Verwaltungsrecht

Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch Ablehnung von Beweisanträgen

Aktenzeichen  13a ZB 18.32274

Datum:
11.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 14584
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3e, § 78 Abs. 3 Nr. 1
VwGO § 138 Nr. 3
GG Art. 103 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Tatsachengericht nicht dazu, auf jede einzelne in das Verfahren eingeführte Auskunft und Stellungnahme sachverständiger Stellen einzugehen und sich mit diesen ausdrücklich auseinanderzusetzen (BVerwG BeckRS 2003, 31352100). (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Zu den ordnungsgemäß in das Verfahren einzuführenden Erkenntnismittel sind auch Gerichtsentscheidungen zu rechnen, sofern sie nicht allein wegen ihrer rechtlichen Schlussfolgerungen, sondern (auch) im Hinblick auf ihre tatsächlichen Feststellungen zur Begründung herangezogen werden (vgl. BVerwG BeckRS 2014, 49494). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 5 K 17.32781 2018-07-16 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 16. Juli 2018 hat keinen Erfolg. Zulassungsgründe nach § 78 Abs. 3 AsylG sind nicht gegeben.
Der Kläger trägt zur Begründung seines Zulassungsantrags zunächst vor, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG). Dies gelte für den im angegriffenen Urteil implizit aufgestellten Rechtssatz, dass konflikttypische Beweisnotstände bei der Einschätzung der allgemeinen Gefährdungslage im Herkunftsstaat allein zu Lasten des Schutzsuchenden gingen (UA Rn. 32, 37-39; SP S. 5 f.). So habe das Verwaltungsgericht von UNAMA nicht belastbar ermittelte Opferzahlen trotz der auch laut UNAMA selbst existierenden Dunkelziffer zu seinen Lasten im Zweifel mit Null angesetzt. Seinen diesbezüglichen Vortrag in der Klagebegründung vom 15. Juni 2018 (dort u.a. S. 5, 2. Absatz) habe das Gericht im Urteil unbeachtet gelassen. Insbesondere habe er hier darauf hingewiesen, dass etwa das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen angesichts der Dunkelziffer und der strikten UN-Erhebungsstandards von einer gebotenen Verdreifachung der von UNAMA verzeichneten Opferzahlen ausgehe (NdsOVG, U.v. 7.9.2015 – 9 LB 98/13 – juris). Auch der Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 31. Mai 2018 (S. 18) gehe insoweit nunmehr „von einer nicht mit eingerechneten Dunkelziffer“ aus. Auch das Schweizer Bundesverwaltungsgericht habe in einer Entscheidung vom 13. Oktober 2017 (Az. D-5800-2016) auf eine tatsächlich wohl deutlich höhere Zahl ziviler Opfer in Afghanistan hingewiesen. Soweit zum Teil behauptet werde, das Schweizer Bundesverwaltungsgericht habe die UNAMA-Daten als belastbar eingestuft, sei dies zudem unrichtig. Die französische Rechtsprechung gehe für Kabul auf Basis derselben UNAMA-Daten vom Vorliegen einer Extremgefahr aus (Asylgerichtshof Frankreich, U.v. 9.3.2018). Von grundsätzlicher Bedeutung sei ferner die Aussage des Verwaltungsgerichts (UA Rn. 31), „es sei möglich, in der Großstadt Kabul (oder einer anderen größeren Stadt oder Provinz) unerkannt zu leben“. Diese Aussage spreche zwischenzeitlich kein Erkenntnismittel mehr. Auch der Lagebericht vom 31. Mai 2018 (S. 20) nehme hiervon Abstand und weise auf die flächendeckend hohe soziale Kontrolle hin, die jegliche Nischen von Anonymität ausschließe. Von grundsätzlicher Bedeutung sei ferner die Aussage des Verwaltungsgerichts (UA Rn. 33, 45-47), „es sei für aus Europa zurückkehrende gesunde alleinstehende junge Männer auch ohne soziales oder familiäres Netzwerk möglich, in der Großstadt Kabul (oder einer anderen größeren Stadt oder Provinz) ein zum Überleben nötiges Existenzminimum zu erwirtschaften“. Im angegriffenen Urteil finde keine inhaltliche Auseinandersetzung mit den neuesten Erkenntnissen zur Nahrungsmittelunsicherheit statt, die auch unter den Rückkehrern zu einem hohen Anteil von Unterernährung geführt habe. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg habe eben jene EASO-Erkenntnisse zum Gegenstand eines richterlichen Hinweises gemacht (VGH BW, Verfügung v. 9.7.2018 – A 11 S 316/17).
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 36). Die Grundsatzfrage muss nach Maßgabe des Verwaltungsgerichtsurteils rechtlich aufgearbeitet sein. Dies erfordert regelmäßig eine Durchdringung der Materie und eine Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts (vgl. BayVGH, B.v. 13.8.2013 – 13a ZB 12.30470 – juris Rn. 4 m.w.N.).
Hiervon ausgehend hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Der Kläger wird insoweit den Darlegungsanforderungen aus § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG nicht gerecht. Er formuliert bereits keine zu klärende Rechts- oder Tastsachenfrage. Es findet auch keine rechtliche Aufarbeitung der aufgeworfenen Thematiken nach Maßgabe des Verwaltungsgerichtsurteils statt, insbesondere fehlt es an einer hinreichenden Durchdringung der Materie und einer Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts. Unabhängig davon hat das Verwaltungsgericht den klägerseitig behaupteten Rechtssatz zur Dunkelziffer der UNAMA-Daten im Urteil nicht – auch nicht konkludent – aufgestellt. Soweit der Kläger die Möglichkeit anspricht, in Kabul oder einer anderen afghanischen Großstadt unerkannt zu leben, so bezieht er sich sinngemäß auf § 3e AsylG. Die Frage des Bestehens einer inländischen Fluchtalternative ist jedoch einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich. Ihre Beantwortung hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere den individuellen Verhältnissen des jeweiligen Klägers ab, vgl. § 3e Abs. 2 AsylG i.V.m. Art. 4 Richtlinie 2011/95/EU (vgl. BVerwG, B.v. 21.9.2016 – 6 B 14.16 – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 5.7.2018 – 15 ZB 18.31513 – juris Rn. 8; B.v. 3.11.2017 – 13a ZB 17.31228 – juris Rn. 12; OVG NW, B.v. 29.9.2018 – 13 A 3333/18.A – juris Rn. 8-13; B.v. 20.6.2017 – 13 A 903/17.A – juris Rn. 16-19).
Soweit es die vom Kläger angesprochene wirtschaftliche Situation von Rückkehrern nach Kabul oder in eine andere größere afghanische Stadt oder Provinz betrifft, ist in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs geklärt, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende volljährige, alleinstehende und arbeitsfähige afghanische Staatsangehörige angesichts der aktuellen Auskunftslage im Allgemeinen derzeit weiterhin nicht von einer Gefahrenlage auszugehen ist, die zur Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG oder eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, U.v. 14.11.2019 – 13a B 19.31153 und 13a B 19.33359 – juris; Fortführung der bisherigen Rechtsprechung: BayVGH, U.v. 8.11.2018 – 13a B 17.31918 – juris).
Der Zulassungsantrag gibt insoweit keinen Anlass zu einer erneuten Überprüfung. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in den oben genannten Urteilen vom 14. November 2019 (13a B 19.31153 und 13a B 19.33359 – juris) explizit mit den aktuellen Erkenntnismitteln wie etwa dem Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 2. September 2019, dem UNAMA-Bericht vom 17. Oktober 2019, den EASO-Berichten vom 1. Juni 2019, den UNHCR-Richtlinien vom 30. August 2018 und dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) vom 12. September 2019 auseinandergesetzt und diese bei seiner Bewertung u.a. der Sicherheitslage und der humanitären Lage berücksichtigt. Auch aus den UNAMA-Berichten vom 22. Februar 2020 (UNAMA, Afghanistan Annual Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2019) und 27. April 2020 (UNAMA, Afghanistan First Quarter Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 1 January to 31 March 2020) ergibt sich kein erneuter Überprüfungsbedarf: Die zivilen Opferzahlen für das ganze Jahr 2019 sind laut dem Bericht vom 22. Februar 2020 im Vergleich zum Vorjahr 2018 um 5 v.H. zurückgegangen und befinden sich auf dem niedrigsten Stand seit 2013. Im ersten Quartal 2020 (UNAMA-Bericht v. 27.4.2020) sind die zivilen Opferzahlen mit insgesamt 1.293 Getöteten und Verletzten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sogar um 29 v.H. zurückgegangen und haben den niedrigsten Stand für ein erstes Quartal seit 2012 erreicht. Bei einer proportionalen Hochrechnung dieser Opferzahlen für 2020 insgesamt (5.172 zivile Opfer) und einer zugunsten des Klägers konservativ geschätzten Einwohnerzahl Afghanistans von nur etwa 27 Mio. Menschen ergibt sich hieraus ein konfliktbedingtes Schädigungsrisiko von 1:5.220. Dieses Risiko bleibt deutlich unter 1:800 und damit unverändert weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10 – NVwZ 2012, 454 – juris Rn. 22 f.).
Der Kläger trägt ferner zur Begründung seines Zulassungsantrags vor, dass sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sei (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO). So habe er im Anhang der Klagebegründung vom 15. Juni 2018 in den dortigen Fußnoten auf diverse Erkenntnismittel hingewiesen, die im Urteil offensichtlich nicht gewürdigt worden seien. Die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts seien insoweit nicht gewahrt worden (BVerfG, B.v. 1.6.2017 – 2 BvR 1226/17 – juris); denn hiernach müsse in den Urteilsgründen wenngleich nicht auf jede, so doch auf die wesentlichen der Rechtsverteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen eingegangen werden. Zudem habe das Verwaltungsgericht seine Sachaufklärungspflicht verletzt, indem es nicht – wie verfassungsrechtlich geboten (BVerfG, B.v. 27.3.2017 – 2 BvR 681/17 – juris) – über die Asylstreitsache nur anhand tagesaktueller Erkenntnismittel entschieden habe. Konkret bleibe ungeklärt, welche Aussage zur Sicherung des Existenzminimums für Rückkehrer auf der vom Verwaltungsgericht (UA S. 19 Rn. 45) zitierten Seite des Lageberichts (S. 5) zu finden sein solle; die insoweit tatsächlich aussagekräftigen Aussagen des Lageberichts (S. 20, 29) zur Bedeutung sozialer Netzwerke blieben im Urteil hingegen unberücksichtigt. Im Urteil finde zudem über die bloße Erwähnung hinaus (UA Rn. 17) keine inhaltliche Auseinandersetzung mit den neuesten Erkenntnissen zur Nahrungsmittelunsicherheit statt, die auch unter den Rückkehrern zu einem hohen Anteil von Unterernährung geführt habe. Zur Frage der Möglichkeit eines anonymen Lebens in Großstädten wie Kabul oder Herat fehle an der betreffenden Stelle des Urteils (UA Rn. 31) jedes Eingehen auf die in der Klagebegründung vom 15. Juni 2018 (S. 5, 1. Absatz) mit Erkenntnismitteln belegten Ausführungen. Auf die Benennung von seine Auffassung stützenden Erkenntnismitteln verzichte das Gericht hingegen. Offen bleibe, welches Verhalten das Gericht im Urteil mit dem Begriff „Untertauchen“ empfehle (UA Rn. 31); ein legales und zumutbares Verhalten sei mit diesem Begriff nicht ohne weiteres zu verbinden.
Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG, B.v. 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02 – BVerfGE 107, 395 – NJW 2003, 1924 – juris Rn. 42). Es gewährleistet im Sinn der Wahrung eines verfassungsrechtlich gebotenen Mindestmaßes, dass ein Kläger die Möglichkeit haben muss, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten (BVerfG, B.v. 21.4.1982 – 2 BvR 810/81 – BVerfGE 60, 305 – juris Rn. 15). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wonach vor Gericht jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör hat, kann allerdings nur dann festgestellt werden, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte von ihnen entgegengenommenes Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen, damit ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG festgestellt werden kann, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvorbringens eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrages schließen (BVerfG, B.v. 29.10.2015 – 2 BvR 1493/11 – NVwZ 2016, 238 – juris Rn. 45), sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (BVerfG, B.v. 23.7.2003 – 2 BvR 624/01 – NVwZ-RR 2004, 3 – juris Rn. 17; B.v. 19.5.1992 – 1 BvR 986/91 – BVerfGE 86, 133 – juris Rn. 39).
Hiervon ausgehend ist kein Gehörsverstoß gegeben. Angesichts der einschließlich der Anhänge 45 Seiten umfassenden Klagebegründung vom 15. Juni 2018, die zudem im hier maßgeblichen Bereich der Fußnoten einen engen Zeilenabstand und eine geringe Schriftgröße aufweist, war das Verwaltungsgericht nicht gehalten, sich in den Urteilsgründen mit jedem klägerseitig dort benannten Erkenntnismittel ausdrücklich zu befassen. Ohnehin fehlt es im Zulassungsantrag an der Darlegung, welches Erkenntnismittel konkret im Urteil nicht gewürdigt worden sein soll. Wie ausgeführt, gilt allgemein, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör das Tatsachengericht nicht dazu verpflichtet, auf jede einzelne in das Verfahren eingeführte Auskunft und Stellungnahme sachverständiger Stellen einzugehen und sich mit diesen ausdrücklich auseinanderzusetzen (BVerwG, B.v. 20.8.2003 – 1 B 463.02 – juris Rn. 5; B.v. 22.7.1999 – 9 B 429.99 – juris Rn. 3; OVG LSA, B.v. 19.4.2016 – 2 L 114/15 – juris Rn. 10). Letztlich hat der Kläger nicht dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG), dass im vorliegenden Einzelfall besondere Umstände deutlich machten, dass tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist.
Soweit der Kläger einen Verstoß des Gerichts gegen die Sachaufklärungspflicht rügt, führt auch dies nicht zum Erfolg. Die Gewährung rechtlichen Gehörs beinhaltet keinen Anspruch darauf, dass das Gericht Tatsachen erst beschafft oder von sich aus ermittelt; das Absehen von einer Beweisaufnahme begegnet daher unter dem Gesichtspunkt von Art. 103 Abs. 1 GG regelmäßig keinen Bedenken (vgl. etwa BVerfG, B.v. 15.4.1980 – 2 BvR 827/79 – BVerfGE 54, 86 – juris Rn. 25). Jenseits des rechtlichen Gehörs gilt, dass es sich bei dem klägerseitig behaupteten Verstoß gegen die verwaltungsgerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) bereits nicht um einen absoluten Revisionsgrund nach § 138 VwGO handelt, der von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG erfasst wäre (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2018 – 8 ZB 17.30339 – juris Rn. 10; B.v. 15.5.2015 – 13a ZB 15.30074 – juris Rn. 7).
Ferner hat der Kläger seinen Zulassungsantrag damit begründet, dass ein Gehörsverstoß auch darin zu erblicken sei, dass das Verwaltungsgericht im Rahmen der Glaubwürdigkeitsbeurteilung seines Vorbringens mehrfach willkürliche Annahmen getroffen und gegen Denkgesetze verstoßen habe (UA Rn. 27). Das Gericht habe seinen Vortrag ohne nähere Begründung als „pauschal und wenig lebensnah“ abqualifiziert. Auch für einen subjektiven richterlichen Eindruck seien in den Urteilsgründen wenigstens konkrete Anhaltspunkte anzugeben. Auf willkürlichen Annahmen beruhe insbesondere die Schlussfolgerung des Gerichts, die zwischen dem zweiten Drohbrief und der Ausreise verstrichene Zeit (angeblich sechs Monate, richtigerweise wohl eher vier Monate) spreche gegen eine konkrete individuelle Bedrohung als Fluchtanlass. Die Trennung der schlechten allgemeinen Sicherheitslage von der individuellen Gefährdung sei lebensfremd; erstere bilde vielmehr den prägenden Hintergrund für zweitere. Dass keine sofortige Flucht erfolgt sei, sondern diese erst gründlich vorbereitet und in die Wege geleitet habe werden müssen, spreche richtigerweise nicht gegen die Ernsthaftigkeit der erlittenen Bedrohung. Vollständig willkürlich sei daher die Folgerung des Gerichts, dass im Zeitraum bis zur Flucht „keine weiteren Drohungen erfolgt“ seien.
Die Sachverhalts- und Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht stellt keine Frage des rechtlichen Gehörs dar, sondern ist dem sachlichen Recht zuzurechnen und rechtfertigt grundsätzlich nicht die Zulassung der Berufung nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG (vgl. BVerwG, B.v. 30.7.2014 – 5 B 25.14 – juris Rn. 13 zu § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Der Anspruch auf rechtliches Gehör kann bei solchen Mängeln im Einzelfall nur ausnahmsweise bei gravierenden Verstößen verletzt sein (BVerfG, B.v. 8.4.2004 – 2 BvR 743/03 – NJW-RR 2004, 1150), oder wenn es sich um gewichtige Verstöße gegen Beweiswürdigungsgrundsätze handelt, weil etwa die Würdigung willkürlich erscheint oder gegen die Denkgesetze verstößt (vgl. BVerwG, B.v. 2.11.1995 – 9 B 710.94 – NVwZ-RR 1996, 359; BayVGH, B.v. 20.11.2018 – 20 ZB 18.31234 – juris Rn. 2). Ein Verstoß gegen die Denkgesetze ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn das Gericht einen Schluss gezogen hat, der schlechterdings nicht gezogen werden kann; objektiv nicht überzeugende oder sogar unwahrscheinliche Schlussfolgerungen genügen hierbei nicht (vgl. BVerwG, B.v. 14.7.2010 – 10 B 7.10 – NVwZ 2011, 55 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 24.4.2013 – 13a ZB 12.30224 – juris Rn. 3).
Hiervon ausgehend ist auch mit Blick auf diesen klägerischen Vortrag kein Gehörsverstoß gegeben. Soweit der Kläger im Zulassungsantrag ausführt, aus welchen Gründen aus seiner Sicht die Annahmen des Verwaltungsgerichts unzutreffend seien, so macht er ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend; diese stellen jedoch keinen Zulassungsgrund nach § 78 Abs. 3 AsylG dar. Dass die vom Verwaltungsgericht gezogenen Schlüsse schlechterdings unvertretbar sind, wird hingegen klägerseitig nicht dargelegt. Unabhängig davon könnte das Urteil auf dem Gehörsverstoß jedenfalls nicht beruhen. Denn das Gericht hat den Kläger selbständig tragend auf eine inländische Fluchtalternative nach § 3e AsylG in Kabul oder Herat verwiesen, selbst wenn man mit Blick auf den klägerischen Vortrag eine flüchtlingsrechtliche relevante Verfolgung annähme (UA S. 11, Rn. 29 f.).
Auch im Übrigen ist kein Gehörsverstoß gegeben. Der Kläger führt insoweit noch an, dass sich das Verwaltungsgericht zur Begründung seiner Annahme, dass ihm bei Rückkehr nach Afghanistan kein ernsthafter Schaden drohe (UA Rn. 30, 32, 33, 37, 44-47) ganz überwiegend auf Gerichtsentscheidungen stütze, die nicht in das Verfahren eingeführt worden seien, insbesondere nicht im Wege der vorab übersandten Erkenntnismittelliste (vgl. hierzu VGH BW, B.v. 18.8.2017 – A 11 S 1740/17 – AuAS 2017, 225 – juris).
Zwar gilt, dass zu den ordnungsgemäß in das Verfahren einzuführenden Erkenntnismittel auch andere Gerichtsentscheidungen zu rechnen sind, sofern sie nicht allein wegen ihrer rechtlichen Schlussfolgerungen, sondern (auch) im Hinblick auf ihre tatsächlichen Feststellungen zur Begründung herangezogen werden (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6.14 – NVwZ 2014, 1039 – juris Rn. 11; B.v. 17.3.1998 – 9 B 264.98 – juris Rn. 7; U.v. 8.2.1983 – 9 C 847.82 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 12.2.2018 – 11 ZB 18.30008 – juris Rn. 13; B.v. 13.6.2016 – 13a ZB 16.30062 – juris Rn. 10; VGH BW, B.v. 18.8.2017 – A 11 S 1740/17 – AuAS 2017, 225 – juris Rn. 4; B.v. 9.3.2017 – A 12 S 235/17 – juris Rn. 6; NdsOVG, B.v. 8.7.2014 – 13 LA 16/14 – juris Rn. 4). Dies gilt auch für Gerichtsentscheidungen, die den Beteiligten anderweitig bekannt sind; denn dadurch werden sie ohne entsprechenden Hinweis nicht zum Gegenstand des Verfahrens (BVerwG, U.v. 1.10.1985 – 9 C 20.85 – DVBl 1986, 102 – juris Rn. 8).
Jedoch ist zur Annahme eines relevanten, d.h. zur Zulassung der Berufung führenden Verfahrensfehlers i.S.v. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO stets eine hinreichende Bezeichnung des Verfahrensmangels durch den jeweiligen Asylkläger erforderlich. Insoweit ist durch den jeweiligen Kläger substantiiert darzulegen, was er bei ausreichender Gehörsgewährung zum betreffenden Einzelaspekt der Urteilsbegründung mit Aussicht auf Erfolg vorgetragen hätte (vgl. BVerwG, B.v. 29.1.2018 – 3 B 25.17 – AUR 2018, 142 – juris Rn. 24; B.v. 16.2.1998 – 4 B 2.98 – NVwZ 1998, 1066 – juris Rn. 9).
Die obigen allgemeinen Anforderungen finden auch hinsichtlich der Nichteinführung von Gerichtsurteilen Anwendung (vgl. BayVGH, B.v. 18.12.2018 – 11 ZB 18.33242 – n.V.). Insbesondere folgt der Senat nicht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, die bei verfahrensfehlerhafter Nichteinführung von Gerichtsentscheidungen, die (auch) im Hinblick auf ihre tatsächlichen Feststellungen zur Situation im Heimatland eines Asylklägers zur Begründung herangezogen werden, auf weitergehende Darlegungspflichten des Zulassungsklägers verzichtet, da es diesem objektiv unzumutbar sei, sich innerhalb der Monatsfrist des § 78 Abs. 4 Satz 1 AsylG Kenntnis von den im Urteil herangezogenen Gerichtsentscheidungen zu verschaffen, diese durchzuarbeiten und sich mit diesen auseinanderzusetzen (VGH BW, B.v. 18.8.2017 – A 11 S 1740/17 – AuAS 2017, 225 – juris Rn. 7 f.). Denn selbst wenn ein verfahrensfehlerhaft nicht eingeführtes Erkenntnismittel einem Beteiligten nicht ohne weiteres zugänglich sein sollte, muss er es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung innerhalb der Zulassungsfrist bei Gericht anfordern, es überprüfen und dann im Einzelnen darlegen, was er zu den darin enthaltenen Feststellungen ausgeführt hätte (vgl. BVerwG, B.v. 14.4.2005 – 1 B 161.04 – juris Rn. 3; B.v. 13.1.1999 – 9 B 90.98 – juris Rn. 13). Aus welchem Grund dies für einen Asylkläger bei verfahrensfehlerhaft nicht eingeführten Gerichtsentscheidungen objektiv unzumutbar sein und zu einer mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbaren Rechtsschutzverkürzung führen soll, erschließt sich dem Senat nicht (siehe zum Ganzen: BayVGH, B.v. 20.2.2019 – 13a ZB 17.31832 – juris Rn. 15).
Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze ist vorliegend kein Gehörsverstoß gegeben. Hierbei kann offenbleiben, ob die durch das Verwaltungsgericht (UA Rn. 30, 32, 33, 37, 44-47) zu § 3e AsylG sowie im Kontext von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG und § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug genommenen Gerichtsentscheidungen in der mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übersandten Erkenntnismittelliste enthalten gewesen sind oder sonst in das Verfahren eingeführt worden sind. Denn selbst dann, wenn man vorliegend davon ausginge, dass das Verwaltungsgericht die genannten Entscheidungen nicht ordnungsgemäß in das Verfahren eingeführt und (auch) im Hinblick auf ihre tatsächlichen Feststellungen zur Begründung herangezogen hätte, wäre kein Gehörsverstoß gegeben. Denn es fehlt jedenfalls an einer hinreichenden Darlegung der Klägerseite (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG), inwieweit die in den Gerichtsentscheidungen enthaltenen Tatsachen oder die hieraus von dem Verwaltungsgericht gezogenen Schlüsse unzutreffend sind und was – bei ordnungsgemäßer Einführung – in Bezug auf die in diesen Gerichtsentscheidungen enthaltenen Tatsachen vorgetragen worden wäre. Der Kläger verweist vielmehr bei seiner diesbezüglichen Rüge pauschal auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 18. August 2017 (Az. A 11 S 1740/17).
Ferner trägt der Kläger zur Begründung seines Zulassungsantrags vor, dass die Ablehnung von Beweisanträgen seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO).
Das Verwaltungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung den sinngemäßen Antrag des Klägers abgelehnt, ein Gutachten eines Berliner Instituts einzuholen zum Beweis, dass mit wissenschaftlichen Methoden für Afghanistan tatsächlich von einer zehnfach höheren Opferzahl als von UNAMA dokumentiert auszugehen sei (Beweisantrag A.). Ferner wurden sinngemäße Anträge abgelehnt, ein Gutachten zweier Sachverständiger einzuholen zum Beweis, dass der Distrikt Sherzad (Provinz Nangarhar), insbesondere das Gebiet um das Dorf Tutu, besonders betroffen sei von bewaffneten Auseinandersetzungen mit Aufständischen und die jährlichen zivilen Konfliktopfer erheblich mehr als 1 v.H. der Bevölkerung ausmachten (Beweisantrag B.1), dass die Unerfahrenheit des Klägers im Überlebenskampf afghanischer Städte sowie sein nicht zu verheimlichender Aufenthalt im westlichen Ausland seine Chancen auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt zunichte machen würden (Beweisantrag B.2), dass zu bildende Netzwerke aus Binnenvertriebenen oder Rückkehrern keine gegenseitige Unterstützung bieten könnten (Beweisantrag B.3), dass in Afghanistan ein Leben ohne Tazkira nicht möglich sei, da diese bei Checkpoints, bei jeder Behörde bzw. der Polizei oder auch im Geschäftsleben vorgelegt werden müsse (Beweisantrag B.4) sowie dass die Taliban Rückkehrer aus dem westlichen Ausland über deren Tazkira, Informanten und sog. schwarze Listen ausfindig machen könnten (Beweisantrag B.5).
Die Ablehnung eines erheblichen Beweisangebots verstößt dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerfG, B.v. 30.1.1985 – 1 BvR 393/84 – BVerfGE 69, 141 – NJW 1986, 833 – juris Rn. 10; BVerfG, B.v. 18.6.1993 – 2 BvR 1815/92 – NVwZ 1994, 60 – juris Rn. 38). Das rechtliche Gehör ist versagt, wenn ein Beweisantrag in willkürlicher Weise als unerheblich qualifiziert wird. Willkürlich ist ein Richterspruch aber nur, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Von einer willkürlichen Missdeutung kann insbesondere nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt (BVerfG, B.v. 22.5.2015 – 1 BvR 2291/13 – juris Rn. 5). Liegen zu einer erheblichen Tatsache bereits amtliche Auskünfte oder gutachtliche Stellungnahmen vor, kann das Gericht von einer erneuten Begutachtung absehen, wenn die bisherigen Erkenntnismittel auch für die Würdigung der neu behaupteten Tatsache ausreichen. Auskünfte oder gutachtlichen Stellungnahmen sind aber dann ungenügend, wenn sie unvollständig, widersprüchlich oder sonst wie nicht nachvollziehbar sind, wenn der Gutachter nicht sachkundig oder nicht unparteiisch ist, wenn durch neuen erheblichen Sachvortrag der Beteiligten oder eigene Ermittlungstätigkeit des Gerichts die Aktualität der vorliegenden Auskünfte zweifelhaft oder das bisherige Beweisergebnis sonst wie ernsthaft erschüttert wird; außerdem dann, wenn die Fragestellung der bisherigen Gutachten aufgrund tatsächlicher Entwicklungen oder wegen einer Rechtsprechungsänderung überholt ist (BVerwG, B.v. 27.3.2013 – 10 B 34.12 – NVwZ-RR 2013, 620 – juris Rn. 4 f.). Ein Beweisantrag kann abgelehnt werden, wenn es nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts auf den unter Beweis gestellten Sachverhalt nicht ankommt (BVerwG, B.v. 10.8.2015 – 5 B 48.15 – juris Rn. 10). Reichen die in das Verfahren bereits eingeführten Erkenntnismittel zur Beurteilung der geltend gemachten Gefahren aus, kann das Gericht einen Beweisantrag auf Einholung weiterer Auskünfte unter Berufung auf eigene Sachkunde verfahrensfehlerfrei ablehnen, wenn es seine Sachkunde ggf. im Rahmen der Beweiswürdigung darstellt und belegt (BVerwG, B.v. 27.3.2013 – 10 B 34.12 – NVwZ-RR 2013, 620 – juris Rn. 4). Der konkrete und plausible Nachweis der eigenen Sachkunde des Gerichts aufgrund vorliegender und ausgewerteter Erkenntnisquellen hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere davon, ob die betreffende Quelle hinreichend klare Aussagen zu der betreffenden Frage enthält.
Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht die inmitten stehenden Beweisanträge abgelehnt, ohne dass insoweit ein Zulassungsgrund dargelegt wäre.
Dies gilt zunächst hinsichtlich der Ablehnung des Beweisantrags A. Insoweit hat der Kläger gerügt, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts keinerlei Bezug zum konkreten Beweisantrag habe und nur aus formelhaften Textbausteinen bestehe. Im Übrigen werde auf die Ausführungen im Zulassungsantrag zur geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache verwiesen. Zudem sei nicht nachvollziehbar gerichtlich begründet worden, weshalb bei unstreitig vorhandener Dunkelziffer eine Schätzung kein geeignetes Beweismittel zur Erlangung besserer Erkenntnisse sei. Dass die bisherige Risikobewertung nicht tragfähig sei, sei ja gerade Gegenstand des Beweisantrags. Die Bedeutung der statistischen Quantifizierung des Risikos für die Beurteilung der konkreten Lebensumstände jedes Menschen in Afghanistan sei offenkundig. Diese klägerischen Einwendungen greifen nicht durch. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht insoweit in nicht zu beanstandender Weise jedenfalls darauf hingewiesen, dass nicht substantiiert dargelegt worden sei, inwieweit die beantragte Beweiserhebung andere bzw. bessere Erkenntnisse bringen würde als die, die zum Gegenstand des Verfahren gemacht worden seien (SP S. 5). Insoweit hatte das Verwaltungsgericht insbesondere die UNHCR-Anmerkungen zur Situation in Afghanistan vom Dezember 2016 in das Verfahren eingeführt, die hinsichtlich der Gefährdung der Zivilbevölkerung auf die Daten von UNAMA zurückgreift (S. 3 f.), die auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bei der Ermittlung der Gefahrendichte im Rahmen von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG maßgeblich heranzuziehen sind. Ferner wurde der UNAMA-Jahresbericht 2017 vom 15. Februar 2018 in das Verfahren eingeführt. Weshalb die von ihm benannten Sachverständigen über andere bzw. bessere Erkenntnisse als UNAMA verfügen sollten, hatte der Kläger auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Klagebegründung (S. 4-7) nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Überdies kommt den Daten zum Tötungs- und Verletzungsrisiko zwar im Rahmen von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nicht unwesentliche Bedeutung zu; maßgeblich ist jedoch stets eine wertende Gesamtbetrachtung. Insoweit hatte das Verwaltungsgericht bereits zahlreiche Erkenntnismittel zur Sicherheitslage in Afghanistan in das Verfahren eigeführt. Dass ein weiteres Gutachten hierzu abschließende Erkenntnisse bringen würde, ist nicht ersichtlich (vgl. in diesem Sinne bereits BayVGH, B.v. 20.2.2019 – 13a ZB 17.31832 – juris Rn. 11; B.v. 18.10.2017 – 13a ZB 17.31068; B.v. 16.10.2017 – 13a ZB 17.31153).
Auch die Ablehnung des Beweisantrags B.1 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zur Begründung ausgeführt, dass es sich um einen unzulässigen Beweisermittlungsantrag handele, da nicht substantiiert dargelegt worden sei, welche Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass man – abweichend vom vorliegenden Erkenntnismaterial – für den Heimatdistrikt des Klägers von einer erheblich höheren Gefährdung als beispielsweise für die gesamte Heimatprovinz Nangarhar ausgehen müsse. Zudem sei die unter Beweis gestellte Tatsache nicht entscheidungserheblich, da im Fall des Klägers eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative bestehe (siehe zum Ganzen: SP S. 5). Hierzu rügt der Kläger, dass sich substantiierte Darlegungen von Anhaltspunkten bezogen auf seinen Heimatdistrikt Sherzad und sein Heimatdorf Tutu in der Klagebegründung vom 15. Juni 2018 (S. 2 f.) fänden. Diese Rüge vermag bereits deshalb nicht zu überzeugen, da das Verwaltungsgericht die Ablehnung selbständig tragend auf die mit Blick auf § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3e AsylG (siehe hierzu UA S. 11/13) fehlende Entscheidungserheblichkeit des Beweisantrags gestützt hat; hierzu verhält sich der Zulassungsantrag nicht.
Auch hinsichtlich der Ablehnung der Beweisanträge B.2-5 ist nichts zu erinnern. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zur Begründung ausgeführt, dass klägerseitig nicht substantiiert dargelegt worden sei, inwieweit die beantragte Beweiserhebung andere bzw. bessere Erkenntnisse bringen würde als jene, die bereits zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurden. Hinsichtlich des Beweisantrags B.3 sei zudem nicht dargelegt, inwieweit der Kläger in Afghanistan überhaupt auf ein Netzwerk aus Binnenvertriebenen oder Rückkehrern angewiesen sei. Ein konkreter Sachverhalt, der die konkreten Lebensumstände des Klägers berücksichtige, sei daher nicht unter Beweis gestellt worden. Hinsichtlich der Beweisanträge B.4-5 seien die unter Beweis gestellten Tatsachen zudem nicht entscheidungserheblich, da der Kläger bereits nicht glaubhaft gemacht habe, dass zum einen überhaupt eine aktuelle konkrete Verfolgungsgefahr durch die Taliban bestehe, die die nach §§ 3 ff. AsylG erforderliche Verfolgungsintensität aufweise, und zum anderen, dass weiterhin – d.h. nach mehr als drei Jahren, die der Kläger im Ausland verbracht habe – ein Interesse der Taliban an dem Kläger in derartiger Weise bestehe, dass eine landesweite Verfolgung anzunehmen wäre. Zweifel an der Verfolgungsintensität bestünden insbesondere vor dem Hintergrund, dass mehrere Monate zwischen dem Erhalt des zweiten Drohbriefs und der Ausreise des Klägers vergangen seien (siehe zum Ganzen: SP S. 6). Hierzu rügt der Kläger, dass die Ablehnung der Beweisanträge eine unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung darstelle; er habe durchaus substantiiert dargelegt, welche besseren Erkenntnisse noch zur Frage des Existenzminimums (B.2-3: Schriftsatz v. 13.7.2018 und Klagebegründung) und zur Möglichkeit eines anonymen Lebens (B.4-5: Klagebegründung v. 15.6.2018) zu gewinnen seien. Diese letztlich pauschale Rüge unter bloßem Verweis auf Schriftsätze aus dem erstinstanzlichen Verfahren vermag im Lichte von § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG nicht zu überzeugen. Ohnehin verhält sich der Kläger im Zulassungsantrag nicht zu den weiteren Ablehnungsgründen des Gerichts zu den Beweisanträgen B.3-5.
Auch im Übrigen ist kein Gehörsverstoß gegeben. Der Kläger führt insoweit noch an, dass er unter Verstoß gegen §§ 99 f. VwGO Einsicht in eine unvollständige Behördenakte erhalten habe. Denn die Beklagte habe insoweit ihre Workflowprotokolle nicht vorgelegt. Auch dieser Vortrag führt nicht zur Berufungszulassung. Denn Voraussetzung einer begründeten Gehörsrüge ist stets die (erfolglose) vorherige Ausschöpfung sämtlicher verfahrensrechtlich eröffneten und nach Lage der Dinge tauglichen Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl. allg. BVerfG, B.v. 10.2.1987 – 2 BvR 314/86 – BVerfGE 74, 220/225 – juris Rn. 14; BVerwG, U.v. 3.7.1992 – 8 C 58.90 – BayVBl 1993, 412 – juris Rn. 9). Dass der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren erfolglos alle denkbaren Schritte unternommen hätte, um eine vollständige Behördenakte zur Einsicht zu erhalten, ist jedoch vorliegend nicht dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG). Ohnehin ist weder dargelegt noch ersichtlich, inwieweit die vorgeblich in der Behördenakte fehlenden Workflowprotokolle für die vorliegende Verwaltungsstreitsache von Relevanz sein sollten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.


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