eine solche grundsätzliche Zustimmung bei allen Veranstaltungen, also nicht nur (wie noch unter Geltung der früheren Förderrichtlinie) bei Großveranstaltungen, gefordert werde.
2. Unabhängig von den unter 1. gemachten Ausführungen besteht ein Förderanspruch des Klägers auch deshalb nicht, weil der rechnerische Zuschuss den Betrag von 1.000 EUR nicht übersteigen und damit unterhalb der in § 11 Abs. 5 Nr. 2 und 4 SportFöR festgelegten Förderuntergrenze liegen würde. Bereits das vom Kläger mit seinem Verwendungsnachweis nachgewiesene Defizit in Höhe von 985,94 EUR liegt unterhalb dieser Grenze. Der von der Beklagten – vom Kläger nicht substantiiert angegriffene – fiktive Förderbetrag in Höhe von 20,125% der förderfähigen Kosten von maximal 2365,48 EUR liegt mit 476,05 EUR ebenfalls unterhalb der Förderuntergrenze.
Im Übrigen wird zum Nichtvorliegen der Fördervoraussetzungen auf die Begründung des angefochtenen Bescheids vom 14. März 2018 und die im Schriftsatz der Beklagten vom 22. Mai 2018 gemachten Ausführungen Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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