Verwaltungsrecht

vorläufiger Rechtsschutz, wasserrechtliche Anordnung, Sanierung bzw. Stilllegung einer Heizöltankanlage

Aktenzeichen  8 CS 21.1589

Datum:
4.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 22565
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, § 146
WHG § 62, § 100 Abs. 1 S. 2
BayWG Art. 58 Abs. 1 S. 2
AwSV § 46, § 47

 

Leitsatz

Verfahrensgang

Au 9 S 21.606 2021-05-10 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen eine für sofort vollziehbar erklärte wasserrechtliche Anordnung des Antragsgegners, eine Heizöltankanlage sanieren zu lassen oder stillzulegen.
Der Antragsteller ist Eigentümer des Anwesens R …weg … in F … (Stadtteil H … … …), in dem sich eine Heizöltankanlage befindet. Der außerhalb des Gebäudes liegende Öltank hat ein Volumen von 13.000 Litern und ist mit dem Heizungsraum über eine unterirdische, nicht einsehbare Druckrohrleitung verbunden.
Bei einer Überprüfung der Anlage stellte ein Sachverständiger am 22. Mai 2000 erhebliche Mängel fest. Auf die Aufforderung des Landratsamts Ostallgäu, die Mängel bis spätestens 1. September 2000 zu beheben, bat der Antragsteller um Aufschub, um die Heizungsanlage ggf. auf Erdgas umzurüsten. Mit Schreiben vom 10. August 2002 sprach sich ein Sachverständiger gegen eine weitere Verlängerung der Sanierungsfrist aus, da der Termin bereits seit zwei Jahren überschritten sei und nicht einsehbare Druckleitungen für sehr viele und enorme Ölschäden verantwortlich seien.
Erst mit Schreiben vom 18. März 2020 kam das Landratsamt auf die Angelegenheit zurück und bat den Antragsteller, bis zum 29. April 2020 die Stilllegung der Anlage nachzuweisen oder durch einen Sachverständigen überprüfen zu lassen.
Nachdem ein Sachverständiger mit Prüfbericht vom 14. Mai 2020 erneut technische Mängel festgestellt hatte, bat das Landratsamt den Antragsteller unter dem 4. Juni 2020 darum, die Anlage durch einen zugelassenen Fachbetrieb sanieren zu lassen und den abschließenden Prüfbericht bis 14. August 2020 vorzulegen. Mit Schreiben vom 14. September 2020 wurde die Frist bis zum 14. Oktober 2020 verlängert.
Mit Anordnung vom 11. Februar 2021 verpflichtete das Landratsamt die Bau- und Liegenschaftsverwaltung des Antragstellers, die Mängel an der Heizöltankanlage im Anwesen R …weg … in … F … durch eine Fachfirma sanieren zu lassen und bis zum 31. März 2021 einen Prüfbericht (Nachprüfbericht) oder eine Stilllegungsbescheinigung eines anerkannten Sachverständigen nach § 47 AwSV vorzulegen (Nr. I). Im Fall der Nichtbefolgung der Anordnung werde ein Zwangsgeld von 200,- Euro fällig (Nr. II). Die Nr. 1 dieser Anordnung wurde für sofort vollziehbar erklärt (Nr. III).
Am 15. März 2021 erhob der Antragsteller gegen diese Anordnung Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg, über die noch nicht entschieden ist.
Den Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich des in Nr. III des Bescheids angeordneten Sofortvollzugs wiederherzustellen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 10. Mai 2021 abgelehnt.
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren weiter. Die Öltankanlage sei am 21. Juni 2021 von einem Fachbetrieb stillgelegt worden. Er habe nach der Aufforderung des Landratsamts alle Hebel in Verbindung gesetzt, um für eine mangelfreie Heizungsanlage zu sorgen. Die entstandene zeitliche Verzögerung habe er nicht zu vertreten, sodass der Beschwerde stattzugeben sei.
II.
A. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Das Beschwerdevorbringen, auf das sich die Prüfung des Senats nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt, rechtfertigt keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage gegen Nr. I der Anordnung des Antragsgegners vom 11. Februar 2021, deren sofortige Vollziehbarkeit mit der im Eilverfahren angegriffenen Nr. III angeordnet wurde, bleibt bei einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage (vgl. BVerwG, B.v. 11.11.2020 – 7 VR 5.20 – juris Rn. 8) in Ansehung der Beschwerdebegründung voraussichtlich erfolglos.
1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist weiterhin zulässig, auch wenn der Antragsteller die Stilllegung der Heizöltankanlage zum 21. Juni 2021 und die entsprechende Abnahme durch einen Sachverständigen angekündigt hat (vgl. das mit der Beschwerdebegründung vorgelegte Schreiben des beauftragten Fachbetriebs vom 7.6.2021). Ein Nachprüfbericht oder eine Stilllegungsbescheinigung eines anerkannten Sachverständigen nach § 47 AwSV wurde vom Antragsteller bislang nicht beigebracht.
2. Dass die Anordnung formal nicht an den Antragsteller selbst, sondern an die von ihm firmierte, nicht mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete “Bau- und Liegenschaftsverwaltung” adressiert ist, führt nicht zu deren offensichtlichen Unrichtigkeit (zu diesem Prüfungsmaßstab bei Nichterfüllung der Darlegungsanforderungen aus § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO vgl. OVG NW, B.v. 5.5.2020 – 1 B 202/20 – ZBR 2020, 314 = juris Rn. 42 f. m.w.N.). Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekanntzugeben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird (vgl. Art. 41 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). Inhaltsadressat ist derjenige, an den die Behörde den Verwaltungsakt richten will, weil er den Tatbestand einer Norm verwirklicht (hier: Betreiber der Heizöltankanlage, vgl. Gößl in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, Stand Sept. 2020, § 62 WHG Rn. 143 m.w.N.) und deshalb unmittelbar berechtigt oder verpflichtet werden soll. Es reicht aus, wenn sich der Adressat durch Auslegung bestimmen lässt (vgl. Couzinet/Fröhlich in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 41 Rn. 57). Vorliegend hatte das Landratsamt die Absicht, gegenüber dem Antragsteller als Betreiber der Heizöltankanlage eine Regelung zu erlassen. Dieser war auch Beteiligter des seit Mai 2000 beim Landratsamt geführten Verwaltungsverfahrens (vgl. auch BVerwG, U.v. 9.9.2014 – 1 C 10.14 – NVwZ 2014, 1679 = juris Rn. 13).
3. Die angegriffene Anordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG, Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayWG i.V.m. § 62 Abs. 1 WHG und § 46 Abs. 2 und 5 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV). Dass deren Voraussetzungen vorliegen, bestreitet auch die Beschwerde nicht.
Die Ermessensausübung des Landratsamts, den Antragsteller mit Bescheid vom 11. Februar 2021 zu den von ihm geforderten Handlungen (Sanierung oder Stilllegung der Heizöltankanlage) im Rahmen der Gewässeraufsicht nach § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG, Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayWG zu verpflichten (vgl. hierzu auch Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2019, § 100 Rn. 46 ff.; Gößl in Sieder/Zeitler, BayWG, Stand Feb. 2019, Art. 58 Rn. 53 ff.), erweist sich als rechtsfehlerfrei. Das Beschwerdevorbringen, der Antragsteller habe die entstandene zeitliche Verzögerung nicht zu vertreten, weil sich erst nach der Beauftragung von Fachleuten im Februar 2021 herausgestellt habe, dass die vom Antragsgegner geforderte Sanierung der Heizöltankanlage technisch nicht durchführbar bzw. nicht mit den gesetzgeberischen Vorgaben in Einklang zu bringen sei, greift nicht durch. Dem Schreiben des Antragstellers an das Landratsamt vom 12. November 2020 ist vielmehr zu entnehmen, dass dieser mindestens seit diesem Zeitpunkt den Austausch der Ölheizungsanlage gegen eine Gastherme beabsichtigt hat (vgl. Behördenakte S. 25). Abgesehen davon war das Landratsamt im Rahmen der Gewässeraufsicht gehalten, zügig Maßnahmen gegen die von der mangelhaften Heizöltankanlage zu besorgende Gewässerverunreinigung zu ergreifen (vgl. auch BVerwG, B.v. 28.6.2019 – 7 B 26.18 – juris Rn. 17), auch wenn es das Verwaltungsverfahren über viele Jahre versehentlich nicht weiterbetrieben hatte. Seit dem Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens im März 2020 war fast ein weiteres Jahr vergangen, obwohl das von der Heizöltankanlage ausgehende Gefährdungspotenzial als erheblich bewertet wurde (vgl. Prüfberichte vom 10.8.2002 und 14.5.2020).
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist der in der Hauptsache anzusetzende Streitwert von 5.000 Euro unter Orientierung an Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 zu halbieren.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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