Verwaltungsrecht

Vollziehung, Sofortvollzug, Bescheid, Verwaltungsakt, Berufung, Beamter, Anfechtungsklage, Bewerber, Ermessen, Verwaltungsrechtsweg, Amt, Anordnung, Antragsteller, Landratsamt, aufschiebende Wirkung, sofortige Vollziehung, Anordnung der sofortigen Vollziehung

Aktenzeichen  RO 3 S 20.2627

Datum:
17.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 43403
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 3.750,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die sofortige Vollziehung eines Wahlberichtigungsbescheides anzuordnen.
Der Antragsteller ist seinen Angaben zufolge seit 2006 für die Freien Wähler – B … Wählergemeinschaft (BWG) – Mitglied des Gemeinderats der Stadt B … Am 15. März 2020 fand in der Stadt B … die Wahl des Gemeinderats und die Wahl des ersten Bürgermeisters statt.
Das Wahlergebnis der Wahl des Gemeinderats wurde in der Sitzung des Wahlausschusses am 30. März 2020 festgestellt. Laut der Niederschrift über die Sitzung des Wahlausschusses zur Feststellung des abschließenden Ergebnisses der Wahl des Gemeinderats am 15. März 2020 wurde u.a. Folgendes festgestellt:
– Der Wahlvorschlag Nr. 7 „Freie Wähler – B … Wählergemeinschaft (BWG) e.V.“ hat 11.705 gültige Stimmen erhalten
– Der Wahlvorschlag „Freie Wähler – B … Wählergemeinschaft (BWG) e.V.“ hat zwei Sitze im Gemeinderat erhalten
– Als Gemeinderatsmitglieder wurden festgestellt:
– … (Nr. 1 – 1.675 gültige Stimmen)
– … (Nr. 2 – 1.144 gültige Stimmen)
– Als Listennachfolger wurden u.a. festgestellt:
– … (Nr. 3 – 981 gültige Stimmen)
– … (Nr. 4 – 867 gültige Stimmen)
Mit an den Wahlleiter W … W …gerichteten E-Mails vom 7. und 8. April 2020, erklärte der Beigeladene zu 3, dass er sein Stadtratsmandat nicht annehme bzw. niederlege.
Mit E-Mail vom 9. April 2020, ebenfalls gerichtet an den Wahlleiter W … W …, verwies der Antragsteller auf eine beigefügte Pressemitteilung und bat, den Stadtrat von seinem Ausscheiden zu informieren und den notwendigen Beschluss zu fassen. Sollte eine Unterschrift von ihm benötigt werden, bat der Antragsteller den Wahlleiter um Mitteilung. In der in Bezug genommenen Pressemitteilung informierte der Antragsteller darüber, dem Wahlleiter mitgeteilt zu haben, sein Amt als Stadtrat zum 30. April 2020 niederzulegen und zum Ende der Wahlperiode aus vorrangig beruflichen Gründen aus dem Stadtrat auszuscheiden. Der Antragsteller, von Beruf Rechtsanwalt, führte aus, seine Kanzlei benötige nach dem Ende der „Corona-Krise“ doppelte Aufmerksamkeit. Gerichtstermine würden aktuell reihenweise abgesagt oder verschoben werden. Damit sei jede Terminplanung erschwert und es würde „nach Corona“ ein unberechenbarer Arbeitsaufwand entstehen.
Daraufhin wurde der Wahlausschuss für den 21. April 2020 erneut einberufen und festgestellt, dass folgende Personen die Wahl wirksam abgelehnt haben:
– … (Nr. 1)
– … (Nr. 2)
Die Feststellung des Wahlergebnisses wurde entsprechend geändert und als Gemeinderatsmitglieder des Wahlvorschlags Nr. 7 (Freie Wähler – B … Wählergemeinschaft e.V) wurden festgestellt:
– … (Nr. 1 – 981 gültige Stimmen)
– … (Nr. 2 – 867 gültige Stimmen)
Als Listennachfolger wurden u.a. festgestellt:
– … (Nr. 3 – 1.675 gültige Stimmen)
– … (Nr. 4 – 1.144 gültige Stimmen)
Mit Schreiben vom 30. April 2020 teilte der Antragsteller dem Wahlleiter W … W … mit, dass er seinen Antrag vom 9. April 2020 auf Entlassung aus dem Ehrenamt als Gemeinderatsmitglied hiermit zurücknehme. Über den Antrag müsse der Stadtrat durch Beschluss entscheiden. Dies sei bisher nicht geschehen. Der Antragsteller bat, den Stadtrat über die Rücknahme seines Antrags vom 9. April 2020 zu informieren und diesen als gegenstandslos zu betrachten. Die Stadt B … – Wahlamt teilte dem Antragsteller daraufhin mit, dass der Wahlausschuss am 21. April 2020 die Ablehnung des Amtes festgestellt und den Beigeladenen zu 2 als Listennachfolger festgestellt habe, der die Erklärung zum Antritt der Listennachfolge bereits abgegeben habe. Daher könne dem Antrag des Antragsstellers vom 30. April 2020 nicht entsprochen werden.
Mit Bescheid vom 15. Juli 2020 hat das Landratsamt S … das vom Wahlausschuss der Stadt B … am 21. April 2020 festgestellte Ergebnis der Gemeinderatswahl vom 15. März 2020 wie folgt berichtigt:
1. Stadtratsmitglieder für den Wahlvorschlag Nr. 7 (Freie Wähler – B … Wählergemeinschaft e.V.) sind aufgrund der bei der Kommunalwahl erreichten Stimmen:
a. als Bewerber mit den meisten Stimmen im Wahlvorschlag, Herr … …l,
b. als Bewerber mit den zweitmeisten Stimmen im Wahlvorschlag, Herr … …
2. Im Wahlvorschlag Nr. 7 (Freie Wähler – B … Wählergemeinschaft e.V.) wird die vom Wahlausschuss festgestellte Reihenfolge der Listennachfolger wie folgt geändert:
a. erste Listennachfolgerin ist Frau …
b. zweiter Listennachfolger ist Herr …
c. Die weiteren Listennachfolger bleiben auf den festgestellten Nachfolgeplätzen.
Zur Begründung dieses Bescheides führte das Landratsamt S … im Wesentlichen aus, bei der amtlichen Prüfung der Wahlunterlagen sei festgestellt worden, dass die lediglich per E-Mail an den Wahlleiter übermittelte Amtsniederlegung des Antragstellers sowie die des Beigeladenen zu 3 nicht dem Schriftformerfordernis nach Art. 59 GLKrWG entsprächen. Der Niederschrift über die Wahlausschusssitzung am 30. März 2020 sei zu entnehmen, dass sowohl der Beigeladene zu 3 als auch der Antragsteller die Wahl zum Stadtratsmitglied ursprünglich angenommen hätten. Diese Wahlannahme gelte aufgrund der unwirksamen Niederlegung des Amtes fort. Aus der vom Wahlausschuss fehlerhaft angenommenen Amtsniederlegung resultiere die fehlerhafte Berufung der Beigeladenen zu 1 und zu 2 als Stadtratsmitglieder. Das Landratsamt S …habe der Stadt … mit Schreiben vom 1. Juli 2020 Gelegenheit zur Stellungnahme zu den einzelnen Feststellungen der Wahlprüfung gegeben. Zur Thematik der Amtsniederlegung sei erklärt worden, dass der Wahlausschuss davon ausgegangen sei, dass es für die Amtsniederlegung ausreiche, diese per E-Mail zu erklären. Das Landratsamt S … habe als Rechtsaufsichtsbehörde gemäß Art. 50 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GLKrWG, Art. 110 Satz 1 GO im Rahmen der amtlichen Wahlprüfung das Wahlergebnis zu berichtigen, wenn die Verteilung der Sitze auf die Wahlvorschläge ohne die Verletzung von Wahlvorschriften anders ausgefallen wäre, andere Personen das Amt erhalten hätten, andere Personen Listennachfolger wären oder die Reihenfolge der Listennachfolger anders wäre. In der Sitzung des Wahlausschusses am 21. April 2020 sei fehlerhaft festgestellt worden, dass der Beigeladene zu 3 und der Antragsteller rechtswirksam ihr Amt als Stadtratsmitglieder niedergelegt hätten. Als Folge dieses Irrtums seien die beiden Listennachfolger des Wahlvorschlages mit der Nummer 7 als Stadtratsmitglieder festgestellt worden. Weiterhin habe der Wahlausschuss festgestellt, dass nunmehr der Beigeladene zu 3 und der Antragsteller erster bzw. zweiter Listennachfolger des eben genannten Wahlvorschlags seien. Aufgrund des vorgenannten Fehlers des Wahlausschusses sei der Stadtrat der Stadt B … mit den Beigeladenen zu 1 und zu 2 anstatt dem Beigeladenen zu 3 und des Antragstellers falsch besetzt. Die fehlerhafte Besetzung des Stadtrates führe zur Fehlerhaftigkeit der Listennachfolge beim Wahlvorschlag mit der Nummer 7. Die Voraussetzungen der oben genannten Vorschrift seien somit erfüllt. Bei der Überprüfung der Wahlunterlagen habe sich ergeben, dass in der Sitzung des Wahlausschusses der Stadt B … am 30. März 2020 festgestellt worden sei, dass der Beigeladene zu 3 mit 1.675 Stimmen in den Stadtrat gewählt worden sei. Zudem sei festgestellt worden, dass der Beigeladene zu 3 die Wahl angenommen habe. Weiterhin sei festgestellt worden, dass der Antragsteller mit 1.144 Stimmen in den Stadtrat gewählt worden sei. Laut Sitzungsniederschrift habe auch der Antragsteller die Wahl angenommen. Die Beigeladene zu 1 habe bei der Wahl 981 Stimmen erhalten und sei somit als erste Listennachfolgerin, der Beigeladene zu 2 als zweiter Listennachfolger festgestellt worden. Nach Art. 48 Abs. 1 Satz 2 GLKrWG könne die Übernahme des Amtes abgelehnt oder das Amt niedergelegt werden. Diese Vorschrift ergänze Art. 47 Abs. 3 Satz 1 GLKrWG mit der Folge, dass für die Ablehnung der Wahl keine Gründe mehr angegeben werden müssten. Zudem werde durch die oben genannte Vorschrift klargestellt, dass eine gewählte Person auch noch nach der Annahme der Wahl (Art. 47 Abs. 1 Satz 1 GLKrWG), aber vor Beginn der Wahlzeit die Übernahme des Amtes ohne Angabe von Gründen ablehnen könne. Der Antragsteller habe mit E-Mail vom 9. April 2020 einen Antrag auf Entlassung aus dem Ehrenamt als Stadtratsmitglied gestellt. Diese „Antragstellung“ sei als Erklärung der Niederlegung des Amtes als Stadtratsmitglied zu werten. Auch der Beigeladene zu 3 habe mit E-Mail vom 7. und 8. April 2020 erklärt, dass er sein Amt als Stadtratsmitglied niederlege. Infolge dieser Erklärungen sei richtigerweise der Wahlausschuss erneut für den 21. April 2020 einberufen worden. Der Wahlausschuss sei bis zum Beginn der Wahlzeit über die Entscheidungen zur Amtsniederlegung, der Feststellung von Amtshindernissen und zur Listennachfolge zuständig (Art. 48 Abs. 3 Satz 1 und 2 GLKrWG, Art. 4 Abs. 5 Satz 2 GLKrWG). Art. 59 GLKrWG regele, dass alle vorgeschriebenen Erklärungen persönlich und handschriftlich unterzeichnet beim zuständigen Wahlorgan im Original einzureichen seien. Wie bereits ausgeführt, seien die Erklärungen von dem Beigeladenen zu 3 und dem Antragsteller jeweils nur per E-Mail, also nicht den Vorgaben aus Art. 59 GLKrWG entsprechend, beim Wahlleiter abgegeben worden. Die beiden Erklärungen über die Amtsniederlegung seien demnach unwirksam abgegeben worden. Infolge der Unwirksamkeit der Erklärungen bleibe es bei der ursprünglichen Annahme der Wahl. Basierend auf der Außerachtlassung des Schriftformerfordernisses habe der Wahlausschuss beschlossen, dass die Beigeladenen zu 1 und zu 2 als Listennachfolger in den Stadtrat nachrücken. Zusammenfassend sei deshalb festzustellen, dass der Beigeladene zu 3 und der Antragsteller aufgrund ihrer Wahlannahme Stadtratsmitglieder geworden seien. Die Beigeladenen zu 1 und zu 2 seien, wie ursprünglich auch festgestellt, die ersten beiden Listennachfolger des betreffenden Wahlvorschlags. Aus diesen Gründen werde das Wahlergebnis dahingehend berichtigt, dass die ursprünglichen Feststellungen des Wahlausschusses zum Wahlvorschlag der Freien Wähler – B … Wählergemeinschaft e.V. vom 30. März 2020 weiter Bestand hätten. Der genannte Wahlrechtsverstoß könne durch die oben genannten Berichtigungen beim Wahlvorschlag mit der Nummer 7 korrigiert werden. Eine Ungültigkeitserklärung der Wahl nach Art. 50 Absatz 3 GLKrWG sei nicht erforderlich. Durch die vorgenommene Korrektur der gewählten Stadtratsmitglieder und der Listennachfolger werde ein richtiges Wahlergebnis erreicht.
Mit Schreiben vom 27. Juli 2020 beantragte der Antragsteller beim Landratsamt S … den Sofortvollzug des Wahlberichtigungsbescheides. Zur Begründung führte er aus, die im Bescheid vom 15. Juli 2020 festgestellten Mängel und Fehler bei der Besetzung des Stadtrats seien von Anfang an offensichtlich gewesen. Dies gelte umso mehr, als der Antragsteller in seinem Rücktrittsgesuch vom 9. April 2020 ausdrücklich auf die Problematik „Unterschrift“ hingewiesen habe. Es sei nicht hinnehmbar, dass der gegenwärtige, ohnehin schon viel zu lange andauernde, rechtswidrige Zustand (im Stadtrat würden zwei nicht gewählte Stadträte sitzen und an Beschlüssen mitwirken) faktisch noch länger aufrechterhalten bleibe. Auch habe die Rechtsaufsichtsbehörde von der Möglichkeit des Sofortvollzugs auf jeden Fall Gebrauch zu machen, wenn, wie vorliegend, an der Rechtmäßigkeit der getroffenen Berichtigungsentscheidung kein Zweifel bestehe.
Am 14. August 2020 ließen sowohl die Beigeladene zu 1 (Az. RO 3 K 20.1466) als auch der Beigeladene zu 2 (Az. RO 3 K 20.1465) jeweils durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage gegen den Wahlberichtigungsbescheid erheben. Zur Begründung der Klagen wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass hinsichtlich des Beigeladenen zu 3 ein Amtshindernis nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GLKrWG i.V.m. Art. 31 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GO vorliege. Im Übrigen sei der Schutzzweck des Schriftformerfordernisses nach Art. 59 GLKrWG nicht berührt, sodass die Amtsniederlegungen wirksam erfolgt seien.
Das Landratsamt S … lehnte den Antrag auf Sofortvollzug mit Schreiben vom 20. August 2020 ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Landratsamt S … als Rechtsaufsichtsbehörde für die Entscheidung über den Antrag auf Sofortvollzug zuständig sei. Sowohl die Anordnung als auch die Ablehnung eines Antrags auf Sofortvollzug sei kein eigenständiger Verwaltungsakt, sondern nur eine verfahrensrechtliche Nebenbestimmung zu einem Verwaltungsakt. Die Zuständigkeit richte sich nach der Zuständigkeit für den Erlass des Grundverwaltungsaktes. Gemäß Art. 50 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GLKrWG, Art. 110 Satz 1 GO sei das Landratsamt S … als Rechtsaufsichtsbehörde der Stadt B … für die amtliche Wahlprüfung zuständig und damit auch für die Entscheidung über einen Antrag auf Sofortvollzug des Wahlprüfungsbescheides. Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO entfalle die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Anfechtungsklage nur, wenn die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten liege. Die nach § 80 Absatz 1 VwGO für den Regelfall vorgeschriebene aufschiebende Wirkung von Widerspruch und verwaltungsgerichtlicher Klage sei eine adäquate Ausprägung der verfassungsrechtlichen Rechtsschutzgarantie und ein fundamentaler Grundsatz des öffentlich-rechtlichen Prozesses. Das allgemeine, jedem Gesetz innewohnende öffentliche Interesse am Vollzug des Gesetzes rechtfertige allein die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit nicht. Für die sofortige Vollziehung sei dabei ein besonderes Interesse erforderlich, dass über jenes Interesse hinausgehe, dass die Wahlberichtigung selbst rechtfertige. Der vom Antragsteller angeführte „rechtswidrige Zustand“ sei daher nicht ausreichend, ein besonderes öffentliches Interesse zu begründen, da die Behebung dieser Situation bereits Gegenstand des Wahlberichtigungsbescheides sei. Auch der Hinweis des Antragstellers auf die Entscheidung des VGH München (B.v. 12.7.1984 – 4 CS 84.1341) führe zu keinem anderen Ergebnis. Ein Interesse am Sofortvollzug könne dann bestehen, wenn die Wahl von Mandatsträgern auf offensichtlichen und groben Manipulationen beruhe, was eine sofortige Unterbindung ihrer weiteren Amtsausführung geböte. Ein solches Verhalten liege jedoch bei den durch Beschluss des Wahlausschusses in den Stadtrat aufgerückten Listennachfolger nicht vor und sei vom Antragsteller auch nicht vorgetragen. Ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug könne darin bestehen, dass der Stadtrat von B … bis zur Bestandskraft des Berichtigungsbescheides in seiner Funktionsfähigkeit eingeschränkt wäre. Nachdem jedoch die Beschlüsse des Stadtrates nach Art. 50 Abs. 6 GLKrWG ihre Gültigkeit behalten würden, sei die Stadt Burglengenfeld in ihrer Handlungsfähigkeit nicht eingeschränkt. Weitere Gründe, die ein Abweichen vom Regel-/Ausnahmeverhältnis begründen könnten, seien weder ersichtlich noch vorgetragen. Bei Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit im überwiegenden Interesse eines Beteiligten werde zwischen den widerstreitenden Interessen der Beteiligten entschieden. Dadurch solle einem Missbrauch des Grundsatzes der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen vorgebeugt werden. Der Begünstigte habe dann einen Rechtsanspruch auf Sofortvollzug, wenn sein Interesse an der Vollziehbarkeit das Suspensivinteresse des Belasteten überwiege. Das Interesse des Antragstellers, noch vor Bestandskraft des Berichtigungsbescheides sein Mandat als Stadtrat wahrnehmen zu können, sei dem Interesse der in den Stadtrat aufgerückten Listennachfolger, so lange dem Stadtrat anzugehören bis der Bescheid in Bestandskraft erwachsen sei bzw. einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt worden sei, gegenüberzustellen. Insoweit seien auch die Umstände, die zur Berichtigung der Wahl Anlass gegeben haben, zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen. Am 9. April 2020 sei der Wahlleiter der Stadt B … per E-Mail vom Antragsteller darüber informiert worden, dass er sein Amt als wiedergewählter Stadtrat niederlege. Der Antragsteller habe hierbei auf eine an das Redaktionsteam der Mittelbayerischen Zeitung per E-Mail versandte Pressemitteilung des gleichen Tages verwiesen, welche zum Inhalt gehabt habe, dass er sein Amt als Stadtrat aus beruflichen Gründen niederlege. Die M …- Zeitung sei vom Antragsteller um Veröffentlichung der Pressemitteilung gebeten worden. Er habe dadurch seine Wähler über die Amtsniederlegung informieren wollen. Die Aussage und der Wille des Antragstellers seien eindeutig und an keine Bedingungen geknüpft gewesen. Auch die fehlende Schriftform der Amtsniederlegung nach Art. 59 GLKrWG ändere daran nichts. Entgegen der Auffassung des Antragstellers sehe das Landratsamt S … in seiner E-Mail an den Wahlleiter der Stadt B … die Problematik „Unterschrift“ nicht als thematisiert an. Seiner E-Mail sei zu entnehmen, dass er lediglich um Hinweis bitte, ob eine Unterschrift benötigt werde. Es seien keine Hinweise ersichtlich, dass der Antragsteller von den zuständigen Wahlorganen der Stadt abgehalten worden sei, seine Erklärung persönlich und handschriftlich unterzeichnet abzugeben. Hätte der Antragsteller, als rechtskundige Person, wie von ihm in seinem Antrag angeführt, zum damaligen Zeitpunkt Zweifel an der Wirksamkeit der Form seiner Amtsniederlegung gehabt, hätte es ihm freigestanden, die Amtsniederlegung in wirksamer Form nachzureichen. Nachdem die Unwirksamkeit der Amtsniederlegung von den zuständigen Wahlorganen der Stadt B … nicht erkannt worden sei, sei der Wahlausschuss erneut für den 21. April 2020 einberufen und über die Amtsniederlegung und die daraus resultierende Listennachfolge Beschluss gefasst worden. Die in den Stadtrat gewählten Listennachfolger hätten durch keinerlei Handlungen ihrerseits die Listennachfolge und den Einzug in den Stadtrat beeinflusst. Die Unwirksamkeit der Amtsniederlegung habe zur Folge gehabt, dass die Wahl zum Stadtrat mit Bescheid des Landratsamtes Schwandorf vom 15. Juli 2020 berichtigt und der Antragsteller als gewählter Stadtrat festgestellt worden sei. In Anbetracht dieser Umstände komme das Landratsamt S …im Rahmen der Abwägung der widerstreitenden Interessen zu dem Ergebnis, dass das Interesse des Antragstellers am Sofortvollzug des Berichtigungsbescheides vom 15. Juli 2020 dem Suspensivinteresse der von der Berichtigung belasteten Listennachfolger nicht überwiege. Ein Missbrauch des Grundsatzes der aufschiebenden Wirkung durch die in den Stadtrat aufgerückten Listennachfolger liege nicht vor. Ausschlaggebend sei hierfür die eindeutige Erklärung des Antragstellers, sein Stadtratsmandat niederzulegen. Als Kommunalpolitiker und langjähriges Stadtratsmitglied sei dem Antragsteller bewusst gewesen, dass der Wahlausschuss der Stadt B … wahlrechtlich verpflichtet gewesen sei, über die Listennachfolge zu entscheiden. Der Schriftformverstoß der Erklärung des Antragstellers habe zwar zum Berichtigungsbescheid der Rechtsaufsichtsbehörde geführt. Ein besonderes Interesse des Antragstellers, welches einen Sofortvollzug begründen würde, sei dadurch jedoch nicht gegeben. Eine Ermessensreduzierung auf Null liege nicht vor, sodass der Antrag auf Sofortvollzug abgelehnt werde.
Am 29. Oktober 2020 stellte der Antragsteller bei Gericht den vorliegend streitgegenständlichen Antrag auf Anordnung des Sofortvollzugs des Wahlberichtigungsbescheides (Az. RO 3 S 20.2627). Zur Begründung trug der Antragsteller im Wesentlichen vor, der Beigeladene zu 2 werde bis dato zu sämtlichen Sitzungen des Gemeinderats geladen und wirke seitdem an allen Beschlüssen und Wahlen des Gemeinderates mit. Der Antragsteller sei seit 1. Mai 2020 von jeglicher Teilnahme an Gemeinderatssitzungen und Beschlussfassungen sowie von allen Informationen über das Sitzungsgeschehen ausgeschlossen. Der erste Bürgermeister der Stadt B … weigere sich trotz des eindeutigen Berichtigungsbescheides des Landratsamtes, den Antragsteller zu Sitzungen zu laden unter Hinweis auf die aufschiebende Wirkung der beim Verwaltungsgericht anhängigen Anfechtungsklagen der Beigeladenen zu 1 und zu 2. Die Beigeladenen zu 1 und zu 2 hätten nach einem rigiden Kurswechsel in der Politik jeglichen Kontakt zum Antragsteller und der durch ihn vertretenen Freien Wählergruppierung eingestellt und würden seit Beginn der Amtsperiode des neuen Stadtrats (1. Mai 2020) an keinen Veranstaltungen der Freien Wählergruppierung mehr teilnehmen. Die Freie Wählergruppierung erwäge parallel den Vereinsausschluss der beiden Beigeladenen zu 1 und zu 2. Die gegen den Bescheid gerichteten Anfechtungsklagen der Beigeladenen zu 1 und zu 2 hätten formell aufschiebende Wirkung. Es stehe grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der den Bescheid erlassenden Behörde, ob sie die sofortige Vollziehung anordne. Allerdings seien die vom Landratsamt im Berichtigungsbescheid genannten Gründe für die Berichtigung – im Wesentlichen die fehlende Schriftform für den vom Antragsteller erklärten Rücktritt – so offensichtlich, dass an der Rechtmäßigkeit des Berichtigungsbescheides kein berechtigter Zweifel bestehe. Das behördliche Ermessen verdichte sich in diesen Fällen zu einem Anspruch auf Anordnung des Sofortvollzuges. Dies habe das Landratsamt ermessensfehlerhaft verkannt. Das Verwaltungsgericht könne seinerseits gemäß „§§ 80 a III, I Nr. 4 VwGO“ den Sofortvollzug anordnen und die Ermessensfehlentscheidung des Landratsamtes korrigieren. Dies sei das Ziel des vorliegenden Antrags. Die gesetzlichen Voraussetzungen seien erfüllt. Der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet. Die Beigeladenen zu 1 und zu 2 hätten als Dritte einen Rechtsbehelf (Anfechtungsklage) gegen den, den Antragsteller begünstigenden Verwaltungsakt eingelegt im Sinne von § 80a Abs. 1 VwGO. Erfolgsaussichten dieser Anfechtungsklagen seien offensichtlich nicht gegeben und die formell zulässigen Klagen offensichtlich unbegründet und würden erkennbar nur dem Zweck dienen, den derzeitigen Zustand auszudehnen und eine Teilnahme des Antragstellers an den Sitzungen des Gemeinderates zu verzögern. Das Landratsamt habe den Antrag des Antragstellers auf Sofortvollzug abgelehnt, sodass dem Antragsteller nur die Anrufung des Verwaltungsgerichts bleibe. Der Antragsteller habe Anspruch auf Anordnung des Sofortvollzugs. Das Ermessen der erlassenden Behörde sei dahingehend eingeschränkt gewesen. Darüber hinaus sei auch ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der sofortigen Vollziehung gegeben. Er sei seit 14 Jahren gewähltes und engagiertes Mitglied des Gemeinderates und seit Jahren in alle wesentlichen Probleme der Stadtentwicklung, der Stadt und ihrer Tochterunternehmen eingearbeitet und „auf dem Stand“. Er pflege regen Austausch mit den Mitgliedern seiner Wählergemeinschaft, den Bürgern und mit anderen Fraktionen. Seit Beginn der Amtsperiode des neuen Stadtrats und Vereidigung seines Listennachfolgers sei der Antragsteller von sämtlichen relevanten Informationen und der Teilnahme an Sitzungen, Beschlüssen und Wahlen abgeschnitten. Er könne sein Amt als Mitglied des Gemeinderates nicht ausüben und laufe Gefahr, dass seine über die Jahre erarbeiteten Kenntnisse veralten, die von ihm vertretenen Positionen und Themen im Gemeinderat und der Bevölkerung keine Beachtung mehr finden und durch Beschlüsse des Gemeinderats und aufgrund veränderter Mehrheiten zunichte gemacht und Fakten geschaffen würden, die sich nach einer Entscheidung über die Anfechtungsklagen nicht mehr revidieren ließen. Die seit Jahren aufgebaute politische Arbeit des Antragstellers sei dadurch enorm behindert und gefährdet. Das Interesse des Antragstellers, weiterhin „up to date“ zu bleiben, an Entscheidungen beteiligt zu bleiben und die von ihm in den Vorjahren betriebene Politik weiter voranzutreiben, überwiege das Interesse seines Listennachfolgers, weiterhin zu Sitzungen geladen zu werden, deutlich. Der Beigeladene zu 2 habe bisher keinen Sitz im Stadtrat gehabt und könne nicht wie der Antragsteller auf eine jahrelange Vorarbeit, die beim Antragsteller jetzt gefährdet sei, zurückblicken. Darüber hinaus bestehe auch ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Berichtigungsbescheides. Zwar wirke die Wahlberichtigung gemäß Art. 50 Abs. 5 GLKrWG grundsätzlich es nunc und die nach dem 1. Mai 2020 gefassten Beschlüsse des Gemeinderates würden trotz der Mitwirkung der beiden „Nicht-Stadträte“ ihre Gültigkeit behalten. Allerdings gelte dies nur für Beschlüsse, nicht auch für die bereits durchgeführten Wahlen, insbesondere für die am 13. Mai 2020 durchgeführte Wahl des stellvertretenden Bürgermeisters Josef Gruber. Mit der Auflösung des „alten“ Gemeinderats seien auch die Ämter der weiteren Bürgermeister erloschen. Denn ein solches Amt könne nur innehaben, wer Gemeinderatsmitglied sei (Art. 35 Abs. 2 GO). Die Wahl des Stellvertreters Gruber unter Mitwirkung der „Nicht-Stadträte“ bzw. Listennachfolger sei bei zu unterstellender Rechtmäßigkeit des Wahlberichtigungsbescheides des Landratsamtes rückwirkend bzw. ex tunc unwirksam. Die Stadt Burglengenfeld werde daher im Moment erkennbar durch einen nicht wirksam gewählten Stellvertreter des Bürgermeisters repräsentiert und vertreten, was entgegen der Interessen der Stadt und ihrer Bürger sei. Es bestehe daher neben dem besonderen Interesse des Antragstellers am Sofortvollzug auch ein besonderes Interesse der Öffentlichkeit an der sofortigen Vollziehung des Wahlberichtigungsbescheides, damit die Wahl des Stellvertreters zeitnah wiederholt werden könne.
Der Antragsteller beantragt,
Die sofortige Vollziehung des Wahlberichtigungsbescheides des Landratsamts S … vom 15. Juli 2020, Az. 2.1-0240-2020/008875, anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
Den Antrag auf Anordnung des Sofortvollzug des Wahlberichtigungsbescheides zur Stadtratswahl der Stadt B … vom 15. Juli 2020 abzulehnen.
Die Voraussetzungen der § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO seien nicht erfüllt. Zur Begründung werde auf die Ausführungen im Schreiben vom 20. August 2020 verwiesen sowie auf die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration (GLKrWBek), die nur in Ausnahmefällen von einer sofortigen Vollziehbarkeit der Berichtigung oder der Ungültigkeitserklärung einer Gemeinderats- oder Kreistagswahl ausgehe, Nr. 87.4 GLKrWBek. Solange der Wahlberichtigungsbescheid vom 15. Juli 2020 nicht in Bestandskraft erwachsen und keine sofortige Vollziehung desselben angeordnet worden sei, sei der Beigeladene zu 2 als vom Wahlausschuss festgestelltes Mitglied des Stadtrates nach den Vorschriften der Bayerischen Gemeindeordnung zu den Sitzungen zu laden und sowohl berechtigt als auch verpflichtet, an den Sitzungen teilzunehmen. Demzufolge sei die Weigerung des ersten Bürgermeisters, den Antragsteller zu den Sitzungen zu laden, rechtmäßig und nicht zu beanstanden. Die Ausführungen des Antragstellers zu seinen kommunalpolitischen Kenntnissen und Fähigkeiten seien rechtlich irrelevant. Abzustellen sei auf den eindeutigen Willen des Antragstellers, nach der Wahlperiode 2014/2020 sein Amt als wiedergewählter Stadtrat niederzulegen, wie er dies in seiner E-Mail vom 9. April 2020 zum Ausdruck gebracht habe. Eine bestandskräftige oder sofort vollziehbare Berichtigung oder Ungültigerklärung der Wahl berühre nicht die Wirksamkeit vorher gefasster Beschlüsse und vorgenommener Amtshandlungen, Art. 50 Abs. 6 GLKrWG. Die Wahl des ersten Stellvertreters des Bürgermeisters unterliege nicht der Wahlprüfung nach dem Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz, sondern dem Beanstandungsrecht des ersten Bürgermeisters, Art. 59 Abs. 2 GO und der Rechtsaufsicht, Art. 111 ff. GO. Die Gültigkeitsvoraussetzungen seien in Art. 51 Abs. 3 GO geregelt. Die Mitwirkung des Beigeladenen zu 2 bei der Wahl zum Stellvertreter des Bürgermeisters führe nicht zu deren Ungültigkeit. Andere Gründe, die zur Ungültigkeit der Wahl des ersten Stellvertreters des Bürgermeisters führen würden, seien nicht ersichtlich und vom Antragsteller auch nicht vorgetragen. Ergänzend werde auf Art. 11 Abs. 2 Satz 2 und 3 Kommunalwahlbeamtengesetz verwiesen.
Der Beigeladene zu 3 hat mit Schreiben vom 16. Dezember 2020 auf die Ausführungen des Antragstellers Bezug genommen. Der Antragsteller hat mit am 17. Dezember 2020 bei Gericht eingegangenem Schreiben insbesondere noch zur Frage des Vorliegens eines „Ausnahmefalls“ Stellung genommen, der die Anordnung eines Sofortvollzugs rechtfertige.
Zur Vervollständigung des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren sowie in den Verfahren RO 3 K 20.1465 und RO 3 K 20.1466 und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Wahlberichtigungsbescheids hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist nur teilweise zulässig.
Er ist bereits unzulässig, soweit der Antragsteller die Anordnung des Sofortvollzuges des Wahlberichtigungsbescheides auch hinsichtlich der Ziffern 1.a. und 2. beantragt. Eine Antragsbefugnis des Antragstellers analog § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) liegt nur in Bezug auf die Ziffer 1.b. des Wahlberichtigungsbescheides vom 15. Juli 2020 vor, da der Antragsteller nur insoweit in seinen eigenen Rechten betroffen ist und ihm nur insoweit möglicherweise ein Anspruch auf Anordnung des Sofortvollzuges des Bescheides zustehen kann. Da der Antragsteller die Anordnung des Sofortvollzuges des Wahlberichtigungsbescheides insgesamt, d.h. ohne Beschränkung auf die Ziffer 1.b. beantragt, ist der Antrag teilweise bereits unzulässig.
Hinsichtlich der Anordnung des Sofortvollzuges von Ziffer 1.b. des Wahlberichtigungsbescheides ist der Antrag zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Danach kann das Gericht anstelle der Behörde auf Antrag des durch einen Verwaltungsakt Begünstigten nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung anordnen, wenn ein Dritter gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt einen Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung eingelegt hat. Vorliegend entfalten die jeweils am 14. August 2020 erhobenen Klagen der Beigeladenen zu 1 und zu 2 gegen den Wahlberichtigungsbescheid vom 15. Juli 2020 gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO aufschiebende Wirkung, sodass der Antragsteller als Begünstigter dieses Verwaltungsaktes gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bei Gericht dessen sofortige Vollziehung beantragen kann.
Der am 29. Oktober 2020 bei Gericht eingegangene Antrag auf Anordnung des Sofortvollzuges des Wahlberichtigungsbescheides vom 15. Juli 2020 ist auch nicht verfristet, da für einen Antrag gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 VwGO keine Frist vorgesehen ist. Für eine Verwirkung sind keinerlei Anhaltspunkte erkennbar.
2. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er unbegründet.
Rechtsgrundlage für die von dem Antragsteller begehrte Vollzugsanordnung ist § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. § 80a Abs. 3 Satz 1 VwGO ermächtigt das Gericht dazu, anstelle der Behörde (vgl. § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO) auf Antrag des Adressaten nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehbarkeit eines begünstigenden Verwaltungsakts anzuordnen.
Einen eigenständigen materiell-rechtlichen Maßstab für die Entscheidung des Gerichts enthält § 80a Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 VwGO nicht. Allerdings zeigt die Verweisung in § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO auf § 80 Abs. 5 VwGO, dass sich die Begründetheit eines Antrags auf Anordnung der sofortigen Vollziehung im Ansatz nach den gleichen Regeln bestimmt, die auch für die Bescheidung eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO gelten (vgl. Gersdorf in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, 55. Edition Stand 1.10.2019, § 80a Rn. 67). Daher ist auch im Rahmen eines Antrags nach § 80a Abs. 3 VwGO eine Interessenabwägung erforderlich (vgl. VG München, B.v. 9.7.2020 – M 28 S 20.495 – juris Rn. 28; VGH BW, B.v. 6.5.2020 – 8 S 455/20 – juris mit Verweis auf VGH BW, B.v. 8.8.1996 – 8 S 1954/96 – juris). Beruht die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs wie vorliegend auf § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO hat das Gericht unter Anlegung der Maßstäbe des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO zunächst zu klären, ob ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug vorliegt, das die Beteiligteninteressen überwiegt. In diesem Fall ist nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 VwGO die sofortige Vollziehung anzuordnen (vgl. Puttler in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2018 § 80a Rn. 28). Soweit ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug des Verwaltungsaktes nicht erkennbar ist, ergibt sich der Maßstab für die verwaltungsgerichtliche Entscheidung aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Alt. 2 VwGO (vgl. VGH BW, B.v. 6.5.2020 – 8 S 455/20 – juris; Puttler in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2018 § 80a Rn. 28). Danach kann in der hier vorliegenden Fallkonstellation des begünstigenden Verwaltungsakts mit drittbelastender Wirkung die sofortige Vollziehung angeordnet werden, wenn das Interesse des Begünstigten an der sofortigen Vollziehung das Interesse des Belasteten an der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs überwiegt. Grundsätzlich stehen sich in dieser Situation gleichrangige Rechtspositionen der Betroffenen gegenüber. Der Begünstigte, der die Anordnung der sofortigen Vollziehung begehrt, muss dabei ein besonderes Interesse im Sinne von § 80 Abs. 3 VwGO gerade an der sofortigen Vollziehbarkeit vorweisen, welches über sein regelmäßiges Interesse an der Ausnutzung eines ihm günstigen Verwaltungsakts hinausgehen und sich gerade auf den Sofortvollzug beziehen muss (vgl. Puttler in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2018 § 80a Rn. 28). Bei der Abwägung der kollidierenden Belange des Adressaten und des Dritten ist maßgeblich auf die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache abzustellen (vgl. Gersdorf in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, 55. Edition Stand 1.10.2019, § 80a Rn. 69 m.w.N.). Nur wenn bei nach der gebotenen summarischen Prüfung offene Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs bestehen, darf sich das Gericht auf eine reine Interessenabwägung zurückziehen (vgl. Hoppe in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Auflage 2019, § 80a Rn. 23).
Ausgehend von diesen Grundsätzen führt die erforderliche und gebotene summarische Prüfung dazu, dass der Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Wahlberichtigungsbescheids abzulehnen ist, da kein besonderes öffentliches Interesse an dessen Sofortvollzug besteht (a.), die Klagen der Beigeladenen zu 1 und zu 2 voraussichtlich zumindest nicht offensichtlich erfolglos bleiben werden (b.) und kein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Anordnung der sofortigen Vollziehung erkennbar ist (c.)
a. Ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug des Wahlberichtigungsbescheides im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 VwGO ist nicht erkennbar.
Ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug könnte zwar dann bestehen, wenn der Stadtrat von B … bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Klagen der Beigeladenen zu 1 und zu 2 in seiner Funktionsfähigkeit beeinträchtigt wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn selbst wenn die Anfechtungsklagen der Beigeladenen zu 1 und zu 2 keinen Erfolg haben sollten, d.h. der Wahlberichtigungsbescheid in Bestandskraft erwächst, bleiben die bis zu diesem Zeitpunkt gefassten Beschlüsse des Stadtrats nach Art. 50 Abs. 6 Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz (GLKrWG) wirksam. Gemäß Art. 50 Abs. 6 GLKrWG berührt eine bestandskräftige oder sofort vollziehbare Berichtigung oder Ungültigerklärung nicht die Wirksamkeit vorher gefasster Beschlüsse und vorgenommener Amtshandlungen. Die Handlungs- und Funktionsfähigkeit des Stadtrats ist damit, unabhängig von dem Ausgang der Hauptsacheverfahren RO 3 K 20.1465 und RO 3 K 20.1466, nicht beeinträchtigt.
Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Wahl des Stellvertreters des ersten Bürgermeisters unter Mitwirkung der Beigeladenen zu 1 und zu 2 stattgefunden hat. Ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug des Wahlberichtigungsbescheides folgt auch hieraus nicht. Dabei kann dahinstehen, ob die Wahl des weiteren Bürgermeisters infolge der Mitwirkung der Beigeladenen zu 1 und zu 2 an Mängeln leidet. Denn selbst wenn die Wahl an Mängeln leiden sollte, führt dies jedenfalls nicht zur Unwirksamkeit der von dem weiteren Bürgermeister in der Zwischenzeit vorgenommenen Amtshandlungen. Gemäß Art. 35 Abs. 1 Satz 1 der Bayerischen Gemeindeordnung (GO) wählt der Gemeinderat aus seiner Mitte für die Dauer seiner Wahlzeit einen oder zwei weitere Bürgermeister. Die Folgen von Mängeln der Wahl des weiteren Bürgermeisters oder der Wählbarkeit sind in Art. 11 des Kommunal-Wahlbeamten-Gesetzes (KWBG) normiert (vgl. Dietlein/Suerbaum in BeckOK Kommunalrecht Bayern, 8. Edition 1.11.2020, GO Art. 35 Rn.10). Die Wirksamkeit von Amtshandlungen, die von einem fehlerhaft gewählten weiteren Bürgermeister vorgenommen wurden, folgt aus Art. 11 Abs. 7 KWBG. Danach bleiben Amtshandlungen, die bis zu dem Zeitpunkt, in dem unanfechtbar feststeht, dass ein Beamtenverhältnis nicht zustande gekommen ist, vorgenommen wurden, in gleicher Weise gültig, wie wenn sie ein Beamter oder eine Beamtin vorgenommen hätte. Demnach berühren Mängel der Wahl des weiteren Bürgermeisters, selbst wenn solche vorliegen sollten, jedenfalls nicht die Funktionsfähigkeit der Gemeindeorgane. Art. 11 Abs. 2 Satz 2 KWBG bestimmt überdies, dass die Wahl eines weiteren Bürgermeisters nur innerhalb von vier Monaten seit ihrer Vornahme rechtsaufsichtlich beanstandet oder vom Dienstherrn von Amts wegen aufgehoben werden kann, wenn diese aus Gründen fehlerhaft ist, die nicht in der Person des oder der Gewählten liegen.
Ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug lässt sich auch damit nicht begründen, dass die demokratische Legitimiät der Gemeinderäte gewährleistet und der Wählerwille umgesetzt werden muss. Denn wie unter Ziffer 2.b. aufgezeigt werden wird, kann derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden, wie sich die objektiv richtige Zusammensetzung des Gemeinderates darstellt, an deren Realisierung ein öffentliches Interesse besteht.
Ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug ist nach alldem nicht erkennbar.
b. Die Erfolgsaussichten Anfechtungsklagen in den Hauptsacheverfahren sind bei der erforderlichen und gebotenen summarischen Prüfung als offen zu beurteilen. Der angefochtene Wahlberichtigungsbescheid ist zumindest nicht offensichtlich rechtmäßig und es ist daher zumindest nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass dieser die Beigeladenen zu 1 und zu 2 in ihren Rechten verletzt, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Gemäß Art. 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GLKrWG, Art. 110 Satz 1 GO hat die Rechtsaufsichtsbehörde bei der Verletzung von Wahlvorschriften das Wahlergebnis zu berichtigen, wenn bei der Gemeinderatswahl die Verteilung der Sitze auf die Wahlvorschläge ohne die Verletzung von Wahlvorschriften anders ausgefallen wäre, andere Personen das Amt erhalten hätten, andere Personen Listennachfolger wären oder die Reihenfolge der Listennachfolger anders wäre.
Vorliegend kommt eine Verletzung des Art. 59 Satz 1 GLKrWG in Betracht. Gemäß dieser Vorschrift müssen, soweit im Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz und in der hierzu erlassenen Wahlordnung nichts anderes bestimmt ist, vorgeschriebene Erklärungen persönlich und handschriftlich unterzeichnet sein und bei dem zuständigen Wahlorgan oder der zuständigen Stelle der Wahlorganisation im Original vorliegen. Der Antragsteller hat vorliegend mit E-Mail vom 9. April 2020, gerichtet an den Wahlleiter, gebeten, den Stadtrat von seinem Ausscheiden aus diesem zu informieren und eine Pressemitteilung beigefügt, aus der hervorgeht, dass der Antragsteller zum 30. April 2020 sein Amt als Stadtrat „niederlegen“ werde. Diese missverständliche Erklärung ist dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller damit die Ablehnung der Übernahme des Amtes im Sinne von Art. 48 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 Alt. 1 GLKrWG erklären wollte. Diese Vorschrift regelt, dass eine in den Gemeinderat gewählte Person die Übernahme des Amtes ablehnen (Alt. 1) oder ihr Amt niederlegen (Alt. 2) kann. Zwar spricht der Antragsteller davon, sein Amt „niederzulegen“. Art. 48 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 Alt. 2 GLKrWG betrifft jedoch nur den Fall der Amtsniederlegung nach Amtsbeginn. Da der Antragsteller mitgeteilt hat, sein Amt „zum 30. April 2020 niederlegen“ zu wollen, wird deutlich, dass der Antragsteller nicht etwa erklären wollte, sein zum Zeitpunkt der Erklärung bestehendes Amt als Gemeinderatsmitglied für die am 30. April 2020 endende Wahlperiode niederzulegen (vgl. Art. 48 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 Alt. 2 GLKrWG), sondern noch vor Beginn der neuen Amtszeit am 1. Mai 2020 die Amtsübernahme für die neue Wahlperiode abzulehnen im Sinne von Art. 48 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 Alt. 1 GLKrWG. Dass die Erklärung auch nicht als Ablehnung der Wahl im Sinne von Art. 47 Abs. 1 Satz 1 GLKrWG zu verstehen ist, ergibt sich daraus, dass der Antragsteller sein Amt als Mitglied des Gemeinderats ursprünglich jedenfalls fiktiv nach Art. 47 Abs. 1 Satz 1 GLKrWG angenommen hatte. In den vorgelegten Unterlagen des Antragstellers und in den vorgelegten Behördenakten findet sich keinerlei Erklärung des Antragstellers, dass dieser die Wahl binnen einer Woche nach Verkündung des vorläufigen Wahlergebnisses abgelehnt hätte. Damit galt die Wahl nach Art. 47 Abs. 1 Satz 1 GLKrWG ursprünglich als angenommen, sodass vorliegend für eine Ablehnung der Wahl der Anwendungsbereich des Art. 48 Abs. 1 Satz 2 GLKrWG eröffnet war. Da der Antragsteller die Ablehnung des Amtes unstrittig lediglich per E-Mail erklärt hat, spricht somit zwar einiges dafür, dass das Schriftformerfordernis nach Art. 59 Satz 1 GLKrWG verletzt wurde, von dessen Anwendbarkeit die Antragsgegnerseite zu Recht ausgegangen sein dürfte. Ob vorliegend, wie von den Beigeladenen zu 1 und zu 2 in deren Klageverfahren vorgetragen, eine teleologische Reduktion des Art. 59 Satz 1 GLKrWG aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls in Betracht kommt, kann im Rahmen der in diesem Verfahren des Eilrechtsschutzes erforderlichen und gebotenen summarischen Prüfung jedoch nicht abschließend beurteilt werden. Die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklagen gegen die Ziffer 1.b. des Wahlberichtigungsbescheides sind nach Aktenlage als offen zu bewerten. Zwar ist nicht ersichtlich, dass das Landratsamt Schwandorf Zweifel daran gehabt haben könnte, dass die E-Mail vom 9. April 2020 und damit die Erklärung über die „Niederlegung“ des Amtes vom Antragsteller stammt. Allerdings kann – unabhängig von der Frage, ob eine teleologische Reduktion des Art. 59 Satz 1 GlKrWG überhaupt möglich ist – insbesondere nicht abschließend beurteilt werden, ob der mit dem Schriftformerfordernis verfolgte Zweck, den Erklärenden vor Übereilung zu schützen und ihm die besondere Bedeutung und Tragweite seiner Erklärung vor Augen zu führen, vorliegend gewahrt wurde. So spricht der Hinweis des Antragstellers in seiner E-Mail an den Wahlleiter, er bitte um entsprechende Mitteilung, falls seine Unterschrift benötigt werde, durchaus dafür, dass der Antragsteller selbst daran gezweifelt haben könnte, ob die Ablehnung der Amtsübernahme per E-Mail bereits rechtlich bindende Wirkungen entfalten konnte. Ob der Schutzzweck der Formvorschrift gewahrt wurde, lässt sich im Rahmen der summarischen Prüfung letztlich nicht abschließend beurteilen.
c. Da weder ein überwiegendes öffentliches Interesse am Sofortvollzug erkennbar ist, noch die Anfechtungsklagen gegen die Ziffer 1.b. des Wahlberichtigungsbescheides offensichtlich erfolglos sein werden, ist insbesondere eine Abwägung des Interesses des Antragstellers an der sofortigen Vollziehbarkeit des Wahlberichtigungsbescheides mit dem Interesse der Beigeladenen zu 1 und zu 2 an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs vorzunehmen. Erforderlich ist dabei ein besonderes Interesse des Antragstellers gerade an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides. Überwiegende Gründe die, die sofortige Amtsführung des Antragstellers erfordern und der einstweiligen Amtsführung der Beigeladenen zu 1 und zu 2 entgegenstehen, liegen jedoch, auch unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen, nicht vor.
Zwar könnte ein besonderes Interesse des Antragstellers am Sofortvollzug dann bestehen, wenn die Wahl der Beigeladenen zu 1 und zu 2 zu Gemeinderäten auf offensichtlichen und groben Manipulationen beruhen würde, was eine sofortige Unterbindung ihrer weiteren Amtsausübung geböte (vgl. hierzu OVG Rheinland-Pfalz, B.v. 14.3.1991 – 7 B 10325/91 – juris). Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladenen zu 1 und zu 2 ihre Wahl zu Mitgliedern des Gemeinderats in irgendeiner Weise manipuliert hätten, sind jedoch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr beruht der Umstand, dass anstelle des Antragstellers und des Beilgeladenen zu 3 die Beigeladenen zu 1 und zu 2 als Mitglieder des Gemeinderates festgestellt wurden, allein auf dem eigenverantwortlichen Handeln des Antragstellers und des Beigeladenen zu 3, die – ohne ersichtliche Beeinflussung durch die Beigeladenen zu 1 und zu 2 – zwischenzeitlich erklärt hatten, ihr Amt als Gemeinderatsmitglied „niederzulegen“. Die konkreten Umstände des Einzelfalles sprechen somit gegen ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der sofortigen Vollziehung des Wahlberichtigungsbescheides. Denn mit seiner zwischenzeitlichen Erklärung, sein Amt „niederlegen“ zu wollen, hat der Antragsteller selbst die Ursache dafür gesetzt, die zu der Feststellung der Beigeladenen zu 1 und zu 2 als Gemeinderatsmitglieder geführt hat, während die Beigeladenen zu 1 und zu 2 durch keinerlei Handlungen ihrerseits zu der Entstehung der Situation beigetragen haben. Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er in seiner E-Mail vom 9. April 2020 um Mitteilung gebeten hat, falls eine Unterschrift seinerseits erforderlich sei. Aus den Akten ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller durch Erklärungen von Dritten, etwa des Wahlleiters, davon abgehalten worden wäre, eine eigenhändig unterzeichnete Erklärung abzugeben, sodass die Entstehung der aktuell gegebenen Situation trotz dieser Bitte maßgeblich auf das eigenverantwortliche Handeln des Antragstellers zurückzuführen ist. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht unzumutbar, dass der Antragsteller die vom Gesetz vorgesehene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklagen hinnehmen muss. Auch die geltend gemachte jahrelange Erfahrung des Antragstellers als Gemeinderatsmitglied führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Befürchtung, dass seine bisherige politische Arbeit im Gemeinderat gefährdet werden und insbesondere irreversible Fakten geschaffen werden könnten, begründet jedenfalls kein überwiegendes Interesse des Antragstellers am Sofortvollzug. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass nach der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration (GLKrWBek), nur in Ausnahmefällen eine sofortige Vollziehbarkeit der Berichtigung oder der Ungültigkeitserklärung einer Gemeinderats- oder Kreistagswahl anzuordnen ist, vgl. Nr. 87.4 GLKrWBek. Ein solcher Ausnahmefall liegt aus den bereits dargelegten Gründen, insbesondere aufgrund der eigenen Verantwortlichkeit des Antragstellers für die Entstehung der aktuellen Situation nicht vor.
Im Ergebnis liegt daher bei der gegebenen Sachlage – Erfolgsaussichten der Anfechtungsklagen noch offen sowie Verursachung der Umstände, die eine Änderung des Wahlergebnisses erforderlich gemacht haben durch die eigenen Handlungen des Antragstellers – nach Auffassung des Gerichts, auch unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses, kein überwiegendes besonderes Sofortvollzugsinteresse des Antragstellers vor.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 und 3 VwGO abzulehnen. Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt (§ 154 Abs. 3 VwGO), weshalb es angemessen ist, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 52, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG unter Berücksichtigung des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. dort. Ziff. 1.5 und 22.1.3).


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