Verwaltungsrecht

Vorbeugende Nutzungsuntersagung im Hinblick auf Umbaumaßnahmen zwecks Nutzung einer Doppelhaushälfte als Beherbungsbetrieb

Aktenzeichen  9 ZB 15.1989

Datum:
18.8.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 123004
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 76 S. 2

 

Leitsatz

1 Der Erlass einer vorbeugenden Nutzungsuntersagung ist bereits dann gerechtfertigt, wenn konkrete Anhaltspunkte gegeben sind, aus denen auf eine unmittelbar bevorstehende rechtswidrige Nutzung einer Anlage geschlossen werden kann (hier Umbaumaßnahmen in einer Doppelhaushälfte zwecks Nutzung als Beherbergungsbetrieb). (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
2 Bei sicherheitsrechtlichen Anforderungen genügt für die Gefahrenprognose eine konkrete Gefahr. Diese liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d.h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
3 Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes. Nichts anderes kann für den Erlass von (auch vorbeugenden) Nutzungsuntersagungen auf der Grundlage des Art. 76 S. 2 BayBO als spezieller sicherheitsrechtlicher Befugnisnorm gelten. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 9 K 15.116, AN 9 K 15.117, AN 9 K 15.118 2015-07-22 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.
II. Die Klägerinnen haben je ein Drittel der Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerinnen wenden sich gegen gleichlautende, sofort vollziehbare und zwangsgeldbewehrte Nutzungsuntersagungsverfügungen der Beklagten vom 12. Dezember 2014, die ihnen die Nutzung von Räumlichkeiten einer Doppelhaushälfte als Beherbergungsbetrieb vorbeugend untersagen. Das Verwaltungsgericht wies die Klagen mit Urteil vom 22. Juli 2015 ab. Hiergegen richten sich die Rechtsmittel der Kläger.
II.
Die Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg.
Der Klägerinnen berufen sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerinnen innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) haben darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.
1. Mit dem Vorbringen, ein die vorbeugende Nutzungsuntersagung rechtfertigender Verstoß gegen formelles Rechts sei nicht zu befürchten gewesen und habe auch nicht unmittelbar bevorgestanden, die Ausbauarbeiten bzw. Renovierungsarbeiten hätten nicht die Annahme gerechtfertigt, es stehe eine rechtswidrige Nutzung der Räumlichkeiten bevor, auch aus der Anmeldung eines Gewerbes ergäben sich keine konkreten Anhaltspunkte, die auf eine zweifelsfrei unmittelbar bevorstehende rechtswidrige Nutzung schließen lassen könnten, stellen die Klägerinnen lediglich ihre eigene Bewertung der tatsächlichen Umstände derjenigen des Verwaltungsgerichts gegenüber, ohne zugleich substantiierte Zweifel an den tatsächlichen Feststellungen oder der rechtlichen Bewertung des Verwaltungsgerichts aufzuzeigen.
a) Der Erlass einer vorbeugenden Nutzungsuntersagung ist bereits dann gerechtfertigt, wenn konkrete Anhaltspunkte – wie hier u.a. die festgestellten Umbaumaßnahmen – gegeben sind, aus denen auf eine unmittelbar bevorstehende rechtswidrige Nutzung einer Anlage geschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 3.4.2014 – 1 ZB 13.2536 – juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 15.4.2011 – 1 ZB 09.2523 – juris Rn. 14; BayVGH, U.v. 5.12.2005 – 1 B 03.2567 – juris Rn. 23; BayVGH, U.v. 13.2.2015 – 1 B 13.646 – juris Rn. 23).
Das Verwaltungsgericht hat sich bei seiner Sachverhaltswürdigung auf die beigezogenen Behördenakten der Beklagten gestützt und insbesondere Bezug genommen auf die von der Beklagten anlässlich der Baukontrolle vom 2. Oktober 2014 gefertigten Lichtbilder, Planeintragungen und Notizen. Daraus ergibt sich nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, dass „sich in Keller, Erdgeschoss und Spitzboden jeweils 3 und im Dachgeschoss 4, insgesamt also 13 bewohnbare Zimmer, jeweils ausgestattet mit mehreren Betten sowie zum Teil auch mit eigenen Toiletten bzw. Bädern“ befinden. Weiter hat das Verwaltungsgericht auf die Gewerbeanmeldungen der Klägerinnen zu 2 und 3 vom September 2013 abgestellt, wonach u.a. eine „gewerbliche Zimmervermietung“ in der Betriebsstätte „E…Straße …“ angemeldet wurde, deren Beginn auf den 1. bzw. 3 September 2013 datiert ist.
Von diesen Feststellungen ausgehend ist das Verwaltungsgericht zu dem Schluss gelangt, dass ein hinreichender Anlass für den Erlass der Nutzungsuntersagungsverfügungen bestanden hat, weil „die Aufteilung der Räumlichkeiten in der streitgegenständlichen Doppelhaushälfte, wie sie sich nach den durchgeführten Umbaumaßnahmen darstellt, eindeutig darauf hinweist, dass das Haus nicht für gewöhnliche Wohnzwecke genutzt, sondern die Zimmer vielmehr gewerblich vermietet werden sollen“. Die Klägerinnen wenden zwar ein, die Beklagte sei von „fehlerhaften Tatbestandsermittlungen“ ausgegangen. Was an den Ermittlungen der Beklagten anlässlich der Baukontrolle vom 2. Oktober 2014, auf die das Verwaltungsgericht Bezug nimmt, unzutreffend sein soll, wird aber nicht substantiiert dargelegt.
Da an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts nach dem zuvor Ausgeführten keine ernstlichen Zweifel bestehen, gründet der Schluss des Verwaltungsgerichts, aus der vorgefundenen Raumaufteilung nach Durchführung der Umbauarbeiten und den Gewerbeanmeldungen der Klägerinnen zu 2 und 3 zur Aufnahme einer gewerblichen Zimmervermietung in der streitgegenständlichen Doppelhaushälfte folge eine unmittelbar bevorstehende Nutzung der Doppelhaushälfte als Beherbergungsbetrieb, auf einen nach der Lebenserfahrung typischen Geschehensablauf, der die verwaltungsgerichtliche Bewertung, eine rechtswidrige Nutzung stehe unmittelbar bevor, rechtfertigt. Sofern die festgestellten und aktenkundigen Umstände hier nicht schon für sich zur unmittelbaren Überzeugung führen, dass eine rechtswidrige Nutzung bevorsteht (Haupttatsache), können sie jedenfalls als Indizien (Hilfstatsachen) diesen Schluss zulassen. Insoweit sind an die richterliche und an die behördliche Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, Art. 24 BayVwVfG) keine höheren Anforderungen zu stellen, als für den Indizienbeweis (vgl. hierzu Brunn, „Der Indizienbeweis im Öffentlichen Recht“, NJOZ 2011, 1873).
Allein die Erklärung der Klägerinnen, die Aufnahme einer rechtswidrigen Nutzung sei tatsächlich nicht beabsichtigt, kann angesichts der festgestellten tatsächlichen Umstände zu keiner anderen Bewertung führen.
b) Soweit die Klägerinnen einwenden, weder aus den Umbauarbeiten noch aus den Gewerbeanmeldungen könne „zweifelsfrei“ auf eine unmittelbar bevorstehende rechtswidrige Nutzung geschlossen werden, ergeben sich aus ihren Darlegungen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.
Bei sicherheitsrechtlichen Anforderungen – wie hier – genügt für die Gefahrenprognose eine „konkrete Gefahr“ (vgl. Mannsen in Spannowsky/Manssen, BeckOK, BayBO, Art. 76 Rn. 70 m.w.N.). Diese liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d.h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (vgl. BVerwG, U.v. 28.3.2012 – 6 C 12/11 – BVerwGE 143, 74, Rn. 27; vgl. auch BayVGH, B.v. 21.6.2011 – 14 CS 11.790 – juris Rn. 23 zu Art. 54 Abs. 4 BayBO). Nichts anderes kann für den Erlass von (auch vorbeugenden) Nutzungsuntersagungen auf der Grundlage des Art. 76 Satz 2 BayBO als spezieller sicherheitsrechtlicher Befugnisnorm gelten. Aus der Einfügung des Wortes „zweifelsfrei“ u.a. in der Kommentierung von Decker (in Simon/Busse, BayBO, Stand Januar 2017, Art. 76 Rn. 276) ergibt sich kein anderer Wahrscheinlichkeitsmaßstab.
c) Das Vorbringen, die Ausbauarbeiten änderten nichts daran, dass letztlich dieselbe Nutzung stattgefunden habe wie in den vergangenen Jahren und bis heute sei die von der Beklagten befürchtete rechtswidrige Nutzung als Beherbergungsbetrieb nicht aufgenommen worden, lässt unberücksichtigt, dass eine vorbeugende Nutzungsuntersagung ausgesprochen wurde, deren Erlass gerade nicht voraussetzt, dass eine formell illegale Nutzung bereits aufgenommen wurde.
d) Der Einwand, die Gewerbeanmeldungen stammten nicht von der Klägerin zu 1, sie könnten ihr deshalb nicht zugerechnet werden, führt nicht zur Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.
Das Verwaltungsgericht ging der Frage nach, ob eine in Kürze bevorstehende formell rechtswidrige Nutzung vorliegt, gegen die nach Art. 76 Satz 2 BayBO eingeschritten werden darf. Dies hat es mit einer nicht zu beanstandenden Begründung bejaht. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob auch die Klägerin zu 1 eine gewerbliche Zimmervermietung angemeldet hatte.
2. Auch das weitere Vorbringen führt nicht zur Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.
a) Die Auffassung der Klägerinnen, aus den Ausbauarbeiten könne nicht der zweifelsfreie Schluss gezogen werden, dass eine Nutzung als Beherbergungsbetrieb unmittelbar bevorstehe, weil derartige Ausbauarbeiten für eine private Nutzung der Räumlichkeiten nicht ungewöhnlich seien, setzt sich nicht mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinander. Das Verwaltungsgericht hat in den Entscheidungsgründen nicht auf Ausbauarbeiten abgestellt, die für eine private Nutzung nicht ungewöhnlich seien, sondern auf Umbauarbeiten für „13 bewohnbare Zimmer, jeweils ausgestattet mit mehreren Betten sowie zum Teil auch mit eigenen Toiletten bzw. Bädern“ und hat darüber hinaus auch die Gewerbeanmeldungen der Klägerinnen zu 2 und 3 in seine Bewertung eingestellt.
b) Der Einwand, „um welche Umbauten es genau geht und wie das Verwaltungsgericht hierauf kommt, bleibt unerfindlich“, ist unberechtigt. Das Verwaltungsgericht stützt sich auf die aktenkundigen Ermittlungen der Beklagten bei der Baukontrolle vom 2. Oktober 2014, fasst diese im Tatbestand sowie in den Entscheidungsgründen zusammen und legt diese als gerichtliche Feststellungen seiner rechtlichen Bewertung zugrunde.
c) Das Vorbringen, „die im Tatbestand geschilderten Arbeiten (Einbau von Duschen, Toiletten und Waschbecken) deuten nur darauf hin, dass dort Menschen wohnen sollen; ein Indiz oder gar ein Beweis für eine beabsichtigte gewerbliche Nutzung als Beherbergungsbetrieb ist das nicht“, trifft insoweit schon nicht zu, als die Feststellungen zu den Umbauarbeiten nicht nur im Tatbestand wiedergegeben werden, sondern vielmehr auch nach den Entscheidungsgründen Grundlage für die rechtliche Bewertung durch das Verwaltungsgerichts sind. Im Übrigen stellen die Klägerinnen auch hier lediglich ihre eigene Bewertung der tatsächlichen Umstände derjenigen des Verwaltungsgerichts gegenüber, ohne zugleich ernstliche Zweifel an der rechtlichen Bewertung durch das Verwaltungsgericht aufzuzeigen.
d) Ob und unter welchen Voraussetzungen auch eine Vermietung der Zimmer zu Wohnzwecken zulässig wäre, kann dahinstehen, weil eine solche mit dem Vortrag, „auch eine Vermietung zu Wohnzwecken wäre eine zulässige Nutzung, für welche Ausbauarbeiten vorgenommen werden müssten, um eine angemessene Wohnnutzung zu ermöglichen“, schon nicht geltend gemacht wird.
Davon abgesehen bestehen angesichts der Gewerbeanmeldungen der Klägerinnen zu 2 und 3 keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine beabsichtigte Vermietung zu Wohnzwecken. Danach ist in der Betriebsstätte „E…Straße …“ die Tätigkeit „gewerbliche Zimmervermietung (keine Tätigkeit nach § 34c GewO; WZ-2008-Kode 55.90.1)“ angemeldet, für deren Beginn der 1. bzw. der 3. September 2013 angegeben wurde. Soweit die Klägerinnen in Erwiderung auf den Schriftsatz der Beklagten vom 9. November 2015 mit Schriftsatz vom 18. Februar 2016 einwenden, dass der Ausbau auch für eine private Vermietung zu Wohnzwecken als zulässige Nutzung erfolgen könne, wird von einem unzutreffenden Verständnis des Begriffs „gewerbliche Zimmervermietung“ ausgegangen. Denn das Vermieten von Wohnräumen geht in der Regel über den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung nicht hinaus, ist deshalb nicht gewerbsmäßig und unterliegt folglich auch nicht der Anzeigepflicht nach § 14 GewO (vgl. BVerwG, U.v. 26.1.1993 – 1 C 25.91 – NVwZ 1993, 775 = juris Rn. 19, 22; vgl. Eisenmenger in Landmann/Rohmer, GewO, Stand März 2017, § 1 Rn. 34; Marcks in Landmann/Rohmer, a.a.O., § 14 Rn. 28 m.w.N.). Welche Umstände hier hinzutreten, um trotz der Anzeige einer „gewerblichen Zimmervermietung“ ausnahmsweise von einer (privaten) Zimmervermietung zu Wohnzwecken ausgehen zu können, wird nicht ansatzweise dargelegt.
e) Die Rechtsauffassung der Klägerinnen, das Verwaltungsgericht habe sich „im Rahmen der Beurteilung der Rechtswidrigkeit der Nutzungsuntersagung nicht auf gewerberechtliche Aspekte stützen dürfen“, weil im Rahmen der Nutzungsuntersagung lediglich baurechtliche und keine gewerberechtlichen Belange zu berücksichtigen seien, trifft nicht zu.
Weder die angefochtene Nutzungsuntersagungsverfügung noch das erstinstanzliche Urteil bieten Anhaltspunkte dafür, dass mit dem Erlass der Nutzungsuntersagung oder bei deren Rechtmäßigkeitsprüfung „gewerberechtliche Belange“ verfolgt worden wären. Die Gewerbeanmeldungen der Klägerinnen zu 2 und 3 wurden lediglich zur Bewertung der Frage herangezogen, ob konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die den Schluss auf eine in Kürze bevorstehende rechtswidrige Nutzung des Wohnhauses als Beherbergungsbetrieb zulassen. Dies ist nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Gewinnung seiner gerichtlichen Überzeugung jedem Erkenntnismittel nachzugehen, bei dem nach der konkreten Sachlage die Möglichkeit besteht, dass es zu einer Änderung des bisherigen Bildes von dem Geschehen führen kann (Dawin in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2016, § 86 Rn. 61). Dass Gewerbeanmeldungen geeignet sind, um Anhaltspunkte für eine baurechtlich relevante Nutzung eines Gewerbebetriebs zu gewinnen, steht außer Frage, weil für den Begriff des Gewerbebetriebs der Baunutzungsverordnung auch die Begriffsbestimmungen der Gewerbeordnung und des Steuerrechts herangezogen werden können (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Februar 2017, § 8 Rn. 22, § 9 Rn. 19 BauNVO m.w.N.).
f) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils kommen auch nicht auf, weil die Klägerin zu 2 nach dem Zulassungsvorbringen im 1. Obergeschoss die Büroräume ihrer Immobilienverwaltung hat, in den Räumen des Hauses die Schlafzimmer zwischenzeitlich verstorbener Angehöriger sind und die vorgefundenen Möbel aufgrund ihres Alters für einen Hotelbetrieb gänzlich ungeeignet wären.
Der Schluss auf eine bevorstehende Nutzung als Beherbergungsbetrieb ist nicht erst dann gerechtfertigt, wenn sämtliche Räume eines Gebäudes auf eine solche künftige Nutzung hinweisen. Dass die gegenwärtige oder vergangene Nutzung von Räumen indiziell nichts darüber aussagt, ob sie weiterhin so genutzt werden, wurde bereits ausgeführt. Auf einen Hotelbetrieb, der mit alten Möbeln nicht zu führen sein soll, hat das Verwaltungsgericht nicht abgestellt.
g) Die klägerischen Ausführungen zu den rechtlichen Folgen einer auch vorbeugenden Nutzungsuntersagung führen nicht auf ernstliche Zweifel an der erstinstanzlichen Entscheidung hin. Insbesondere ergibt sich aus der vergangenen oder derzeitigen Nutzung der Räumlichkeiten zu privaten Wohnzwecken angesichts der Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die handgreiflich auf eine beabsichtigte Nutzungsaufnahme zu Zwecken der gewerblichen Vermietung hinweisen, kein Anhalt für eine zweifelhafte Bewertung der tatsächlichen Umstände durch das Verwaltungsgericht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG. Der festgesetzte Gesamtstreitwert setzt sich zusammen aus einem Streitwert von jeweils 5.000 Euro für die Zulassungsanträge der Klägerinnen zu 1 bis 3. Die Streitwertfestsetzung folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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