Verwaltungsrecht

Waffenbesitzverbot

Aktenzeichen  21 CS 18.657

Datum:
8.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 1681
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, § 146 Abs. 4
WaffG § 2 Abs. 2, § 5, § 10 Abs. 3, § 41 Abs. 1 Nr. 2
AWaffV § 13 Abs. 3

 

Leitsatz

Ein Verbot des Erwerbs und Besitzes erlaubnisfreier Waffen oder Munition kommt nicht nur dann infrage, wenn es zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit oder zur Kontrolle des Umgangs mit diesen Gegenständen geboten ist, sondern auch wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dem Betroffenen die für den Erwerb oder Besitz dieser Gegenstände erforderliche Zuverlässigkeit fehlt. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 7 S 17.5733 2018-02-19 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen ein für erlaubnisfreie Waffen und Munition ausgesprochenes Waffenbesitzverbot.
Am 28. November 1973 erteilte das Landratsamt M* … dem Antragsteller aufgrund eines Altbesitzes die Waffenbesitzkarte Nr. …, in die ein Kleinkalibergewehr, .22 lr, Mars, Hersteller-Nr. 003502 eingetragen war. Eine Munitionserwerbs- bzw. Munitionsbesitzberechtigung hierfür wurde dem Antragsteller nicht erteilt.
Mit Schreiben vom 19. Oktober 2011 wies das Landratsamt E* … den Antragsteller vorsorglich darauf hin, dass er keine Munition besitzen dürfe und forderte ihn zur Abgabe der vorhandenen Munition auf. Am 3. November 2011 gab der Antragsteller beim Landratsamt E* … Munition ab.
Im Rahmen einer aufgrund einer Anzeige durchgeführten Durchsuchung des Anwesens des Antragstellers wurden am 19. Oktober 2016 von der Polizei unter anderem vier Patronen des Kalibers .22 lr in einem Waffenschrank aufgefunden, sowie weitere 2889 Patronen desselben Kalibers, welche unversperrt in einer Schachtel in einem Regal im Speicher aufbewahrt waren.
Die Polizei stellte daraufhin diese Patronen, das Kleinkalibergewehr Mars, Nr. 003502 kal. .22 lr sowie weitere erlaubnisfreie Waffen (ein Luftgewehr Nr. 15753 Hersteller Hämmerli, eine Schreckschusspistole Walther P 22 Nr. L104553225 9 mm mit einer Patrone teilgeladen, eine Luftpistole Black Star Nr. 408198 und ein Luftgewehr Ruger, Nr. AA00002403), einen Schalldämpfer für ein Luftgewehr, 173 9 mm Knallpatronen und die Waffenbesitzkarte des Antragstellers sicher.
Mit dem seit 5. Juli 2017 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts E* … wurde der Antragsteller wegen vorsätzlichen unerlaubten Besitzes von Munition zu einer Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen verurteilt.
Mit Bescheid vom 7. November 2017 widerrief das Landratsamt E* … die dem Antragsteller erteilte Waffenbesitzkarte Nr. … (Nr. 1), untersagte ihm unbefristet den Erwerb und Besitz von erlaubnisfreien Schusswaffen und Munition ab Zustellung des Bescheids (Nr. 2) und erließ dazugehörige Nebenentscheidungen. Die sofortige Vollziehung u.a. der Nr. 2 wurde angeordnet (Nr. 5).
Zu dem ausgesprochenem Waffenbesitzverbot stellte das Landratsamt im Bescheid fest, der Antragsteller sei aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Aufbewahrung von Munition nicht mehr waffenrechtlich zuverlässig. In den Ermessenserwägungen berücksichtigte das Landratsamt die noch nicht lange zurückliegende über längere Zeit (ca. 13 Jahre) andauernde nicht sorgfältige Aufbewahrung von erlaubnispflichtiger Munition in erheblichem Umfang. Eine positive Zukunftsprognose könne nicht gesehen werden.
Gegen Nr. 2 des Bescheids (Waffenbesitzverbot) erhob der Antragsteller am 7. Dezember 2017 Klage beim Verwaltungsgericht und stellte insoweit zugleich Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung.
Mit Beschluss vom 19. Februar 2018 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers ab.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
II.
1. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die im Beschwerdeverfahren fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Grundsatz beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen es nicht, die angefochtene Entscheidung abzuändern oder aufzuheben.
1.1 Der Bevollmächtigte des Antragstellers meint, das Verwaltungsgericht verkenne die gesetzgeberische Entscheidung, verschiedene Waffen aufgrund ihrer geringeren Gefährlichkeit zu privilegieren, indem sie von der Erlaubnispflicht freigestellt würden. Er trägt vor, bezüglich erlaubnisfreier Munition liege kein Verstoß vor und folgert hieraus, dass deshalb für erlaubnisfreie Waffen keine Unzuverlässigkeit anzunehmen sei. Zudem bezieht er sich auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. August 2012 (6 C 30.11 – juris) und will hieraus für die Verhängung eines Waffenbesitzverbotes für erlaubnisfreie Waffen eine gesteigerte Anforderung im Sinn einer Erforderlichkeit ableiten, die beim Antragsteller gerade nicht vorliege.
Das führt nicht zur Zulassung der Berufung.
Zwar verweist das Bundesverwaltungsgericht in dem vom Kläger herangezogenen Urteil darauf, dass nach dem Wortlaut des § 41 Abs. 2 WaffG ein Waffenbesitzverbot für erlaubnispflichtige Waffen nur in Betracht kommt, soweit es zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit „geboten“ ist, worin sich eine gesteigerte Anforderung im Sinne einer „Erforderlichkeit“ ausdrückt. Dabei ist im Rahmen der gebotenen Gefahrenprognose derselbe Maßstab anzulegen, der auch im Zuge eines Erwerbs- und Besitzverbots für erlaubnisfreie Waffen nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaffG zur Anwendung kommt (vgl. BVerwG, U.v. 22.8.2012 – 6 C 30.11 – juris Rn. 31 u. 33). Nach diesem Urteil ist ein Verbot erlaubnispflichtiger Waffen gemäß § 41 Abs. 2 WaffG aber auch dann geboten, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis nicht erfüllt sind, weil dem Betroffenen die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit fehlt (BVerwG, a.a.O., Rn. 35). Für ein Verbot, erlaubnisfreie Waffen oder Munition zu besitzen, gilt letztlich nichts anderes. Ein solches Verbot kommt nicht nur dann infrage, soweit es zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit oder zur Kontrolle des Umgangs mit diesen Gegenständen geboten ist (§ 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaffG). Der Erwerb und Besitz erlaubnisfreier Waffen oder Munition kann nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG zudem unter anderem dann untersagt werden, wenn Tatsachen bekannt werden, welche die Annahme rechtfertigen, dass dem Betroffenen die für den Erwerb oder Besitz dieser Gegenstände erforderliche Zuverlässigkeit fehlt. Insoweit darf, auch soweit erlaubnisfreie Waffen oder Munition betroffen sind, auf die allgemeine Vorschrift des § 5 WaffG zurückgegriffen werden, denn sie konkretisiert den Begriff der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit für den gesamten Geltungsbereich des Waffengesetzes (vgl. Lehmann/v. Grotthuss, Aktuelles Waffenrecht, Stand Dezember 2018, § 5 Rn. 14; Gerlemann in Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 41 Rn. 5).
Der Kläger hat Tatsachen im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG geschaffen, welche die Annahme rechtfertigen, dass er die für den Erwerb und Besitz erlaubnisfreier Waffen erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, weil zu befürchten ist, er werde Waffen oder Munition nicht sorgfältig verwahren. Er hatte eine erhebliche Menge an Munition (2893 Patronen Kaliber .22 lr) nicht nur entgegen § 2 Abs. 2 WaffG ohne die erforderliche Erlaubnis (§ 10 Abs. 3 WaffG) in Besitz. Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger diese Munition unversperrt in einer Schachtel in einem Regal aufbewahrte. Damit verstieß er gegen die im Zeitpunkt der polizeilichen Durchsuchung geltende Regelung des § 13 Abs. 3 AWaffV i.d.F. vom 26. März 2008 (entspricht § 13 Abs. 2 Nr. 2 AWaffV in der seit dem 6.7.2017 geltenden Fassung vom 30.6.2017), wonach erlaubnispflichtige Munition (mindestens) in einem Stahlblechbehältnis ohne Klassifizierung mit Schwenkriegelschloss oder einer gleichwertigen Verschlussvorrichtung oder in einem gleichwertigen Behältnis aufzubewahren ist. Der Kläger hat damit durch sein konkretes Verhalten gezeigt, dass er das Vertrauen nicht verdient, das der Gesetzgeber in den durchschnittlichen Volljährigen setzt, bei dem er hinsichtlich des Erwerbs und Besitzes von erlaubnisfreien Waffen auf die (präventive) Überprüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit und Eignung verzichtet (vgl. BT-Drs. 14/7758 Begr. S. 76).
1.2 Soweit der Prozessvertreter des Antragstellers vorbringt, der Beschwerdegegner habe in seiner „knappen Bescheidsbegründung keine relevanten Ermessenserwägungen zum Besitz von erlaubnisfreien Waffen eingestellt“, begründet dies kein anderes Ergebnis. Insoweit entspricht das Vorbringen im Kern dem Vortrag im erstinstanziellen Verfahren. Hierzu hat bereits das Verwaltungsgericht darauf verwiesen, dass das Landratsamt das ihm zustehende Ermessen erkannt und zweckgerichtet sowie im Rahmen der Gesetze ausgeübt und dies ausführlich begründet habe (UA S. 17 f.). Damit setzt sich der Zulassungsantrag nicht auseinander.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
3. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG – unter Berücksichtigung der Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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