Verwaltungsrecht

Wasserrechtliche Erlaubnis zur Gewässerbenutzung für Triebwerksanlage und Anordnung einer Fischaufstiegshilfe

Aktenzeichen  8 ZB 16.1851

Datum:
5.9.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 27358
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WHG § 10 Abs. 1, § 12 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 2 Nr. 2 lit. d, § 34 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Im Rahmen einer gehobenen wasserrechtlichen Erlaubnis zur Gewässerbenutzung für eine Triebwerksanlange setzt die im Einzelfall erteilte Anordnung der Errichtung einer Fischaufstiegshilfe die spezifische, auf den §§ 12 Abs. 1 Nr. 1, 3 Nr. 10 Alt. 2 WHG i.V.m. § 34 Abs. 1 WHG beruhende Anforderung der Gewässerdurchgängigkeit bei Stauanlagen um. Die Anforderungen des § 34 Abs. 1 WHG an die Durchgängigkeit oberirdischer Gewässer sind zwingende Mindestvoraussetzungen für die Erteilung einer wasserrechtlichen Benutzungszulassung zur Errichtung oder wesentlichen Änderungen.     (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Sie können deshalb nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit, insbesondere nicht auf Grund wirtschaftlicher Belange wie etwa der Rentabilität der Anlage oder Unwirtschaftlichkeit des Unternehmens reduziert werden. Die Wasserrechtsbehörde muss ihre im Rahmen des Bewirtschaftungsermessens getroffenen Entscheidungen nicht danach ausrichten, dass mit der beantragten Gewässerbenutzung in jedem Fall ein angemessener Gewinn erzielt werden kann. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 9 K 15.152 2016-07-06 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt die Änderung bestimmter Vorgaben zur ökologischen Verbesserung eines Gewässers, die Teil einer ihm erteilten gehobenen wasserrechtlichen Erlaubnis zur Gewässerbenutzung sind.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. … der Gemarkung G., das im östlichen Bereich mit einem Wohngebäude bebaut und im westlichen Teil an die T., einem Gewässer zweiter Ordnung, angrenzt. Der Hauptlauf der T. verläuft dort aus südwestlicher Richtung kommend nach Norden. Etwa 250 m südöstlich des Grundstücks wird die T. am dort befindlichen T.wehr auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung G. in den Altarm und den M.bach geteilt, welcher in nordöstlicher Richtung abließt, einen Bogen beschreibt und sodann von Süden auf das Grundstück zuströmt. Unmittelbar südlich des klägerischen Grundstücks wird der M.bach mithilfe eines Wehrs in zwei Läufe geteilt, von denen der westliche als Überlaufschutz am Grundstück vorbei zurück in die T. mündet und der östliche durch das klägerische Grundstück geleitet wird, um eine dort befindliche Triebwerksanlage anzuspülen und dann ebenfalls zurück in die T. zu fließen.
Bereits seit dem 15. Jahrhundert befindet sich auf dem klägerischen Grundstück eine Mühle, für die 1969 ein wasserrechtliches Altrecht eingetragen wurde. Der Kläger baute im Jahr 1992 anstelle des vorhandenen hölzernen, unterschlächtigen Z. Wasserrads eine sogenannte Francis-Turbine zum Zwecke der Stromerzeugung ein. Hierfür war ihm mit Bescheid des Landratsamts A. vom 17. September 1992 eine bis zum 31. Dezember 2012 befristete gehobene Erlaubnis zur Benutzung der T. erteilt worden. In Ziffern 1.3.2 und 1.3.3 des Bescheids war insbesondere geregelt, dass die Restwasserführung der T. im Bereich der Ausleitungsstrecke (der Altarm der T. unterhalb des T.wehrs) stets mindestens 30 l/s betragen müsse. Am 29. Juli 2013 beantragte der Kläger die Verlängerung bzw. Neuerteilung der gehobenen Erlaubnis für seine Wasserkraftanlage. Die bestehenden baulichen Anlagen sollten dabei unverändert bleiben.
Mit Bescheid vom 30. Dezember 2014 erteilte das Landratsamt A. dem Kläger eine bis zum 31. Dezember 2034 befristete gehobene Erlaubnis nach § 10 Abs. 1 und § 15 WHG zur Benutzung der T., d.h. zum Aufstauen der T., zum Ausleiten von Wasser aus der T. für den Anlagenbetrieb und zum Wiedereinleiten des ausgeleiteten Wassers in die T. unterhalb des Triebwerkes. Unter der Überschrift „Ziffer 2.1 Umsetzung ökologischer Verbesserungsmaßnahmen“ wurde in Ziffer 2.1.1 des Bescheids (Ökologische Durchgängigkeit am T.wehr) die Errichtung einer Fischaufstiegshilfe bzw. Fischaufstiegsanlage gefordert, wobei zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit bei der Planung der Anlage u.a. folgende Vorgaben zu berücksichtigen waren: die Fließgewässerzone: Äschenregion, die Leitfischarten: Nase, Äsche, Bachforelle und Mühlkoppe sowie die Mindestdotation: 100 l/s. Ziffer 2.1.2 (Mindestwasserführung im Altbach) schrieb geeignete Vorkehrungen zur Gewährleistung eines ständigen Mindestwasserabfluss in die Restwasserstrecke der T. (Altbach) von mindestens 100 l/s vor, beispielsweise mittels der Herstellung einer Öffnung an der Fegschütze mit definiertem Durchmesser. Weiter wurde bestimmt, dass die Abflussöffnung bzw. anderweitig freigegebene Lösungen mindestens einmal wöchentlich auf ihre Funktionsfähigkeit zu kontrollieren und erforderlichenfalls zu reinigen seien. In Ziffer 2.1.3 war zum „Schutz der Fischpopulation“ der bestehende Einlaufrechen (mit einer lichten Stabweite von 25 mm) zu ersetzen durch einen Fischschonrechen mit einer maximalen lichten Stabweite von 15 mm. Die Anströmungsgeschwindigkeit wurde auf maximal 0,5 m/s festgesetzt.
Hiergegen hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Ansbach Klage zunächst mit dem Ziel erhoben, den Bescheid, hilfsweise die Inhalts- und Nebenbestimmungen gemäß Ziff. 2.1. aufzuheben. Aufgrund eines richterlichen Hinweises des Verwaltungsgerichts hat der Kläger seinen Klageantrag geändert und beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids zu verpflichten, die gehobene wasserrechtliche Erlaubnis mit der Maßgabe zu erteilen, dass die Auflage Ziffer 2.1.1 entfällt, die Auflage Ziffer 2.1.2 auf 45 l/s reduziert wird und die Auflage Ziffer 2.1.3 auf 18 mm Stabweite festgesetzt wird. Mit Urteil vom 6. Juli 2016 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Es vertrat die Auffassung, dass der Kläger weder einen Anspruch auf Erlass der begehrten gehobenen wasserrechtlichen Erlaubnis mit der Maßgabe habe, dass die Auflage Ziffer 2.1.1 entfällt, die Auflage Ziffer 2.1.1 auf 45 l/s reduziert und die Auflage Ziffer 2.1.3 eine Stabbreite von 18 mm festsetzt, noch einen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten zur Neuverbescheidung.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von dem Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (vgl. § 124 Abs. 2 VwGO, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16; B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36). Sie sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B.v. 16.1.2017 – 2 BvR 2615/14 – IÖD 2017, 52 = juris Rn. 19; B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77/83). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548 = juris 8 ZB 16.1806 – juris Rn. 9 m.w.N.). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 19.3.2013 – 20 ZB 12.1881 – juris Rn. 2; B.v. 15.12.2017 – 8 ZB 16.1806 – juris Rn. 9).
Nach diesem Maßstab bestehen vorliegend keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei den angegriffenen Regelungen im Bescheid vom 30. Dezember 2014 um reine Inhaltsbestimmungen handelt, die mit der Verpflichtungsklage anzugreifen waren, oder ob diese als Nebenbestimmungen im Sinn des Art. 36 BayVwVfG zu qualifizieren sind, sodass die Anfechtungsklage statthaft ist (BVerwG, U.v. 22.11.2000 – 11 C 2.00 – BVerwGE 112, 221 = juris Rn. 25 m.w.N.) und der Klageantrag nach § 88 VwGO entsprechend seiner ursprünglichen Formulierungen auszulegen ist. Die Regelungen in den Ziffern 2.1.1 bis 2.1.3 sind jedenfalls rechtmäßig, sodass dem Kläger insoweit auch kein Anspruch auf die begehrte inhaltliche Änderung zusteht. Das insoweit allein maßgebliche Vorbringen des Klägers im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 BauGB) ist nicht geeignet, diese Beurteilung ernstlich infrage zu stellen.
Die angegriffene gehobene Erlaubnis findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 8, 10 bis 13 und 15 WHG. Die allein streitigen und im Bescheid unter Ziffer 2.1 festgesetzten ökologischen Verbesserungsmaßnahmen stützen sich auf § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d WHG, wonach die zuständige Behörde durch Inhalts- und Nebenbestimmungen insbesondere Maßnahmen anordnen kann, die zum Ausgleich einer auf die Benutzung zurückzuführenden nachteiligen Veränderung der Gewässereigenschaften erforderlich sind.
a) Zu Recht ist das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Forderung in Ziffer 2.1.1 des Bescheids, eine Fischaufstiegshilfe zu errichten, im Einzelfall angemessen ist und trotz der wirtschaftlichen bzw. finanziellen Einwände des Klägers gestellt werden durfte (vgl. UA S. 23). Die Fischaufstiegshilfe setzt die spezifische, auf den §§ 12 Abs. 1 Nr. 1, 3 Nr. 10 Alt. 2 WHG i.V.m. § 34 Abs. 1 WHG beruhende Anforderung der Gewässerdurchgängigkeit um. § 34 Abs. 1 WHG bestimmt für die Errichtung und den Betrieb von Stauanlagen, dass diese nur zugelassen werden dürfen, wenn durch geeignete Einrichtungen und Betriebsweisen die Durchgängigkeit des Gewässers erhalten oder wiederhergestellt wird, soweit dies erforderlich ist, um die Bewirtschaftungsziele nach Maßgabe der §§ 27 bis 31 WHG zu erreichen. Die Anforderungen des § 34 Abs. 1 WHG an die Durchgängigkeit oberirdischer Gewässer sind als zwingende Mindestvoraussetzungen für die Erteilung einer wasserrechtlichen Benutzungszulassung zur Errichtung oder wesentlichen Änderungen ausgestaltet. Sie können deshalb nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit, insbesondere nicht auf Grund wirtschaftlicher Belange wie etwa der Rentabilität der Anlage oder Unwirtschaftlichkeit des Unternehmens reduziert werden (vgl. BayVGH, B.v. 7.10.2004 – 22 B 03.3228 – BayVBl 2005, 339 = juris Rn. 37; Ell in Drost, Das neue Wasserrecht in Bayern, Stand März 2019, § 34 WHG Rn. 48). Die Wasserrechtsbehörde muss ihre im Rahmen des Bewirtschaftungsermessens getroffenen Entscheidungen nicht danach ausrichten, dass mit der beantragten Gewässerbenutzung in jedem Fall ein angemessener Gewinn erzielt werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 7.10.2004 a.a.O.). Werden die Anforderungen nach § 34 Abs. 1 WHG nicht erfüllt, hat die Wasserrechtsbehörde die Zulassung zu versagen. Es besteht auf der Ebene der Rechtsfolge kein Raum für wirtschaftliche Überlegungen und eine Abwägung zwischen dem Aufwand und den Kosten für Maßnahmen der Durchgängigkeit (vgl. Ell in Drost, Das neue Wasserrecht in Bayern, § 34 WHG Rn. 48, 50).
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass durch die Inhalts- und Nebenbestimmungen im streitgegenständlichen Bescheid in seinen seit Jahrzehnten bestehenden Betrieb eingegriffen werde, welcher seiner Ansicht nach dem Bestandsschutz unterliege. Es gibt keinen eigentums- oder wasserrechtlichen Bestandsschutz für den Gewässerbenutzer (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2019, § 14 Rn. 34). An öffentlich-rechtlichen Genehmigungen besteht grundsätzlich kein Eigentum und damit auch kein eigentumsrechtlicher Bestandsanspruch gegenüber öffentlich-rechtlichen Genehmigungen, aufgrund derer der Betrieb aufgenommen und ausgeübt wird (vgl. BayVGH, U.v. 12.7.2018 – 8 N 16.2439 – juris Rn. 43 m.w.N.). Mit dem Ablauf der bis zum 31. Dezember 2012 befristeten gehobenen Erlaubnis zur Benutzung der T. ist das Recht des Klägers zur Gewässerbenutzung erloschen. Eine nach Ablauf der Befristung erteilte Erlaubnis ist stets eine Neuerteilung und nicht nur eine Verlängerung der alten Gestattung, wobei die Wasserrechtsbehörde in keiner Weise an ihre frühere Entscheidung gebunden ist, sondern eine völlige Neubewertung vornehmen kann (vgl. BayVGH, B.v. 7.10.2004 – 22 B 03.3228 – BayVBl 2005, 339 = juris Rn. 38; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 14 Rn. 33). Der neue Antrag muss insbesondere abgelehnt werden, wenn Versagungsgründe nach § 12 WHG entgegenstehen. Darin liegt auch unter dem Gesichtspunkt des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes, sofern dieses Recht dem Schutzbereich der Eigentumsgarantie zugeordnet wird, keine Enteignung, weil sich der Unternehmer auf das Auslaufen des Benutzungsrechts einstellen und so einrichten musste, dass sich seine Investitionen bis zum Ablauf der Frist amortisiert haben (vgl. Czychowski/ Reinhardt, a.a.O. Rn. 34 m.w.N.). Der Eigentumsschutz greift nicht, wo sich durch hoheitliche Maßnahmen lediglich bloße Erwerbsmöglichkeiten, Gewinnaussichten, Chancen oder Hoffnungen des Gewerbetreibenden zerschlagen, ohne dass sich solche Zukunftserwartungen schon zu Vermögensbestandteilen verdichtet haben (BGH, U.v. 14.3.1996 – III ZR224/94 – JZ 1996, 1122 = juris Rn. 18; BVerwG, U.v. 10.7.2012 – 7 A 11.11 – BVerwGE 143, 249 = juris Rn. 74; B.v. 5.3.2019 – 7 B 3/18 – juris Rn. 25; BVerfG, B.v. 10.6.2009 – 1 BvR 198/08 – BayVBl 2009, 690 = juris Rn. 22; BayVGH, U.v. 25.5.1976 – 192 VIII 72 – juris Rn. 66; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 177). Die Behörde ist allein im Rahmen der Ermessensausübung der „Nachfolgeentscheidung“ gehalten, jedenfalls das Interesse des Unternehmers an der weiteren Nutzung der geschaffenen Anlage zu berücksichtigen, also in die Abwägung einzubeziehen (vgl. Czychowski/ Reinhardt, WHG, § 14 Rn. 34 m.w.N.; Niesen in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 35 Rn. 27). Diesem Erfordernis ist die Erlaubnisbehörde nachgekommen (vgl. S. 12, 13 des angegriffenen Bescheids), indem sie sowohl die 2011 getätigten Investitionen des Klägers und sein Interesse an einer möglichst gewinnbringenden Gewässerbenutzung in ihren Erwägungen berücksichtigt hat als auch unter dem Gesichtspunkt des anlagenbezogenen Bestandsschutzes bzw. des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs festgestellt hat, dass sich seit Erteilung der letzten Zulassung zweifellos neue wasserwirtschaftliche Erkenntnisse und wasserrechtliche Erfordernisse hinsichtlich der Durchgängigkeit von Fließgewässern ergeben haben, wobei insbesondere die aktuellen rechtlichen Anforderungen die vorliegend eventuell einschlägigen Grundrechte in zulässiger Weise beschränken und konkretisieren.
Die vom Kläger zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Bayreuth (U.v. 13.12.2012 – B 2 K 11.687 – juris) führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Zum einen handelt es sich in der vorliegenden Fallkonstellation nicht wie in der angeführten Entscheidung um eine nachträgliche Anordnung in Bezug auf ein Altrecht, sondern um eine Nebenbestimmung zu einem neu zu erteilenden Verwaltungsakt. Zum anderen hat sich, wie bereits ausgeführt, die Behörde erkennbar mit der wirtschaftlichen Belastung und insofern mit der Verhältnismäßigkeit ihrer Maßnahme auseinandergesetzt.
b) Das Erstgericht hat die in Ziffer 2.1.2 des Bescheids festgelegte Mindestwasserführung von 100 l/s als rechtmäßig angesehen. Der Zulassungsantrag kann nicht mit Erfolg geltend machen, dass diese Beurteilung rechtsfehlerhaft sei. Die festgelegte Mindestwasserführung beruht auf § 33 WHG. Danach ist das Aufstauen eines oberirdischen Gewässers nur zulässig, wenn die Abflussmenge erhalten bleibt, die für das Gewässer und andere hiermit verbundene Gewässer erforderlich ist, um den Zielen des § 6 Abs. 1 und der §§ 27 bis 31 WHG zu entsprechen. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Mindestrestwassermenge mit 100 l/s nicht zu hoch angesetzt ist. Zutreffend hat das Erstgericht ausgeführt, dass für den Fall, dass bei Einhaltung der Mindestanforderungen zur Restwassermenge die Rentabilität der Anlage entfällt, Verhältnismäßigkeitserwägungen nicht zu einer weiteren Absenken führen können, sondern lediglich zu ihrer kompletten Versagung. Bei der Ermittlung der erforderlichen Mindestwasserführung im Hinblick auf die zwingenden Bewirtschaftungsziele mit dem Verschlechterungsverbot und dem Entwicklungsgebot, einen guten Zustand zu erreichen, besteht für wirtschaftliche Überlegungen kein Raum (vgl. Ell in Drost, Das neue Wasserrecht in Bayern, Stand März 2019, § 33 WHG Rn. 21).
Gegen die schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Erstgerichts zu den Gründen, aus denen der bayerische Restwasserleitfaden aus dem Jahr 1999 für die Ermittlung der notwendigen Restwasserabgabe nicht mehr uneingeschränkt anwendbar ist (vgl. UA S. 25 f.), hat der Kläger keine substanziierten Einwände erhoben, die geeignet wären, die vom Landratsamt und vom Wasserwirtschaftsamt anstelle des Leitfadens angelegten Maßstäbe in Zweifel zu ziehen. Das vom Kläger in diesem Zusammenhang zitierte Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 25. November 2002 (RN 13 K 02.739) bezieht sich auf einen Bescheid aus dem Jahr 2001, also einem Zeitpunkt, in dem der bayerische Restwasserleitfaden 1999 grundsätzlich als Arbeitsanleitung aufgrund seiner damals noch aktuellen Erkenntnisse herangezogen werden konnte. In Bezug auf den streitgegenständlichen Bescheid aus dem Jahr 2014 waren von der zuständigen Behörde jedoch die Bewirtschaftungsziele der EG-Wasserrahmenrichtlinie und die Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes zu beachten. Daher wird der bayerische Restwasserleitfaden 1999 seit einigen Jahren nicht mehr uneingeschränkt angewendet (vgl. Antwort des StMUV vom 10.12.2014, LT-Drs. 17/4802, S. 2). Im Übrigen kann der bayerische Restwasserleitfaden nur die Methodik der Ermittlung der erforderlichen Mindestwasserführung vorgeben (vgl. Ell in Drost, Das neue Wasserrecht in Bayern, § 33 WHG Rn. 25). Die jeweils im Einzelfall zu bestimmende Mindestwasserführung muss anhand der konkreten örtlichen Situation, insbesondere unter Berücksichtigung der hydrologischen Gegebenheiten vor Ort und den ökologischen Erfordernissen, erfolgen und kann nicht pauschal festgelegt werden (vgl. Nr. 2.2.11 der Verwaltungsvorschrift zum Vollzug des Wasserrechts vom 27.1.2014).
Der weiter behauptete Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ist vom Kläger nicht ausreichend begründet worden. Hierfür reicht der bloße Verweis auf zahlreiche Gespräche mit anderen Triebwerksbetreibern, bei deren Zulassungsverfahren der Bayerische Restwasserleitfaden Anwendung gefunden habe, nicht aus. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht zu diesem Aspekt richtigerweise ausgeführt, dass eine Ungleichbehandlung nicht festzustellen sei, da es in der näheren Umgebung seit Jahren keine neuen Erlaubnisverfahren gegeben habe und es sich bei den vom Kläger angeführten Wasserkraftanlagen um solche handele, bei denen noch keine Überprüfung auf der Grundlage des aktuellen Erkenntnisstandes stattgefunden habe (vgl. UA S. 25).
c) Soweit der Kläger geltend macht, das Verwaltungsgericht habe die Frage der Leitfischart (Nasen- und Äschenregion) nicht richtig beantwortet, da das von ihm vorgelegte Privatgutachten die diesbezüglichen Behauptungen des Beklagten entkräfte, richtet er sich gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts.
Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Das Gericht ist im Grundsatz nicht an bestimmte Beweisregeln gebunden. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Beweiswürdigung, der dem Gericht einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht allerdings nicht gänzlich frei. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d.h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätten aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet. Wegen einer fehlerhaften Beweiswürdigung ist der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO folglich nur dann gegeben, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung jedoch nicht (vgl. BVerwG, B.v. 26.9.2016 – 5 B 3.16 D – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 21.1.2013 – 8 ZB 11.2030 – ZfW 2013, 176 = juris Rn. 17 m.w.N.; B.v. 6.10.2014 – 22 ZB 14.1079 u.a. – NuR 2014, 879 = juris Rn. 21). Solche zur Zulassung der Berufung führende Mängel der Beweiswürdigung lassen sich dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen.
Das Erstgericht hat nachvollziehbar dargelegt, warum die Kammer keinen Zweifel daran hatte, dass die auf Empfehlung des Wasserwirtschaftsamts sowie der Fachberatung für Fischereiwesen des Bezirks Mittelfranken erfolgte Einstufung als Äschenregion richtig sei (vgl. UA S. 27 f.). Der Kläger hat diese Aussage nicht ernsthaft erschüttert, indem er schlüssig aufgezeigt hätte, warum diese Einstufung der Fließgewässerzone als nicht vertretbar anzusehen wäre. Die Aussagen des Wasserwirtschaftsamts wurden auch nicht durch das vom Kläger vorgelegte Privatgutachten (Stellungnahme zu den fisch- und gewässerökologischen Rahmenbedingungen an der D.mühle vom 5.11.2015) infrage gestellt. Das Verwaltungsgericht hat sich eingehend mit diesem auseinander gesetzt und erläutert, warum dieses Gutachten die Einschätzung als Äschenregion nicht erschüttern könne. Es ist in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs anerkannt, dass amtlichen Auskünften und Gutachten des Wasserwirtschaftsamts als kraft Gesetzes eingerichteter Fachbehörde (Art. 63 Abs. 3 Satz 1 BayWG) eine besondere Bedeutung zukommt (vgl. z.B. B.v. 5.3.2018 – 8 ZB 17.867 – juris Rn. 22; B.v. 9.5.2017 – 22 ZB 17.152 – juris Rn. 10; B.v. 2.5.2011 – 8 ZB 10.2312 – BayVBl 2012, 47 = juris Rn. 11). Nachdem solche fachbehördlichen Auskünfte auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen, haben sie grundsätzlich ein wesentlich größeres Gewicht als Expertisen privater Fachinstitute (vgl. BayVGH B.v. 2.5.2011 – 8 ZB 10.2312 – BayVBl 2012, 47 = juris Rn. 11). Der Kläger hat nicht qualifiziert vorgetragen, warum sich dem Gericht der Eindruck aufdrängen müsste, dass die gutachterliche Äußerung des Wasserwirtschaftsamts tatsächlich oder rechtlich unvollständig, widersprüchlich oder aus anderen Gründen fehlerhaft ist (vgl. BayVGH, B.v. 23.2.2016 – 8 CS 15.1096 – BayVBl 2016, 677 = juris Rn. 36; B.v. 2.5.2011 – 8 ZB 10.2312 – BayVBl 2012, 47 = juris Rn. 11).
d) Gleiches gilt für den vom Kläger gerügten Einbau eines Fischschonrechens mit einer maximalen Stabweite von 15 mm. Der bloße pauschale Verweis, das private Gutachten bestätige das Vorliegen einer Forellenregion, sowie die Behauptung, Nasen und Äschen benötigten einen dichteren Rechenabstand als Forellen, entspricht
wegen der insoweit fehlenden Auseinandersetzung mit dem Ersturteil schon nicht den Anforderungen des Darlegungsgebots nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 59).
Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der vom Kläger zitierten Entscheidung des Senats (B.v. 23.2.2016 – 8 CS 15.1096 – BayVBl 2016, 677 = juris Rn. 25), in welcher der Fischschutz beim Fischabstieg durch einen Rundbogenrechen mit Stababständen von 20 mm als grundsätzlich geeignet eingeschätzt wurde. Eine Vergleichbarkeit mit dem zu entscheidenden Fall ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht erkennbar. Die Frage, welche Maßnahmen jeweils als geeignet anzusehen sind, ist im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung unter Würdigung aller gewässerbezogenen und anlagenbezogenen Faktoren zu beantworten. So weist bereits jede Wasserkraftanlage, insbesondere jeder Turbinentyp unterschiedliche Gefahren und Schäden für Fische auf (vgl. Ell in Drost, Das neue Wasserrecht in Bayern, § 35 WHG Rn. 35). Daher kann der Kläger seine ernstlichen Zweifel auch nicht mit einem bloßen Hinweis auf den Grundsatz der Gleichbehandlung begründen, zumal die von ihm aufgezählten Kraftwerke mit weiteren Rechenabständen schon von ihrer Größe und Leistung nicht mit der klägerischen Wasserkraftanlage vergleichbar sind.
e) Der pauschale Vorwurf des Klägers, der Beklagte sei bei der Verbescheidung in keiner Weise dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nachgekommen, genügt ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Der bloße Hinweis auf drei allgemein gehaltene Punkte in dem vom Kläger in diesem Zusammenhang vorgelegten Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz vom 25. Juni 2007, welches sich auf ein Eckpunktepapier zur nachhaltigen Wasserkraftnutzung an staatlichen Gewässern in Bayern bezieht, reicht dafür nicht aus. Im Übrigen hat sich – wie oben bereits ausgeführt – die Behörde erkennbar mit der Verhältnismäßigkeit ihrer Maßnahme auseinandergesetzt.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 20; B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – juris Rn. 33; BVerwG, B.v. 4.8.2017 – 6 B 34.17 – juris Rn. 3). Die grundsätzliche Bedeutung ist zu verneinen, wenn sich eine Rechtsfrage ohne weiteres aus der Anwendung anerkannter Auslegungsmethoden beantworten lässt (vgl. BVerfG, B.v. 29.7.2010 – 1 BvR 1634/04 – NVwZ 2010, 1482 = juris Rn. 62).
Der Kläger hat bereits keine Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert, deren grundsätzliche Bedeutung geklärt werden könnte. Allein der Hinweis, dass der Fall des Klägers kein Einzelfall sei und weitere Genehmigungsverfahren an der T. bei anderen Triebwerksbetreibern anstünden, reicht für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nicht aus. Zudem lassen sich die als grundsätzlich bedeutend angeführten Aspekte der Anwendbarkeit des Bayerischen Restwasserleitfadens und der Forderung nach einem Rechenabstand von 15 mm sowie die ausreichende Berücksichtigung der finanziellen Belastung des Klägers durch die geforderte Fischaufstiegshilfe mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedürfte (vgl. oben unter 1.).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG und folgt der Streitwertfestsetzung der ersten Instanz, gegen die keine Einwände erhoben wurden.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
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