Verwaltungsrecht

Verletzung, Streitwertfestsetzung, Anspruch, Kenntnis, Verbreitung, Antragsteller, Kostenentscheidung, Angemessenheit, Schutz, Bedeutung, Vorbringen, Zweifel, BayVerfGH, Verhinderung, erhebliches Vorbringen

Aktenzeichen  20 NE 21.916

Datum:
7.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 7570
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens.

Gründe

A. Die zulässige Anhörungsrüge, mit welcher der Antragsteller die Fortführung des Verfahrens über seinen mit Beschluss vom 17. März 2021 (Az. 20 NE 21.532) abgelehnten Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO anstrebt, bleibt ohne Erfolg. Der Senat hat den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 6 VwGO).
1. Der verfassungsrechtlich verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 91 Abs. 1 BV) verpflichtet das Gericht, seine Entscheidung nur auf Tatsachen oder Beweisergebnisse zu stützen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten (vgl. § 108 Abs. 2 VwGO), sowie ein rechtzeitiges und möglicherweise erhebliches Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, soweit es aus verfahrens- oder materiell-rechtlichen Gründen nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann (vgl. BayVerfGH, E.v. 25.8.2016 – Vf. 2-VI-15 – juris Rn. 33 ff.; BVerfG, B.v. 29.10.2015 – 2 BvR 1493/11 – NVwZ 2016, 238 – juris Rn. 45).
Bei der Anhörungsrüge handelt es sich um ein formelles Recht, das dann greift, wenn das Gericht entscheidungserhebliches Vorbringen der Beteiligten nicht in ausreichendem Maße zur Kenntnis genommen und sich nicht mit ihm in der gebotenen Weise auseinandergesetzt hat. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte jedoch nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten inhaltlich zu folgen (BVerwG, B.v. 15.8.2019 – 5 B 11.19 u.a. – juris Rn. 1; B.v. 24.11.2011 – 8 C 13.11 u.a. – ZfWG 2012, 36 – juris Rn. 2). Das Gericht ist ebenso wenig verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen eines Beteiligten in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Es ist daher verfehlt, aus der Nichterwähnung einzelner Begründungsteile in den Entscheidungsgründen zu schließen, das Gericht habe sich nicht mit den darin enthaltenen Argumenten befasst. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist erst dann anzunehmen, wenn im Einzelfall besondere Umstände erkennen lassen, dass das Gericht tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen hat. Besondere Umstände in diesem Sinne liegen etwa dann vor, wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, nicht eingeht, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich ist (vgl. BVerfG, B.v. 31.1.2020 – 2 BvR 2592/18 – juris Rn. 11; B.v. 19.5.1992 – 1 BvR 986/91 – BVerfGE 86, 133 – juris Rn. 39; BVerwG, B.v. 28.3.2014 – 1 WB 10.14 u.a. – juris Rn. 11).
2. Mit seiner Anhörungsrüge beanstandet der Antragsteller, die angegriffene Entscheidung habe sich mit seinen vorgebrachten Einwendungen nicht auseinandergesetzt. Damit wird keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dargelegt. Der Senat hat in der Entscheidung auf die bereits ergangenen Beschlüsse zu § 4 Abs. 1 der Elften und Zwölften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung hingewiesen. Darin hat er im Rahmen der summarischen Prüfung der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Regelungen maßgeblich auf § 28a Abs. 1 Nr. 3, § 28 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 32 Satz 1 IfSG abgestellt. Der mit dem Dritten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18.11.2020 (BGBl. 2020 I S. 2397) eingefügte § 28a IfSG (Besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19)) nennt in Abs. 3 als maßgebliches Kriterium zur Ergreifung notwendiger Schutzmaßnahmen die Anzahl der Neuinfektionen. Dies gilt auch nach Änderung der Norm durch Artikel 1 des Gesetzes zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen vom 29. März 2021 (BGBl. I S. 370). Damit kam dem Vorbringen des Antragstellers, der dieses Kriterium in Zweifel zieht, für die Entscheidung keine Bedeutung zu, da es dem Gesetzeswortlaut entgegensteht. Auf die dem Robert-Koch-Institut durch § 4 Abs. 1 IfSG zugewiesene Stellung als nationale Behörde zur Vorbeugung übertragbarer Krankheiten sowie zur frühzeitigen Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung von Infektionen wird hingewiesen. Ausführungen zur Beschränkung der Freiheitsgrundrechte, insbesondere der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG, aller durch die Kontaktbeschränkungen Betroffenen finden sich in den Beschlüssen, auf die die gerügte Entscheidung ausdrücklich Bezug nimmt. Auf den Beschluss vom 19. Januar 2021 (20 NE 21.92 – BeckRS 2021, 439), der sich insbesondere mit der Angemessenheit der kontaktbeschränkenden Regelungen befasst (Rn. 25 ff.), wurde der Antragsteller mit gerichtlichem Schrieben vom 24. Februar 2021 gesondert hingewiesen.
B .Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht; nach Nr. 5400 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) fällt eine streitwertunabhängige Festgebühr an.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).


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