Verwaltungsrecht

Vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin

Aktenzeichen  7 CE 19.10045

Datum:
2.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 9622
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
HZV § 44 Abs. 1 S. 2, Abs. 3, § 50 Abs. 1, § 53
BayHSchG Art. 42 Abs. 2 S. 4

 

Leitsatz

1. Ein Studiengang ist gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 HZV der Lehreinheit zuzuordnen, bei der er den überwiegenden Teil der Lehrveranstaltungsstunden nachfragt. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach Art. 42 Abs. 2 Satz 4 BayHSchG kann ein Doppelstudium von zwei zulassungsbeschränkten Studiengängen kaum genehmigungsfähig sein. Zweitstudierende können sich wegen der Anrechnung ihrer bereits erbrachten Studienleistungen zugleich in einem höheren Fachsemester immatrikulieren lassen. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für die Schwundberechnung ist die Zahl der an einem Stichtag tatsächlich eingeschriebenen Studienbewerber maßgeblich; die nachträgliche Berücksichtigung insoweit später eingetretener Veränderungen ist nicht geboten. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
4. Nach dem im § 53 HZV zum Ausdruck kommenden Willen des Verordnungsgebers ist bei der Berechnung der Schwundquote ausschließlich auf die Zahl der „Studierenden in höheren Fachsemestern“ abzustellen, ohne dass – über die formelle Fachsemesterzugehörigkeit hinaus – dahingehend zu differenzieren wäre, ob die Betreffenden nach der jeweiligen Studienordnung einen aktuellen Anspruch auf Besuch der für ihr Fachsemester vorgesehenen Lehrveranstaltungen haben oder nicht. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
5. Die Kapazitätsberechnung der FAU ohne Einbeziehung beurlaubter Studierender ist nicht zu beanstanden. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 2 E 19.10007 2019-07-08 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,– Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im 1. Fachsemester (Vorklinik) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Sommersemesters 2019, hilfsweise die Zulassung beschränkt auf den 1. Studienabschnitt.
Das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach hat den Antrag mit Beschluss vom 8. Juli 2019 abgelehnt. Die Antragstellerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass an der FAU über die vergebenen Studienplätze hinaus noch ein weiterer Studienplatz im Studiengang Humanmedizin im 1. Fachsemester zur Verfügung stehe, der von der Antragstellerin in Anspruch genommen werden könne.
Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel weiter. Sie macht geltend, die FAU habe ihre tatsächliche Ausbildungskapazität nicht ausgeschöpft. Der Dienstleistungsexport sei nicht im Umfang von 64,10 SWS berücksichtigungsfähig. Es werde bereits bestritten, dass einige Studiengänge, für die ein Dienstleistungsexport erbracht worden sei, nicht der Lehreinheit Medizin zugehörig seien. Jedenfalls sei ein Sicherheitszuschlag zugunsten der Studienbewerber im Umfang von mindestens 20% vorzunehmen. Darüber hinaus sei der Dienstleistungsexport für den Studiengang Zahnmedizin aufgrund vorhandener Doppel- oder Zweitstudierenden, welche neben Humanmedizin auch im Fach Zahnmedizin eingeschrieben seien, in dem Maße zu verringern, in dem ihn Zweitstudierende nicht in Anspruch nähmen, weil sie die entsprechenden Veranstaltungen bei regelmäßigem Studienverlauf schon besucht hätten und diese Kenntnisse auf ihre Ausbildung anrechenbar seien. Auch sei der Curricularnormwert nicht plausibel, weil mittlerweile für Vorlesungen von einer Gruppengröße von 250 ausgegangen werden müsse. Zudem habe die Universität bei der Ermittlung des Curricularnormwerts Betreuungsleistungen in Ansatz gebracht, denen keine Lehrveranstaltungen zugrunde lägen. Weiterhin bestünden gegen den von der Universität für die Vorklinik errechneten Schwundausgleichsfaktor erhebliche Bedenken. Insbesondere die für zurückliegende Semester ermittelten Erstsemesterzahlen müssten um die Anzahl derjenigen Bewerber erhöht werden, die noch nach dem jeweiligen Erhebungsstichtag aufgrund gerichtlicher Anordnung vorläufig oder endgültig zum Studium zugelassen worden seien. Ferner seien im Rahmen der Schwundberechnung die Bestandszahlen der höheren Semester um die Studierenden zu reduzieren, die wegen nicht bestandener Prüfungen oder aus sonstigen Gründen faktisch keine Lehre mehr in Anspruch nähmen. Auch sei die Berechnung der Schwundquote dadurch verfälscht, dass die FAU es versäumt habe, beurlaubte Studierende in die Berechnung miteinzubeziehen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 12. August und 16. Oktober 2019 verwiesen.
Der Antragsgegner widersetzt sich der Beschwerde. Es wird auf den Schriftsatz vom 13. September 2019 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Die FAU hat in § 1 Abs. 1 ihrer Satzung über die Festsetzung von Zulassungszahlen für die im Studienjahr 2018/2019 als Studienanfängerinnen und Studienanfänger sowie in höhere Fachsemester aufzunehmenden Bewerber und Bewerberinnen (Zulassungszahlsatzung 2018/2019) vom 6. Juli 2018 i.V.m. der Anlage hierzu für den Studiengang Medizin, 1. Studienabschnitt (Vorklinik) für das 1. Fachsemester – Sommersemester 2019 – 181 Studienplätze festgesetzt. Die von der Antragstellerin vorgetragenen Gründe, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), lassen nicht erkennen, dass die FAU darüber hinaus noch über weitere Ausbildungskapazität verfügen würde.
I.
Der von der FAU festgesetzte Dienstleistungsexport ist nicht zu beanstanden.
1. Soweit die Antragstellerin rügt, dass die im Folgenden (a – d) genannten Studiengänge „der Lehreinheit Medizin“ zugeordnet werden müssten, ist zunächst schon darauf hinzuweisen, dass keine „Lehreinheit Medizin“ besteht. Gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 HZV ist eine Lehreinheit eine für Zwecke der Kapazitätsermittlung abgegrenzte fachliche Einheit, die ein Lehrangebot bereitstellt. Der Studiengang Medizin wird für Berechnungszwecke in einen vorklinischen und in einen klinischen Teil untergliedert (§ 44 Abs. 3 HZV), weshalb der 2. Studienabschnitt (Klinik) nicht der Lehreinheit Vorklinik zugeordnet werden kann. Im Übrigen hat die Antragstellerin – mit Ausnahme des Masterstudiengangs Medical Process Management – nicht substantiiert dargelegt, warum diese Studiengänge der Lehreinheit Vorklinik zugeordnet werden sollten, sondern hat deren anderweitige Zuordnung nur ganz pauschal in Zweifel gezogen, insbesondere hat sie den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die FAU habe trotz der Zunahme der nicht zugeordneten Studiengänge die Auswirkungen auf die Vorklinische Medizin in Grenzen gehalten, da die Werte für den Dienstleistungsbedarf nahezu gleich geblieben seien, nichts Substantielles entgegengesetzt. Ungeachtet dessen ergibt sich aus den Kapazitätsberechnungsunterlagen, die den Bevollmächtigten im erstinstanzlichen Verfahren ausweislich der Akte des Verwaltungsgerichts elektronisch zugänglich gemacht wurden, und insbesondere aus den Regelungen der einschlägigen Studien- und Prüfungsordnungen (zugänglich unter der jeweiligen Homepage des Studiengangs) nachvollziehbar die Zuordnung ausschließlich der Studiengänge „Medizin Vorklinik“, „Molekulare Medizin BSc“ und „Molekulare Medizin Msc“ zur Lehreinheit Vorklinik. Denn ein Studiengang ist gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 HZV der Lehreinheit zuzuordnen, bei der er den überwiegenden Teil der Lehrveranstaltungsstunden nachfragt.
a) Danach ist eine Zuordnung des Masterstudiengangs Medical Process Management zur Lehreinheit Vorklinik nicht gerechtfertigt. Schwerpunkt des Curriculums sind die Vermittlung vertiefter Kenntnisse des Gesundheitssystems, der Gesundheits-IT sowie des Knowhows in Qualitäts- und Processmanagement mit dem Ziel, den Patientennutzen und die Wertschöpfung im Gesundheitswesen mit effektiven und effizienten Prozessen zu steigern. Vermittelt werden grundlegende Fächer wie Qualitäts- und Risikomanagement, Finanzmanagement, Medizinische Informatik, Kommunikation und Kooperation. Absolventen dieses Studiengangs sollen in die Lage versetzt werden, institutions- und berufsgruppenübergreifende Abläufe zu analysieren, planen, implementieren und steuern. Zur Zielgruppe dieses Masterstudiengangs gehören daher vor allem Studierende mit einem ersten Studienabschluss in Naturwissenschaften, Informatik, Technik oder Ingenieurwesen bzw. Wirtschafts- oder Sozialwissenschaften. Trotz Zuordnung dieses Studiengangs zur Medizinischen Fakultät werden lediglich medizinische Grundlagen gelehrt, der Schwerpunkt der Ausbildung liegt jedoch auf der Vermittlung von Qualifikationen für eine Managertätigkeit im Gesundheitswesen (vgl. im Vorlesungsverzeichnis für das Sommersemester 2019 die entsprechenden Vorlesungen, wie z.B. Grundlagen der pflegerischen Versorgungsstruktur, Medizinisches Qualitätsmanagement, Projektmanagement, Spezielle Aspekte des deutschen Gesundheitssystems, Public Health und evidenzbasierte Medizin, ITgestützte Prozesse im Gesundheitswesen; medizinische Grundlagen dagegen werden lediglich in den Vorlesungen „Operationen, invasive Prozeduren und Organersatzverfahren“ sowie „Bildgebende Verfahren, Strahlenbehandlung und Strahlenschutz“ vermittelt).
b) Gleiches gilt für den Bachelor- und Masterstudiengang Medizintechnik. Der Studiengang Medizintechnik wird an der FAU federführend von der Technischen Fakultät unter Beteiligung der Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Fakultät getragen. Durch die interdisziplinäre Ausbildung bereitet dieser Studiengang die Absolventinnen und Absolventen auf eine anspruchsvolle Ingenieurstätigkeit vor. Im Bachelorstudiengang beträgt der Medizinanteil nur ca. 5%; die restlichen 95% setzen sich auch aus ingenieurwissenschaftlichen Fächern zusammen, weshalb ausgeprägte mathematische und naturwissenschaftliche Fähigkeiten Grundvoraussetzungen für den erfolgreichen Abschluss dieses Studiengangs sind. Der Masterstudiengang ist forschungs- und wissenschaftsorientiert und baut konsekutiv auf den Bachelorstudiengang Medizintechnik auf. Das Studium vermittelt eine interdisziplinäre Ausbildung, die auf technischen und naturwissenschaftlichen Studieninhalten basiert und die durch medizinische Kenntnisse lediglich ergänzt wird.
c) Auch beim Masterstudiengang Life Science Engineering liegt kein umfassender Bezug zu Lehrveranstaltungen der Humanmedizin im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 2 HZV vor. Es handelt sich hierbei um einen Studiengang an der Technischen Fakultät mit dem Ziel, den Studierenden vertiefte ingenieurwissenschaftliche Methoden und Kenntnisse sowie forschungsqualifizierende wissenschaftliche Arbeitsweisen zu vermitteln. Das Curriculum ist geprägt von technisch-basierten Lehrveranstaltungen, da Life Science Engineering eine Ingenieursdisziplin ist, die sich mit der Veränderung von Stoffen durch chemische, physikalische, biologische, mikrobiologische und biotechnologische Verfahren beschäftigt.
d) Ebenso wenig kann der Masterstudiengang Materialwissenschaft und Werkstofftechnik der Lehreinheit Vorklinik zugeordnet werden. Es handelt sich hierbei um einen viersemestrigen Masterstudiengang der Technischen Fakultät der FAU. Das Curriculum ist geprägt von technisch-basierten Lehrveranstaltungen, nachdem das Qualifikationsziel im Studienfach Materialwissenschaft und Werkstofftechnik die „Zusammenhänge zwischen eingesetzten Rohstoffen, Verfahrenstechniken, Aufbau der Werkstoffe und ihren Eigenschaften“ ist. Lehrveranstaltungen mit medizinischem Bezug sind nur im Studienschwerpunkt „Werkstoffe in der Medizin“ zu absolvieren.
2. Der Dienstleistungsexport ist auch nicht im Hinblick auf Doppel- bzw. Zweitstudierende, die gleichzeitig Human- und Zahnmedizin bzw. nach abgeschlossenem Studium der Medizin zusätzlich Zahnmedizin studieren, zu verringern. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht auf Art. 42 Abs. 2 Satz 4 BayHSchG verwiesen, wonach ein Doppelstudium von zwei zulassungsbeschränkten Studiengängen kaum genehmigungsfähig ist und dass sich Zweitstudierende wegen der Anrechnung ihrer bereits erbrachten Studienleistungen zugleich in einem höheren Fachsemester immatrikulieren lassen können (vgl. auch BayVGH, B.v. 22.7.2008 – 7 CE 08.10488 – juris Rn. 14). Selbst wenn letzteres ausnahmsweise nicht so wäre, ist nicht ersichtlich, dass das Kapazitätserschöpfungsgebot die Berücksichtigung der Zweitstudierenden verlangt, da dies eine einseitige Übersteigerung dieses Gebots darstellen würde. Denn im Rahmen der Kapazitätsberechnung bleibt andererseits unberücksichtigt, dass es Studierende gibt, die an Praktika und Seminaren ohne Erfolg teilgenommen haben und diese Lehrveranstaltungen im kommenden Semester wiederholen müssen. Zudem wird bei der Kapazitätsberechnung auch nicht dem Umstand Rechnung getragen, dass Praktikumsgruppen, in denen die Teilnehmerzahl auf Grund einer gelegentlich unvermeidlichen ungleichmäßigen Aufteilung der Studierenden niedriger ist, als es dem Studienplan entspricht, ebenso viele Deputatstunden verbrauchen wie eine voll besetzte Gruppe. Daher lässt sich nicht feststellen, dass die rechnerische Eliminierung der Zweitstudierenden vom Kapazitätserschöpfungsgebot zwingend gefordert wird (vgl. OVG Hamburg, B.v. 18.10.1999 – 3 Nc 110/99 – juris Rn. 45).
3. Soweit die Antragstellerin im Zusammenhang mit dem Dienstleistungsexport auf den Beschluss des Senats vom 5. Oktober 2015 – 7 CE 15.10192 – verweist, in dem eine sachgerechte Abwägung aller hiervon betroffenen schutzwürdigen Interessen der Studienbewerber, der Studierenden, des Lehrpersonals und der Hochschule in einer nicht einseitig zu Lasten der Studienbewerber gehenden Weise abgewogen und durch eine entsprechende Begründung nachvollziehbar gemacht werden müsse, kann die Antragstellerin hieraus nichts für ihre Auffassung ableiten. Denn der Senat hat diese Aussage vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren deutlich reduzierten Zulassungszahlen der LMU im dort streitgegenständlichen Studiengang Psychologie getroffen. Vorliegend sind die Zulassungszahlen im streitgegenständlichen Studiengang Vorklinik Medizin in den letzten Jahren jedoch annähernd gleich geblieben. Für den von der Antragstellerin darüber hinaus geforderten „Sicherheitszuschlag“ von 20% fehlt es bereits an einer Rechtsgrundlage (vgl. BayVGH, B.v. 21.8.2018 – 7 CE 18.10002 u.a. – juris Rn. 14; OVG Berlin-Bbg, B.v. 9.1.2019 – OVG 5 NC 7.18 – juris Rn. 12).
II.
Soweit die Antragstellerin weiter rügt, der Curricularnormwert sei nicht plausibel, weil mittlerweile für Vorlesungen von einer Gruppengröße von 250 ausgegangen werden müsse, ist dem entgegen zu halten, dass es sich bei der Gruppengröße um eine abstrakte und weitgehend normativ geprägte Betreuungsrelation handelt, deren Höhe so zu bestimmen ist, dass der ebenfalls normativ festgelegte Curricularnormwert eingehalten werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 11.4.2011 – 7 CE 11.10004 – juris Rn. 26). Im Übrigen hat das von der Antragstellerin zitierte Niedersächsische Oberverwaltungsgericht seine frühere Rechtsprechung zur Gruppengröße bei Vorlesungen, die mit der Ausbildungswirklichkeit begründet wurde, aufgegeben und erneut den Wert von 180 Studierenden pro Gruppe zugrundegelegt (NdsOVG, B.v. 11.7.2008 – 2 NB 487/07 u.a. – juris Rn. 51). Ungeachtet dessen legt die FAU eine Betreuungsrelation von 200 zugrunde.
Aus dem Vortrag der Antragstellerin, die Universität habe bei der Ermittlung des Curricularnormwerts überdies Betreuungsleistungen in Ansatz gebracht, denen keine Lehrveranstaltungen zugrunde lägen, ergibt sich mangels Substantiierung nicht, um welche Betreuungsleistungen es sich konkret handeln soll.
III.
Auch rechtfertigt das Beschwerdevorbringen keine Korrektur des von der FAU errechneten Schwundausgleichsfaktors von 0,9826 für die Vorklinik.
1. Unabhängig davon, dass laut Vortrag der FAU in den der Schwundberechnung zugrundeliegenden Semestern keine Studierenden aufgrund gerichtlicher Anordnung vorläufig oder endgültig zugelassen worden sind, ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin zu den statistischen Bestandszahlen nicht die Zahl der rückwirkend durch gerichtliche Entscheidungen oder durch Vergleich zugelassenen Studierenden hinzuzurechnen. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass für die Schwundberechnung die Zahl der an einem Stichtag tatsächlich eingeschriebenen Studienbewerber maßgeblich und es nicht geboten ist, später eingetretene Veränderungen nachträglich zu berücksichtigen (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 4.4.2019 – 7 CE 11.10072 – juris Rn. 13 m.w.N.). Nach dem jeweiligen Stichtag zugelassene Studierende können Schwundverhalten erst ab dem Zeitpunkt zeigen, an dem sie tatsächlich immatrikuliert sind. Eine Korrektur der Schwundberechnung kommt nur dann in Betracht, wenn sich die Studierendenzahlen aufgrund außergewöhnlicher Einflussfaktoren in atypischer Weise entwickeln und diese im sonstigen Studienverlauf ungewöhnliche Entwicklung in geeigneter Weise rechnerisch auszugleichen oder zu neutralisieren ist. Dies kann der Fall sein, wenn sich bei Zugrundelegung der Bestandszahlen eine ganz ungewöhnliche (positive) Schwundquote ergeben würde (BayVGH, B.v. 21.7.2017 – 7 CE 17.10096 u.a. – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 24.8.2009 – 7 CE 09.10352 u.a. – juris Rn. 24 f.), wofür vorliegend nichts spricht.
2. Gemäß § 53 HZV ist die Studienanfängerzahl nur dann zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass wegen Aufgabe des Studiums oder Fachwechsels oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge an Studierenden in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge. Daher kommt es entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht darauf an, ob die Betreffenden nach der jeweiligen Studienordnung einen aktuellen Anspruch auf Besuch der für ihr Fachsemester vorgesehenen Lehrveranstaltungen haben oder nicht. Nach dem Willen des Verordnungsgebers ist somit bei der Berechnung der Schwundquote ausschließlich auf die Zahl der „Studierenden in höheren Fachsemestern“ abzustellen, ohne dass – über die formelle Fachsemesterzugehörigkeit hinaus – dahingehend zu differenzieren wäre, ob die Betreffenden nach der jeweiligen Studienordnung einen aktuellen Anspruch auf Besuch der für ihr Fachsemester vorgesehenen Lehrveranstaltungen haben oder nicht. Im Rahmen der Schwundberechnung müssen demnach diejenigen, die trotz fortbestehender Immatrikulation nachweislich keine Lehrveranstaltungen mehr besuchen bzw. besuchen dürfen oder die mangels Motivation kein ernsthaftes Studium mehr betreiben, nicht aus den Bestandszahlen herausgerechnet werden. Nach Wortlaut und Systematik des Gesetzes handelt es sich vielmehr um einen Studienabbruch (§ 51 Abs. 3 Nr. 3 HZV) bzw. eine „Aufgabe des Studiums“ (§ 53 HZV) erst dann, wenn die Erfolglosigkeit oder das Desinteresse an der Fortsetzung des Studiums in einer förmlichen Exmatrikulation Ausdruck gefunden hat und sich damit auf die Bestandszahlen auswirkt (§ 53 HZV: „Abgänge“). Eine Betrachtung der individuellen Studienverläufe und des daraus – semesterweise – resultierenden Ausbildungsbedarfs wird für die Schwundberechnung nicht gefordert (BayVGH, B.v. 26.8.2008 – 7 CE 08.10598 – juris Rn. 10).
3. Die Kapazitätsberechnung der FAU ohne Einbeziehung beurlaubter Studierender ist nicht zu beanstanden. Der von der Antragstellerin zitierte Beschluss des Senats vom 12. Juni 2014 – 7 CE 14.10012 u.a. – (juris) zur „Mehrfachzählung“ wiederholt beurlaubter Studierender kann in diesem Zusammenhang schon deshalb nicht herangezogen werden, weil der Antragsgegner plausibel ausgeführt hat, dass wegen der Unstimmigkeiten bei den Schwundberechnungen laut Schreiben des (damaligen) Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 17. Januar 2017 ab dem Berechnungszeitraum 2017/2018 die Kapazitätsberechnung auf Basis der hochschulinternen Studierendenstatistik zu den jeweiligen Stichtagen am 1. Juni und am 1. Dezember erfolge. Zu berücksichtigen seien die am jeweiligen Stichtag tatsächlich immatrikulierten Studierenden, die nicht beurlaubt seien. Dazu hat der Senat im Beschluss vom 4. April 2019 – 7 CE 18.10072 u.a. – (juris Rn. 16) festgestellt, dass sich die Modifizierung eines für die Errechnung der Schwundquote etablierten Berechnungssystems durch den Antragsgegner im Rahmen der ihm obliegenden Organisationsbefugnis bewegt, und – da kein bestimmtes Berechnungssystem normiert ist – grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, wenn dieses sachlich begründet und sodann gleichmäßig fortgeführt wird. Die Entwicklung der Gesamtnachfrage der zuzulassenden Semesterkohorte lässt sich, weil in der Zukunft liegend, ohnehin nicht rechnerisch bestimmen, sondern allenfalls prognostisch schätzen. Jede Schwundberechnung unterstellt, dass sich die frühere Entwicklung des Studierendenbestands, soweit sie in einen näher zu bestimmenden Beobachtungszeitraum fällt, auch bei den im streitgegenständlichen Semester zuzulassenden Studierenden wiederholt. Eine weitere Fiktion wohnt der Schwundquotenbildung insoweit inne, als sie einen im Verlauf des Studiums geringer werdenden Ausbildungsaufwand mit einem überhöhten Ausbildungsaufwand zu Beginn des Studiums kompensiert (vgl. BVerwG, U.v. 20.11.1987 – 7 C 103.86 u.a. – NVwZ-RR 1989, 184/185). Da beurlaubte Studierende keine Lehrleistungen nachfragen, kann die FAU deshalb der Schwundberechnung die statistischen Studierendenzahlen ohne Berücksichtigung beurlaubter Studierender zugrunde legen. Im Übrigen bleibt der Senat bei seiner Rechtsprechung, dass die Berechnung der Schwundquote ohne Einbeziehung beurlaubter Studierender kapazitätsgünstig ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.8.2015 – 7 CE 1810012 u.a. – juris Rn. 22). Wird der Bestand (=Anzahl der immatrikulierten Studierenden), auf den der Schwund (=Anzahl der exmatrikulierten Studierenden) bezogen wird, um die beurlaubten Studierenden verringert, verringert sich die Schwundquote mit der Folge, dass wegen des Schwunds – kapazitätsgünstig – mehr Studienanfänger zugelassen werden können als wenn der Bestand nicht verringert würde. Anhaltspunkte dafür, dass beurlaubte Studierende generell ein gravierend anderes „Schwundverhalten“ zeigen als nicht beurlaubte Studierende, so dass dies im Rahmen der Berechnung der Schwundquote zwingend berücksichtigt werden müsste, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
IV.
Eine Entscheidung über den Hilfsantrag, die Antragstellerin zum 1. Studienabschnitt zuzulassen, ist nicht veranlasst, da der 1. Studienabschnitt identisch ist mit dem Studienabschnitt Vorklinik (vgl. § 44 Abs. 3 HZV).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und Nr. 18.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.


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