Verwaltungsrecht

Widerlegung der Verfolgungsvermutung bei Rückkehr

Aktenzeichen  B 7 K 17.31304

Datum:
7.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 39495
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
RL (EG) 95/2011 Art. 4 Abs. 4

 

Leitsatz

Für äthiopische Staatsangehörige besteht bei einer Rückkehr aktuell – unabhängig davon, ob sie bereits im Herkunftsland oder erst in Deutschland (exil-) politisch tätig waren – grundsätzlich keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung (mehr). (Rn. 49)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung am 28.11.2018 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).
II.
Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.
Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschl. internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage sind oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).
Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO gilt Folgendes:
Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 – 9 C 109.84 – juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris; VG Augsburg, U.v. 11.7.2016 – Au 5 K 16.30604 – juris).
Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 ist hierbei die Tatsache, dass ein Kläger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Kläger eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bedroht werden. Dadurch wird der Kläger, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.
Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus. Es obliegt aber dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es – unter Angabe genauer Einzelheiten – einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (VGH BW, U.v. 27.8.2013 – A 12 S 2023/11 – juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 – 8 A 2434/11.A – juris).
Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht folgt diesbezüglich zunächst vollumfänglich den Ausführungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend ist auf folgendes hinzuweisen:
a) Der Kläger hat sein Herkunftsland nicht vorverfolgt verlassen. Ihm ist es auch in der mündlichen Verhandlung nicht gelungen ist, einen schlüssigen, zusammenhängenden und nachvollziehbaren Sachvortrag abzuliefern. Im Gegenteil, der Vortrag blieb vage, detailarm und widersprüchlich, so dass das Gericht dem Vorfluchtgeschehen keinen Glauben schenkt.
aa) Bereits unglaubwürdig ist, dass der Kläger nunmehr – im Gegensatz zu seinen Angaben bei der ersten Anhörung im Jahr 2013 – sein Herkunftsland über den Flughafen A. A1 verlassen haben will. Aufgrund der genauen Personal- und Passkontrollen auf dem Flughafen in A. A1 (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien vom 22.03.2018, S. 26; VG Bayreuth, U. v. 05.09.2018 – B 7 K 17.33349 – juris) erscheint es dem Gericht nahezu ausgeschlossen, dass der Kläger mit Reisedokumenten, die auf seinen eigenen Namen ausgestellt gewesen sind, Äthiopien problemlos verlassen konnte, obwohl er weiterhin wegen der Tätigkeit für die G 7 im Visier der Sicherheitsbehörden gewesen sein soll. Daran ändern auch nichts die vom Kläger geschilderten Schmiergeldzahlungen. Der Kläger gab in der mündlichen Verhandlung an, zu Beginn seiner Ausreisevorbereitungen ca. 250.000,00 äthiopische Birr an eine Kontaktperson bezahlt zu haben. Damit seien alle Bestechungsgelder im Zusammenhang mit der Ausreise beglichen gewesen. Bei der knapp drei Monate später stattgefundenen Ausreise habe er hingegen am Flughafen in A. A1 keine Bestechungsgelder mehr bezahlt. Für das Gericht ist daher schon im Ansatz nicht nachvollziehbar und glaubhaft, dass mit einer Schmiergeldzahlung unmittelbar nach der Haftentlassung auch die mehrere Monate später erfolgte Ausreise des gesuchten bzw. verfolgten Klägers derart abgedeckt gewesen sein soll, dass er problemlos hat ausreisen können. Weiterhin konnte der Kläger dem Gericht in der mündlichen Verhandlung nicht einmal ungefähr darlegen, wann die Ausreise über den Flughafen A. A1 überhaupt stattgefunden hat. Er erklärte dem Gericht lediglich, das richtige Datum habe er bei der Anhörung im Jahr 2016 angegeben. Heute könne er dazu nichts mehr sagen. Erst auf Vorhalt des Gerichts erklärte der Kläger, es könne stimmen, dass die Ausreise im Juli 2013 erfolgt sei. Auch insoweit wären von dem überdurchschnittlich gebildeten Kläger – trotz der langen Zeitspanne – zumindest noch ungefähre Zeitangaben zu erwarten gewesen.
bb) Unglaubwürdig ist zudem, dass der Kläger nicht einmal weiß, ob der Reisepass, den er von einer Kontaktperson mit seinen eigenen Daten erlangt hat, eine Fälschung gewesen ist oder ob die Kontaktperson den Pass offiziell für ihn bei der Behörde beantragt hat.
cc) Höchst unglaubwürdig sind auch die klägerischen Ausführungen zur Einreise mittels Flugzeug nach Italien. Der Kläger erklärte dem Gericht, er sei mit einem Reisepass, der auf seinen eigenen Namen ausgestellt gewesen sei, und einem Visum für Italien – nach einem Zwischenstopp in Rom – in Mailand gelandet. Am Flughafen in Mailand habe es keinerlei Probleme mit dem Reisepass und dem Visum gegeben. Diese Einlassung kann dem Kläger schon deswegen nicht geglaubt werden, da ausweislich der VIS-Antragsauskunft das von Italien ausgestellte Schengen-Visum lediglich vom 16.06.2013 bis zum 30.06.2013 gültig gewesen ist, der Kläger aber sowohl bei der Anhörung im Jahr 2016 als auch in der mündlichen Verhandlung – nach entsprechenden Vorhalten des Gerichts – wiederholt angegeben hat, dass er erst im Juli 2013 per Flugzeug nach Italien eingereist sei. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass bei den Sicherheitskontrollen an einem europäischen Flughafen das abgelaufene Visum aufgefallen und es zu weiteren Nachforschungen gekommen wäre. Konfrontiert mit den Unstimmigkeiten erklärte der Kläger dem Gericht, wiederrum lediglich pauschal, es könne sein, dass er die Daten durcheinandergebracht habe. Diese Schutzbehauptung nimmt das Gericht dem Kläger nicht ab, zumal in anderem Zusammenhang von einer Ein- bzw. Ausreise im Juli 2013 die Rede gewesen ist und der Kläger bereits zu Beginn des Asylverfahrens über seine Ein- und Ausreise getäuscht hat.
dd) Die Unstimmigkeiten im klägerischen Vortrag zur Aus- und Einreise setzen sich sodann bei der gerichtlichen Befragung zum zeitlichen Kontext fort. Der Kläger erklärte dem Gericht, er habe unmittelbar nach seiner Freilassung mit den Ausreisevorbereitungen begonnen. Diese Vorbereitungen, insbesondere das Visumsverfahren, hätten insgesamt zwei Monate gedauert. Eine Woche nachdem er den Pass samt Visum erhalten habe, sei er dann über den Flughafen A. A1 ausgereist. Diese zeitlichen Angaben sind im Hinblick auf die klägerischen Angaben zu seiner Festnahme und Haftdauer grob unstimmig. Der Kläger erklärte gegenüber dem Bundesamt am 18.10.2016, er sei im Januar 2013 ins Gefängnis gekommen und zwei Monate inhaftiert worden. Dementsprechend müsste der Kläger spätestens Ende März 2013 freigekommen sein. Wenn der Kläger andererseits mit den Ausreisevorbereitungen unmittelbar nach der Freilassung begonnen haben will und diese etwas mehr als zwei Monate gedauert haben sollen, bevor er ausgereist ist, müsste der Kläger Ende Mai/Anfang Juni 2013 Äthiopien verlassen haben und nicht erst im Juli 2013.
ee) Unstimmig sind ferner die Angaben zum Engagement des Klägers bei G. 7. Befragt hierzu erklärte der Kläger dem Gericht, er sei seit dem Jahr 2008 des europäischen Kalenders Unterstützer der G. 7 gewesen. Bis zum Jahr 2011 habe er nur die Ziele der G. 7 unterstützt, aber sonst nichts für die Organisation gemacht. Ab dem Jahr 2011 habe er sich dann aktiv engagiert und die besagten Flugblätter in Umlauf gebracht. Im Rahmen weiterer Nachfragen des Gerichts trug der Kläger sodann vor, die Weitergabe von Flugblättern habe er über einen Zeitraum von fast einem Jahr gemacht. Auch diese Ausführungen sind von eklatanten zeitlichen Widersprüchen geprägt. Es blieb in der mündlichen Verhandlung völlig offen, wie beim Kläger im Januar 2013 noch Flugblätter gefunden werden konnten, wenn er von Anfang 2011 an nur für einen Zeitraum von einem Jahr die Flugblätter in Umlauf gebracht hat. Auf entsprechenden Vorhalt des Gerichts antwortete der Kläger wiederrum pauschal und nichtssagend, er habe im Januar 2013 noch Flugblätter im Fahrzeug gehabt, die er bei entsprechender Gelegenheit noch verteilt habe. Vage und detailarm erklärte der Kläger sodann dem Gericht, es könne durchaus sein, dass er nicht nur ein Jahr lang Flugblätter weitergegeben habe, sondern doch drei Jahre lang. Daneben konnte der Kläger dem Gericht nahezu keine weiteren Details zu den ominösen Flugblättern liefern. Er wusste nicht einmal wie oft er Flugblätter zur Verteilung entgegengenommen hat. Ihm war es nicht einmal möglich eine ungefähre Schätzung abzugeben. Auch zur Anzahl der aufbewahrten und verteilten Flugblätter konnte der Kläger keinerlei detaillierten Angaben machen.
ff) Letztlich sind auch die Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung zur Haftentlassung unschlüssig und unglaubhaft. Zum einen konnte er nicht einmal den ungefähren Zeitpunkt der Entlassung einschätzen. Dies soll „irgendwann im Jahr 2013“ gewesen sein. Zum anderen erklärte er gegenüber dem Bundesamt im Jahr 2016 noch, er sei nach der Zahlung einer Bürgschaft in Höhe von 30.000,00 Birr freigelassen worden. In der mündlichen Verhandlung wurde dagegen erstmals ausgeführt, dass neben der Kaution in Höhe von 30.000,00 Birr noch ein Schmiergeld von 50.000,00 Birr an den zuständigen Staatsanwalt gezahlt worden sei. In Anbetracht des Gesamteindrucks vom Kläger hält das Gericht dies für eine unglaubwürdige Steigerung des Sachvortrags. Hätte der Kläger tatsächlich neben einer Kaution von 30.000,00 Birr noch ein Schmiergeld von 50.000,00 Birr gezahlt, hätte dies auch bei der Anhörung beim Bundesamt seinen Niederschlag gefunden, zumal sich der Kläger während der mündlichen Verhandlung wiederholt auf Erinnerungslücken berufen hat und auf seine Angaben beim Bundesamt verwies. Von daher ist es kaum nachvollziehbar, dass der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung – noch dazu ungefragt – eine Schmiergeldzahlung ins Feld führt.
gg) Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Kläger aufgrund der massiven Unstimmigkeiten und Widersprüche schon im Ansatz nicht glaubhaft gemacht hat, sein Herkunftsland vorverfolgt verlassen zu haben.
b) Im Übrigen – und ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankommt – führt die angebliche Vorverfolgung aus politischen Gründen im Jahr 2013 jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen einer Verfolgung aus politischen Gründen. Die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG, wonach bei einem wegen politischer Oppositionstätigkeit vorverfolgten Asylbewerber die Verfolgungsfurcht weiterhin begründet ist bzw. er tatsächlich Gefahr läuft, bei einer Rückkehr ernsthaften Schaden zu erleiden, ist aufgrund der gegenwärtigen Auskunftslage und der aktuellen politischen Veränderungen, insbesondere im Sommer und Herbst 2018, gegenwärtig als widerlegt anzusehen (VG Bayreuth, U.v. 5.9.2018 – B 7 K 17.33349 – juris; VG Bayreuth, U.v. 31.10.2018 – B 7 K 17.32826 – juris). Als Folge des im Frühjahr 2018 eingeleiteten Umbruchs hat sich die Situation für Oppositionelle in Äthiopien grundlegend geändert. Unter dem neuen Premierminister Ab. Ah. wurde insbesondere die Einstufung der OLF, ONLF und G 7 als terroristische Organisationen durch das Parlament am 5.7.2018 aufgehoben (vgl. https://www.aljazeera.com/news/2018/06/ethiopia-olf-onlf-ginbot-7-terror-list1806301105016 97.html). Das Kabinett wurde umgebildet. Die Hälfte der Ministerposten ist zwischenzeitlich mit Frauen besetzt (http://www.africanews.com/2018/10/16/female-appointees-form-half-of-ethiopia-s-new-cabinet-reports/). Im Hinblick auf die im Jahr 2020 anstehenden Wahlen wurden bereits erste Veränderungen angestoßen (http://www.africanews.com/2018/11/23/ ethiopia-pm-opposition-to-discuss-electoral-reforms). Eine frühere – oppositionelle – Richterin wurde vom Parlament zur Vorsitzenden der nationalen Wahlkommission bestellt, um Transparenz und Gleichbehandlung der Parteien zu gewährleisten (http://www.africanews.com/2018/11/22/ethiopia-parliament-approves-birtukan-mideksa-as-elections-boss/). Es ist gegenwärtig nicht ersichtlich, dass diese Neuerungen alsbald – durch „alte Strukturen im Hintergrund“ – wieder rückgängig gemacht werden (können).
Mit Gesetz vom 20.7.2018 wurde zudem allen Äthiopiern, die wegen Verrats, Verbrechen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder bewaffneten Widerstands verurteilt wurden oder Objekt von Ermittlungen sind, Straffreiheit zugesichert. Durch die Amnestie für alle politische Vergehen soll den Oppositionellen ermöglicht werden, eine friedliche politische Karriere in Äthiopien zu verfolgen (vgl. https://www.aljazeera.com/news/2018/07/ethiopian-grants-amnesty-political-prisoners-180720191811460.html). Daneben hat die äthiopische Regierung am 7.8.2018 in Asmara ein „Friedensabkommen“ mit der OLF geschlossen. Die OLF will ihre politischen Ziele danach künftig mit friedlichen Mitteln durchsetzen (https://www.aljazeera.com/ news/africa/2018/08/ethiopia-signs-deal-oromo-rebels-hostilities-180807184317117.html; http://www.africanews.com/2018/08/07/ethiopia-govt-agrees-peace-deal-with-ex-terror-group-based-in-eritrea). Am 15.09.2018 wurde die OLF offiziell in Äthiopien willkommen geheißen (http://www.africanews.com/2018/09/16/like-pg7-ethiopia-govt-welcomes-oromo-liberation-front-back-home/).
Auch die G 7 ist zwischenzeitlich von ihrem Stützpunkt im benachbarten Eritrea nach Äthiopien zurückgekehrt, weil deren Kämpfern und Unterstützern in Äthiopien keine Verfolgung mehr droht (http://www.africanews.com/2018/09/03/ethiopia-s-ex-rebel-group-ginbot-7-returns-from-eritrea-base/).
Selbst die früheren Rebellen der ONLF sind aus Eritrea nach J., der Hauptstadt der S.-Region, zurückgekehrt, nachdem Mitte November 2018 in A2 ein Friedensabkommen mit der Regierung Äthiopiens geschlossen wurde (http://www.africanews.com/2018/11/21/ogaden-rebels-return-to-ethiopia-from-eritrea-jijiga-celebrates/).
Zahl der Oppositionellen, die nach Äthiopien zurückkehren, steigt daher stetig und rasant (http:// www.africanews.com/ 2018/09/03/photos-exiled-oromia-regional-president-returns-to-fanfare/). In Anbetracht dessen besteht für den Kläger, dem im Jahr 2013 angeblich Unterstützung der G 7 vorgeworfen wurde, jedenfalls keinerlei beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit aus politischen Gründen (mehr). Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die Arbeit des neuen Premierministers mit Rückschlägen und Gegenwind verbunden ist. Die weiterhin vereinzelten Anschläge und Gewaltakte in Äthiopien vermögen an der Einschätzung des Gerichts zur politischen Verfolgung nichts zu ändern. Die Gewaltakte finden zum einen im Wesentlichen in der „Somali-Region“ statt. Zum anderen wird vorwiegend von andauernden bzw. schwelenden ethnischen Konflikten zwischen den Bevölkerungsgruppen berichtet (http://www.africanews.com/2018/09/16/brutal-ethnic-attacks-on-outskirts-of-ethiopia-capital-addis-ababa/), aber nicht von konkret-individuellen Verfolgungshandlungen i.S.d. § 3a AsylG wegen politischer Aktivitäten Einzelner (https://www.dw.com/de/%C3%A4thiopien-ethnische-konflikte-schwelen-weiter/a-45011266 und https://www.sueddeutsche.de/politik/aethiopien-abiy-ahmed-superstar-1.4187205).
Aufgrund der jüngsten Gesetze, Maßnahmen und Vereinbarungen, verbunden mit der Rückkehr namhafter Exilpolitiker, kann daher nicht (mehr) mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass oppositionelle Tätigkeiten in Äthiopien zu flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungsmaßnahmen führen (VG Bayreuth, U.v. 5.9.2018 – B 7 K 17.33349 – juris; VG Bayreuth, U.v. 31.10.2018 – B 7 K 17.32826 – juris; vgl. auch VG Regensburg, B.v. 19.6.2018 – RO 2 E 18.31617 – juris**VG Regensburg, B.v. 31.7.2018 – RO 2 K 17.33894 – juris). Es liegen insbesondere auch keinerlei Anhaltspunkte davor vor, dass die vom Parlament beschlossenen Veränderungen zugunsten der politischen Opposition in der (Vollzugs-) Praxis ignoriert würden.
c) Auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung für die G 7 kann sich der Kläger ebenfalls nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG auf Ereignisse beruht, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat. Nach Überzeugung des Gerichts ist es aber auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgung wegen exilpolitischer Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde.
In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen ist zweifelsohne zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen in der Vergangenheit genau beobachtet hat bzw. durch die Auslandsvertretungen hat beobachten lassen. Ob diese Beobachtungen auch unter dem Regime des seit Anfang April 2018 amtierenden Premierminister Abiy Ahmed und der vorstehend dargestellten politischen Veränderungen fortgeführt werden, ist gegenwärtig nicht ersichtlich. Das erkennende Gericht ist jedoch bereits vor dem politischen Umbruch in Äthiopien im Jahr 2018 davon ausgegangen, dass nicht jede, wie auch immer geartete, Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Vielmehr kommt bzw. kam es für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und in welcher Art und in welchem Umfang der oder die Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 – RO 2 K 16.30643 – juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 – AN 3 K 16.31836 – juris; VG Bayreuth, U.v.20.11.2017 – B 2 K 16.31139 – juris; vgl. auch VG Kassel, U.v. 22.2.2018 – 1 K 302/17.KS.A – juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017- 1 K 2320/17.KS.A – juris; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180 – juris). Bloßen „Mitläufern“ droht(e) bei einer Rückkehr grds. keine beachtliche Verfolgungsgefahr.
Der aktuellen Auskunftslage – unter Berücksichtigung der bereits vorliegenden und in das Verfahren eingeführten Stellungnahmen aufgrund des Beweisbeschlusses des BayVGH vom 26.3.2018 (Az. 8 B 17.31645 u.a.) – ist nicht zu entnehmen, dass bloßen Mitläufern mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung bei Rückkehr droht.
Dem Auswärtigen Amt (AA) lagen schon nach dem Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 22.3.2018 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Maßgeblich sei vielmehr der konkrete Einzelfall, also beispielsweise, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen werde oder um welche politische Tätigkeit es sich handle (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung sei auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätige. Die bloße Asylantragstellung im Ausland bleibe – soweit bekannt – ohne Konsequenzen (AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 18; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.GI.A – juris; VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 – RO 2 K 16.30643 – juris). Der Lagebericht vom 22.3.2018 geht insbesondere auch auf die innenpolitischen Entwicklungen im Frühjahr 2018 und auf den am 16.2.2018 ausgerufen (neuerlichen) Ausnahmezustand ein (AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 6). Unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen hält das Auswärtige Amt hinsichtlich der Gefährdungseinschätzung bei Rückkehr von im Ausland exilpolitisch tätigen Äthiopiern an den Ausführungen im Lagebericht vom 6.3.2017 fest (vgl. AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, S. 16; AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 18).
Aufgrund des Beweisbeschlusses des BayVGH vom 26.3.2018 (Az. 8 B 17.31645 u.a.) teilte das Auswärtige Amt mit Stellungnahme vom 14.6.2018 mit, es sei zwar davon auszugehen, dass äthiopische Stellen exilpolitische Organisationen in Deutschland beobachten und die Mitgliedschaft bzw. die Unterstützungshandlungen für eine solche Organisation bekannt werde. Allerdings müsse auch davon ausgegangen werden, dass das Interesse an der Beobachtung von Personen/Aktionen und die Weitergabe der Informationen vom Grad der Involvierung bzw. der konkreten Aktivität der betreffenden Person abhänge. Zudem geht auch das AA von einem Wandel der innenpolitischen Lage seit dem Amtsantritt des neuen Premierministers aus. Der im Februar 2018 für sechs Monate verhängte Ausnahmezustand sei Anfang Juni 2018 vorzeitig beendet worden. Seit Januar 2018 sei eine größere Anzahl vom politisch Gefangenen, darunter auch Mitglieder der bislang als terroristisch eingestuften G. 7, entlassen worden. Ob eine Unterstützung einer Exilorganisation oder eine einfache Mitgliedschaft in einer in Deutschland exilpolitisch tätigen, von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation eingestuften oder einer ihr nahestehenden Organisation (ohne in dieser Organisation eine herausgehobene Stellung innezuhaben) bei einer Rückkehr negative Auswirkung nach sich zieht, kann vor dem innenpolitischen Hintergrund vom AA nicht beurteilt werden. Sollte es Auswirkungen geben, sei jedoch davon auszugehen, dass die Art der Auswirkung vom Grad der Involvierung bzw. der konkreten Aktivitäten der betreffenden Person abhänge. Es sind lt. AA auch keine Fälle bekannt, in denen zurückgekehrte Äthiopier, die in Deutschland exilpolitisch tätig waren, wegen der exilpolitischen Tätigkeit durch äthiopische Behörden inhaftiert oder misshandelt wurden.
Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr wegen der einfachen Mitgliedschaft und/oder einem durchschnittlichen Engagement in einer exilpolitischen Organisation, kann der neusten Auskunft des Auswärtigen Amtes damit schon im Ansatz nicht entnommen werden.
Nichts anderes ergibt sich auch aus dem Adhoc Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien vom 17.10.2018. Der Bericht greift zwar zu Beginn die aktuellen politischen Veränderungen in den wesentlichen Grundzügen auf (vgl. S. 6/7), bei der Bewertung exilpolitischer Tätigkeiten in Deutschland wiederholt das Auswärtige Amt jedoch nahezu wortgleich seine Ausführungen aus dem Lagebericht vom 22.03.2018, sodass dem neuesten Ad-hoc-Bericht ebenfalls nicht entnommen werden kann, dass auch untergeordnete exilpolitische Betätigung in Deutschland zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr bei einer Rückkehr nach Äthiopien führt.
Die Auskunft des Leibniz-Instituts (GIGA an VG Gießen vom 30.1.2017 in der Sache 6 K 4787/15.GI.A) – zum Fall einer exilpolitischen Tätigkeit für die EPPFG – stellt ebenfalls nur fest, dass eine Verhaftung für den Fall der Rückkehr nicht ausgeschlossen werden könne. Diese Feststellung erreicht aber schon nicht den Maßstab der notwenigen beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit (VG Regensburg, U.v. 8.3.2018 – RO 2 K 16.30643 – juris).
Nichts anderes folgt aus der Auskunft des Leibniz-Instituts vom 19.5.2018 (GIGA an den BayVGH in der Sache 8 B 17.31645 u.a.). In der aktuellen Auskunft wird lediglich ausgeführt, dass die äthiopische Regierung über ihre Auslandsvertretungen und einem Netz von Informanten die Aktivitäten der exilpolitischen Organisationen verfolge sowie dass davon auszugehen sei, dass sowohl die Mitgliedschaft in einer solchen Vereinigung als auch Unterstützungshandlungen einzelner Personen der äthiopischen Regierung bekannt werden würden. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person als einer Exilorganisation zugehörig eingestuft wird, dürfte lt. der Stellungnahme vom 19.5.2018 mit der Häufigkeit der entsprechenden Aktivitäten wachsen. Auch das Leibnitz-Institut konnte keine Angaben zu Vernehmungen, Inhaftierungen und Misshandlungen zurückgekehrter Äthiopier, die keine herausgehobene Funktion in der Exilpolitik hatten, machen. Die Stellungnahme verweist auf Seite 8/9 nur auf zwei prominente und hochrangige Exilpolitiker, die nach Auffassung des Gerichts kein Beispiel und Maßstab für die Behandlung der breiten Masse von exilpolitisch tätigen Äthiopiern sind. Im Übrigen wird lediglich davon ausgegangen, dass es vor dem volatilen Hintergrund der politischen Veränderungen „keinesfalls auszuschließen ist“, dass einfachen Mitgliedern oder Unterstützern von politischen Exilorganisationen, die von der Regierung als Terrororganisation eingestuft werden, die Verfolgung und Verhaftung drohe (S. 2 und 3 der Stellungnahme).
AMNESTY INTERNATIONAL (AI) führte mit Stellungnahme vom 11.7.2018 an den BayVGH (Az. 8 B 17.31645 u.a.) aus, dass sich die politische Lage in Äthiopien seit Anfang 2018 deutlich verändert hat. Trotz begrüßenswerter Veränderungen in Äthiopien bleibe abzuwarten, wie sich die menschenrechtliche Situation vor Ort entwickeln werde. Vor dem Hintergrund der neuen und sich ständig ändernden Situation sei es AI nach eigenen Angaben nicht möglich, eine Aussage über die aktuelle Situation bzw. über zukünftige Entwicklungen zu treffen. Daher legte AI dem Gutachten die politische Situation in Äthiopien der letzten Jahrzehnte bis Anfang 2018 zugrunde. Die Ausführungen von AI zur politischen Situation in Äthiopien und zur Behandlung von exilpolitisch tätigen Personen bis Anfang 2018 sind jedoch nicht geeignet, eine verlässliche Auskunft über die gegenwärtige Situation, die nach § 77 Abs. 1 AsylG im Asylverfahren maßgeblich ist, zu liefern. Bemerkenswert ist zudem, dass die Auskunft vom 11.7.2018 nicht einmal den Beschluss des äthiopischen Parlamentes vom 5.7.2018 aufgreift, mit dem die Einstufung der OLF, ONLF und G 7 als terroristische Organisationen aufgehoben wurde. Vielmehr wird – unter Bezugnahme auf veraltete Quellen – weiterhin davon ausgegangen, dass die OLF von der Regierung als terroristische Organisation eingestuft wird (S. 3 und 4 der Stellungnahme).
G. Sch. geht in seiner Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen in der dortigen Streitsache 6 K 4787/15.GI.A davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung – verbunden mit intensiver Befragung – auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie Schröder trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen gekommen ist. So sollen nach dem Gutachten von G. Sch. im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit – zumindest teilweise – gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme Schröders nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien selbst die äthiopische Diaspora – auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 – verstärkt überwacht wird (Rn. 134 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass Schröder zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet [Rn. 232 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; häufige Verhaftungen [Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen [Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017]), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226 der Stellungnahme vom 15.2.2017) angibt, dass im heutigen Äthiopien, die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen (vgl. ausführlich: VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.GI.A – juris).
Auch unter Einbeziehung der Stellungnahme G. Sch. vom 18.2.2018 in der Streitsache W 3 K 16.30383 an das VG Würzburg ist das Gericht nicht von einer beachtlichen Verfolgungsgefahr für Rückkehrer alleine wegen jeder – wie auch immer gearteter – Form der exilpolitischen Betätigung überzeugt. Zwar kommt G. Sch. zu dem Ergebnis, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass unter dem wiedereingeführten Ausnahmezustand exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt seien, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden (Rn. 83 der Stellungnahme vom 18.2.2018), während in der Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen noch ausgeführt wurde, angesichts der Willkürlichkeit im Handeln der Sicherheitsorgane und der mangelnden Rechtsstaatlichkeit in Äthiopien lasse sich im Einzelnen nicht vorhersagen, was Rückkehrer zu befürchten hätten. Eine längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumanen Haftbedingungen sei jedoch als Minimum anzunehmen (Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017; dieser Passus befindet sich im Übrigen auch noch unter Rn. 82 der Stellungnahme vom 18.2.2018). Anderseits führt Schröder in Rn. 17 der Stellungnahme vom 18.2.2018 aus, aufgrund es neuerlichen Ausnahmezustandes vom 16.2.2018 scheinen die gleichen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 zu gelten. Für das Gericht ist daher weder nachvollziehbar noch plausibel dargelegt, warum nunmehr (allein) aufgrund des Ausnahmezustand 2018 exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt sein sollen, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden, wenn keine anderen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 gelten. Im Übrigen sind die Ausführungen Schröders durch die aktuellen politischen Entwicklungen in den letzten Wochen und Monaten teilweise überholt. Der im Februar 2018 für sechs Monate anberaumte Ausnahmezustand wurde – wie bereits ausgeführt – am 5.6.2018 wegen der „relativen Stabilität und Ruhe im Land“ vorzeitig wiederaufgehoben. Daneben wurden vom Parlament im Juli 2018 grundlegende Änderungen bei den „Anti-Terrorgesetzen“ sowie eine Amnestie für politische Vergehen/Verbrechen beschlossen.
Bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Auskunftslage nimmt das Gericht daher nicht an, dass äthiopischen Asylbewerbern, die sich zu einer Exilorganisation bekennen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet (vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 15.08.2018 – B 7 K 17.31116 – juris; VG Regensburg, B.v. 31.7.2018 – RO 2 K 17.33894 – juris). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Bei einer Rückkehr nach Äthiopien mussten schon bislang allenfalls solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland exponiert politisch betätigt haben, dass sie die äthiopischen Behörden als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen haben (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 – RO 2 K 16.30643 – juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 – AN 3 K 16.31836 – juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 – B 7 K 17.32889 – juris; vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017- B 2 K 16.31139 – juris; VG Gießen, U.v. 25.4.2018 – 6 K 116/17.GI.A – juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017 – 1 K 2320/17.KS.A – juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.Gl.A – juris; vgl. auch BayVGH, B.v. 14.7.2015 – 21 B 15.30119 – juris; BayVGH, U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 – juris; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017- W 3 K 17.31180 – juris). Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen musste davon ausgegangen werden, dass auch diesen nicht verborgen geblieben sein kann, dass bei einer Vielzahl von äthiopischen Asylbewerbern weniger politische Interessen maßgeblich sind als vielmehr das Bemühen, sich im Asylverfahren eine günstigere Ausgangsposition zu verschaffen. Im Hinblick darauf war es schon bislang nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden „Mitläufer“ als für das Regime gefährlich erachten und gegen diese im Falle ihrer Rückkehr in einer Art und Weise vorgehen, dass die für eine Schutzgewährung anzulegende Schwelle erreicht wird.
Die aktuellen Entwicklungen in Äthiopien sprechen sogar dafür, dass nunmehr selbst solchen Äthiopiern, die sich in herausgehobener Art und Weise exilpolitisch in Deutschland engagieren, nicht mehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgungsgefahr droht, sondern dass dies allenfalls in besonders gelagerten Ausnahmefällen (noch) beachtlich wahrscheinlich erscheint (VG Bayreuth, U.v. 15.08.2018 – B 7 K 17.31116 – juris; vgl. VG Regensburg, B.v. 19.6.2018 – RO 2 E 18.31617 – juris, VG Regensburg, B.v. 31.7.2018 – RO 2 K 17.33894 – juris).
Der Kläger dagegen hat eine exilpolitische Tätigkeit für die G 7 in Deutschland schon nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Bei der Anhörung beim Bundesamt im Jahr 2016 erklärte er, er sei Mitglied bei G. 7, habe jedoch keinen Ausweis. Er nehme jedoch an Aktivitäten teil und habe einmal, als Dr. N. in F gewesen sei, eine Veranstaltung besucht. Wann dies gewesen sei, wisse er nicht. Befragt zur Exilpolitik in der mündlichen Verhandlung äußerte sich der Kläger ähnlich vage und unsubstantiiert. Er erklärte dem Gericht, er habe in Deutschland für eine bestimmte Zeit an Demonstrationen teilgenommen und dabei drei bis vier Veranstaltungen besucht. Auch dem Gericht konnte er keine weiteren Details zu den Veranstaltungen nennen, nicht einmal, wann er die letzte Veranstaltung besucht haben will. Seine Ausführungen beschränkten sich dahingehend, dass die Veranstaltungen in Berlin und Frankfurt gewesen sein soll. Daneben will er laut Angaben in der mündlichen Verhandlung in Deutschland nur Unterstützer, aber kein Mitglied der G. 7 sein. Wenn er in den sozialen Medien von Veranstaltungen der G 7 erfahren habe, sei er einfach dort hingegangen. In Anbetracht der sonstigen Unwahrheiten und Widersprüchlichkeiten im klägerischen Vortrag, schenkt das Gericht der geschilderten – spärlichen – Exilpolitik für die G 7 keinen Glauben. Dies gilt umso mehr, da der Kläger keinerlei Bescheinigungen für die angeblich besuchten Veranstaltungen vorweisen konnte. Er erklärte auf Frage des Gerichts pauschal, die G 7 stelle keine Bescheinigungen aus. Diese Aussage entspricht offensichtlich nicht der Wahrheit, da dem Gericht aus einer Mehrzahl anderer Fälle bekannt ist, dass seitens der G 7 durchaus Mitglieds- und Teilnahmebescheinigungen für besuchte exilpolitische Veranstaltungen ausgestellt werden. Nahezu jeder Asylbewerber ist in der Lage, irgendwelche Bescheinigungen zur Untermauerung der behaupteten exilpolitischen Tätigkeit vorzulegen. Dem Kläger kann mit der abgegebenen Begründung nicht geglaubt werden, dass er keine diesbezügliche Bescheinigung erhalten kann.
Selbst wenn man eine exilpolitische Betätigung des Klägers für die G 7 im Rahmen von drei bis vier Veranstaltungen als wahr unterstellt, führt dies schon im Ansatz nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der Kläger hat keine tragende Rolle innerhalb der Exilbewegung. Er erklärte selbst, er zahle nur Mitgliedsbeiträge und mache sonst nichts. Exilpolitisch ist der Kläger daher unstreitig als bloßer Mitläufer zu qualifizieren. Ein besonders gelagerter exilpolitischer Ausnahmefall ist nicht einmal annähernd gegeben. Es ist für das Gericht daher nicht einmal im Entferntesten ersichtlich, dass dem Kläger im Falle der Abschiebung relevante Verfolgungsmaßnahmen wegen exilpolitscher Tätigkeiten in Deutschland drohen würden.
d) Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht.
2. Dem Kläger steht kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen.
a) Es gibt – insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz – keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.
b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 – 10 C 43/07 – juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 – C-465.7 – juris).
Ein innerstaatlicher Konflikt im obigen Sinne ist im Herkunftsland – und insbesondere in Herkunftsregion – des Klägers nicht ersichtlich (vgl. nur VG Ansbach, U.v. 19.9.2017 – AN 3 K 16.30505 – juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 – AN 3 K 16.31836 – juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 – B 7 K 17.32889 – juris; VG Bayreuth, U.v. 5.9.2018 – B 7 K 17.33349 – juris).
3. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).
a) Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Der Kläger verfügt über eine überdurchschnittliche Schulbildung. Er hat in Äthiopien seinen Lebensunterhalt mit einer geregelten Arbeit verdient. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr an diese Verhältnisse nicht anknüpfen könnte. Selbst wenn er nicht mehr als LKW- oder Busfahrer tätig sein kann, ist der Kläger auf die Ausübung schlichter Hilfstätigkeiten zur Sicherung seines Existenzminimums zu verweisen. Daneben verfügt der Kläger noch über verwandtschaftlichen Rückhalt in Äthiopien. Er kann im Bedarfsfall daher auf die Unterstützung der Großfamilie zurückgreifen. Die hohen Voraussetzungen für die Feststellung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind daher schon im Ansatz nicht erfüllt.
b) Dem Kläger droht auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde. Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
4. Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschl. der Zielstaatbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn er ist, wie oben ausgeführt, nicht als Flüchtling anzuerkennen. Ihm steht auch kein subsidiärer Schutz oder ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu. Er besitzt zudem keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).
5. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, liegen nicht vor.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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