Verwaltungsrecht

Widerruf der Approbation wegen sexuellen Missbrauchs

Aktenzeichen  21 ZB 18.2289

Datum:
24.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 6101
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BÄO § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 2 S. 1
VwGO § 94, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, Nr. 5, § 173 S. 1
ZPO § 295 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Erhebliche Straftaten (hier: schwerer sexueller Missbrauch eines Kindes), die keinen Zusammenhang mit der ärztlichen Tätigkeit haben, sind geeignet, das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient zu stören und damit zur Unwürdigkeit zu führen. (Rn. 17 und 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Dem Widerruf der Approbation steht es nicht entgegen, wenn das Strafgericht von der Möglichkeit keinen Gebrauch macht, ein Berufsverbot als Maßregel der Besserung und Sicherung anzuordnen. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Verletzung einer Verfahrensvorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn der Mangel nicht in der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt wird. Beim Verzicht auf mündliche Verhandlung muss der Mangel spätestens bis zur gerichtlichen Entscheidung beanstandet werden. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 5 K 18.293 2018-09-13 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 30.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich dagegen, dass die ihm erteilte Approbation als Arzt wegen Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs widerrufen wurde.
Der Kläger, dem am 14. August 1998 die Approbation als Arzt erteilt wurde, war bis zum 31. Dezember 2017 als chirurgischer Oberarzt in der Notaufnahme des Klinikums W. tätig.
Die Staatsanwaltschaft M. erhob mit Anklageschrift vom 28. Juni 2016 öffentliche Klage beim Amtsgericht Wernigerode und legte dem Kläger zur Last, eine kinderpornographische Schrift mittels Telemedien bezogen zu haben und im Jahr 2014 durch dieselbe Handlung als Person über achtzehn Jahren dem Vollzug des Beischlafs ähnliche sexuelle Handlungen an einem Kind vorgenommen zu haben oder an sich von ihm vorgenommen haben zu lassen, die mit dem Eindringen in den Körper verbunden sind, und gemeinschaftlich handelnd sexuelle Handlungen an einem Kind vorgenommen zu haben oder an sich von ihm vorgenommen haben zu lassen, sowie ein Kind dazu bestimmt zu haben, sexuelle Handlungen an einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen, wobei die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wurde.
Die Regierung von Oberbayern ordnete mit Bescheid vom 18. Oktober 2016 das Ruhen der ärztlichen Approbation des Klägers an und verpflichtete den Kläger, seine Approbationsurkunde sowie alle Ablichtungen davon innerhalb von zwei Wochen nach Bestandskraft des Bescheids zu übergeben. Eine Anordnung der sofortigen Vollziehung unterblieb. Der Kläger erhob dagegen Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg (RO 5 K 16.1767).
Mit Urteil vom 9. November 2016 (8 Ls 821 Js 74526/15) verhängte das Amtsgericht Wernigerode gegen den Kläger wegen des gemeinschaftlichen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern durch zwei Straftaten in Tatmehrheit mit dem Bezug kinderpornographischer Schriften mittels Telemediums eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten.
Das Landgericht Magdeburg änderte mit Urteil vom 22. November 2017 (23 Ns 821 Js 74526/15 – 2/17) auf die vom Kläger auf den Rechtsfolgeausspruch beschränkte Berufung hin das Urteil des Amtsgerichts Wernigerode im Rechtsfolgenausspruch mit der Maßgabe ab, dass die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre und neun Monate beträgt, von der ein Monat als vollstreckt gilt; im Übrigen wurde das Rechtsmittel als unbegründet verworfen.
Mit Bescheid vom 24. Januar 2018 hob die Regierung von Oberbayern den Ruhensbescheid vom 18. Oktober 2016 auf (Nr. 1), widerrief die dem Kläger erteilte Approbation als Arzt (Nr. 2) und traf dazugehörige Nebenentscheidungen.
Der Kläger hat am 7. Februar 2018 Klage erhoben und im Verlauf des Klageverfahrens einen Beschluss des Oberlandesgerichts Naumburg vom 23. Mai 2018 (1 Rv 42/18 OLG Naumburg) vorgelegt, mit dem das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 22. November 2017 unter Verwerfung der weitergehenden Revision des Klägers als unbegründet im Gesamtstrafenausspruch und mit den Feststellungen insoweit aufgehoben wurde, als der Kläger wegen des Bezugs kinderpornographischer Schriften mittels Telemedium verurteilt worden ist.
Das Verwaltungsgericht Regensburg hat das die Ruhensanordnung betreffende Verfahren (RO 5 K 16.1767) nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Beteiligten mit Beschluss vom 11. April 2018 eingestellt und mit Urteil vom 13. September 2018 die gegen den Widerrufsbescheid erhobene Klage abgewiesen.
Der Kläger hat gegen das am 26. September 2018 zugestellte Urteil am 24. Oktober 2018 die Zulassung der Berufung beantragt.
II.
1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeit der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sowie des Vorliegens eines der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) bestehen nicht oder sind nicht hinreichend dargelegt.
1.1 Das vom Kläger innerhalb der Begründungsfrist Dargelegte, auf dessen Prüfung der Senat nach § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO im Grundsatz beschränkt ist, rechtfertigt es nicht, die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zuzulassen.
1.1.1 Der Kläger wendet ein, es sei zwar anerkannt, dass Behörden und Verwaltungsgerichte der Beurteilung einer berufsrechtlichen Unwürdigkeit des Arztes die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils zugrunde legen können. Allerdings sei vorliegend das Strafurteil nicht rechtskräftig. Zwar sei teilweise der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen, jedoch sei das Strafurteil an sich nicht rechtskräftig. Das Verwaltungsgericht hätte mithin das Strafurteil auf seine Richtigkeit hin überprüfen müssen. Das hätte zur Folge gehabt, dass eine persönlichen Anhörung des Klägers durch das Verwaltungsgericht zu einer anderen Entscheidung geführt hätte. Der Kläger hätte das Verwaltungsgericht aufklären können mit der Folge, dass die Frage der Unwürdigkeit nochmals überprüft und im Ergebnis hätte verneint werden müssen.
Das rechtfertigt keine ernstlichen Zweifel an der Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Beklagte habe die Approbation des Klägers zu Recht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO widerrufen, weil der Kläger unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufs geworden sei.
Den Verwaltungsbehörden und Gerichten ist es nicht verwehrt, die im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren und dem strafgerichtlichen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse und Beweismittel einer eigenständigen Überprüfung im Hinblick darauf zu unterziehen, ob sich daraus hinreichende Grundlagen für einen Widerruf der Approbation ergeben. Das gilt selbst für Akten eines Ermittlungsverfahrens, das nicht zur Anklageerhebung geführt hat. Ein gesetzliches Verwertungsgebot besteht insoweit nicht (vgl. BVerwG, B.v. 28.4.1998 – 3 B 174.97 – juris Rn. 4). Das Verwaltungsgericht war danach nicht gehindert, die aus dem Strafurteil des Amtsgerichts Wernigerode vom 9. November 2016 gewonnenen Erkenntnisse zu verwerten und zu befinden, der Kläger sei allein wegen des gemeinschaftlich begangenen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufs. Für das Verwaltungsgericht bestand auch kein Anlass, die Feststellungen des Strafgerichts auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Es hat dazu zutreffend darauf verwiesen, der Schuldspruch im Strafurteil vom 9. November 2016 sei insoweit rechtskräftig und die dem Kläger zur Last gelegten Verfehlungen beruhten auf dessen (umfassendem) Geständnis. Der Kläger hat das im erstinstanzlichen Verfahren ersichtlich nicht anders beurteilt und auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
1.1.2 Der Kläger meint, das Verwaltungsgericht habe die (berufsrechtliche) Unwürdigkeit zu Unrecht angenommen. Unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufs sei, wer durch sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und Vertrauen besitze, das für die Ausübung seines Berufs unabdingbar nötig sei. Erforderlich sei ein schwerwiegendes Verhalten des Arztes, das bei Würdigung aller Umstände seine Berufsausübung zum maßgebenden Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung als untragbar erscheinen lasse. Eine Unwürdigkeit nach dieser Definition sei nicht gegeben. Es sei zu berücksichtigen, dass der Approbationswiderruf der schwerwiegendste Eingriff sei, den ein Arzt zu befürchten habe. Ergänzend komme hinzu, dass das Strafgericht kein Berufsverbot gemäß § 70 StGB angeordnet habe.
Daraus ergeben sich ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils. Der Senat teilt die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass sich der Kläger schon aufgrund des gemeinschaftlichen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in zwei Fällen als unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufs erwiesen hat.
Zwar betreffen diese Straftaten nicht das Verhältnis zwischen Arzt und Patient. Allerdings ist für die Beurteilung der Würdigkeit der ärztlichen Berufsausübung nicht nur das Verhalten des Betroffenen bei der Behandlung seiner Patienten, also der Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit, maßgebend. Der wesentliche Zweck der Regelung über den Widerruf der Approbation wegen Berufsunwürdigkeit, der den damit verbundenen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht der freien Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit legitimiert, besteht darin, das Vertrauen der Bevölkerung in die Ärzteschaft sicherzustellen. Im Interesse des wichtigen Gemeinschaftsgutes der Gesundheitsversorgung des einzelnen Patienten und der Bevölkerung sollen Patienten die Gewissheit haben, dass sie sich ohne Vorbehalt einem Arzt voll und ganz anvertrauen können. Sie sollen nicht durch ein irgend geartetes Misstrauen davon abgehalten werden, rechtzeitig ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Diesem Anliegen ist nicht bereits dann Genüge getan, wenn der Arzt keinen Anlass bietet, an seiner Heilkunst zu zweifeln. Denn auch die Verwirklichung erheblicher Straftaten, die keinen Zusammenhang mit einer als solcher nicht beanstandbar ausgeübten ärztlichen Tätigkeit haben, sind geeignet, das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient zu stören und damit zur Unwürdigkeit zu führen. Dem entspricht es, dass nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO bereits vor einer erstmaligen Erteilung der ärztlichen Approbation und damit vor der Ausübung des ärztlichen Berufs zu prüfen ist, ob die insoweit erforderliche Würde besteht (vgl. BayVGH, U.v. 28.6.2017 – 21 B 16.2065 – juris Rn. 23 m.w.N.).
Der Kläger hat, wie unter Nr. II des Strafurteils vom 9. November 2016 seinem Geständnis entsprechend im Einzelnen beschrieben, ein Kind ungeachtet schädlicher Auswirkungen auf dessen emotionale Entwicklung wiederholt zum Objekt seines sexuellen Begehrens gemacht. Es bedarf keiner vertieften Erörterung, dass eine derart gravierende Verfehlung geeignet ist, das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand nachhaltig zu erschüttern, bliebe das Verhalten des Klägers für den Fortbestand der Approbation folgenlos.
Im Übrigen steht dem auf der Grundlage des § 5 Abs. 2 Satz 1 BÄO ausgesprochenen Widerruf der Approbation nicht entgegen, dass das Strafgericht von der ihm nach § 70 StGB zustehenden Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, ein Berufsverbot als Maßregel der Besserung und Sicherung anzuordnen (vgl. BVerwG, U.v. 14.2.1963 – I C 98.62 – NJW 1963, 875; BayVGH, B.v. 19.7.2013 – 21 ZB 12.2581 – juris Rn. 17; Kinzig in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, § 70 Rn. 4).
1.2 Der Kläger beruft sich darauf, die Rechtssache weise besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Er führt aus, solche Schwierigkeiten ergäben sich insbesondere daraus, dass das Oberlandesgericht Naumburg das Urteil (des Landgerichts Magdeburg vom 22.11.2017) teilweise aufgehoben habe.
Das begründet schon deshalb nicht die für eine Zulassung der Berufung erforderliche besondere Schwierigkeit der Rechtsache, weil es für die Entscheidung nicht darauf ankommt, dass das Oberlandesgericht Naumburg das Berufungsurteil auf die Revision des Klägers hin im Gesamtstrafenausspruch und mit den Feststellungen aufgehoben hat, soweit der Kläger wegen des Bezugs kinderpornographischer Schriften mittels Telemedium verurteilt worden ist. Das Verwaltungsgericht ist selbständig tragend davon ausgegangen, dass der Kläger allein wegen des gemeinschaftlichen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in zwei Fällen unwürdig geworden ist, den ärztlichen Beruf auszuüben.
1.3 Der Kläger macht ohne Erfolg eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend. Er hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, „wann Unwürdigkeit anzunehmen ist, wenn strafrechtlich ein Urteil teilweise aufgehoben wurde, somit noch nicht in Teilen rechtskräftig ist, teilweise jedoch der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist.“
Diese Frage, die das zum Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten Dargelegte aufgreift, war für das Verwaltungsgericht wie zu 1.2 dargelegt nicht entscheidungserheblich. Sie würde sich auch in einem Berufungsverfahren nicht stellen.
1.4 Die Berufung ist nicht wegen eines der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.
1.4.1 Indem der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht hätte ihn persönlich anhören müssen, um hier ein sachgerechtes Urteil zu fällen, macht er der Sache nach geltend, das Verwaltungsgericht habe die verfahrensrechtliche Verpflichtung verletzt, den Sachverhalt unter Heranziehung der Beteiligten von Amts wegen zu erforschen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Rüge bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat weder dargelegt noch ist es offensichtlich, dass er im erstinstanzlichen Verfahren auf eine weitere Sachverhaltsaufklärung hingewirkt hat. Das hat hier besonderes Gewicht, weil sich der Kläger mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hat. Die Aufklärungsrüge ist kein Mittel, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten zu kompensieren (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.2006 – 4 BN 30.06 – juris Rn. 2).
Dem Verwaltungsgericht musste sich im Hinblick auf das ausführliche und detailreiche Geständnis, das der Kläger ausweislich des Protokolls zur Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Wernigerode am 9. November 2016 abgelegt hat, eine weitere Sachverhaltsaufklärung auch nicht aufdrängen.
Im Übrigen legt der Kläger nicht dar, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (vgl. dazu BVerwG, B.v. 7.3.2012 – 6 B 40.11 – juris Rn. 2).
1.4.2 Der Kläger macht ohne Erfolg geltend, das Verfahren hätte aufgrund der Vorgreiflichkeit des strafgerichtlichen Verfahrens nach § 94 VwGO ausgesetzt werden müssen.
Das hat schon deshalb keinen Erfolg, weil der Kläger insoweit sein Rügerecht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 295 Abs. 1 ZPO verloren hat. Danach kann die Verletzung einer das Verfahren betreffenden Vorschrift nicht mehr gerügt werden, wenn der Beteiligte den Mangel nicht in der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt hat. Haben die Beteiligten – wie hier – auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet, muss der Mangel spätestens bis zur gerichtlichen Entscheidung beanstandet werden (vgl. Bacher in Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, Stand 1.12.2020, § 295 Rn. 8.2). Das ist hier nicht geschehen. Der Kläger hat in erster Instanz weder die unterbliebene Aussetzung ausdrücklich gerügt noch die Aussetzung des Verfahrens beantragt.
Im Übrigen ist nicht dargelegt noch offensichtlich, dass im Hinblick auf das nach Ergehen des Revisionsurteils vom 23. Mai 2018 beim Landgericht Magdeburg noch anhängige strafrechtliche Berufungsverfahren die nach § 94 VwGO erforderlichen Voraussetzungen für eine Aussetzung des erstinstanzlichen Verfahrens vorlagen.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 13. September 2018 rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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