Verwaltungsrecht

Verlängerung der Frist zur Ablegung des juristischen Staatsexamens

Aktenzeichen  7 ZB 16.846

Datum:
10.10.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 53486
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2
JAPO aF § 26 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Eine Verlängerung der Frist zur Ablegung der Ersten Juristischen Staatsprüfung wegen Erkrankung kann nicht gewährt werden, wenn der Student die hierfür gegebenen Gründe nicht unverzüglich – wie dies § 26 Abs. 2 S. 3 JAPO aF vorschreibt – gegenüber dem Justizprüfungsamt geltend macht. (redaktioneller Leitsatz)
2 Das mangelnde Verschulden, eine Firstverlängerung zu beantragen, ist nicht nachgewiesen, wenn hierzu zwar ein diese Annahme stützendes Attest vorgelegt wird, das aber im Widerspruch zu den Feststellungen einer amtsärztlichen Stellungnahme steht und sich hiermit nicht hinreichend auseinandersetzt. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 2 K 15.97 2016-03-09 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I. Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz – Landesjustizprüfungsamt – vom 2. Dezember 2015, in dem festgestellt wird, dass die Erste Juristische Staatsprüfung 2014/2 für den Kläger „als erstmals abgelegt und nicht bestanden gilt“.
Das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg hat die Klage mit Urteil vom 9. März 2016 abgewiesen. Nach Maßgabe des § 26 Abs. 2 JAPO in der bis 31. Dezember 2015 geltenden Fassung der Verordnung (a. F.) hätten die Studenten die Erste Juristische Staatsprüfung spätestens nach dem Vorlesungsschluss des zwölften Semesters abzulegen. Im Fall der – vom Studenten zu vertretenen – Fristüberschreitung gelte die Prüfung als abgelegt und nicht bestanden. Die dem Kläger durch das Landesjustizprüfungsamt antragsgemäß mit Bescheid vom 4. Dezember 2013 bereits um zwei Semester auf das 14. Semester (Prüfungstermin 2014/2) verlängerte Frist zur Ablegung der Ersten Juristischen Staatsprüfung habe der Kläger aus von ihm zu vertretenden Gründen überschritten. Aus den im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ärztlichen und psychologischen Attesten ergebe sich nicht, dass der Kläger infolge seiner geltend gemachten Erkrankung nicht in der Lage gewesen sei, beim Landesjustizprüfungsamt rechtzeitig eine erneute Fristverlängerung zu beantragen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Rechtssache weise außerdem besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass es dem Kläger aufgrund seiner ihm attestierten depressiven Erkrankung unmöglich gewesen sei, „sein Studium zu verwalten“ und mit dem Landesjustizprüfungsamt in Kontakt zu treten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers vom 30. Mai 2016 Bezug genommen.
Der Beklagte widersetzt sich dem Zulassungsantrag des Klägers. Auf den Schriftsatz des Landesjustizprüfungsamts vom 3. Juni 2016 wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. An der Richtigkeit des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Bescheids des Landesjustizprüfungsamts vom 2. Januar 2016. Der Senat folgt den ausführlichen Gründen des angefochtenen Urteils und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). In Bezug auf das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren ist ergänzend zu bemerken:
Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Erkrankung des Klägers zwar eine Verlängerung der Frist zur Ablegung der Ersten Juristischen Staatsprüfung gerechtfertigt hätte, der Kläger jedoch die hierfür gegebenen Gründe nicht unverzüglich – wie dies § 26 Abs. 2 Satz 3 JAPO a. F. vorschreibt – gegenüber dem Landesjustizprüfungsamt geltend gemacht hat. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Würdigung der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Atteste durch das Verwaltungsgericht nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Den Attesten lässt sich – wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen ausführt – der Nachweis nicht entnehmen, dass es dem Kläger nicht möglich gewesen ist, mit dem Landesjustizprüfungsamt persönlich oder mittels einer Hilfsperson in Kontakt zu treten, um eine Verlängerung der Frist zur Ablegung der Ersten Juristischen Staatsprüfung zu beantragen. Entgegen der Ansicht des Klägers kommt es dabei für die gerichtliche Beweiswürdigung nicht auf die Form des vom Kläger angegriffenen amtsärztlichen Attests (E-Mail vom 23.12.2014) an, aus dem sich zwar die fehlende Studierfähigkeit des Klägers ergibt, jedoch ausdrücklich auch, dass es dem Kläger jederzeit möglich gewesen wäre, sich „auf dem Postweg, telefonisch oder per E-Mail“ beim Landesjustizprüfungsamt zu melden, was vom Kläger auch „ohne jede Widerrede eingeräumt wird“. Das im gerichtlichen Verfahren nachgereichte (und gegenüber seinem Attest vom 13.5.2014 abgeänderte) Attest des Psychologen W. vom 7. Juli 2015 widerspricht zwar ausdrücklich der amtsärztlichen Stellungnahme, setzt sich jedoch mit deren Feststellungen nicht hinreichend substantiiert auseinander. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht das Attest des Psychologen W. vom 7. Juli 2015 im Rahmen seiner Beweiswürdigung nicht als Nachweis dafür gelten lässt, dass der Kläger infolge seiner geltend gemachten Erkrankung nicht in der Lage gewesen ist, beim Landesjustizprüfungsamt rechtzeitig eine erneute Fristverlängerung zu beantragen.
2. Die Rechtssache weist entgegen der Ansicht des Klägers weder besondere rechtliche noch tatsächliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Der Umstand, dass der Kläger die Beweiswürdigung der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Atteste durch das Verwaltungsgericht angreift, rechtfertigt nicht die Annahme dieses Zulassungsgrunds.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 3 und § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 36.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Anhang) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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