Verwaltungsrecht

Vorläufiger Rechtsschutz gegen eine Abschiebungsanordnung nach Italien

Aktenzeichen  M 30 S 19.50262

Datum:
25.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 10670
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5 S. 1
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1
AsylG § 34a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, § 75, § 77 Abs. 2
Dublin III-VO Art. 2g, Art. 7, Art 12 Abs. 2, Art. 16, Art. 17 Abs. 2, Art 25 Abs. 2
Gr-Charta Art. 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
EMRK Art. 3

 

Leitsatz

1. Weder für Dublin-Rückkehrer mit offenem Asylverfahren noch für Rückkehrer, die in Italien bereits einen Schutzstatus erhalten haben oder erhalten werden kann mit Ausnahme von vulnerablen Personen von systemischen Mängeln des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen isd. Art. 4 Gr-Charta ausgegangen werden (vgl. insoweit BVerfG B.v. 10.10.2019 – 2 BvR 1380/19, BeckRS 2019, 25217   – Rn. 15 f.; VG München B.v. 13.1.2020 – M 30 S 19.50256 m.w.N., BeckRS 2020, 10668). (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Dies gilt grundsätzlich auch vor dem Hintergrund der am 4. Dezember 2018 in Kraft getretenen gesetzlichen Änderungen bezüglich Aufnahmebedingungen und Unterbringung, dem sog. „Salvini-Dekret“ vom 4. Oktober 2018 (vgl. VGH Mannheim, U.v. 29.7.2019 – A 4 S 749/19, BeckRS 2019, 18065; OVG Lüneburg B.v. 21.12.2018 – 10 LB 201/18, BeckRS 2018, 33662). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Abschiebungsanordnung nach Italien im Rahmen eines asylrechtlichen Dublin-Verfahrens.
Die Antragsteller, seinen Angaben zufolge jordanischer Staatsangehöriger, geb. am …, reiste am 15. November 2018 in die Bundesrepublik Deutschland ein und äußerte ein Asylgesuch, von dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 20. November 2018 schriftlich Kenntnis erlangte. Am 14. Januar 2019 stellte der Antragsteller einen förmlichen Asylantrag.
Bei seiner Befragung am 14. Januar 2019 gab der Antragsteller an, Jordanien am 1. November 2018 verlassen und mit Visum über Saudi Arabien nach Rom geflogen zu sein. Einen Asylantrag habe er in Italien nicht gestellt, sondern sei nach ca. einer Woche Aufenthalt mit dem Bus und Zug durch Österreich nach Berlin gefahren und dort am 15. November 2018 angekommen. In Deutschland lebten seine Schwester und mehrere Cousins und Cousinen. Am 7. Februar 2019 gab er darüber hinaus an, seinen Pass und das Visum zerrissen zu haben, um nicht nach Italien oder ein anderes Land abgeschoben zu werden. Da es Unstimmigkeiten zwischen dem Schlepper in Jordanien und Italien gegeben habe, fühle er sich in Italien bedroht. Er werde über Facebook bedroht. Seine in Deutschland befindliche Schwester sei bereits volljährig und verheiratet.
Auf ein Aufnahmegesuch vom 16. Januar 2019 gemäß Art. 12 Abs. 4 VO (EU) 604/2013 (Dublin III-VO) an Italien bezugnehmend auf die Einreise des Antragstellers mit Schengen-Visum Nr. ITA…, ausgestellt am 29. Oktober 2018 durch die italienischen Behörden für den Zeitraum 1. November 2018 bis 20. November 2018 erfolgte bis zum 16. März 2019 keine Rückmeldung.
Daraufhin lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 18. März 2019 – Gesch.Z.: … – den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab (Nr. 1), verneinte das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Asylantrag gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 Asylgesetz (AsylG) unzulässig sei, da Italien aufgrund des ausgestellten und bei Asylgesuch in Deutschland noch nicht abgelaufenen Schengen-Visums gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG lägen nicht vor. Die humanitären Bedingungen in Italien führten nicht zu der Annahme, dass bei der Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK oder des Art. 4 EU-Grundrechtecharta (Gr-Charta) vorläge. In Italien bestünden keine systemischen Mängel in Bezug auf das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen. Hierzu wurde umfangreich ausgeführt, worauf gemäß § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen wird. Gesundheitliche Beschwerden habe der Antragsteller nicht geltend gemacht. Solche seien auch nicht ersichtlich. Demnach drohe dem Antragsteller keine individuelle Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Auch inländische Abschiebungshindernisse lägen nicht vor. Außergewöhnliche Gründe für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO seien nicht ersichtlich. Die vorgebrachte persönliche Bindung zu seiner volljährigen Schwester sei i.S.v. Art. 2 Buchst. g Dublin III-VO nicht berücksichtigungsfähig, auch nicht aufgrund einer Angewiesenheit i.S.v. Art. 16 Dublin III-VO aufeinander. Im Übrigen wird auf die Bescheidsbegründung gemäß Art. 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen.
Am 26. März 2019 hat der Antragsteller zur Niederschrift Klage zum Verwaltungsgericht München gegen den Bescheid vom 18. März 2019 erhoben (M 30 K 19.50261). Der Antragsteller begründet seine Klage damit, in Italien nicht sicher zu sein. Eine Person, mit der er von Jordanien nach Italien gekommen sei, habe offenbar Kontakte mit der Mafia geschlossen und mache ihm im Falle einer Rückkehr Schwierigkeiten, da er sich diesen Kreisen nicht anschließen wolle.
Zudem beantragt er vorliegend:
Hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach Italien wird die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten M 30 K 19.50261 und M 30 S 19.50262 sowie die – in elektronischer Form – vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klage gegen den Bescheid vom 18. März 2019 mit der nach § 75 AsylG kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des Bescheides ist unbegründet, da die in der Hauptsache erhobene Klage M 30 K 19.50261 voraussichtlich keinen Erfolg hat.
Entfaltet ein Rechtsbehelf von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es zwischen dem sich aus § 75 AsylG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfes abzuwägen hat. Insoweit sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren gebotene summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs geht die Interessensabwägung vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus, da für die erhobene Klage gegen den Bescheid vom 18. März 2018 keine Erfolgsaussichten erkennbar sind und sich die Abschiebungsanordnung des Antragstellers nach Italien gemäß § 34a AsylG im Hauptsacheverfahren voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird.
Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen sicheren Drittstaat oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG), sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
1. Vorliegend ist aufgrund der Angaben des Antragstellers i.V.m. den Erkenntnissen über das durch italienische Behörden am 29. Oktober 2018 in Jordanien erteilte Visum VIS-Nr. ITA… mit Gültigkeit bis zum 20. November 2018 der gestellte Asylantrag i.S.v. § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) AsylG in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig und vielmehr Italien gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO der hierfür zuständige Mitgliedstaat. Gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO ist trotz fehlender Rückmeldung auf das fristgerechte Wiederaufnahmeersuchen vom 16. Januar 2019 auch von der Wiederaufnahme des Antragstellers durch Italien auszugehen.
Die Zuständigkeit liegt auch nicht etwa deshalb bei der Bundesrepublik Deutschland, weil eine Überstellung nach Italien i.S.v. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO scheitern würde. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass – nichtvulnerable – Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 Gr-Charta ausgesetzt wären.
Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93 und 2 BvR 2315/93 – juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 – juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedsstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Konvention für Menschenrechte und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entspricht. Zwar ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Die nationalen Behörden und Gerichte sind aber nur bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die auf ein ernsthaftes Risiko von Verstößen gegen Art. 4 Gr-Charta hindeuten, verpflichtet, auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen. Diese müssen zudem eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen, die nur vorliegt, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden des Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass einem Asylbewerber gerade aufgrund seiner besonderen Schutzbedürftigkeit und unabhängig von seinem Willen und seinen persönlichen Entscheidungen eine Situation extremer materieller Not drohen würde, die es ihm nicht erlauben würde, seine elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigen oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzen würde (EuGH, U. v. 19.3.2019 – C-163/17 – juris Rn. 92, 95).
Soweit es sich nicht um besonders schutzbedürftige Personen handelt (vgl. insoweit BVerfG, B.v. 10.10.2019 – 2 BvR 1380/19 – Rn. 15 f.; VG München, B.v. 13.1.2020 – M 30 S 19.50256 m.w.N. – noch nicht veröffentlicht) kann von solchen Mängeln nach Auffassung des Gerichts in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht ausgegangen werden (vgl. BayVGH, B.v. 9.9.2019 – 10 ZB 19.50024 – juris Rn. 5; ausführlich VGH Mannheim, U.v. 29.7.2019 – A 4 S 749/19 – juris Rn. 42 ff., OVG Lüneburg, U.v. 4.4.2018 – 10 LB 96/17 – beck-online Rn. 35 ff.; OVG Münster, U.v. 22.9.2016 – 13 A 2448/15.A – beck-online Rn. 52 ff.). Dies gilt weder für sog. Dublin-Rückkehrer mit offenem Asylverfahren noch für Rückkehrer, die in Italien bereits einen Schutzstatus erhalten haben oder erhalten werden.
Italien verfügt über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes und richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren, das prinzipiell funktionsfähig ist und sicherstellt, dass rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen müssen. Zwar sind auch weiterhin aus Berichten zur Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber Mängel und Defizite feststellbar (vgl. Länderreport der Menschenrechtspraxis 2018 des U.S. Departement of State v. 13.3.2019, S. 10 f.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Bericht v. 11.1.2019; Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des österreichischen Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Stand: 26.2.2019; Asylum Information Database – aida – Country Report Italy v. 31.12.2018). Diese sie sind aber nach Ansicht des Gerichts in Übereinstimmung der o.g. obergerichtlichen Rechtsprechung weder für sich genommen, noch insgesamt als so gravierend zu bewerten, dass der dargestellte Schweregrad – jedenfalls nicht bei nichtvulnerablen, gesunden, arbeitsfähigen, alleinstehenden Asylbewerbern – erreicht wäre (vgl. VG München, B.v. 30.7.2018 – M 30 S 18.51449 – beck-online – m.w.N.).
Dies gilt grundsätzlich auch vor dem Hintergrund der am 4. Dezember 2018 in Kraft getretenen gesetzlichen Änderungen bezüglich Aufnahmebedingungen und Unterbringung, dem sog. „Salvini-Dekret“ vom 4. Oktober 2018 (vgl. VGH Mannheim, U.v. 29.7.2019 – A 4 S 749/19 – juris Rn. 112 – 116; OVG Lüneburg, B.v. 21.12.2018 – 10 LB 201/18 – juris Rn. 40). Das bisherige Unterbringungssystem wird danach neu organisiert mit der Folge, dass in den SIPROIMI (Sistema di protezione per titolari di protezione internazionale e per minori stranieri non accompagnati) ausschließlich unbegleitete Minderjährige sowie international Schutzberechtigte untergebracht werden, Asylsuchende (auch Dublin-Rückkehrer) mit Ausnahme unbegleiteter Minderjähriger hingegen in den Erstaufnahmeeinrichtungen (prima accoglienza), wo sie während des Asylverfahrens auch verbleiben. Erkenntnisse, dass die in diesen Erstaufnahmeeinrichtungen verbleibenden Plätze unzureichend wären, um Schutzsuchende zu versorgen, sind nicht ersichtlich (VGH Mannheim, a.a.O. Rn. 115). Auch nach dem Salvini-Dekret erhalten Flüchtlinge während des Asylverfahrens im Übrigen weiterhin Leistungen für die Befriedigung von Grundbedürfnissen, insbesondere Nahrungsmittel, Hygieneartikel und Kleidung. Streichungen oder Kürzungen sind insoweit nicht vorgesehen (VGH Mannheim, a.a.O. Rn. 116 mit Verweis auf BFA, Italien, 26.02.2019, S. 7). Abstriche seien durch das Dekret auch nicht bezüglich medizinischer Basisleistungen und insbesondere der kostenfreien Notfallversorgung angeordnet. In den Erstaufnahmeeinrichtungen blieben Ärzte beschäftigt, die medizinische Erstuntersuchungen und Notfallmaßnahmen vornehmen, auch um die nationalen Gesundheitsdienste zu entlasten. Zudem bleibe der Zugang zu öffentlichen Krankenhäusern gewährleistet (VGH Mannheim, a.a.O. Rn. 116 mit Verweis auf BFA, Italien, 26.02.2019, S. 8, 23 f.; aida, update Italien, 31.12.2018, S. 55 ff.).
Insgesamt ist somit davon auszugehen, dass gesunde, alleinstehende, arbeitsfähige, nichtvulnerable Dublin-Rückkehrer – und damit auch der Antragsteller – in der Lage sein werden, sich den – zwar im Vergleich zu Deutschland schwierigeren – Bedingungen zu stellen, und durch ein gewisses Maß an Eigeninitiative diese auch zu bewältigen. Es ist insbesondere nicht zu befürchten, dass der Antragsteller längerfristig in Italien obdachlos sein wird.
2. Gründe i.S.v. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG, dass die Abschiebung nicht durchgeführt werden könnte, liegen derzeit nicht vor.
Insbesondere bestehen keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung eines (zielstaatsbezogenen) Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK. Soweit der Antragsteller darauf verweist, in Italien nicht sicher zu sein, da es Unstimmigkeiten zwischen den Schleppern gegeben habe bzw. versucht würde, ihn in mafiöse Kreise zu ziehen, begründet dies kein Abschiebungsverbot. Zum einen sind die Angaben unsubstantiiert und vielmehr zwischen Anhörung beim Bundesamt und Begründung ggü. dem Gericht nicht deckungsgleich. Im Übrigen wäre der Antragsteller selbst bei Zutreffen seiner Befürchtungen auf grundsätzlich erhältlichen staatlichen Schutz gegen kriminelles Unrecht zu verweisen.
Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenso wie inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse nicht ersichtlich. Insbesondere ist die persönliche Bindung zu der in Deutschland befindlichen volljährigen Schwester des Antragstellers insoweit nicht relevant. Aufgrund der Volljährigkeit der Schwester – und des Antragstellers – sowie einer fehlenden Angewiesenheit i.S.v. Art. 16 Dublin III-VO ist die persönlichen Bindung zwischen dem Antragsteller und seiner Schwester auch gemäß Art. 2 Buchst. g Dublin III-VO i.V.m. Art. 7 ff. Dublin III-VO nicht beachtlich. Auf die zutreffenden Ausführungen im Bescheid des Bundesamtes wird Bezug genommen.
Ebensowenig ist die Prüfung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO und entsprechende Ablehnung zu beanstanden. Diesbezüglich sowie im Übrigen wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die Bescheidsbegründung Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung abgesehen.
Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.


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