Verwaltungsrecht

Vollstreckungsschuldner, Vollstreckungsgläubiger, Verwaltungsgerichte, Vollstreckbarkeit, Notwendige Beiladung, Einfache Beiladung, Nicht vertretbare Handlung, Beigeladene Gemeinde, Vollstreckungsantrag, Erteilung einer Vollstreckungsklausel, Vollstreckungsgericht, Unvertretbare Handlung, Vollstreckbare Ausfertigung, Verwaltungsgerichtsverfahren, Abnahmeprotokoll, Mitwirkung der Gemeinde, Gemeindeteil, Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt, Streitwertfestsetzung, Zwangsvollstreckung

Aktenzeichen  RO 7 V 19.1978

Datum:
15.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 41310
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 167
VwGO § 172

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Vollstreckungsgläubigerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Die Vollstreckungsgläubigerin begehrt die gerichtliche Zwangsvollstreckung aus einem vor dem Güterichter geschlossenen Vergleich.
Das Landratsamt N … erteilte der F … E …GmbH mit Bescheid vom 15. Dezember 2014 eine Baugenehmigung für eine Aufschüttung. Die Vollstreckungsgläubigerin erhob hiergegen am 22. Januar 2016 Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg (RO 7 K 15.132 und RO 7 K 15.2000). In dem gegen den Freistaat Bayern geführten Verfahren wurde die Vollstreckungsschuldnerin einfach sowie die F … E … GmbH notwendig beigeladen. Am 22. März 2016 schlossen die Beteiligten (Klägerin: Bundesreplik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, endvertreten durch die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt; Beklagter: Freistaat Bayern, vertreten durch das Landratsamt N …; Beigeladener zu 1): Gemeinde M …; Beigeladener zu 2): F … E … GmbH) in der nicht-öffentlichen Güterichtersitzung zur Erledigung des Rechtsstreits folgenden Vergleich (RO ME 16.90000):
„I. Die Klägerin ist einverstanden, dass das für die erteilte Baugenehmigung vom 15.12.2014 des Landratsamtes N … bei der Umsetzung der Auffüllung anfallende Oberflächenwasser in den Düker MDKkm 114,573 eingeleitet werden darf, wenn die beigeladene Gemeinde M … das in dem Düker noch befindliche Rohrbündel beseitigt hat. Die beigeladene Gemeinde M … wird dieses Rohrbündel zeitnah beseitigen und den Beseitigungszeitpunkt mit Abnahmeprotokoll der Klägerin der Beigeladenen zu 2) schriftlich mitteilen. Innerhalb von 3 Monaten ab Zugang dieser Mitteilung ist die Beigeladene zu 2) verpflichtet, die Auflagen der Baugenehmigung des Landratsamtes N … vom 15.12.2014 umzusetzen. Wird diese 3-Monats-Frist nicht eingehalten, ist die Beklagte berechtigt, Verwaltungszwangsmaßnahmen einzuleiten.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Die Beigeladenen zu 1) und 2) tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Im Beschwerdeverfahren beim VGH Az. 15 CS 15.861 erklären die dortigen Parteien übereinstimmend die Erledigung des Rechtsstreits.“
Mit Schreiben vom 5. und 27. August 2019 beantragte die Vollstreckungsgläubigerin beim Verwaltungsgericht Regensburg eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs im Hinblick auf die „Verpflichtung der Gemeinde M …, das im dem Düker befindliche Rohrbündel zu beseitigen“. Unter dem 30. August 2019 erteilte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts Regensburg die beantragte Vollstreckungsklausel.
Mit Schreiben vom 10. September 2019 übersandte die Vollstreckungsgläubigerin der Vollstreckungsschuldnerin eine Kopie der vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs vom 22. März 2016 mit Vollstreckungsklausel und kündigte an, spätestens innerhalb eines Monats die Vollstreckung aus dem Vergleich beim Verwaltungsgericht Regensburg zu beantragen.
Am 4. November 2019 hat die Vollstreckungsgläubigerin beim Verwaltungsrecht Regensburg die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 22. März 2016 beantragt betreffend die Beseitigung des in dem Düker befindlichen Rohrbündels. Die Vollstreckungsschuldnerin habe sich in dem Vergleich verpflichtet, das Rohrbündel zeitnah zu beseitigen. Dieser Vergleich sei ein gerichtlicher Vollstreckungstitel. Die Vollstreckung richte sich nach § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 888 ZPO. Die Verpflichtung aus dem Vergleich vom 22. März 2016 sei dreieinhalb Jahre später nach wie vor nicht erfüllt und die Vollstreckungsschuldnerin bis heute nicht bereit, das Rohrbündel unabhängig von einer zusätzlichen Kostenübernahme durch die Vollstreckungsgläubigerin zu entfernen. Die Vollstreckungsschuldnerin hätte längst das Rohrbündel entfernen und die Kostenfrage im Nachgang gerichtlich klären können. Dieses Verhalten könne aus Gründen der Sicherheit nicht mehr länger hingenommen werden. Solange sich das Rohrbündel der Vollstreckungsschuldnerin im Düker befinde, könne der Düker nicht wie vorgeschrieben durch Befahrung untersucht werden. Damit könnten keine Schäden wie Undichtigkeiten oder Umläufigkeiten des Dükers festgestellt werden, welche unter bestimmten Voraussetzungen zu einem plötzlichen Versagen des Kanaldamms führen könnten. Auch im Interesse der Sicherheit der Bewohner der Gemeinde M … sei daher die zwangsweise Durchsetzung zur Entfernung des Rohrbündels notwendig. Das Entfernen des Rohrbündels sei eine nicht vertretbare Handlung im Sinne des § 888 ZPO. Das Rohrbündel bestehe aus dem Rohr einer im Betrieb befindlichen gemeindlichen Abwasserdruckleitung und drei Stabilisierungsrohren. Über die Abwasserdruckleitung sei der Gemeindeteil B … an die Kläranlage M … angeschlossen, d.h., das Rohr könne nicht ohne Verlegung der Abwasserleitung bzw. zumindest nicht ohne Ersatzanlage zurück gebaut werden. Da es hierfür der Mitwirkung der Gemeinde bzw. Mitwirkung Dritter bedürfe (in Form einer von der Gemeinde als Vorhabensträgerin zu beantragenden wasserrechtlichen Genehmigung oder bei Ersatzanlagen von betroffenen Grundstückseigentümern), liege eine nicht vertretbare Handlung vor, die durch Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft vollstreckt werde. Die Wahl des Zwangsmittels stehe im Ermessen des Gerichts. Die Höhe des Zwangsgeldes müsse der Bedeutung der Sache angemessen sein.
Die Vollstreckungsgläubigerin beantragt,
gegen die Vollstreckungsschuldnerin zur Erzwingung der ihr nach dem Vergleich des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. März 2016 RO 90 ME 16.90000 (RO 7 K 15.2000) obliegenden unvertretbaren Handlung der Beseitigung des Rohbündels aus dem Düker bei Kilometer 114,573 der Bundeswasserstraße Main-Donau-Kanal ein Zwangsgeld von bis zu 25.000 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Zwangshaft von bis zu sechs Monaten gegen den 1. Bürgermeister Dr. M … H … festzusetzen.
Die Vollstreckungsschuldnerin beantragt,
den Vollstreckungsantrag zurückzuweisen und der Vollstreckungsgläubigerin die Kosten des Verfahrens aufzulegen.
Zur Begründung wird ausgeführt: Die im Vergleich getroffene Zusage bzw. Absichtserklärung, wonach die beigeladene Gemeinde das Rohrbündel zeitnah beseitige und den Beseitigungszeitpunkt mit Abnahmeprotokoll der Klägerin und der Beigeladenen zu 2) schriftlich mitteile, sei nicht vollstreckbar. Der Wortlaut spreche gegen eine vollstreckungsfähige Verpflichtung, da die Aussage in zeitlicher Hinsicht nicht hinreichend bestimmt sei. Die von der Vollstreckungsschuldnerin in dem Vergleich in Aussicht gestellte Handlung habe nur die Voraussetzung dafür gebildet, dass die zentrale Streitfrage des Verwaltungsgerichtsverfahrens habe gelöst werden können. Über die Beseitigung der Abwasserleitung seien seit dem Jahr 2011 intensive Gespräche zwischen der Vollstreckungsgläubigerin und der Vollstreckungsschuldnerin geführt worden. Zum Zeitpunkt, als der Güterichtervergleich geschlossen worden sei, seien die Verhandlungen zwischen den Parteien bereits relativ weit gediehen gewesen. Mit Schreiben vom 5. November 2015 habe die Vollstreckungsschuldnerin mitgeteilt, dass mit der von der Vollstreckungsgläubigerin vorgelegten Vereinbarung über Entschädigung und Rückbau grundsätzlich Einverständnis bestehe. Die endgültige Einigung habe somit unmittelbar bevorgestanden. Aus diesen Zusammenhang heraus sei die Erklärung der Vollstreckungsschuldnerin in dem Vergleich zu verstehen, sie werde das betreffende Rohrbündel zeitnah beseitigen. Die Vollstreckungsschuldnerin habe, um die Einigung zwischen den Hauptbeteiligten in dem Klageverfahren zu erleichtern, im Rahmen des Vergleichs ihre Absicht bekräftigt, das betreffende Rohrbündel zu beseitigen. Dass mit dieser Erklärung keine vollstreckbare Verpflichtung verbunden gewesen sei, ergebe sich daraus eindeutig, dass die eigentliche schriftliche Vereinbarung über den Rückbau der Rohrleitung und Entschädigung in einem schriftlichen Vertrag am 11. Mai 2016, also rund zwei Monate nach dem Vergleich geschlossen worden sei. Erst in dieser Vereinbarung sei auch der zeitliche Ablauf geregelt worden. Weiter ergebe sich aus dem Gesamtkontext des Vergleichs, dass die Absichtserklärung der Vollstreckungsschuldnerin nicht vollstreckbar sei. Denn im letzten Satz des Vergleichstextes sei in Bezug auf die Verpflichtung der Beigeladenen zu 2) eine konkrete Frist gesetzt und die Berechtigung des Landratsamtes festgestellt, Verwaltungszwangsmaßnahmen einzuleiten. Eine vergleichbare Feststellung sei in Bezug auf die Aussage der Gemeinde nicht in den Vergleichstext aufgenommen worden. Die Vollstreckungsschuldnerin sei auch nicht unwillig oder untätig, die erforderlichen Maßnahmen zur Entfernung der Abwasserdruckleitung aus dem Düker umzusetzen. Deren Planung sei im März 2014 der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung zur Genehmigung vorgelegt worden. Die Kostenschätzung habe sich zu diesem Zeitpunkt auf 124.000 Euro netto belaufen. Die Vollstreckungsgläubigerin habe in der Folge jedoch signalisiert, dass die Bohrung an der seit Jahren diskutierten Stelle nicht durchgeführt werden dürfe und weitere Abstimmungen erfolgen sollten. Später hätten dann Kosten in Höhe von mittlerweile mindestens 418.000 Euro im Raum gestanden. Wenn die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung bereit sei, den Vertrag vom 11. Mai 2016 so anzupassen, dass die Entschädigung der Höhe nach so sei, dass sämtliche Kosten bei der Kostenbeteiligung der Vollstreckungsschuldnerin von 100.000 Euro (wie vereinbart) vollständig übernommen würden, würde die Vollstreckungsschuldnerin eine schnellstmögliche Umsetzung der bereits weitgehend fertig geplanten Baumaßnahme zusichern. Es sei jedoch zu bedenken, dass sämtliche von der Vollstreckungsschuldnerin beigezogenen Fachleute der Auffassung seien, die Abwasserdruckleitung im Düker zu belassen und das Rohrbündel samt Dükerleitung mit Zementmörtel zu verdämmen, da das Herausnehmen der Rohre mit Risiken verbunden sei.
Die Vollstreckungsgläubigerin entgegnete hierauf mit Schriftsatz vom 4. September 2020 wie folgt: Das Vollstreckungsverfahren sei kein Hauptsacheverfahren, in dem eine materielle Prüfung stattfinde. Der Inhalt des Vergleichs sei vollstreckbar. Das habe das Gericht bereits entschieden, in dem es die Vollstreckungsklausel erteilt habe. Der Begriff „zeitnah“ sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, über den die Gerichte zu entscheiden hätten. Nachdem zwischenzeitlich viereinhalb Jahre vergangen seien, könne von „zeitnah“ keine Rede mehr sein. Im Übrigen werde die Erfüllung der Verpflichtung verweigert, weshalb es auf die Begrifflichkeit „zeitnah“ nicht ankomme. Die genannte Vereinbarung vom 31. Mai 2016 habe mit dem Vergleich nichts zu tun. Diese sei nach dem Vergleich geschlossen worden und sei ein Entgegenkommen des damaligen Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Nürnberg gewesen. Die Vereinbarung sei geschlossen worden, um haushaltsrechtlich eine Grundlage für die darin genannte Zahlung zu bekommen. Im Übrigen sei die Vereinbarung der Versuch des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes gewesen, die Entfernung des Rohrbündels aus dem Düker entgegenkommender Weise irgendwie noch zu befördern. Die vorgetragenen Bedenken im Zusammenhang mit der Herausnahme der Leitung würden nicht geteilt. Im Übrigen liege ein Risiko in der Sphäre der Vollstreckungsschuldnerin.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakte im vorliegenden Verfahren sowie auf die beigezogenen Gerichtsakten in den Verfahren RO 7 K 15.132, RO 7 K 15.200 und RO 90 ME 16.90000 Bezug genommen.
II.
Gegenstand des Vollstreckungsantrags ist die Erklärung der Vollstreckungsschuldnerin in dem vor dem Güterichter geschlossen Vergleich vom 22. März 2016, die wie folgt lautet:
„Die beigeladene Gemeinde Mühlhausen wird dieses Rohrbündel zeitnah beseitigen und den Beseitigungszeitpunkt mit Abnahmeprotokoll der Klägerin der Beigeladenen zu 2) schriftlich mitteilen.“
Der Vollstreckungsantrag hat keinen Erfolg. Er ist zwar zulässig, aber unbegründet.
Die Vollstreckung des Vergleichs richtet sich nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m.§ 888 ZPO, da es um die Vollstreckung einer mit der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgenden, unvertretbaren Handlung geht, nämlich die Beseitigung eines Rohrbündels (Realakt). Die Unvertretbarkeit der Handlung folgt aus dem nachvollziehbaren und unbestrittenen Vortrag der Vollstreckungsgläubigerin, dass das Rohr nicht ohne Verlegung der Abwasserleitung bzw. zumindest nicht ohne Ersatzanlage zurückgebaut werden könne und es hierfür der Mitwirkung der Vollstreckungsschuldnerin bedürfe. Für den statthaften Vollstreckungsantrag gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 888 ZPO ist die Kammer des Verwaltungsgerichts Regensburg als Vollstreckungsgericht zuständig (§ 167 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
Nicht anwendbar für den Vollstreckungsantrag ist hingegen § 172 VwGO. Dieser gilt nämlich nach seinem Wortlaut nur für Fälle, in denen mit dem Vollstreckungsbegehren die Verpflichtung zum Erlass eines Verwaltungsakts oder zur Neubescheidung gemäß § 113 Abs. 5 VwGO, die Rückgängigmachung von Folgen des Vollzugs eines Verwaltungsakts (§ 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO) oder in den Fällen des § 123 VwGO der in einer einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung durchgesetzt werden soll (vgl. zu dieser und auch der anderen Ansicht, die den Anwendungsbereich der Norm weiter ausdehnt Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. § 172 Rn. 1 m.w.N.).
Der Vollstreckungsantrag ist unbegründet, weil er sich nicht auf eine vollstreckbare Verpflichtung aus dem Vergleich vom 22. März 2016 bezieht. Ob eine vollstreckbare Verpflichtung vorliegt, wird entgegen der Auffassung der Vollstreckungsgläubigerin nicht durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts Regensburg durch Erteilung einer Vollstreckungsklausel festgestellt, sondern durch das Vollstreckungsgericht entschieden, das insoweit eine inhaltliche Prüfung vorzunehmen hat.
Die Formulierung: „Die beigeladene Gemeinde M … wird dieses Rohrbündel zeitnah beseitigen und den Beseitigungszeitpunkt mit Abnahmeprotokoll der Klägerin der Beigeladenen zu 2) schriftlich mitteilen.“ vermag das Vollstreckungsgericht nicht dahingehend auszulegen, dass damit eine vollstreckbare Verpflichtung gemeint ist.
Die Wortwahl „wird beseitigen“ ist nicht eindeutig und zwingend im Sinne einer vollsteckbaren Verpflichtung zu bewerten. Darin kann auch eine reine Absichtserklärung oder Mitteilung des Sachstands gesehen werden, die gerade einer gerichtlichen Vollstreckung nicht zugänglich sein soll. Hierfür spricht, dass gerade kein genau fixierter oder bestimmbarer Zeitpunkt für die Verwirklichung der Maßnahme in den Vergleich aufgenommen wurde, sondern eine unbestimmte Formulierung gewählt wurde, wonach die Beseitigung „zeitnah“ erfolgen wird. Im Regelfall wird, um eine verbindliche und vollstreckbare Verpflichtung zu fixieren, dies durch die Wortwahl „wird verpflichtet“ oder „verpflichtet sich“ oder durch eine ähnliche eindeutige Formulierung des Rechtsbindungswillens zum Ausdruck gebracht. Daran fehlt es hier, was die Erklärung der Vollstreckungsschuldnerin anbelangt. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich im Vergleich an anderer Stelle solche Formulierungen finden. So heißt es am Ende des Vergleichs: „Innerhalb von 3 Monaten ab Zugang dieser Mitteilung ist die Beigeladene zu 2) verpflichtet, die Auflagen der Baugenehmigung des Landratsamtes Neumarkt vom 15.12.2014 umzusetzen. Wird diese 3-Monats-Frist nicht eingehalten, ist die Beklagte berechtigt, Verwaltungszwangsmaßnahmen einzuleiten.“ Hieraus ergibt sich eindeutig ein verbindlicher und vollstreckbarer Inhalt, indem das Wort „verpflichtet“ gewählt, eine klare Frist („innerhalb von drei Monaten ab Zugang der Mitteilung“) bestimmt und sogar die Berechtigung zum Einleiten von Verwaltungszwangsmaßnahmen in den Vergleich aufgenommen wurde. Im Umkehrschluss zu dieser Formulierung geht das Gericht davon aus, dass die Erklärung der Gemeinde, das Rohrbündel zeitnah zu beseitigen und den Beseitigungszeitpunkt mit Abnahmeprotokoll der Klägerin der Beigeladenen zu 2) schriftlich mitzuteilen, gerade keine solche verbindliche und vollstreckungsfähige Bedeutung hat. Ansonsten wären nicht diese graduellen Unterschiede in der Formulierung vorgenommen worden. Zudem ist es auch, ohne dass es darauf ankommt, naheliegend, dass die Vollstreckungsschuldnerin in einem Güterichterverfahren über eine baurechtliche Klage, an dem sie „nur“ als einfach Beigeladene teilgenommen hat und in dem es um die Baugenehmigung für einen anderen Bauherren geht, keine konstitutiven Verbindlichkeiten in einem Vergleich eingehen wollte, die eigenständig durch das Vollstreckungsgericht vollstreckt werden können. Das bestätigt das gefundene Ergebnis. Ferner ist der Vergleich auch nicht obsolet, wenn man die Erklärung der Gemeinde nicht als verbindlich im Sinne einer Vollstreckbarkeit ansieht. Denn solange die Vollstreckungsgläubigerin das in dem Düker befindliche Rohrbündel nicht beseitigt, gilt auch nicht das zu Beginn des Vergleichs ausgesprochene Einverständnis der Vollstreckungsgläubigerin, dass das für die erteilte Baugenehmigung bei Umsetzung der Auffüllung anfallenden Oberflächenwasser in den Düker eingeleitet werden darf. Die Aufnahme der Bedingung zu Beginn des Vergleichs spricht schließlich auch dafür, dass die zeitnahe Beseitigung der Rohrleitung lediglich in tatsächlicher Hinsicht „Geschäftsgrundlage“ für den geschlossenen Vergleich war und nicht als eigenständig vollstreckbare Erklärung zu verstehen ist.
Mangels vollstreckbaren Inhalts der Erklärung der Vollstreckungsschuldnerin hat der Vollstreckungsantrag nach alledem keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Streitwertfestsetzung ist nicht veranlasst. Denn es fallen keine streitwertabhängigen Gerichtsgebühren an. Das Kostenverzeichnis zum GKG (KV-GKG) trifft in Nr. 5301 KV-GKG („besondere Verfahren“) lediglich eine Regelung für die Zwangsvollstreckung nach §§ 169, 170 oder 172 VwGO, weshalb die allgemeine Regelung in Nr. 2111 KV-GKG Anwendung findet, die für Verfahren bzgl. Anträge nach § 888 ZPO eine Festgebühr in Höhe von 20 Euro enthält.


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