Verwaltungsrecht

Vollstreckungshindernis wegen Pachtvertrags – faktisches Überschwemmungsgebiet

Aktenzeichen  M 2 S 16.1394

Datum:
8.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG BayVwVfG Art. 28 Abs. 1, Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Art. 45 Abs. 2
VwGO VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Nr. 4
BayWG BayWG Art. 20 Abs. 4 S. 2, Art. 46 Abs. 6, Art. 58 Abs. 1 S. 2
BGB BGB § 585 Abs. 2, § 586 Abs. 1 S. 1
BayVwZVG BayVwZVG Art. 21a S. 1, S. 2, Art. 30, Art. 31, Art. 36 Abs. 1 S. 2, Art. 39
WHG WHG § 36, § 76 Abs. 1, § 100 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Besteht zwischen einer durch Beseitigungs- und Rückbauverfügung  in Anspruch genommenen Person und einer dritten Person ein Landpachtvertrag, stellt dieser Vertrag ein Vollstreckungshindernis dar, das durch Duldungsverfügung an die dritte Person ausgeräumt werden kann. (redaktioneller Leitsatz)
Vor einer Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO ist keine Anhörung erforderlich. Eine fehlende Anhörung vor Erlass eines Verwaltungsakts wird dadurch geheilt, dass der Beteiligte im Klageverfahren oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Gelegenheit zur Stellungnahme hat. (redaktioneller Leitsatz)
Für die Beseitigung von Hindernissen in faktischen Überschwemmungsgebieten verdrängt Art. 46 Abs. 6 BayWG als spezielle Rechtsgrundlage die allgemeinen Vorschriften der Gewässeraufsicht (Art. 100 Abs. 1 S. 2 WHG, Art. 58 Abs. 1 S. 2 BayWG). Der dementsprechende Austausch der Rechtsgrundlage im Gerichtsverfahren führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, da sich die Begründung ihrem Wesen nach nicht ändert.   (redaktioneller Leitsatz)
Der fachlichen Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts als amtlicher Sachverständiger kommt für die Frage, ob ein faktisches Überschwemmungsgebiet vorliegt, eine erhebliche Einschätzungsprärogative zu, die nicht durch bloße Behauptungen widerlegt werden kann. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 18. Februar 2016 wird hinsichtlich Ziffer 4. des Bescheids vom 26. Januar 2016 angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II.
Von den Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin 3/4 und der Antragsgegner 1/4.
III.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich im Rahmen vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine wasserrechtliche Anordnung des Antragsgegners, mit der dieser die Beseitigung von Auffüllungen und einer Holzhütte im (faktischen) Überschwemmungsgebiet der … erreichen möchte.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Grundstücke Fl.Nrn. … und … Gemarkung …. Diese Grundstücke liegen im orografisch rechten Uferbereich der …, unmittelbar angrenzend an das Gewässergrundstück Fl.Nr. … Gemarkung ….
Mit Schreiben vom 4. August 2011 teilte das Wasserwirtschaftsamt … dem Landratsamt … … mit, dass auf Teilflächen der Grundstücke Fl.Nrn. … und … deutliche Geländeauffüllungen festgestellt worden seien. Die Auffüllung befinde sich im Überschwemmungsgebiet der … und beseitige abflusswirksamen Retentionsraum. Außerdem sei auf der geschaffenen Fläche eine Holzhütte errichtet worden. Der Vorgang sei insbesondere im Hinblick auf den der … gegenüberliegenden Bereich „…“ äußerst kritisch zu bewerten, da nicht auszuschließen sei, dass nachteilige Auswirkungen auf die gegenüberliegende Bebauung entstünden.
Mit Schreiben vom 17. Juli 2013 hörte der Antragsgegner die Antragstellerin zum Erlass einer Beseitigungs- bzw. Rückbauanordnung an.
Die Antragstellerin äußerte sich mit Schreiben vom 30. Juli 2013 u. a. wie folgt: Am 5. November 2009 habe ihr Vater die Waldgrundstücke gekauft, um die Notarkosten zu sparen, seien sie gleich auf sie überschrieben worden. Nach einer Rodung durch den Vorbesitzer seien auf dem Grundstück viele kleine und ein riesiger Haufen Geäst liegen geblieben. Dorfbewohner und Durchreisende hätten sich auf den Grundstücken u. a. ihrer Gartenabfälle entledigt. Ende März 2010 habe eine Firma mit einem Radlader die Baumreste und Gartenabfälle gleichmäßig verteilt, bevor mit Erde habe aufgefüllt werden können. Während der Auffüllarbeiten sei ein Herr vom Wasserwirtschaftsamt gekommen und habe sie unterrichtet, dass sie ohne Genehmigung keine Auffüllarbeiten hätte machen dürfen. Er habe gesagt, wenn sie jetzt aufhöre, habe es damit sein Bewenden, da sie den hinteren Teil des Waldes schon mit 2.000 Jungpflanzen aufgeforstet habe. Sie hätten sofort die Auffüllarbeiten eingestellt, die Firma habe nur noch das vorhandene Erdreich gleichmäßig verteilt. Dann habe sie mit der Aufforstung beginnen können, mittlerweile seien es 3.600 Jungpflanzen. Am 1. März 2010 habe sie das Grundstück an ihren Vater verpachtet (zur Vorlage kam ein bis zum 1. März 2020 laufender Landpachtvertrag zwischen der Antragstellerin und ihrem Vater vom 1. März 2010). Ihr Vater habe beschlossen, im Wald eine Holzhütte zur Lagerung von Brennholz zu bauen. Da sie Landwirtin sei, habe sie die Hütte ohne Genehmigung bauen können. Als die Hütte fast fertig gewesen sei, sei am 7. Juli 2011 ein Herr vom Wasserwirtschaftsamt gekommen und habe ihr erklärt, sie dürfe keine Hütte aufstellen. Wegen der Hochwassergefahr hätte sie mit der Hütte 60 m Abstand zum …ufer halten müssen, die Hütte stehe aber nur 30 m vom …ufer entfernt. Sie habe zu diesem Zeitpunkt schon 22 Jahre in … gelebt, aber bis zur Höhe der Hütte sei kein Wasser gekommen. Sie habe Fotos vom Hochwasser 2013 gemacht (zur Vorlage kamen entsprechende Fotos): Es habe keine Gefährdung der Dorfbewohner vorgelegen, denn die Holzhütte sei keine 10 cm im Wasser gestanden und das Hochwasser der … habe durchfließen können, obwohl das Wasser so hoch wie seit 20 Jahren nicht mehr gestanden habe.
Mit Schreiben vom 28. Juli 2015 wandte sich das Wasserwirtschaftsamt … erneut an das Landratsamt. Die ungenehmigte Auffüllung und die Hütte lägen im Überschwemmungsgebiet nach § 76 WHG. Das Junihochwasser 2013 habe die Lage im Überschwemmungsgebiet bestätigt. Der Auffüllung und der Hütte im Überschwemmungsgebiet und im 60 m-Bereich könne wasserwirtschaftlich nicht zugestimmt werden.
Mit weiterem Schreiben vom 11. November 2015 gab das Wasserwirtschaftsamt dem Landratsamt Hilfestellung für die Formulierung eines Bescheidstenors und teilte ergänzend u. a. mit: Die ermittelte Auffüllfläche betrage ca. 2.472 qm an der unteren Bruchkante und ca. 1.981 qm an der oberen Bruchkante. Bei einer mittleren Auffüllhöhe von 0,8 m ergebe sich ein Auffüllvolumen von ca. 1.780 m3. Die Auffüllung samt Holzhütte und die darauf durchgeführten Anpflanzungen stellten einen wesentlichen Eingriff in das faktische Überschwemmungsgebiet dar. Es gehe wirkungsvoller Retentionsraum verloren. Der Einbau quer zur Fließrichtung bewirke darüber hinaus eine Behinderung des Abflusses. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Geländeauffüllung das Abflussverhalten und die Hochwassersituation für die gegenüberliegende …seite beeinflusse.
Mit Bescheid des Landratsamts vom 26. Januar 2016, zugestellt am 28. Januar 2016, verpflichtete der Antragsgegner die Antragstellerin, die quer zur Abflussrichtung der … vorgenommene Auffüllung auf Fl.Nrn. … und … (in den Plänen orange und violett dargestellt) nach Maßgabe der in den Plänen ersichtlichen Geländeschnitte auf das mit Höhen in m ü. NN dargestellte Ursprungsniveau bis Ende März 2016 zurückzubauen (Ziffer 1.), die Hütte auf Fl.Nr. … mitsamt evtl. vorhandenen Fundamenten ebenfalls bis Ende März 2016 zu beseitigen (Ziffer 2.) und den Rückbau mit einem Höhenplan mit Geländeschnitten durch ein Vermessungsbüro nachzuweisen (Ziffer 3.). Ferner wurde für den Fall der Nichtbefolgung der Anordnungen in Ziffern 1. und 2. ein Zwangsgeld in Höhe von je 2.000,– € angedroht (Ziffer 4.), die sofortige Vollziehung der Ziffern 1. und 2. angeordnet (Ziffer 5.) und der Antragstellerin die Kosten auferlegt (Ziffern 6. und 7.). Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt: Rechtsgrundlage der Anordnungen sei Art. 58 BayWG i. V. m. § 100 WHG. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der wasserrechtlichen Beseitigungsanordnung lägen vor. Auffüllung und Hütte lägen im 60 m-Bereich und seien ohne die erforderliche Genehmigung nach § 36 WHG i. V. m. Art. 20 BayWG errichtet worden. Bei dem Gelände handele es sich um ein Überschwemmungsgebiet nach § 76 WHG. Auch bei einer nachträglichen Anlagengenehmigung wäre diese nach Art. 20 Abs. 4 Satz 2 BayWG aus den in § 36 WHG angeführten Gründen zu versagen, da durch die Einbauten eine negative Gewässerveränderung eintrete. Der Erlass der Beseitigungsanordnung stehe im pflichtgemäßen Ermessen des Landratsamts. Die Beseitigung von nicht genehmigungsfähigen und damit rechtswidrigen Anlagen, welche die natürlichen Abflussverhältnisse in der Form nachteilig beeinflussten, dass das Gefahrenpotential für Dritte im Hochwasserfall erhöht werde, liege im besonderen Interesse der Allgemeinheit. Die Anordnung der Beseitigung sei auch ein geeignetes Mittel hierfür. Aufgrund der naturgegebenen Gegebenheiten der … und ihrer Ufer seien auch keine anderen Mittel und Wege ersichtlich, die durch die getätigten Einbauten nachteilig veränderten Abflussverhältnisse im Hochwasserfall so zu beeinflussen, dass die Gefahr für die Rechtsgüter Dritter reduziert werden könne. Das Interesse der Antragstellerin am Fortbestand der zurzeit forstwirtschaftlich genutzten Auffüllung und der Holzhütte müsse zurückstehen, zumal die forstwirtschaftliche Nutzung auch nach Beseitigung der Auffüllung weiter möglich ist. Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 sei im dringenden öffentlichen Interesse angeordnet worden. Der Schutz vor Hochwässern durch die Beseitigung von Abflusshindernissen liege im besonderen öffentlichen Interesse. Ein Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheids hätte in diesem Einzelfall eine fortdauernde Beeinträchtigung der Hochwassersicherheit durch den Weiterbestand der nicht genehmigten Einbauten im Überschwemmungsgebiet zur Folge. Die Antragstellerin sei als Zustandsstörerin der richtige Adressat für die Anordnung. Die Androhung des Zwangsgeldes stützte sich auf Art. 39, 30, 31 und 36 VwZVG.
Gegen diesen Bescheid ließ die Antragstellerin durch ihre Bevollmächtigten am 18. Februar 2016 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben und beantragen diesen aufzuheben. Über diese Klage, die unter dem Aktenzeichen M 2 K 16.773 geführt wird, ist noch nicht entschieden.
Am 22. März 2016 ließ die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten zudem beim Bayerischen Verwaltungsgericht München beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 18. Februar 2016 gegen den Bescheid vom 26. Januar 2016 wiederherzustellen.
Zur Begründung ließ sie zunächst Teile ihrer Einlassung im Schreiben vom 30. Juli 2013 wiederholen und ergänzend u. a. wie folgt vortragen: Im Sommer 2013 habe eine Firma für die Gemeinde … Kanalbauarbeiten auf dem Grundstück der Antragstellerin durchgeführt. Die Firma habe den Aushub, den die Antragstellerin eingebracht habe, im Wesentlichen weggeräumt und dann Rohre verlegt. Mit eigenem Aushub habe sie dann die Kanaltrasse wieder verfüllt, jedoch noch weiteren beigebracht, so dass das Grundstück durch die Firma etwas erhöht worden sei. Anschließend habe die Antragstellerin wieder Bäume gepflanzt. Während des Jahrhunderthochwassers im Sommer 2013 seien die Uferbereiche der … im Bereich des Grundstücks der Antragstellerin nicht nennenswert überflutet worden. Würde man von der Antragstellerin die Umsetzung des Bescheids verlangen, dann wäre sie verpflichtet ca. 4.000 Bäume umzuschneiden. Die Antragstellerin hätte im Schreiben vom 17. Juli 2013 auch zur Anordnung des Sofortvollzugs angehört werden müssen. Des Weiteren hätte sie ohnehin aufgrund des Zeitablaufs erneut angehört werden müssen. Die Beseitigungs- bzw. Rückbauverpflichtung sei nicht vollstreckbar, da gegenüber dem Pächter keine Duldungsverfügung erfolgt sei. Der Sofortvollzug sei mit einer Beeinträchtigung der Hochwassersicherheit begründet worden. Diese Begründung sei falsch. Dies ergebe sich aus den Fotografien hinsichtlich des Katastrophenhochwassers 2013. Die Realität habe die Spekulation des Wasserwirtschaftsamts im Schreiben vom 11. November 2015 überholt. Es sei nicht zu ersehen, dass der Antragsgegner überhaupt erkannt habe, dass er zwischen verschiedenen Störern zu wählen habe, nämlich zwischen der Antragstellerin, dem Pächter, der Gemeinde … sowie der Kanalbaufirma. Sowohl die Aufschüttung als auch die errichtete Hütte dürften dem Anlagenbegriff entsprechen. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners seien diese genehmigungsfähig. Dies ergebe sich aus den Erkenntnissen des Hochwassers aus dem Jahr 2013. Die Aussagen des Wasserwirtschaftsamts … seien wenig aussagekräftig, da insbesondere nicht auf die Gewässerzustände eingegangen werde, die im Katastrophenjahr 2013 geherrscht hätten. Hinsichtlich der durch die Holzlagerhütte versiegelte Fläche sei nicht erkennbar, wieso eine versiegelte Fläche von ca. 8 x 8 m eine Störung der Retentionsfläche darstelle.
Mit Schriftsatz vom 25. April 2016 legte der Antragsgegner seine Akten vor und beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde hinsichtlich der Kanalbauarbeiten auf eine Stellungnahme der Gemeinde … vom 22. April 2016 verwiesen: Danach sei der Kanal ganz überwiegend nicht auf dem Grundstück der Antragstellerin, sondern auf dem angrenzenden Straßengrundstück errichtet worden. Bei Beginn der Kanalbaumaßnahmen hätten sich die Aufschüttungen bereits auf den Grundstücken der Antragstellerin befunden. Die von der Gemeinde beauftragte Firma habe den vorgefundenen Urzustand wieder hergestellt. Für zusätzliche Aufschüttungen durch die Baufirma sei nichts ersichtlich. Ferner wurde zur Begründung u. a. Folgendes vorgetragen: Das bestehende Pachtverhältnis zwischen der Antragstellerin und ihrem Vater sei dem Landratsamt bekannt gewesen. Die Art und Weise der getätigten Störerauswahl sei nicht zu beanstanden. Da der unrechtmäßige Zustand auf dem Gelände bei Beginn der Kanalbauarbeiten bereits bestanden habe und die ausführenden Firma keine wesentlichen Änderungen an dem Geländezustand vorgenommen habe, sei keine Handlung zu erkennen, welche die Gemeinde oder die ausführende Baufirma als mögliche Störer bezüglich der unerlaubten Auffüllungen und Errichtung der Holzhütte erscheinen ließen. Das Baufeld der Kanalbauarbeiten habe nur einen geringen Anteil an der antragsgegenständlichen Auffüllfläche gehabt. Zur Vorlage kam außerdem eine Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts … vom 18. April 2016, wonach unverändert davon auszugehen sei, dass die getätigte Auffüllung ein bedeutendes Hindernis sei, dass die Strömungs- und Abflussverhältnisse zum Nachteil des gegenüberliegenden Geländes verändern könne, ferner, dass die aufgefüllte Kubatur einen bedeutenden Retentionsraumverlust darstelle.
Mit Schriftsatz vom 19. Mai 2016 ließ die Antragstellerin ihr Vorbringen vertiefen: Es werde weiterhin behauptet, die Kanaltrasse verlaufe im Wesentlichen durch das Grundstück der Antragstellerin. Zur Vorlage kamen diverse Fotos von den Kanalbauarbeiten, ferner Fotos, welche die Grundstücke beim Hochwasser im Jahr 2013 zeigen. Die Klägerin habe selbst zu keinem Zeitpunkt die Verfüllung vorgenommen. Wenn die Antragstellerin im Schreiben vom 30. Juli 2013 von „wir“ spreche, meine sie ihren Vater und ihren Ehemann. Es bestehe auch nicht lediglich formell ein Pachtverhältnis zwischen der Antragstellerin und ihrem Vater. Die errichteten Anlagen seien genehmigungsfähig. Das Katastrophenhochwasser aus dem Jahr 2013 habe gezeigt, dass durch die Aufschüttungen keinerlei Allgemeinwohlinteressen verletzt worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO und Art. 38 Abs. 1 Satz 1, Art. 21 a Satz 2 VwZVG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig und hinsichtlich der Zwangsgeldandrohungen in Ziffer 4. des Bescheids vom 26. Januar 2016 begründet, im Übrigen unbegründet.
Gemäß § 80 Abs. 1 VwGO hat eine Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt nur in den in § 80 Abs. 2 VwGO genannten Fällen, u. a. wenn dies Bundes- oder Landesrecht vorschreibt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO), was in Bezug auf Vollstreckungsmaßnahmen durch Art. 21 a Satz 1 VwZVG erfolgt ist, oder wenn eine Behörde die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet hat (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Bei einer solchen Anordnung des Sofortvollzugs ist gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Diese Begründung muss insbesondere erkennen lassen, dass sich die Behörde bei ihrer Entscheidung mit den Besonderheiten des konkreten Einzelfalles auseinandergesetzt hat.
Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. Art. 21 a Satz 1 VwZVG nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1, Art. 21 a Satz 2 VwZVG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO ganz oder teilweise anordnen sowie im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO nach § 80 Abs. 5 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Hinsichtlich der Anordnung des Sofortvollzugs prüft das Gericht zunächst, ob diese formell rechtmäßig war. Im Übrigen trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung: Es hat bei der Entscheidung über die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche summarische Überprüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessenabwägung.
Daran gemessen ist vorliegend die aufschiebende Wirkung der Klage vom 18. Februar 2016 hinsichtlich der Zwangsgeldandrohungen in Ziffer 4. des Bescheids vom 26. Januar 2016 anzuordnen. Insoweit geht die Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin aus, weil der Bescheid insoweit mangels Duldungsanordnung an den Pächter rechtswidrig ist und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt (sogleich 1.). Im Übrigen kommt hingegen keine Anordnung bzw. Wiedererstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage vom 18. Februar 2016 in Betracht (sogleich 2.): Die Anordnung des Sofortvollzugs in Ziffer 5. dieses Bescheids ist formell rechtmäßig (sogleich 2. a)). Die Interessenabwägung geht zulasten der Antragstellerin aus, weil insoweit ihre Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 26. Januar 2016 bei summarischer Prüfung erfolglos bleiben wird (sogleich 2. b)):
1. Hinsichtlich der Anfechtungsklage gegen die Zwangsgeldandrohungen war die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Ziffer 4. des Bescheids vom 26. Januar 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Antragstellerin ihren Rechten, weil der Antragsgegner keine vollziehbare Duldungsanordnung gegenüber dem Vater der Antragstellerin als Pächter der verfahrensgegenständlichen Flächen erlassen hat:
Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Zwangsgeldandrohung ist es u. a. auch, dass der durch den zugrundeliegende Verwaltungsakt als Störer Verpflichtete in der Lage ist, die ihm auferlegten Pflichten innerhalb der ihm gesetzten angemessenen Frist nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG zu erfüllen. Muss der Pflichtige zur Erfüllung seiner Verpflichtungen in die Rechte Dritter eingreifen und ist der Dritte nicht bereit, den Eingriff in seine Rechte zu dulden, so besteht ein Vollzugshindernis. Der zugrundeliegende Verwaltungsakt kann nicht im Wege des Verwaltungszwangs durchgesetzt werden, weil der Pflichtige rechtlich und tatsächlich nicht in der Lage ist, die Verpflichtung zu erfüllen. Um dieses Vollstreckungshindernis auszuräumen, muss die Behörde den Dritten durch Verwaltungsakt vollziehbar verpflichten, den Eingriff in seine Rechte zu dulden (sog. Duldungsanordnung; zum Ganzen: Linhart, Schreiben, Bescheide und Vorschriften in der Verwaltung, § 18 Rdnr. 49 f. m. w. N. insbesondere aus der Rechtsprechung des BVerwG und des BayVGH). Dabei muss eine erforderliche Duldungsanordnung zu Beginn der Erfüllungsfrist nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG vorliegen und auch vollziehbar sein, damit dem durch den zugrundeliegenden Verwaltungsakt Verpflichteten der zur Erfüllung seiner Verpflichtungen eingeräumte Zeitraum auch vollständig zur Verfügung steht (BayVGH, B. v. 11.7.2001 – 1 ZB 01.1255 – juris Rdnr. 14; Linhart, a. a. O., § 18 Rdnr. 187a).
Vorliegend hat es der Antragsgegner versäumt, gegenüber dem Vater der Antragstellerin eine sofort vollziehbare Duldungsanordnung zu erlassen. Diese wäre erforderlich gewesen, weil der Vater der Antragstellerin Pächter der von der verfahrensgegenständlichen Verfügung betroffenen Teilfläche ist: Dieses Pachtverhältnis ergibt sich aus dem von der Antragstellerin als Anlage zur Stellungnahme vom 30. Juli 2013 vorgelegten, bis zum 1. März 2020 laufenden Landpachtvertrag zum Zwecke der landwirtschaftlichen Nutzung vom 1. März 2010 und wird auch vom Landratsamt nicht in Abrede gestellt (vgl. die Antragserwiderung vom 25. April 2016). Um die ihr mit Bescheid vom 26. Januar 2016 in Ziffern 1. und 2 auferlegten Verpflichtungen zu erfüllen, muss die Antragstellerin in die Rechte ihres Vaters aus dem Pachtverhältnis eingreifen: Durch den Landpachtvertrag ist sie verpflichtet, ihrem Vater den Gebrauch der verpachteten Grundstücke und den Genuss der Früchte zu gewähren (§ 585 Abs. 2 BGB i. V. m. 581 Abs. 1 Satz 1 BGB). Sie hat die Grundstücke ihrem Vater in einem zu der vertragsmäßigen Nutzung geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Pachtzeit in diesem Zustand zu erhalten (§ 586 Abs. 1 Satz 1 BGB). Beseitigt die Antragstellerin die Auffüllungen und die Hütte, dann beeinträchtigt sie zweifelsohne den Gebrauch der Grundstücke, den Genuss der Früchte und verstößt gegen ihre Verpflichtung zum Erhalt zum vertragsgemäßen Gebrauch. Vor allem muss sie die auf der verfahrensgegenständlichen Teilfläche zum Zwecke der landwirtschaftlichen Nutzung gepflanzten Bäume zwangsläufig mitbeseitigen. Bei lebensnaher Betrachtungsweise ist auch davon auszugehen, dass ihr Vater nicht bereit ist, derartige Eingriffe in sein Pachtverhältnis freiwillig zu dulden. Die Antragstellerin hat in ihrer Antragsbegründung auch ausdrücklich gerügt, dass keine Duldungsanordnung erfolgt ist. Mithin hätte der Antragsgegner gegenüber dem Vater der Antragstellerin eine Duldungsanordnung erlassen müssen, wobei es im Hinblick auf einen möglichen Rechtsbehelf hiergegen geboten gewesen wäre, über eine Anordnung des Sofortvollzugs gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO nachzudenken. Dies kann bezogen auf die Zwangsgeldandrohungen im verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 26. Januar 2016 nicht mehr nachgeholt werden, da die vollziehbare Duldungsanordnung zu Beginn der Erfüllungsfrist vorliegen muss (siehe oben). Vielmehr müssen neue Zwangsgelder angedroht werden.
2. Im Übrigen kommt keine Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage vom 18. Februar 2016 in Betracht:
a) Die Anordnung des Sofortvollzugs in Ziffer 5. des Bescheids vom 26. Januar 2016 bezüglich der gewässeraufsichtlichen Anordnungen in Ziffer 1. und 2. dieses Bescheids ist formell rechtmäßig.
Das Landratsamt war als die den Verwaltungsakt erlassende Behörde für die Anordnung des Sofortvollzugs zuständig und hat dabei gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich begründet. Diese Begründung genügt auch den Anforderungen: Insbesondere ist zwar knapp, aber noch hinreichend angegeben, welche Gründe den Antragsgegner bezogen auf den konkreten Einzelfall bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen: So wird dargelegt, dass im vorliegenden Fall ein Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheids mit Sicherheit eine fortdauernde Beeinträchtigung der Hochwassersicherheit durch den Weiterbestand der nicht genehmigten Auffüllung und Hütte im Überschwemmungsgebiet zur Folge hätte.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist eine besondere Anhörung zur Anordnung des Sofortvollzugs nicht erforderlich (Schmidt in Eyermann, 14. Auflage 2014, § 80 Rdnr. 41 m. w. N.). Unbehelflich ist auch der Einwand der Antragstellerin, die Begründung des Sofortvollzugs, die Hochwassersicherheit sei beeinträchtigt, sei inhaltlich falsch: Das Gericht prüft nur die formelle Rechtmäßigkeit des Sofortvollzugs, hingegen nicht dessen materielle, vielmehr nimmt es eine eigenständige Interessenabwägung vor (vgl. Schmidt in Eyermann, a. a. O., § 80 Rdnr. 58 und 71).
b) Die vom Gericht im Rahmen seiner eigenen Ermessenentscheidung anzustellende Interessabwägung geht zulasten der Antragstellerin aus. Nach der im Rahmen dieses vorläufigen Rechtsschutzverfahrens allein möglichen summarischen Prüfung ist zu erwarten, dass die Anfechtungsklage der Antragstellerin vom 18. Februar 2016 gegen den Bescheid vom 26. Januar 2016 im Übrigen erfolglos bleiben wird, weil dieser Bescheid – von der Zwangsgeldandrohung in Ziffer 4. abgesehen – rechtmäßig ist und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Einzelnen:
aa) Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Dahingestellt kann bleiben, ob das Schreiben vom 17. Juli 2013 hinsichtlich des erst am 26. Januar 2016 ergangenen Bescheids als hinreichende Anhörung im Sinne des Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG verstanden werden kann. Selbst wenn man davon ausgeht, die Antragstellerin hätte vor Erlass des Bescheids erneut angehört werden müssen, so wäre dieser Mangel zwischenzeitlich dadurch geheilt, dass die Antragstellerin im Klageverfahren und im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hinreichend Gelegenheit zur Stellungnahme hatte (vgl. Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG).
bb) Der Bescheid ist – von Ziffer 4. abgesehen – auch materiell rechtmäßig.
(1.) Rechtsgrundlage der Ziffern 1. und 2. (sowie auch der Ziffer 3. als Annex hierzu) sind zwar nicht die im Bescheid genannten Vorschriften des § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG i. V. m. Art. 58 Abs. 1 S. 2 BayWG, sondern Art. 46 Abs. 6 BayWG. Diese Vorschrift lautet: „Um einen schadlosen Hochwasserabfluss sicherzustellen, kann die Kreisverwaltungsbehörde in einem Überschwemmungsgebiet nach § 76 Abs. 1 WHG gegenüber den Eigentümern oder Nutzungsberechtigten der Grundstücke anordnen, Hindernisse zu beseitigen, Eintiefungen aufzufüllen, Maßnahmen zur Verhütung von Auflandungen zu treffen und die Grundstücke so zu bewirtschaften, dass ein Aufstau und eine Bodenabschwemmung möglichst vermieden werden.“ Geht es wie vorliegend um die Beseitigung von Hindernissen in (faktischen) Überschwemmungsgebieten aus Gründen des Hochwasserschutzes, so ist Art. 46 Abs. 6 BayWG lex specialis gegenüber den Vorschriften der allgemeinen Gewässeraufsicht nach § 100 Abs. 1 S. 2 WHG, Art. 58 Abs. 1 S. 2 BayWG (Rossi in Sieder/Zeitler, Bayerisches Wassergesetz, Stand Mai 2015, Art. 46 Rn. 32 m. w. N.; vgl. auch Knopp in Sieder/Zeitler, a. a. O., Art. 20 Rn. 15).
Ein derartiger Austausch der Rechtsgrundlage begegnet keinen rechtlichen Bedenken: Denn die Frage, ob ein angefochtener Bescheid materiell rechtmäßig oder rechtswidrig ist, richtet sich nach dem Recht, das geeignet ist, die getroffene Regelung zu rechtfertigen. Erweist sie sich aus anderen als in dem Bescheid angegebenen Gründen als rechtmäßig, ohne dass sie durch den Austausch der Begründung in ihrem Wesen geändert würde, ist der Verwaltungsakt im Sinn des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht rechtswidrig. Dies ist hier der Fall: Die Zielsetzung, nämlich die Vermeidung von Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts im Falle eines Hochwassers durch Beseitigung von Hindernissen, bleibt unverändert. Die Ermessensausübung hat sich an denselben Maßstäben zu orientieren, es sind keine anderen oder zusätzliche Ermessenserwägungen anzustellen. Auch ist zum Vollzug beider Rechtsgrundlagen das Landratsamt zuständig (vgl. zum Austausch der Rechtsgrundlage: BayVGH, B. v. 1.2.2016 – 10 CS 15.2689 – juris Rn. 29 m. w. N.; BayVGH, B. v. 20.4.2015 – 20 ZB 15.106 – juris Rn. 4 m. w. N.).
(2.) Die von der verfahrensgegenständlichen Verfügung betroffenen Teilflächen der Fl.Nrn. … und … liegen in einem (faktischen) Überschwemmungsgebiet nach § 76 Abs. 1 WHG, also einem Gebiet, das bei Hochwasser eines oberirdischen Gewässers überschwemmt oder durchflossen wird. Dies ergibt sich aus den diversen Stellungnahmen des Wasserwirtschaftsamts … (Schreiben vom 4. August 2011, 28. Juli 2015, 11. November 2015 und 18. April 2016, siehe auch die vom Wasserwirtschaftsamt vorgelegte Karte Bl. 39 BA). Die diesbezüglichen Einwände der Antragstellerin sind unbehelflich: Zum einen kommt der fachlichen Bewertung des Wasserwirtschaftsamts als amtlicher Sachverständiger ein erheblicher Einschätzungsvorsprung zu, der nicht einfach durch entgegenstehende Behauptungen beiseitegeschoben werden kann (st. Rspr; BayVGH, B. v. 4.8.2014 – 8 ZB 14.385 – juris Rn. 5 f. m. w. N.). Zum anderen belegen die von der Antragstellerin schon im Verwaltungsverfahren und auch im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Fotos gerade, dass die verfahrensgegenständlichen Teilflächen während des Hochwassers 2013 überschwemmt waren bzw. durchflossen wurden (und dies trotz der Erhöhung des Geländes durch die Auffüllung). Mithin streiten diese Fotos gerade dafür, dass die Einschätzung des amtlichen Sachverständigen richtig ist, es handele sich um ein (faktisches) Überschwemmungsgebiet.
(3.) Bei der zurückzubauenden Auffüllung und der zu beseitigenden Holzhütte handelt es sich auch um Hindernisse, die einen schadlosen Hochwasserabfluss beeinträchtigten (vgl. dazu zuletzt die Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 18. April 2016). Es liegt auf der Hand, dass eine Hütte – selbst wenn diese nur eine Grundfläche von 8 m x 8 m haben sollte – und auch eine quer zur Fließrichtung eingebaute Auffüllung mit einer mittleren Auffüllhöhe von 0,80 m und einem Auffüllvolumen von ca. 1.780 m3 zu einem zusätzlichen Aufstau führen sowie darüber hinaus auch Retentionsraum vernichten und damit den schadlosen Hochwasserabfluss beeinträchtigen.
(4.) Auch die Störerauswahl ist nicht zu beanstanden: Art. 46 Abs. 6 BayWG nennt als Adressaten einer Anordnung für den Einzelfall die Eigentümer und Nutzungsberechtigten der Grundstücke. Es begegnet deshalb keinen Bedenken, dass der Antragsgegner seine Anordnung gegenüber der Antragstellerin als Eigentümerin der Grundstücke Fl.Nr. … und … erlassen hat. Der Antragsgegner war auch nicht gehalten, statt der Antragstellerin ihren Vater als nutzungsberechtigten Pächter heranzuziehen: Dieses Pachtverhältnis steht einer effektiven Gefahrenabwehr durch Anordnung an die Eigentümerin nicht entgegen, weil gegenüber dem Pächter eine Duldungsanordnung erlassen werden kann (siehe dazu schon oben). Der Umstand, dass eine solche Duldungsanordnung vorliegend unterblieben ist, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Ziffern 1. bis 3. des Bescheids. Vielmehr kommt es insoweit lediglich auf der Ebene der Zwangsvollstreckung zu einem (behebbaren) Vollzugshindernis (Linhart, Schreiben, Bescheide und Vorschriften in der Verwaltung, § 18 Rdnr. 49 f. m. w. N. insbesondere aus der Rechtsprechung des BVerwG und des BayVGH). Auf die von den Beteiligten diskutierte Frage, inwieweit die Antragstellerin und/oder andere Personen auch Handlungsstörer sind, kommt es nach alldem nicht mehr an.
(5.) Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner dem Interesse der Antragstellerin an einem Verbleib der Auffüllung und der Hütte und damit letztlich an einer ungeschmälerten forstwirtschaftlichen Nutzbarkeit des Grundstücks ein geringeres Gewicht einräumt als dem Interesse der Allgemeinheit an einem möglichst schadlosen Abfluss von Hochwasser, was sich vor allem darin zeigt, dass es beim Hochwasserschutz gerade auch um die Abwehr von erheblichen Gefahren für Leib, Leben und Eigentum vieler Dritter geht. Hiergegen kann die Antragstellerin nicht einwenden, aus dem Hochwasser 2013 lasse sich die Erkenntnis ableiten, dass durch die Auffüllung keinerlei Allgemeinwohlinteressen verletzt seien. Gemeint ist wohl, dass bei diesem Hochwasserereignis der auf der orografisch linken Seite der … liegende Bereich … nicht überschwemmt worden ist. Nach der fachlichen Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts … (Stellungnahmen vom 4. August 2011, 11. November 2015 und 18. April 2016) führen die auf den Grundstücken der Antragstellerin errichteten abflusswirksamen Hindernisse insbesondere hinsichtlich dieses bebauten Bereichs zu erhöhten Gefahren im Hochwasserfall. Die Richtigkeit dieser fachlichen Bewertung des amtlichen Sachverständigen, dem ein erheblicher Einschätzungsvorsprung zukommt (st. Rspr; BayVGH, B. v. 4.8.2014 – 8 ZB 14.385 – juris Rn. 5 f. m. w. N.), ist durch das Vorbringen der Antragstellerin nicht durchgreifend in Frage gestellt. Denn der Umstand, dass ein bestimmter Bereich bei einem bestimmten Hochwasser nicht überschwemmt wurde, heißt ja noch lange nicht, dass dies bei einem anderen Hochwasserereignis mit anderen Parametern wieder der Fall sein wird. Außerdem gilt der allgemeine sicherheitsrechtliche Grundsatz zur Schadenswahrscheinlichkeit: Je größer und folgenschwerer der eventuelle eintretende Schaden ist, desto geringere Anforderungen sind an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu stellen. Daher genügt hinsichtlich von Hochwassergefahren die bloße Möglichkeit eines Schadenseintritts, wenn diese wie vorliegend auf einer im Rahmen einer konkreten Tatsachenfeststellung erfolgten Prognose nicht von der Hand zu weisen ist (Rossi in Sieder/Zeitler, a. a. O. Art. 46 Rn. 32 m. w. N.). Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass eine Anordnung nach Art. 46 Abs. 6 BayWG nicht voraussetzt, dass durch das zu beseitigende Hindernis für einen ganz bestimmten, genau benennbaren Bereich eine besondere Hochwassergefahr verursacht wird. Es genügt vielmehr, dass das Hindernis allgemein geeignet ist, den schadlosen Hochwasserabfluss zu beeinträchtigten.
Nachdem der Bescheid vom 26. Januar 2016 – von Ziffer 4. abgesehen – auch sonst keine Rechtsfehler erkennen lässt, wird bei summarischer Prüfung die Anfechtungsklage gegen diesen Bescheid im Übrigen erfolglos bleiben. Das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin hat deshalb insoweit schon aus diesem Grund hinter dem öffentlichen Vollzugsinteresse zurückzutreten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG, Ziffern 1.5 und 1.7.2 des Streitwertkatalogs, wobei die Kammer die sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebene Bedeutung der Sache (§ 52 Abs. 1 GKG) mit 10.000,00 € bewertet hat.


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