Verwaltungsrecht

Wegfall der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit – „Reichsbürgerbewegung“

Aktenzeichen  24 ZB 20.1495

Datum:
8.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 41426
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 45 Abs. 2
BJagdG § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 18 S. 1

 

Leitsatz

1. Personen, die der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, besitzen nicht die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit. Eine mit der Angabe „Bundesland Bayern“ vergleichbare Angabe bei Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises („Königreich Bayern“) ohne plausible Erklärung rechtfertigt den Schluss, dass der Betroffene die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnet und damit die freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnt. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Beim Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis kommt es entscheidungserheblich auf den Zeitpunkt des Bescheiderlasses an. Nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage – hier: behauptete Distanzierung von der Reichsbürgerbewegung – sind ggf. im Verfahren auf Wiedererteilung geltend zu machen. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 7 K 18.527 2020-02-05 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 13.750,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarte (Nr. … vom …) sowie die Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins (Nr. … vom …) durch das Landratsamt R. (im Folgenden: Landratsamt).
Am 16. Juni 2016 stellte er beim Landratsamt unter Verwendung eines Formulars des Bundesverwaltungsamts einen Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit (Staatsangehörigkeitsausweis). Unter Nr. 1.6 gab er als Geburtsstaat „Bundesland Bayern“ an. Diese Angabe findet sich noch in den Nrn. 1.9 (Eheschließung), 1.11 (Wohnsitz), 4.3 (Staatsangehörigkeit) und 5.1 (Aufenthaltszeiten), sowie in den dem Antrag beigefügten Anlagen V „Vorfahren“ hinsichtlich seines Vaters und seines Großvaters.
Mit Schreiben vom 19. Juli 2016 fragten der Kläger und seine Ehefrau beim Landratsamt nach, weshalb der „gelbe Schein“ noch immer nicht zur Abholung bereitliege, da sie diesen dringendst für den Katasterauszug, den der Käufer aus dem Ausland verlange, benötigten. Es gehe um die Ableitung der Staatsangehörigkeit nach dem RuStAG 1913. Sollte es nicht möglich sein, die Staatsangehörigkeit daraus abzuleiten, werde darum gebeten, dies schriftlich mitzuteilen. Mit Schreiben vom 28. Juli 2016 teilte das Landratsamt dem Kläger mit, dass der beantragte Staatsangehörigkeitsausweis der Gemeinde zur Aushändigung übersandt worden sei. Die Ehefrau des Klägers holte den Staatsangehörigkeitsausweis am 3. August 2016 gegen Empfangsbestätigung ab. Mit Schreiben vom 28. August 2016 an das Landratsamt bedankten sich der Kläger und seine Ehefrau für die Ausstellung der Staatsangehörigkeitsausweise und baten um Übersendung von Kopien des Antrags F sowie um richtige Weiterleitung der Daten gemäß § 33 StAG an das Bundesverwaltungsamt und die Gemeinde. Mit Schreiben vom 16. September 2016 übermittelte das Landratsamt die entsprechenden Kopien und erläuterte, dass es keinen Anspruch auf Eintragung von Grund und Zeitpunkt des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit im ESTA-Register gebe. Daraufhin widersprach der Kläger mit Schreiben vom 24. September 2016 der Angabe im Staatsangehörigkeitsausweis er sei deutscher Staatsangehöriger, da „die Abstammung des Mannes … aus der Familie … zweifelsfrei nachgewiesen sei“, und verlangte die Korrektur des Staatsangehörigkeitsausweises und der ESTA-Registrierung.
Das Landratsamt hörte den Kläger mit Schreiben vom 16. November 2016 zur Frage der Zuverlässigkeit als Inhaber einer Waffenbesitzkarte und eines Jagdscheins an, da er unter dem Verdacht stehe, der sog. „Reichsbürgerbewegung“ anzugehören. Der Kläger teilte mit Schreiben vom 21. November 2016 mit, er gehöre dieser Bewegung nicht an. Den Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit habe er aufgrund einer Information im Internet gestellt. Nach Einholung juristischen Rats werde die Sache aber nicht mehr weiterverfolgt.
Aus dem vom Landratsamt eingeholten Ermittlungsbericht des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd – SG E 3 – Staatsschutz vom 4. Juli 2017 ergibt sich, dass beim Kläger nach polizeilicher Einschätzung eine Zugehörigkeit zur Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ bzw. Staatsleugnung oder Selbstverwaltung eindeutig erkennbar sei.
Mit Schreiben vom 14. August 2017 hörte das Landratsamt den Kläger zum geplanten Widerruf der Waffenbesitzkarte und Ungültigkeitserklärung und Einziehung des Jagdscheins an. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten in erster Instanz vom 1. September 2017 teilte der Kläger mit, er gehöre nicht der „Reichsbürgerbewegung“ an. Er sei besorgt über die Flüchtlingsproblematik und habe die Argumentation im Zusammenhang mit dem Antrag auf Ausstellung des Staatsangehörigkeitsausweises einer Darstellung im Internet entnommen. Bei einer Vorsprache im Landratsamt am 10. Oktober 2017 wurde dem Kläger erläutert, dass nach den Vorgaben der Staatsregierung strenge Maßstäbe anzulegen seien und nur bei einer nachdrücklichen und glaubhaften Distanzierung von der sog. „Reichsbürgerideologie“ von einem Widerruf abgesehen werden könne. Daraufhin führte der Kläger mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2017 aus, in einem Gespräch über die Flüchtlingsproblematik sei seiner Ehefrau angeraten worden, einen Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit zu stellen. Die Ehefrau sei im Vorfeld der Antragstellung Fehlinformationen zum Opfer gefallen. Es sei nicht vertretbar, alleine daraus zu unterstellen, dass der Kläger der „Reichsbürgerbewegung“ angehöre.
Mit Bescheid vom 18. Januar 2018 widerrief das Landratsamt unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. 2 des Bescheids) die Waffenbesitzkarte Nr. … (Nr. 1.1 des Bescheids), erklärte den Jagdschein Nr. … für ungültig (Nr. 1.2 des Bescheids), ordnete die Abgabe der Dokumente an (Nr. 1.3 des Bescheids) und traf verschiedene Regelungen hinsichtlich der Waffen und Munition (Nrn. 1.4 und 1.5 des Bescheids). Den Antrag des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid vom 18. Januar 2018 lehnte das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 20. Dezember 2018 ab (Az. M 7 S 18.536).
Die Klage gegen den Bescheid vom 18. Januar 2018 hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 5. Februar 2020 abgewiesen. Der Kläger sei zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses waffenrechtlich als unzuverlässig anzusehen, da Personen, die der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig seien oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht hätten, nicht die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen würden. Im konkreten Fall rechtfertigten die vorliegenden Tatsachen die Annahme, bzw. Prognose, dass der Kläger nicht über die erforderliche Zuverlässigkeit verfüge. Er habe durch sein Verhalten Tatsachen geschaffen, die die Annahme rechtfertigten, dass er der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehöre. Dass es sich um eine gefestigte innere Einstellung und nicht bloß um eine Art „Momentversagen“ oder ein unreflektiertes „Abschreiben“ von Ausfüllhilfen handele, ergebe sich aus den weiteren Schreiben und Äußerungen des Klägers. Seine Einlassungen würden nicht plausibel und nachvollziehbar erklären, wieso er trotz der von ihm selbst geschaffenen und nach außen getragenen Tatsachen kein Anhänger der „Reichsbürgerbewegung“ sei. Die Einlassungen seien wenig plausibel und erschienen verfahrenstaktisch motiviert, um einen Verlust seiner waffen- und jagdrechtlichen Erlaubnisse zu verhindern. Dass er sich nach seinen Angaben an geltende Gesetze halte, ändere daran nichts. Auch eine glaubhafte Distanzierung sei nicht festzustellen.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt. Der Kläger macht geltend, es bestünden ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien Zweifel an der Zuverlässigkeit im waffen- und jagdrechtlichen Sinn dann begründet, wenn der Betroffene einer gewaltaffinen organisierten Gruppe angehöre, deren prägendes Strukturelement die Bereitschaft sei, unter bestimmten Umständen Gewalt auszuüben und gewaltsame Angriffe gegen Außenstehende zum spezifischen Erscheinungsbild der Gruppe gehörten und der Betroffene auf Grund freiwillig eingegangener Bindungen und Loyalitätsbekundungen bei dieser Gruppe sei. Solche Umstände habe das Verwaltungsgericht nicht festgestellt. Manche der vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidungen seien nicht einschlägig und es handele sich auch nicht um Urteile, sondern um Beschlüsse in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Diese könnten so nicht übernommen werden. Das Verwaltungsgericht stelle keinen Bezug des Klägers zur Ideologie der „Reichsbürgerbewegung“ her und es sei nicht ersichtlich, welche Tatsachen der Kläger geschaffen haben solle, die auf seine Nähe zur „Reichsbürgerbewegung“ schließen ließen. Es handele sich allenfalls um Indizien. Der Kläger habe von Anfang an eingeräumt, dass manche Wendungen, die er in seinen Schreiben verwendet habe, ungeschickt gewesen seien. Sie seien weder strafbar noch ordnungswidrig noch sonst anstößig. Die Angabe „Bundesland Bayern“ als Gebiets- und Wohnsitzstaat sei nicht so abwegig. Im Kaiserreich und in der Weimarer Republik habe es nur eine bayerische Staatsangehörigkeit gegeben, die gleichzeitig die mittelbare Reichsangehörigkeit begründet habe. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof als auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hätten ausgesprochen, dass durch Art. 6 Bayerische Verfassung die bayerische Staatsangehörigkeit als Institution geschaffen worden und als solche auch nach Inkrafttreten des Grundgesetzes verblieben sei. Die Bayernpartei halte z.B. an der Forderung nach einer bayerischen Staatsangehörigkeit fest. Der Kläger habe damit auch nicht die deutsche Staatsangehörigkeit negiert, sondern lediglich als weitere Staatsangehörigkeit diejenige des „Bundeslandes Bayern“ angegeben. Es frage sich, wie jemand, der Bayern überhöhe, ein „Reichs“bürger sein solle. Die Wendung von der bayerischen Staatsbürgerschaft lasse sich ebenso wenig im Sinn einer Unzuverlässigkeit instrumentalisieren wie der Rekurs auf § 4 RuStAG vom 22. Juli 1913. Der Kläger habe bei seinem Antrag den Begriff „deutsche Staatsangehörigkeit“ unverändert gelassen, die er auch durch Geburt und durch Abstammung erworben habe. Es sei nicht anstößig, dass er stolz darauf sei, eine Generation zu repräsentieren, die seit 400 Jahren einen eigenen Stammhof mit Vieh- und Forstwirtschaft in den bayerischen Alpen betreibe. Er sei in dem Glauben gewesen, diese Jahrhunderte alte Bodenständigkeit werde durch eine auf dem RuStAG beruhende Urkunde angemessener repräsentiert als durch eine nach dem 1. Januar 2000 in Kraft getretene neue Staatsangehörigkeitsgesetz. Er erinnere sich an die Diskussionen um das neue Gesetz, das vor allem seitens der CSU u.a. mit der Begründung kritisiert worden sei, es „verwässere“ die deutsche Staatsangehörigkeit. Dass der Kläger auf Grund seiner genealogischen Biographie diese Kritik teile, sei nicht verwunderlich. Der Kläger als konservativer und staatstragender Mensch betrachte die auflösenden Tendenzen in Staat, Kirche und Gesellschaft mit Sorge. Die Flüchtlingskrise, die das Urteil des Verwaltungsgerichts in unangebrachter Weise herunterspiele, habe den Kläger in Angst versetzt. Da politisch nichts passiert sei, sei in den grenznahen Orten das Bedrohungsgefühl gewachsen und bei dem Kläger die Befürchtung, sein Erbhof werde zwecks Aufnahme von Migranten requiriert. In dieser Lage seien die Töne aus der reichsbürgerlichen Ecke auf fruchtbaren Boden gefallen, wobei der Kläger gar nicht gewusst habe, was „Reichsbürger“ seien. Es sei ein unvergorenes staatsrechtliches Gebräu entstanden, das der frühere Rechtsvertreter zutreffend als Unsinn bezeichnet habe. Dies habe der Kläger längst eingesehen. Er habe jedenfalls niemals die Staatlichkeit Deutschlands geleugnet, Deutschland nie als GmbH bezeichnet oder den Austritt aus der Gesellschaft erklärt. Er habe einmal von „Verwaltung der BRD“ gesprochen, selbstverständlich habe die BRD eine Verwaltung. Es seien daher keine Tatsachen erkennbar, die eine Unzuverlässigkeit des Klägers i.S.d. Waffen- und Jagdrechts begründen würden. Es gehe nicht nur um eine andere Gewichtung festgestellter Tatsachen, sondern darum, dass die Tatsachen so substanzarm seien, dass sie die Eingriffe in die klägerischen Rechtspositionen nicht tragen würden. Jedenfalls hätte es aber einer Auseinandersetzung mit den Umständen bedurft, die für die Zuverlässigkeit des Klägers sprechen würden, nämlich, dass er schon seit 28 Jahren Inhaber einer Waffenbesitzkarte und eines Jagdscheins sei und niemals ein Fehlgebrauch oder eine sonstige Pflichtverletzung festgestellt worden sei. Er sei Besitzer ausgedehnter Waldflächen, die er bewirtschaften und bejagen müsse, wie das schon seine Vorfahren getan hätten. Die Schreiben des Klägers seien auch nicht querulatorisch gewesen und es sei eine Unterstellung, dass der Kläger nur durch die Tätigkeit seines Rechtsbeistands von den damaligen Vorstellungen abgerückt sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegründung, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungsverfahren beschränkt (BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI-04 – VerfGHE 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 54), ergeben sich die geltend gemachten Berufungszulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 VwGO) nicht.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen (nur) vor, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453.12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 16; B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587.17 – DVBl 2019, 1400 Rn. 32 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
Nach § 45 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a des Waffengesetzes vom 11. Oktober 2002 (WaffG, BGBl I S. 3970), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl I S. 1328), ist eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die die Annahme rechtfertigen, dass Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden. In Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzlichen Regelungen und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, genügt eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit und ein Restrisiko muss nicht hingenommen werden (vgl. BayVGH, B.v. 22.12.2014 – 21 ZB 14.1512 – juris Rn.12; B.v. 4.12.2013 – 21 CS 13.1969 – juris Rn. 14; BVerwG, B.v. 10.7.2018 – 6 B 79.18 – NJW 2018, 2812 = juris Rn. 6; B.v. 12.10.1998 – 1 B 245.97 – Buchholz 402.5 WaffG Nr. 83 = juris Rn. 5; B.v. 31.1.2008 – 6 B 4.08 – juris Rn. 5). Die Rechtsgrundlage für die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins ergibt sich aus § 18 Satz 1, § 17 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Bundesjagdgesetz vom 29. September 1976 (BJagdG, BGBl I S. 2849), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl I S. 1328) i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Dabei handelt es sich um gebundene Entscheidungen, ein Ermessen bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit steht der Waffenbehörde nicht zu (vgl. BayVGH, B.v. 13.4.2021 – 24 B 20.2220 – juris Rn. 15). Nach ständiger Rechtsprechung des Senats besitzen Personen, die der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, nicht die erforderliche Zuverlässigkeit (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 12.10.2021 – 24 ZB 21.2041 – juris). Darüber hinaus geht auch das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass eine mit der Angabe „Bundesland Bayern“ vergleichbare Angabe bei Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises („Königreich Bayern“) ohne plausible Erklärung den Schluss rechtfertigt, dass der Betroffene die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnet und damit die freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnt (vgl. Pressemitteilung vom 2.12.2021 im Verfahren 2 A 7.21, abrufbar unter www.bverwg.de).
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben konnte der Kläger die Auffassung des Verwaltungsgerichts, im konkreten Fall rechtfertigten Tatsachen die Annahme, dass er nicht über die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verfüge, und der Bescheid vom 18. Januar 2018 in seiner zuletzt gültigen Fassung rechtmäßig sei, mit seinem Berufungszulassungsantrag nicht erschüttern. Das Verwaltungsgericht hat sich ausführlich damit auseinandergesetzt, dass der Kläger den Antrag auf Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises in „reichsbürgertypischer“ Art ausgefüllt habe und seine weiteren Schreiben und Äußerungen verdeutlichten, dass es sich nicht bloß um eine Art einmaliges „Momentversagen“ oder ein unreflektiertes „Abschreiben von Ausfüllhilfen“ aus dem Internet gehandelt habe. Das Verwaltungsgericht ist des Weiteren davon ausgegangen, dass auch die Einlassungen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren an der Einschätzung nichts zu ändern vermögen, da der Kläger nicht plausibel und nachvollziehbar habe erklären können, aus welchen Gründen er trotz der von ihm geschaffenen und nach außen getragenen Tatsachen kein Anhänger der „Reichsbürgerbewegung“ sei oder dass er sich zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses davon glaubhaft distanziert habe. Dem hat der Kläger nichts Substantielles entgegengesetzt.
Soweit der Kläger vorträgt, Zweifel an der waffen- und jagdrechtlichen Zuverlässigkeit könnten nur dann begründet sein, wenn der Betroffene einer gewaltaffinen organisierten Gruppe angehöre, trifft dies nicht zu. Die Aufzählung in § 5 Abs. 2 WaffG beinhaltet zahlreiche Tatbestände, die auch ohne Zugehörigkeit zu einer gewaltaffinen Gruppe in der Regel zur Unzuverlässigkeit führen. Dass nach der vom Kläger zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Juli 2018 (6 B 79.18 – NJW 2018, 2812) auch Zweifel an der Zuverlässigkeit bestehen, wenn der Betreffende einer gewaltaffinen Gruppe angehört, lässt nicht den Rückschluss zu, dass Zweifel an der Zuverlässigkeit nur in diesem Falle berechtigt wären.
Auch die Kritik des Klägers, das Verwaltungsgericht habe offengelassen, um welche Tatsachen es sich eigentlich handele, die die Annahme der Unzuverlässigkeit tragen würden, greift nicht durch. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend und im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. Presseerklärung des BVerwG v. 2.12.2012 a.a.O.) davon ausgegangen, dass das Ausfüllen eines Antrags auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises unter der Behauptung, die Staatsangehörigkeit des „Bundeslands Bayern“ zu besitzen, hinreichende Zweifel an der Zuverlässigkeit des Klägers hervorrufen und auch sein weiteres Verhalten diese Zweifel nicht zerstreuen konnte. Dass der Kläger dabei nicht von einer „Firma BRD“, sondern nur von „Verwaltung der BRD“ gesprochen hat, ändert nichts an der Tatsache, dass er mit der Art und Weise, wie er den Antrag auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises ausgefüllt hat und mit seinen weiteren Einlassungen, insbesondere in seinem Schreiben vom 24. September 2016, mit dem er der Angabe in dem Staatsangehörigkeitsausweis, er sei deutscher Staatsangehöriger, ausdrücklich widersprochen hat, zu verstehen gegeben hat, dass er die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnet.
Der Zulassungsantrag kann auch nicht deshalb erfolgreich sein, weil es in früherer Zeit eine bayerische Staatsangehörigkeit gab, es nach dem Vortrag des Klägers politische Bestrebungen gibt, diese wiedereinzuführen und an der Einführung des neuen Staatsangehörigkeitsgesetzes im Jahr 2000 politische Kritik geübt worden ist. Schon aus dem eigenen Vortrag des Klägers ergibt sich, dass derzeit eine bayerische Staatsangehörigkeit rechtlich nicht besteht. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass der Kläger die Angabe „Bundesland Bayern“ als Land der Staatsangehörigkeit weiterhin nicht für völlig abwegig hält.
Soweit der Kläger geltend macht, die in seinen Augen mangelhafte politische Bewältigung der „Flüchtlingskrise“ im Jahr 2015 habe dazu geführt, dass die Töne aus der reichbürgerlichen Ecke bei ihm auf fruchtbaren Boden gefallen seien und damit ein unvergorenes staatsrechtliches Gebräu entstanden sei, was er aber längst eingesehen habe und man entschuldigend hinzufügen müsse, dass ihm niemand habe erklären können, warum es ihm verübelt werde, wenn er von Deutschland in den Grenzen von 1937 spreche, wie er das seit Schulzeiten verinnerlicht habe, kann dies nicht zum Erfolg seines Berufungszulassungsantrags führen. Unabhängig davon, was der Kläger von seiner Schulzeit verinnerlicht hat, welche politische Einstellung ihn prägt und ob er die Flüchtlingspolitik im Jahr 2015 gutgeheißen hat oder nicht, konnte er weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsverfahren erklären, aus welchen konkreten Gründen er einen Staatsangehörigkeitsausweis unter Berufung auf eine angebliche Staatsangehörigkeit des „Bundeslands Bayern“ beantragt und im Schreiben vom 24. September 2016 seine deutsche Staatsangehörigkeit bestritten hat. Er konnte keinerlei Vorteile benennen, die er sich von einer solchen Vorgehensweise hinsichtlich der von ihm nach seinen Angaben befürchteten Requirierung seines Erbhofs zur Unterbringung von Flüchtlingen versprochen hat und konnte auch nicht darlegen, wie damit seinen Ängsten entgegengewirkt werden konnte.
Das Verwaltungsgericht und die Waffenbehörde mussten sich auch nicht mit den Umständen auseinandersetzen, die für eine Zuverlässigkeit des Klägers sprechen. Beim Widerruf der Waffenbesitzkarte und der Ungültigerklärung des Jagdscheins handelt es sich nicht um Ermessensentscheidungen (vgl. BayVGH, B.v. 13.4.2021 – 24 B 20.2220 – juris Rn. 15), sondern sie sind nach § 45 Abs. 2 WaffG und § 18 Satz 1, § 17 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 BJagdG zwingend zu verfügen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die die Annahme rechtfertigen, dass der Betreffende die waffenrechtliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt. Davon sind das Landratsamt und das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen. Weitere diesbezügliche Erwägungen waren daher nicht erforderlich.
Auch der Umstand, dass der Kläger möglicherweise nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheids vom 18. Januar 2018 seine Auffassung geändert hat, kann nicht zur Zulassung der Berufung führen. Beim Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis kommt es entscheidungserheblich auf den Zeitpunkt des Bescheiderlasses an (vgl. BayVGH, B.v. 13.4.2021 a.a.O. Rn. 14; BVerwG, U.v. 16.5.2007 – 6 C 24.06 – NVwZ 2007, 1201 = juris Rn. 35). Nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage sind ggf. im Verfahren auf Wiedererteilung geltend zu machen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nrn. 20.3 und 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt als Anhang in Eyermann, VwGO) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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