Verwaltungsrecht

Waffenrechtliche Unzuverlässigkeit wegen strafgerichtlicher Verurteilung

Aktenzeichen  24 CS 21.703

Datum:
1.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 9471
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a, § 41

 

Leitsatz

Die strafgerichtliche Verurteilung zu einer Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen wegen vorsätzlichen unerlaubten Führens einer Schusswaffe in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Besitz einer Schusswaffe rechtfertigt die im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a WaffG zur Begründung waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit anzustellende negative Prognose. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 9 S 21.127 2021-02-09 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragssteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500.- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14. Januar 2021, mit dem ihm der Besitz und Erwerb von erlaubnisfreien und erlaubnispflichtigen Waffen und Munition untersagt wurde.
Das Verwaltungsgericht hat seinen entsprechenden Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz mit Beschluss vom 9. Februar 2021 abgelehnt. Verschiedene Vorfälle, von denen zwei zu einer strafgerichtlichen Verurteilung des Antragstellers (Ableistung von 40 Sozialstunden bzw. Geldstrafe von 50 Tagessätzen) geführt hätten, zeigten, dass der Antragsteller sowohl zu Gewalttätigkeiten neige als auch sich vor allem im Straßenverkehr rücksichts- und verantwortungslos präsentiere. Er weise damit nicht jenes Maß an Rechtstreue auf, das von einem Waffenbesitzer erwartet werden müsse und es mangle ihm an der erforderlichen Zuverlässigkeit.
Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzziel weiter. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei die Anordnung des sofortigen Vollzugs des streitgegenständlichen Bescheids nicht ausreichend begründet worden. Auch habe das Gericht nach summarischer Prüfung zu Unrecht angenommen, dass sich der Bescheid voraussichtlich als rechtmäßig erweisen werde und sei fehlerhaft davon ausgegangen, der Antragsgegner habe von seinem Ermessen in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht. Und schließlich sei im Rahmen der Interessenabwägung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt worden. Einen Antrag hat er nicht gestellt.
Der Antragsgegner – Landesanwaltschaft Bayern – hat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen
und verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und den vorgelegten Verwaltungsakt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die im Beschwerdeverfahren fristgerecht dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt, rechtfertigen die ersichtlich sinngemäß begehrte Abänderung der angefochtenen Entscheidung nicht. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes davon ausgegangen, dass der Antragsteller aufgrund verschiedener Vorkommnisse, von denen zwei zu einer strafgerichtlichen Verurteilung geführt haben, im waffenrechtlichen Sinne unzuverlässig ist, dass sich der angefochtene Bescheid aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen wird und eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO nicht in Betracht kommt. Der Senat nimmt deshalb zunächst Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Beschlusses und sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Lediglich ergänzend bleibt im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen zu bemerken:
Die Ansicht des Antragstellers, aus der Begründung des angefochtenen Bescheids gehe nicht nachvollziehbar hervor, weshalb im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts der Vorrang vor seinem „Aufschubinteresse“ eingeräumt wurde, teilt der erkennende Senat nicht. Insbesondere trifft es nicht zu, dass der Antragsgegner, wie der Antragsteller indes vorträgt, „lediglich den Gesetzeswortlaut und die Voraussetzungen der Anordnung der sofortigen Vollziehung wiedergegeben“, eine Auseinandersetzung mit den Umständen des Einzelfalls jedoch habe vermissen lassen. Vielmehr hat der Antragsgegner ausdrücklich festgestellt, es könne im Fall des Antragstellers, der zu Gewalttätigkeiten neige, sich vor allem im Straßenverkehr rücksichts- und verantwortungslos präsentiere und dem im Umgang mit Schusswaffen und Munition die erforderliche Verantwortung und das notwendige Verständnis um deren Gefährlichkeit fehle, nicht hingenommen werden, dass er bis zu einer unanfechtbaren Entscheidung über einen eventuellen Rechtsbehelf weiterhin das Recht besitze, erlaubnisfreie bzw. erlaubnispflichtige Waffen und Munition zu erwerben bzw. zu besitzen und dadurch die öffentliche Sicherheit erheblich zu gefährden. Insoweit hat das Verwaltungsgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise darauf hingewiesen (BA S. 8), der Antragsgegner habe sich vorliegend zwar knapp, aber ausreichend mit den Umständen des Einzelfalls auseinandergesetzt und dabei dem besonderen öffentlichen Interesse am sofortigen Wirksamwerden des Bescheids (zutreffend) den Vorrang eingeräumt. Aus diesen Ausführungen erhellt zugleich, dass die vorgenommene Interessenabwägung – entgegen der Auffassung des Antragstellers – nicht einseitig seinen Lasten ausgefallen ist; eine angeblich damit einhergehende „unmittelbare Beeinträchtigung seiner Rechte und Stigmatisierung“ hat er – ungeachtet des Einwands, dies sei für ihn unzumutbar – hinzunehmen.
Soweit der Antragsteller unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens geltend macht, der angefochtene Bescheid des Antragsgegners werde sich als rechtswidrig erweisen, weil die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2. a) WaffG in seinem Fall nicht erfüllt seien und insbesondere sein Verhalten nicht die negative Prognose rechtfertige, er werde Waffen oder Munition künftig missbräuchlich oder leichtfertig verwenden, verhilft dies seiner Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg. Mit dem Verwaltungsgericht geht auch der erkennende Senat davon aus, dass schon die einschlägigen Feststellungen des Strafgerichts (Amtsgericht E.) im Urteil vom 29. September 2020, mit dem gegen den Antragsteller wegen vorsätzlichen unerlaubten Führens einer Schusswaffe in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Besitz einer Schusswaffe eine Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen verhängt wurde, eine solche negative Prognose erlauben.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsgegner das ihm zustehende Ermessen nicht oder nicht ausreichend erkannt oder gebraucht hätte. Nach § 41 Abs. 1, Abs. 2 WaffG kann die zuständige Behörde jemandem den Besitz von (erlaubnisfreien bzw. erlaubnispflichtigen) Waffen oder Munition und den Erwerb solcher Waffen oder Munition untersagen, soweit es zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit oder zur Kontrolle des Umgangs mit diesen Gegenständen geboten ist. Mit dem Antragsgegner und dem Verwaltungsgericht ist auch der erkennende Senat der Auffassung, dass der Antragsteller durch sein auffälliges Verhalten hinreichenden Anlass geboten hat, anzunehmen, dass von seinem Umgang mit Waffen eine Gefahr für die Sicherheit der Allgemeinheit ausgeht. Im Übrigen trifft es nicht zu, dass der Antragsgegner, wie der Antragsteller außerdem geltend macht, „alternative mildere Maßnahmen ungeprüft belassen“ habe. Der Antragsgegner hat vielmehr an den Antragsteller gewandt festgestellt, „ein geringerer Eingriff in Ihr Persönlichkeitsrecht zur Vermeidung der von Ihrem Verhalten im Umgang mit Waffen ausgehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht geeignet und ausreichend, um diese Gefahr zu verhüten“. Dass das Verwaltungsgericht diese Aussage als zwar ebenfalls knapp, aber hinsichtlich des zu betätigenden Ermessens des Antragsgegners für ausreichend erachtet hat, ist aus zulassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG unter Berücksichtigung von Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom 18. Juli 2013 (abgedruckt bei Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, Anhang) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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