Verwaltungsrecht

Versetzung eines Lehrers nach Rückkehr aus der Beurlaubung

Aktenzeichen  AN 1 S 17.01865

Datum:
11.9.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5, § 123
BeamtStG BeamtStG § 54 Abs. 4
BayVwVfG BayVwVfG Art. 37 Abs. 3

 

Leitsatz

1 Da Rechtsbehelfen gegen die Versetzung nach der Wertung des Gesetzgebers (§ 54 Abs. 4 BeamtStG) keine aufschiebende Wirkung zukommt, hat der Beamte im Fall seiner Versetzung im Interesse der Funktionsfähigkeit der Verwaltung grundsätzlich den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Etwas anderes gilt nur, wenn diese Maßnahme offensichtlich rechtswidrig ist und es dem Beamten nicht zugemutet werden kann, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache den neuen Dienstposten wahrzunehmen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Versetzung ist antragslos oder ohne Zustimmung des Beamten zulässig, wenn ein dienstliches Bedürfnis hierfür besteht. Ein solches Bedürfnis besteht, wenn ein Lehrer nach einer Beurlaubung mangels freier Planstelle nicht an seine alte Schule zurückkehren kann. Dabei kann Rückkehrern aus der Elternzeit Vorrang vor anderen Lehrern eingeräumt werden. (Rn. 29 und 30) (redaktioneller Leitsatz)
3 Wegen der dem Beamtenrecht immanenten Versetzungsmöglichkeit trotz damit verbundener persönlicher, familiärer und finanzieller Belastungen ist eine Versetzung auch dann nicht fehlerhaft, wenn sie mit erheblichem Fahraufwand (150 km) verbunden ist. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der am … geborene Antragsteller steht als verbeamteter Gymnasiallehrer auf Lebenszeit seit dem … im Dienst des Antragsgegners, inzwischen als Oberstudienrat. Vom … 2012 bis zum …2014 wurde er als Lehrer für … und … am … Gymnasium in … eingesetzt (Dienstantritt an dieser Schule war bereits September 2006). Auf eigenen Antrag hin erfolgte ein Einsatz als Auslandslehrkraft an der Deutschen internationalen Schule in … in der Zeit vom … 2014 bis zum … 2017. Mit Bescheid vom 30. April 2014 erfolgte eine Beurlaubung für diesen Zeitraum.
Unter dem 10. April 2017 kündigte der Antragsteller unter Verwendung eines Formulars gegenüber dem Antragsgegner an, er werde ab dem Schuljahr 2017/2018 wieder in den Schuldienst zurückkehren. Dabei gab er 12 Wunschgymnasien als mögliche Einsatzorte an und erklärte als weiteren Ortswunsch den Einsatz im Großraum …
Wohl am 7. Juli 2017 wurde der Antragsteller vom Schulleiter seiner früheren Schule informiert, dass er zum 1. August 2017 nach … versetzt würde. Daraufhin wandte er sich mit Schreiben vom 11. Juli 2017 an den Antragsgegner und bat unter Darlegung seiner persönlichen Situation (Zusammenleben mit der Verlobten in …, Unterstützung der allein lebenden Mutter in …, Erfahrungen im Umgang mit Integration) um einen anderweitigen, wohnortnäheren Einsatz.
Mit Bescheid vom 31. Juli 2017 des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst wurde der Antragsteller nach Beendigung der Beurlaubung an die Deutsche Schule in …mit Wirkung vom … 2017 „aus persönlichen Gründen“ vom …-Gymnasium … an das …Gymnasium … versetzt. Eine Zusage der Umzugskostenvergütung erfolgte nicht.
Der Bescheid wurde zunächst an die frühere Adresse des Antragstellers gesandt und wurde ihm zur Kenntnisnahme per Email am 18. August 2017 nochmals übermittelt. Daraufhin erhob der Antragsteller durch Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 22. August 2017 Widerspruch.
Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 4. September 2017 (Bekanntgabe an den Bevollmächtigten des Antragstellers am gleichen Tag) zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, gemäß Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayBG könnten Beamte versetzt werden, wenn sie es beantragten oder ein dienstliches Bedürfnis bestehe. Eine Versetzung sei grundsätzlich in das pflichtgemäße Ermessen des Dienstherrn gestellt und ein Beamter habe grundsätzlich keinen Anspruch auf Verwendung an einem bestimmten Dienstort. Vorliegend sei ein dienstliches Bedürfnis für die Versetzung nach … gegeben, das aus dem Erfordernis einer auch langfristig gleichmäßigen und bedarfsgerechten Personalversorgung resultiere. Die praktische Koordinierung erfolge durch die zuständigen Lehrpersonalreferate. Das Ministerium beachte hierbei alle ermessensleitenden Vorgaben, insbesondere die aus Art. 6 GG resultierenden Verpflichtungen. Die einzelfallbezogenen, im Falle des Antragstellers vorliegenden persönlichen Belange seien in der Entscheidung berücksichtigt worden. Mangels Bedarfs an der Fächerkombination des Antragstellers sei ein Einsatz an der alten Schule nicht möglich gewesen. Auch im Großraum … stünden zum September 2017 keine entsprechenden Kontingente zur Verfügung. Die Formulierung, die Versetzung erfolge „aus persönlichen Gründen“, sei durch den Rückkehrwunsch des Antragstellers vom Auslandsschuldienst begründet und solle nicht bedeuten, er hätte den konkreten Wechsel beantragt. Schon vor der Beurlaubung sei dem Antragsteller mitgeteilt worden, dass eine Rückkehr an den bisherigen Dienstort nicht zugesagt werden könne. Auch die Würdigung der Tätigkeit im Auslandsschuldienst führe zu keiner anderen Beurteilung. Ebenso führe eine Berücksichtigung der dargelegten beabsichtigten Hochzeit, dem vorhandenen Familienwunsch und der Pflegebedürftigkeit der Mutter zu keiner anderen Entscheidung. Nach Möglichkeit würden derartige Aspekte berücksichtigt, vorrangig jedoch die Wünsche von Verheirateten mit Kindern, danach die Wünsche von Verheirateten ohne Kinder. Zu späterem Zeitpunkt sei eine Rückversetzung aber weiterhin denkbar.
Der Antragsteller ließ durch einen am 6. September 2017 um 18:57 Uhr per Fax eingegangenen Schriftsatz seines Bevollmächtigten im Rahmen eines Antrags nach § 123 VwGO beantragen,
1.den Antragsgegner zu verpflichten, den Antragsteller vorläufig als Lehrer für … und … am … Gymnasium in … einzusetzen.
2.hilfsweise den Antragsgegner zu verpflichten, den Antragsteller vorläufig als Lehrer für … und … an ein Gymnasium in …, äußerst hilfsweise an ein Gymnasium im Großraum … zu versetzen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, der Versetzungsbescheid sei bereits formell rechtswidrig, weil er nicht ordnungsgemäß begründet und der Antragsteller nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Darüber hinaus sei nicht erkennbar, von welcher Stelle der Bescheid verantwortet werde, da es an der Nennung und Bezeichnung der unterzeichnenden Person fehle. Darüber hinaus erweise sich der Versetzungsbescheid auch als materiell rechtswidrig, weil vom Ermessen kein Gebrauch gemacht worden sei. Die persönliche Situation des Antragstellers (gemeinsame Wohnung mit der Verlobten in …, hilfsbedürftige Mutter) sei nicht berücksichtigt worden, was eine Fürsorgepflichtverletzung darstelle. Die spätere Nennung im Widerspruchsbescheid ersetze keine Befassung im Erstbescheid. Außerdem sei zu beachten, dass im Wege der Bestenauswahl nach Art. 33 Abs. 5 GG der Antragsteller berücksichtigt werden müsste, insbesondere im Hinblick darauf, dass ohne ihn ein verstärkter Einsatz von Referendaren erforderlich sei. Weiterhin sei die Argumentation im Widerspruchsbescheid nicht nachvollziehbar, weil der Kläger nur nach einer Beurlaubung habe zurückkehren wollen. Im Ergebnis sei bei einer summarischen Prüfung die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts offenkundig.
Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 8. September 2017, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, unter Zugrundelegung des Rechtsschutzbegehrens sei der Antrag nach § 123 VwGO bereits nicht statthaft. Der Antrag sei aber darüber hinaus auch nicht begründet. Weder sei die Versetzungsverfügung offensichtlich oder mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig, noch sei das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar.
Die Versetzungsentscheidung sei formell und materiell rechtmäßig. Hinsichtlich des Begründungserfordernisses sei jedenfalls eine Heilung anzunehmen, die Versetzung „aus persönlichen Gründen“ beziehe sich nur auf den Rückkehrwunsch als solches. Außerdem liege gerade kein Auswechseln der Begründung vor. Auch die fehlende vorherige Anhörung sei geheilt worden. Frau Ministerialrätin … sei darüber hinaus als Leiterin des Personalrechtsreferats auch für die Zeichnung zuständig.
Auch materiell ergäben sich keine Bedenken, weil an keine der zwölf angegebenen Schulen eine Versetzung möglich gewesen sei, weil keine freien Planstellen zur Verfügung gestanden hätten. Alle Versetzungen von Beamten mit gleicher Fächerkombination im Großraum … seien zuletzt aufgrund einer Rückkehr der jeweiligen Beamten aus der Elternzeit erfolgt, seien also offensichtlich wegen des verfassungsrechtlichen Schutzes von Ehe und Familie vorrangig zu beachten gewesen. Für das neue Schuljahr stünden keine sonstigen Stellen mit der Fächerkombination zur Verfügung. Einer Ermessensentscheidung sei jedoch das Vorhandensein einer Stelle vorgelagert. Es gebe weder einen Anspruch auf Schaffung von Stellen, noch auf eine allenfalls denkbare Wegversetzung anderer Beamter.
Der Antragsteller müsse daher den Ausgang in der Hauptsache abwarten. Es sei dem Antragsteller auch keinesfalls unzumutbar, bis zur Entscheidung den neuen Dienstposten wahrzunehmen. Zwar komme es beim täglichen Pendeln wegen der Entfernung von 150 km zu einer nicht unerheblichen Belastung. Die Möglichkeit einer Versetzung aufgrund eines dienstlichen Bedürfnisses sei jedoch dem Beamtenverhältnis immanent, jeder Beamte habe dies mit freiwilligem Eintritt in das Beamtenverhältnis in Kauf genommen. Die Bewältigung von dienstlich veranlassten Veränderungen sei grundsätzlich eine Frage der persönlichen Lebensgestaltung des Beamten. Die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht werde erst dann berührt, wenn ausnahmsweise besondere Umstände des Einzelfalls Beachtung verlangten oder gewichtige Grundrechte des Beamten – auch der Schutz der Gesundheit sowie von Ehe und Familie – erheblich beeinträchtigt würden, was vorliegend nicht der Fall sei.
Bezüglich der auf Hilfe angewiesenen Mutter sei schon kein konkreter Beleg vorgebracht worden, außerdem käme noch die Hilfe am Wochenende oder durch Dritte, beispielsweise Pflegedienste, in Betracht. Das Zusammenleben mit der Verlobten unterfalle nicht dem besonderen Schutz der Ehe, auch sei grundsätzlich zumutbar, durch wöchentliches Pendeln die sozialen Bindungen aufrecht zu erhalten. Auch die finanziellen Belastungen seien bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zumutbar. Ebenso würden durch eine Versetzung keine unumkehrbaren Tatsachen geschaffen, nachdem in verschiedenen Fällen auch unter dem Schuljahr – wenn auch mit Schwierigkeiten für alle Beteiligten verbunden – ein Wechsel erforderlich sein könne, beispielsweise bedingt durch Erkrankungen, Dienstunfähigkeit, Mutterschutz, Elternzeit usw.
Mit Schriftsatz vom 8. September 2017 teilte der Vertreter des Antragstellers mit, in Ziffer 1. werde nunmehr beantragt,
1. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Versetzungsverfügung vom 31. Juli 2017 wird angeordnet und die Vollziehung vorläufig dadurch ausgesetzt, dass der Antragsgegner vorläufig verpflichtet wird, den Antragsteller auf seiner bisherigen Stelle am … Gymnasium in … einzusetzen.
Im Übrigen wurde zum Vorbringen des Antragsgegners Stellung genommen. Die vorgebrachten Argumente hinsichtlich formaler Unkorrektheiten und Fehler könnten nicht durchgreifen, insbesondere wäre § 37 Abs. 3 VwVfG ansonsten sinnentleert. Soweit auf „persönliche Gründe“ abgestellt worden sei, könne im Nachhinein keine Auswechslung der Gründe vorgenommen werden. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der vorgelegten Versetzungsliste werde in Frage gestellt. Die Fähigkeiten des Antragsstellers und insbesondere die Erfahrungen aus dem Auslandsschuldienst seien nicht wie geboten gewürdigt worden. Deshalb sei die angegriffene Entscheidung in ihrer Gesamtheit offensichtlich rechtswidrig.
Zudem wurde die ordnungsgemäße Beteiligung der Personalvertretung gerügt.
Der Antragsgegner teilte am 8. September 2017 ergänzend mit, soweit der Antragsteller im Schreiben vom 11. Juli 2017 Bezug auf einen „Bescheid“ genommen habe, könne sich dies nur auf eine mündliche Auskunft der bisherigen Stammschule beziehen. Ein Bescheid im Rechtssinne habe zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegen. Zudem wurden ein Leerformular („Rückkehr in den Schuldienst / Versetzung – staatliche Gymnasien“) und ein Ausdruck der Datenmaske über den vom Antragsteller gestellten Rückkehrantrag vorgelegt.
Mit Schriftsatz vom 11. September 2017 übermittelte der Antragsgegner weitere Unterlagen die Mitwirkung des Personalrats betreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die übermittelten Behördenakten Bezug genommen.
II.
A.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer noch zu erhebenden Anfechtungsklage gegen die Versetzungsverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 31. Juli 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheids derselben Behörde vom 4. September 2017 ist zulässig (§ 80 Abs. 5 Sätze 1 und 2, Abs. 2 Nr. 4 VwGO), aber nicht begründet.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage in den Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes entfällt (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 54 Abs. 4 BeamtStG), anordnen. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist gemäß § 54 Abs. 4 BeamtStG die gesetzlich vorgegebene Wertung zu beachten, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage gegen (u.a.) die Versetzung keine aufschiebende Wirkung haben und somit das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse des betroffenen Beamten am Aufschub einer solchen Maßnahme regelmäßig überwiegt. Mit anderen Worten hat ein Beamter im Fall seiner Versetzung im Interesse der Funktionsfähigkeit der Verwaltung grundsätzlich den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bei summarischer Prüfung mit der notwendigen Sicherheit feststellen lässt, dass die personelle Maßnahme offensichtlich oder doch mit zumindest ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig ist und es dem Beamten nicht zugemutet werden kann, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache den neuen Dienstposten wahrzunehmen (VG Saarlouis, B.v. 15.11.2016 – 2 L 990/16 –, BeckRS 2016, 120191; OVG Saarlouis, B.v. 28.4.2017 – 1 B 358/16 –, juris).
Der Versetzungsverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 31. Juli 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheids derselben Behörde vom 4. September 2017 erweist sich bei summarischer Prüfung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren als rechtmäßig.
Insbesondere ist von der formellen Rechtmäßigkeit der Bescheide auszugehen, nachdem die gerügten Formverstöße jedenfalls mit Erlass des Widerspruchsbescheides ausgeräumt sind. Der Widerspruchsbehörde kommt im Überprüfungsverfahren eine umfassende Kontrollbefugnis zu. Sie besitzt grundsätzlich die gleiche Entscheidungsbefugnis wie die Erstbehörde. Sie ist zur Änderung, Aufhebung und Ersetzung des Ausgangsbescheids einschließlich seiner Begründung und Ermessenserwägungen befugt (vgl. BVerwG, U.v. 23.8.2011 – 9 C 3/11 –, juris Rn. 20; U.v. 1.12.1978 –7 C 68.77 – BVerwGE 57, 130 ; U.v. 11.2.1999 – 2 C 28.98 – BVerwGE 108, 274 ). Somit kommt es nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2017 nicht mehr darauf an, ob die Voraussetzungen des Art. 37 Abs. 3 BayVwVfG im Ausgangsbescheid erfüllt waren. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob im Widerspruchsbescheid die Ermessenserwägungen lediglich ergänzt oder sogar ausgetauscht wurden, nachdem nach den o.g. Grundsätzen die Widerspruchsbehörde zu einer vollumfänglichen Ermessensausübung befugt ist.
Der Versetzungsbescheid vom 31. Juli 2017 erfüllt insbesondere die Formvorschriften des Art. 37 Abs. 2 BayVwVfG. Der in der Akte befindliche Entwurf ist handschriftlich unterzeichnet, der vom Antragsteller vorgelegte, ihm zur Kenntnis per Email übermittelte Abdruck gibt den Namen des Unterzeichners mit Zeichnungsvermerk wieder. Sofern gerügt wird, dass aus dem Bescheid nicht die amtsinterne Zuständigkeit von Frau … zu entnehmen sei, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Unterschrifts- bzw. Zeichnungsberechtigung aus der internen Organisation einer Behörde ergibt. Eine interne Zuständigkeitsverteilung durch Rechtssatz ist dabei ebenso wenig erforderlich wie eine Bekanntmachung (Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 37 Rn. 34).
Im Übrigen wurde in der Antragserwiderung mitgeteilt, dass Frau … als Leiterin des Personalrechtsreferats der Gymnasialabteilung über die entsprechende Befugnis verfügt.
Unter Berücksichtigung der im Widerspruchsbescheid vom 4. September 2017 genannten Erwägungen erweist sich die Versetzung des Antragstellers nach … auf der Grundlage des Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayBG als rechtmäßig.
Insbesondere ist eine ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats erfolgt (Art. 75 Abs. 1 Nr. 6 BayPVG), der Antragsgegner hat dem Hauptpersonalrat eine Liste aller zu versetzenden Beamten vorgelegt, die Zustimmung seitens des Personalrats wurde am 27. Juli 2017 per Email übermittelt.
Zwar liegt kein Antrag des Antragstellers auf Versetzung an das …Gymnasium in … vor, eine Versetzung ist antragslos oder ohne ausdrückliche Zustimmung jedoch zulässig, wenn ein dienstliches Bedürfnis gegeben ist (Kathke in Schütz/Maiwald, Beamtenrecht – Kommentar, 1. UPD 08/2017, § 25 Versetzung, Rn. 97). Ein solches dienstliches Bedürfnis besteht vorliegend, weil an der alten Einsatzschule des Antragstellers keine freien Planstellen gegeben sind.
Auch sind keine Ermessensfehler seitens des Antragsgegners ersichtlich. Insbesondere konnte der Antragsgegner nachvollziehbar darlegen, dass alle Ver- bzw. Umsetzungen von Beamten mit der gleichen Fächerkombination im Großraum … Rückkehrer aus der Elternzeit sind und deshalb unter Beachtung des Schutzzwecks des Art. 6 Abs. 1 GG vorrangig berücksichtigt werden konnten. Soweit der Antragsteller geltend macht, es bestünde ein seitens des Schulleiters kommunizierter Bedarf am … Gymnasium, kommt es dabei nicht auf den tatsächlichen Personal- bzw. Stundenbedarf an, sondern lediglich auf die der Schule zugewiesenen Stellen, weil dem Antragsgegner insoweit ein weites Ermessen hinsichtlich der Schaffung von Stellen und der Verteilung der zur Verfügung stehenden Lehrkräfte zusteht. Der Antragsteller muss die organisationsrechtliche Entscheidung des Dienstherrn, am …-Gymnasium in … oder an einem sonstigen Gymnasium im Großraum … keine zusätzliche Planstelle für die Fächerkombination … und … auszuweisen, um dem Antragsteller dort einen Einsatz zu ermöglichen, hinnehmen. Es besteht kein subjektives Recht eines Beamten auf Einrichtung und Besetzung von Stellen. Die Organisationsentscheidung steht in einem weiten organisations- und verwaltungspolitischen Ermessen des Dienstherrn (BayVGH, B.v. 25.10.2013 – 3 CE 13.1839 –, juris; vgl. auch Kathke in Schütz/Maiwald, a.a.O., Rn. 118). Für eine willkürliche oder rechtsmissbräuchliche Entscheidung des Antragsgegners bei der Ausweisung der hier relevanten Planstellen bestehen keine Anhaltspunkte.
Auch die persönliche Situation des Antragstellers wurde in der Ermessensentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 4. September 2017 gewürdigt, Ermessensfehler sind auch hier nicht ersichtlich. Insbesondere führen hier das Zusammenleben mit der Verlobten und die vom Antragsteller behauptete Angewiesenheit seiner Mutter auf Hilfe nicht zu einer anderen Würdigung, nachdem dies keine zwingenden Gründe darstellt und auch vom Antragsgegner nachvollziehbar mit dem Verweis auf (Wochenend-) Pendelmöglichkeiten und Beanspruchung von Hilfe privater Dritter gewürdigt wurde.
Soweit der Antragsteller geltend macht, er könne seine im Auslandseinsatz erworbenen Kompetenzen an der neuen Schule in … nicht gewinnbringend einsetzen, ist nochmals auf das weite Organisationsermessen des Antragsgegners zu verweisen, mit dem dieser für einen seines Erachtens zweckmäßigen Personaleinsatz sorgen kann. Darüber hinaus ist schon nicht erkennbar, weshalb der Antragsteller in … nicht in der Lage sein sollte, wie auch an einem Gymnasium im Großraum … seine Fähigkeiten in Bezug auf Integration von Schülern ausländischer Herkunft einbringen zu können. Soweit der Antragsteller darauf verweist, er würde sich von Beginn an um eine Rückversetzung nach … bemühen und deshalb nicht nachhaltig wirken können, ist auf die beamtenrechtlich statuierte Treuepflicht zu verweisen, die einen vollen Einsatz auch am Gymnasium in … abverlangt.
Darüber hinaus würde auch eine bloße Interessenabwägung nicht zur Stattgabe des Antrags führen, weil das Interesse des Antragsgegners als Dienstherr am Vollzug der Versetzung gegenüber dem Individualinteresse des Antragstellers am Suspensiveffekt deutlich überwiegt. Dabei ist zwar bei einer Entfernung von 150 km (geschätzte Fahrtzeit mit PKW ca. 2 Stunden durch google maps ermittelt) von einem erheblichen Fahraufwand auszugehen. Allerdings verweist der Antragsgegner insoweit zutreffend auf die dem Beamtenrecht immanente Versetzungsmöglichkeit auch trotz damit verbundener persönlicher, familiärer und finanzieller Belastungen (zu vergleichbaren Fällen von Bundesbeamten BayVGH, B.v. 24.5.2016 – 6 CS 16.821 –, juris Rn. 7 und B.v. 24.7.14 – 6 ZB 12.2055 –, juris Rn. 9).
B.
Auch soweit der Antragssteller hilfsweise im Wege des Antrags nach § 123 VwGO begehrt, an ein anderes Gymnasium im Großraum … versetzt zu werden, hat der Antrag keinen Erfolg, weil schon kein Anspruch auf Wegversetzung besteht. Nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayBG kann ein Beamter in ein anderes Amt seiner Laufbahn, für die er die Befähigung besitzt, versetzt werden, wenn er es beantragt. Die Versetzung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Auch bei einem Antrag des Beamten haben dienstliche Belange grundsätzlich Vorrang. Bewerben sich mehrere Bewerber um eine Versetzung auf eine freie Stelle, so hat die personalbewirtschaftende Stelle eine sachbezogene Auswahl zu treffen. Dabei kann die Wegversetzung eines anderen Beamten, um den eigenen Versetzungswunsch zu realisieren, grundsätzlich nicht verlangt werden, auch nicht bei dringenden sozialen Gründen (BayVGH, B.v. 29.1.2010 – 3 CE 09.2758 –, juris Rn. 17 unter Bezugnahme auf Weiß/Niedermeier/Summer/Zängl, BayBG, Erl. 35 zu Art. 48).
Dem Antragsteller kann so allenfalls ein Anspruch auf eine korrekte Ermessensausübung zustehen. Dadurch, dass der Antrag auf Einsatz an einer anderen Schule im Großraum … mit Verweis auf mangelnde Kapazitäten nach vorrangiger Berücksichtigung von Beamten mit Kindern abgelehnt wurde, sind keine Anhaltspunkte für einen Ermessensfehler ersichtlich.
Hinsichtlich der Gründe wird im Übrigen entsprechend § 117 Abs. 5 VwGO auf die Begründung des Widerspruchsbescheides verwiesen, der das Gericht folgt.
Nach alledem war der Antrag abzulehnen.
C.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.
D.
Der Streitwert ergibt sich aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1, 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung 2013).


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