Verwaltungsrecht

Widerruf der Feststellung der Zuverlässigkeit im Hinblick auf die Sicherheit des Luftverkehrs wegen Zweifeln aufgrund strafrechtlicher Verurteilung

Aktenzeichen  M 24 S 17.3938

Datum:
23.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 154217
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
LuftSiG § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 1a S. 1, S. 2 Nr. 1
LuftSiZÜV § 5, § 7 Abs. 3 S. 1
BayVwVfG Art. 49

 

Leitsatz

1 Eine strafrechtliche Verurteilung ist jedenfalls Anlass, die luftsicherheitsrechtliche Zuverlässigkeit in Frage zu stellen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2 Nur dann, wenn der in der strafrechtlichen Verurteilung abgeurteilte Sachverhalt, von dem ausgegangen werden darf, sich im Hinblick auf die durch die Zuverlässigkeitsanforderung nach § 7 Abs. 1, Abs. 1a S. 1 LuftSiG iVm § 5 LuftSiZÜV geschützten Belange als atypisch darstellt, entfällt die luftsicherheitsrechtliche Regelwirkung der strafrechtlichen Verurteilung. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3 Bei Wiederholungsprüfungen ist derselbe Maßstab zugrunde zu legen wie bei erstmaligen Prüfungen. Einen „Bonus“ für bereits in der Vergangenheit überprüfte Personen sieht das Gesetz im Hinblick auf den zugrunde zu legenden Maßstab nicht vor. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
4 Die Zuverlässigkeitsprüfung gem. § 7 LuftSiG orientiert sich ausschließlich an den Belangen der Sicherheit des Luftverkehrs. Eine Differenzierung danach, welche Auswirkungen eine Verneinung der Zuverlässigkeit auf die persönliche Lebensführung eines Betroffenen hat, ist in der gesetzlichen Regelung ebenso wenig angelegt wie eine Ausrichtung der strengen Maßstäbe danach, wie lange Zeit ein Betroffener in der Vergangenheit zuverlässig gewesen ist oder nicht. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Streitgegenständlich ist ein Widerrufsbescheid des Antragsgegners vom 27. Juli 2017, mit dem ein früherer Bescheid des Antragsgegners vom 1. Oktober 2015, mit dem die persönliche Zuverlässigkeit des Antragstellers gemäß § 7 Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) festgestellt worden war, unter gleichzeitiger Anordnung des Sofortvollzugs aufgehoben worden ist.
Der Antragsteller ist ein am … geborener … Staatsangehöriger (Blatt 8 der von der Regierung von Oberbayern – Luftamt Südbayern (nachfolgend: Luftamt) – vorgelegten Verwaltungsakte, d.A.). Er war ausweislich des streitgegenständlichen Bescheides (Blatt 98 ff. d.A.) und einer aktenkundigen Bestätigung seines Arbeitgebers (Blatt 26 d.A.) seit dem … März 2001 am Flughafen … bei der Flughafen … GmbH beschäftigt, zuletzt seit 1.1.2011 unter Abstellung an die … GmbH im Sicherheitsbereich als … im Innendienst verantwortlich für die reibungslose …abfertigung. Mit Strafbefehl vom … September 2016, rechtskräftig hinsichtlich Schuldspruch, Tagessatzanzahl seit 17. Oktober 2016 (Blatt 13 f. d.A.; vgl. auch den zugehörigen Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 14.3.2017, Blatt 3 d.A.), verhängte das Amtsgericht … gegen den Antragsteller wegen Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB) eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen. Der strafrechtlichen Verurteilung liegt laut Strafbefehl folgender Sachverhalt zu Grunde:
„Am …4.2014 gegen …00 Uhr veräußerten Sie an die Zeugin C* … den Pkw … …, damaliges amtliches Kennzeichen …- … … für die Inzahlungnahme zweier anderer Pkw. Nach Abschluss des Kaufvertrages ließen Sie für Frau C* … den TÜV verlängern. Am …4.2014 nahmen Sie die Zulassungsbescheinigung I für den … … um die Hauptuntersuchung eintragen zu lassen. Eine Hauptuntersuchung fand jedoch nicht statt. Als Sie der Zeugin C* … die Zulassungsbescheinigung I zurückbrachten, war ein Stempelabdruck des TÜV Bayern angebracht (Prüfernummer … mit einem Gültigkeitsvermerk „April 2016“. Bei diesem Stempelabdruck handelt es sich um eine Nachahmung. Dies wussten Sie.“
Das Luftamt teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 13. März 2017 mit, dass im Rahmen der sogenannten Nachberichtspflicht zur Zuverlässigkeitsüberprüfung gemäß § 7 LuftSiG dem Luftamt von den Strafverfolgungsbehörden die Erkenntnis einer Urkundenfälschung am … April 2017 mitgeteilt worden sei und dem Antragsteller im Rahmen der Überprüfung Gelegenheit gegeben werde, sich zu den im Rahmen der Überprüfung aufgetauchten Zweifeln an seiner Zuverlässigkeit zu äußern. Der seinerzeitig Bevollmächtigte des Antragstellers führte schriftsätzlich am … März 2017 aus, dass der Tatvorwurf gegen den Antragsteller zutreffe und der Antragsteller diesen habe akzeptieren müssen. Hintergrund sei gewesen, dass der Antragsteller vertrauensselig gewesen sei. Vor der abgeurteilten Straftat habe der Antragsteller zweimal an anderen Kraftfahrzeugen zum Zwecke eines Verkaufs den TÜV am jeweiligen Fahrzeug durch einen entfernten Bekannten durchführen lassen. Es habe sich sodann herausgestellt, dass der TÜV an den Fahrzeugen nicht offiziell gemacht worden sei, sondern von dem Bekannten nicht offiziell durchgeführt worden sei und die Fahrzeuge mit gefälschten Plaketten versehen worden seien. Der Antragsteller habe zum damaligen Zeitpunkt nicht gewusst, dass es sich hierbei um Fälschungen gehandelt habe. Nach nunmehriger juristischer Belehrung müsse sich der Antragsteller zurechnen lassen, dass hier eine Urkundenfälschung vorliege. Zum damaligen Zeitpunkt [dieser wird nicht näher spezifiziert] hätte der Antragsteller nicht diese Kenntnis gehabt, auch nicht das hierzu gehörige Unrechtsbewusstsein. Der Antragsteller bedauere diese Angelegenheit, insbesondere auch das zugrunde liegende Unwissen, welches nicht vor Strafe schütze. Der Antragsteller lasse ausdrücklich mitteilen, dass dieser vom damaligen Vorgehen nichts gewusst habe, letztendlich genüge es jedoch auch, dass dieser dies jedoch hätte wissen können oder müssen.
Des Weiteren gelangte dem Luftamt zur Kenntnis, dass der Antragsteller verheiratet ist, … Kinder hat und Familienversorger ist. Das Luftamt befragte auch die … GmbH zur persönlichen Zuverlässigkeit des Antragstellers. Diese antwortete mit Schreiben vom 27. März 2017, dass in Bezug auf das Verhalten am Arbeitsplatz weder der … GmbH noch der … GmbH keine besonderen Erkenntnisse vorlägen.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 27. Juli 2017 (Blatt 98 ff. d.A.) widerrief der Antragsgegner die mit einer Entscheidung vom 1. Oktober 2015 getroffene Feststellung der persönlichen Zuverlässigkeit des Antragstellers nach § 7 LuftSiG (Nr. 1), entzog dem Antragsteller die Zutrittsberechtigung zu den nicht allgemein zugänglichen Bereichen des Flughafens … (Nr. 2), ordnete die sofortige Vollziehung der Nr. 1 und Nr. 2 an (Nr. 3) und verfügte, dass der Flughafenausweis bis spätestens 18. August 2017 an die Ausweisstelle der Flughafen … GmbH zurückzugeben sei (Nr. 4). Der Widerruf wurde auf § 7 Abs. 3 Satz 1 Luftsicherheit-Zuverlässigkeitsüberprüfungsverordnung (LuftSiZuV) in Verbindung mit Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) gestützt (vgl. Seite 5 des Bescheides); die Verurteilung des Antragstellers wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen gebe gemäß § 7 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 LuftSiG Anlass, die Zuverlässigkeit des Betroffenen in Frage zu stellen (S. 5-6 des Bescheides). Bei bestehenden, nicht ausgeräumten Zweifeln an der Zuverlässigkeit, wobei bereits geringe genügten, sei diese zu verneinen. Es lägen nachträglich eingetretene Tatsachen vor, die nunmehr eine Antragsablehnung rechtfertigen würden, wobei ohne einen Widerruf das öffentliche Interesse (Schutz der Luftsicherheit) gefährdet wäre (S. 10 des Bescheides). Es finden sich Ausführungen zur Ermessensausübung hinsichtlich des Widerrufs (S. 10-11 des Bescheides). Der Entzug der Zutrittsberechtigung wurde auf § 10 Satz 1 LuftSiG gestützt (S. 12 des Bescheides). Bei nicht behebbaren Zweifeln entscheide das Luftamt S. angesichts der im Luftverkehr vorherrschenden Gefährdungslage betont sicherheitsorientiert dahingehend, dass die Betroffenen von einer Tätigkeit in sicherheitsrelevanten Bereichen ausgeschlossen blieben bzw. bei bereits aufgenommener Tätigkeit ausgeschlossen würden. Abschließend begründet der streitgegenständliche Bescheid die Anordnung des Sofortvollzugs (S. 12-13 des Bescheides). Dabei wird unter anderem ausgeführt (S. 12 des Bescheides), der Schutz vor Innentätern sei ein wesentliches Element der auf den internationalen Luftverkehr bezogenen, vorbeugenden Gefahrenabwehr. Das Gesamtsicherheitssystem sei jedoch nur dann schlüssig, wenn jeder Teilbereich erfasst und ein jeweils vergleichbarer Sicherheitsstandard erreicht werde. Angesichts des hohen materiellen und personellen Aufwandes für die Kontrollen der Passagiere, der mit immensen Kosten verbundenen baulichen Sicherungsmaßnahmen und der in den Flugzeugen beförderten Güter müssten Personen, die nicht die gemäß § 7 Abs. 1 LuftSiG erforderliche Zuverlässigkeit besäßen, mit sofortiger Wirkung an einem Betreten der Sicherheitsbereiche gehindert werden. Das Rechtsschutzinteresse des Betroffenen habe demgegenüber zurückzustehen. Das gelte auch dann, wenn der Betroffene – wie hier – bereits am Flughafen gearbeitet und somit bereits theoretisch die Möglichkeit gehabt habe, weitere sicherheitsrelevante strafbare Handlungen zu begehen. Bei der Abwägung der privaten und der öffentlichen Belange müssten, angesichts der überragenden Bedeutung der Luftsicherheit, letztere vorgehen.
Der streitgegenständliche Bescheid wurde dem früheren Bevollmächtigten gegen Empfangsbestätigung vom 31. Juli 2017 zugestellt (Bl. 114 d.A.).
Die Flughafen … GmbH und die … GmbH erhielten eine Kopie des streitgegenständlichen Bescheides (ohne Gründe) zur Kenntnis (Bl. 112 d.A.); ebenso die Flughafen … GmbH (dort: Ausweiswesen – Bl. 112 d.A.).
Mit Klage- und Antragsschrift vom … August 2017, bei Gericht eingegangen am 22. August 2017, beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers, den Bescheid der Regierung von Oberbayern, Luftamt S., vom 27. Juli 2017 aufzuheben (Nr. I.) und die aufschiebende Wirkung der Klage einstweilen wieder herzustellen (Nr. II).
In der Klage- und Antragsschrift wird ausgeführt, der Antragsteller sei seit Beginn seiner Tätigkeit am … März 2001 am Flughafen … der von ihm geschuldeten Arbeitstätigkeit immer vorbildlich nachgekommen, weswegen er auch zum … avanciert sei. Negative Erkenntnisse aus diesen mehr als 16 Jahren lägen in Bezug auf den Antragsteller nicht vor. Sein Arbeitgeber sei mit ihm über all die Jahre hinweg zufrieden gewesen und möchte ihn weiterhin als … beschäftigen. Die langjährige Tätigkeitsdauer im Rahmen eines einschlägig erfahrenen Flughafenbetriebs, wo man in Gestalt selbst geschulter Vorgesetzter ganz besonderen Augenmerk auf die Zuverlässigkeit der Mitarbeiter richte, sei ein hinreichender Beweis dafür, dass man dort weiterhin mit dem Antragsteller zuverlässig zusammenarbeiten könne und man bei verständiger Würdigung nicht ernstlich mit einem Eingriff in den Flughafen bzw. darüber hinausgehend in den Flughafenverkehr rechnen müsste. Der Antragsteller ernähre eine Familie bestehend aus Ehefrau und … Kindern. Einziger Hinderungsgrund für die Weiterbeschäftigung als … sei der angefochtene Bescheid. Die Zuverlässigkeitsbedenken des Beklagten gründeten sich auf einen Strafbefehl des Amtsgerichts …, mit dem der Antragsteller zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen belegt worden sei. Der 60-Tagessatz-Regelvermutung in § 7 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 LuftSiG stehe die Regelung des allgemeinen Strafrechts entgegen, wonach derjenige, der zu einer Geldstrafe von nicht mehr als 90 Tagessätzen verurteilt worden sei, sich als nicht vorbestraft bezeichnen dürfe und ihm dies auch niemand nachsagen dürfe. Bei einer Person, auf die letzteres zutreffe, sei zu erwarten, dass sie sich in Ansehung ihrer richterlichen Aburteilung in Zukunft straffrei verhalten werde. Der gegenteiligen Ansicht des Luftamts sei nicht zu folgen. Die vom Luftamt irrtümlich gezogene Parallele zum Waffengesetz sei absurd. Es werde nicht berücksichtigt, dass der Antragsteller amtsbekannt über 16 Jahre hinweg am Flughafen bekannt und immer zuverlässig gewesen sei. Das einmalige Fehlverhalten des Antragstellers sei nicht so gravierend, da er nur in einer Tagessatzhöhe verurteilt worden sei, in der er sich weiterhin als nicht vorbestraft bezeichnen dürfe. Der Antragsgegner sei daher verpflichtet, dem Antragsteller eine zweite Chance zu geben. Greifbare Gründe dafür, weshalb er sich die erfolgte Verurteilung nicht zur Warnung dienen lasse, könne das Luftamt nicht vorbringen. Es sei zu erwarten, dass der Antragsteller genauso zuverlässig wie bisher am Flughafen tätig sein werde, und auch seine geordnete Familiensituation spräche zusätzlich dafür, dass dem Antragsteller keine bösen Absichten in Gestalt von Risiken für die Luftfahrt unterstellt werden dürften. In der mündlichen Verhandlung ergänzt und vertieft der Bevollmächtigte des Antragstellers seine schriftsätzlichen Ausführungen zu seiner Rechtsauffassung. Der Antragsteller habe einmal versagt; es stelle sich die Frage, ob hieraus nach § 7 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 LuftSiG unter Beachtung des Wortlauts „in der Regel“ der Schluss der luftsicherheitsrechtlichen Unzuverlässigkeit gezogen werden könne.
Der Antragsgegner beantragt den Antrag abzulehnen.
Auf die Klage- und Antragserwiderung vom 29. August 2017 wird verwiesen, in der auf die Begründung des Bescheides Bezug genommen wird. Durch den neuen Absatz § 7 Abs. 1a LuftSiG werde im Interesse einer Erleichterung der Rechtsanwendung anhand von Regelbeispielen eine Orientierung für die Konkretisierung des Begriffs der Unzuverlässigkeit gegeben. Die Parallelen zum Waffengesetz habe der Gesetzgeber selbst gezogen; die Regelung trage der besonderen Gefährdung des Luftverkehrs durch Innentäter Rechnung (vgl. BR-Drs. 414/16, S. 45 zu Buchstabe b). Auch der Umstand, dass eine strafrechtliche Sanktion, namentlich eine Verurteilung unterhalb der Eintragungsgrenzen nach § 32 Bundeszentralregistergesetz BZRG) liege, sei unbeachtlich. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Luftsicherheitsbehörden nicht nur uneingeschränkt auskunftsberechtigt seien (§ 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LuftSiG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 13 BZRG), sondern auch nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LuftSiG weitere Informationen der Polizeivollzugs- und anderer Sicherheitsbehörden verwerten dürfen, die nicht zu einer Verurteilung geführt hätten. Zudem sei auf § 7 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1, Satz 4 Nr. 1 LuftSiG zu verweisen. Der Verweis auf den Resozialisierungsgedanken des Strafrechts durch den Bevollmächtigten des Antragstellers sei im vorliegenden Zusammenhang nicht zielführend, da das Gefahrenabwehrrecht eine völlig andere Zielsetzung habe. Die verhängte Strafe stelle keine Bagatelle dar und die zugrundeliegende Straftat offenbare ein nicht unerhebliches Maß an krimineller Energie. Ob und inwieweit sich der Antragsteller seine noch kein Jahr zurückliegende Verurteilung tatsächlich zur Warnung dienen lasse, bleibe abzuwarten und könne aus heutiger Sicht ohne Weiteres noch nicht als Schluss gezogen werden. Gesichtspunkte für ein Abweichen von der Regelvermutung des § 7 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 LuftSiG seien auch weiterhin nicht ersichtlich. Es werde zwar auf die beanstandungsfreie 16jährige berufliche Tätigkeit des Antragstellers hingewiesen. Dies stelle sich nicht als Umstand dar, der die Straftat in einem milderen Licht erscheinen lasse. Vielmehr hätte es dem Antragsteller aufgrund der vorangegangenen Überprüfungen und der langjährigen Berufstätigkeit bewusst sein müssen, welche Folgen die Begehung von Straftaten für seine berufliche Tätigkeit haben könne. Dennoch sei der Antragsteller straffällig geworden, wiewohl beanstandungsfreies Verhalten am Arbeitsplatz als selbstverständlich verlangt werden könne. Ein besonderer Vertrauenstatbestand lasse sich daraus nicht ableiten. Auch die geordnete familiäre Situation sage nichts über die persönliche Zuverlässigkeit des Antragstellers aus. Auf die ergänzenden Ausführungen in der mündlichen Verhandlung wird verwiesen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten M 24 K 17.3937 und M 24 S 17.3938 sowie die beigezogene Behördenakte verwiesen.
II.
Der gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Umstand, dass die Kammer mit Urteil vom gleichen Tag die in der Hauptsache erhobene Klage (M 24 K 17.3937) abgewiesen hat, steht der Zulässigkeit des vorliegenden Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO nicht entgegen. Denn Rechtskraft hat das besagte Urteil im Zeitpunkt des Erlasses des vorliegenden Beschlusses noch nicht erlangt, so dass durchaus ein Rechtsschutzbedürfnis für eine vorläufige Regelung der Vollziehbarkeit bis zur Rechtskraft des Urteils anzuerkennen ist, insbesondere im Hinblick auf die gegen den vorliegenden Beschluss bestehende Beschwerdemöglichkeit.
2. Die auf Nr. 1 und Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheides bezogene Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheides genügt den formellen Anforderungen, die § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 VwGO an die Begründung einer solchen Anordnung stellen. Mit hinreichender Bestimmtheit stellt der streitgegenständliche Bescheid (dort S. 12/13) dar, dass das öffentliche Interesse, unzuverlässige Personen umgehend aus sicherheitsempfindlichen Bereichen eines Verkehrsflughafens auszuschließen, gegenüber dem privaten Interesse des Betroffenen, dort bis zur Bestands-/Rechtskraft des Bescheides weiter arbeiten zu dürfen, überwiegt. Nachdem aus § 7 Abs. 1 LuftSiG hervorgeht, dass die Annahme einer fehlenden Zuverlässigkeit einen direkten Bezug zur Sicherheit des Luftverkehrs hat, ist die vom streitgegenständlichen Bescheid (dort S. 12) vertretene Ansicht, dass sich die Gründe für den Sofortvollzug im Wesentlichen mit den Gründen für die Widerrufsentscheidung selbst decken, nicht zu beanstanden. Dass das Gesamtsicherheitssystem nur dann schlüssig ist, wenn jeder Teilbereich erfasst und ein jeweils vergleichbarer Sicherheitsstandard erreicht wird, ist ebenfalls eine nachvollziehbare Erwägung des streitgegenständlichen Bescheides (S. 12) für die Anordnung des Sofortvollzugs.
3. Die von § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO geforderte eigene gerichtliche Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers mit dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners fällt zugunsten des Antragsgegners aus, weil die in der Hauptsache erhobene Klage zwar zulässig ist, in der Sache aber keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
3.1. Der in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheides vom 27. Juli 2017 verfügte Widerruf der den Antragsteller begünstigenden Feststellung seiner Zuverlässigkeit vom 1. Oktober 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
3.1.1. Rechtsgrundlage der Widerrufsregelung ist Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG, wonach auch ein unanfechtbarer rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden kann, wenn die Behörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet wäre.
3.1.2. Das Luftamt wäre aufgrund der nach der letzten Feststellung der Zuverlässigkeit vom 1. Oktober 2015 am 19. September 2016 (rechtskräftig hinsichtlich Tagessatzanzahl am 17. Oktober 2016) erfolgten strafrechtlichen Verurteilung des Antragstellers zu 90 Tagessätzen wegen Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB) berechtigt, eine Feststellung der Zuverlässigkeit des Antragstellers abzulehnen.
3.1.2.1. Ausgangspunkt der Prüfung ist § 7 Abs. 1 Nr. 1 LuftSiG. Nach dieser Vorschrift hat die Luftsicherheitsbehörde zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs (§ 1 LuftSiG) die „Zuverlässigkeit“ unter anderem solcher Personen zu überprüfen, denen zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit nicht nur gelegentlich Zugang zu nicht allgemein zugänglichen Bereichen des Flugplatzgeländes eines Verkehrsflughafens i.S.v. § 8 LuftSiG oder eines Luftfahrtunternehmens i.S.v. § 9 LuftSiG gewährt werden soll. Der Antragsteller gehört diesem Personenkreis an.
Die Anforderungen an die „Zuverlässigkeit“ i.S.v. § 7 Abs. 1 LuftSiG werden in § 5 Abs. 1 LuftSiZÜV konkretisiert. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LuftSiZÜV ist die Zuverlässigkeit zu verneinen, wenn daran „Zweifel verbleiben“. Es ist also nicht erforderlich, explizit eine „Unzuverlässigkeit“ festzustellen; vielmehr genügen bloße Zweifel an der Zuverlässigkeit, um eine solche nicht (mehr) festzustellen.
Zuverlässig im Sinne des § 7 Abs. 1 LuftSiG ist nur derjenige, der die Gewähr dafür bietet, jederzeit das ihm Mögliche zum Schutze des Luftverkehrs zu tun (Meyer in Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, 6/2013, § 7 LuftSiG Rn. 34 m.w.N.). Entsprechend den Regeln des Rechts der Gefahrenabwehr können umso strengere Anforderungen an die Zuverlässigkeit gestellt werden, je schutzwürdiger die Rechtsgüter sind, die gefährdet werden können, und je höher der mögliche Schaden ist. Wenn, wie bei Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs, hochrangige Güter wie das Leben und die Gesundheit zahlreicher Menschen gefährdet werden, kann bereits die geringe Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Schadens ausreichen (BayVGH, B.v. 26.1.2016 – 8 ZB 15.470 – juris Rn. 14; so bereits BVerwG U.v. 15.7.2004 – 3 C 33/03 -BVerwGE 121, 257 – juris zur früheren, durch § 7 LuftSiG ersetzten Regelung des § 29d LuftVG). Daher ist im Rahmen der Prüfung nach § 7 Abs. 1 LuftSiG ein strenger Maßstab anzulegen und die Zuverlässigkeit schon bei relativ geringen Zweifeln zu verneinen (BayVGH, B.v. 26.1.2016 – 8 ZB 15.470 – juris Rn. 14; BVerwG U.v. 15.7.2004 – 3 C 33/03 – BVerwGE 121, 257ff.,262; BayVGH, B.v. 14.7.2015 – 8 ZB 13.1666 – juris Rn. 8).
Mit dem seit 4. März 2017 durch das Erste Gesetz zur Änderung des LuftSiG neu aufgenommenen § 7 Abs. 1a LuftSiG wird ausgehend davon, dass die Zuverlässigkeit des Betroffenen auf Grund einer Gesamtwürdigung des Einzelfalls erfolgt, in seinem Satz 2 die Anknüpfung des regelhaften Fehlens der erforderlichen Zuverlässigkeit an verschiedene Sachverhalte, u.a. eine strafrechtliche Verurteilung wegen einer Vorsatztat mit „Untergrenzen“ zuverlässigkeitsausschließender Strafzumessungen als Voraustatbestand, normiert (BayVGH, B.v. 26.1.2016 – 8 ZB 15.470 – juris Rn. 21). Insoweit wurde vom Gesetzgeber bewusst eine Regelungstechnik, die nicht nur im Waffengesetz seine Anwendung findet, sondern vielmehr auch im Recht des Luftverkehrs bereits beheimatet ist (vgl. § 18 Abs. 2 Verordnung über Luftfahrtpersonal -LuftPersV) auch für die Bewertung der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit nach § 7 Abs. 1, Abs. 1a LuftSiG übernommen (vgl. BR-Drs. 414/16, S. 45 zu Buchstabe b). Nach § 7 Abs. 1a Satz 3 LuftSiG ist bei sonstigen Verurteilungen oder beim Vorliegen sonstiger Erkenntnisse im Wege der Gesamtwürdigung nach Satz 1 zu prüfen, ob sich daraus im Hinblick auf die Sicherheit des Luftverkehrs Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen ergeben.
Eine strafrechtliche Verurteilung ist jedenfalls Anlass, die luftsicherheitsrechtliche Zuverlässigkeit in Frage zu stellen. Maßgeblich für die Zuverlässigkeit i.S.d. § 7 Abs. 1, Abs. 1a Satz 1 LuftSiG ist, ob sich bei einer Gesamtwürdigung des Einzelfalls aus den zugrundeliegenden Umständen Bedenken dahingehend ergeben, der Betroffene könne aus eigenem Antrieb oder in einem Zusammenwirken mit fremden Manipulationen die Sicherheit des Luftverkehrs beeinträchtigen (BayVGH, B.v. 26.1.2016 – 8 ZB 15.470 – juris Rn.15; BVerwG U.v. 15.7.2004 – 3 C 33/03 – BVerwGE 121, 257ff.,265). Aufgrund der Tatbestandswirkung der strafgerichtlichen Verurteilung haben alle Behörden und Gerichte die Tatsache, dass diese Entscheidung ergangen ist, sowie ihren Inhalt zu beachten (vgl. BayVGH, B.v. 9.6.2016 – 8 ZB 16.1841 mit weiterführenden Rechtsprechungs- und Kommentarliteraturhinweisen). Hiervon werden nach der Rechtsprechung nur enge und spezifische Ausnahmen zugelassen, die vorliegend nicht gegeben sind. Sie betrifft Fälle, dass die Verurteilung ersichtlich auf einem Rechtsirrtum beruht oder dass gewichtige Anhaltspunkte für eine in wesentlicher Hinsicht fehlerhafte Sachverhaltsdarstellung durch die Strafgerichte im Sinn des § 359 Nr. 5 StPO vorliegen (BayVGH, B.v. 9.6.2016 – 8 ZB 16.1841 mit weiterführenden Rechtsprechungshinweisen). Die strafrechtliche Verurteilung des Antragstellers darf von der Luftsicherheitsbehörde nach § 4 Abs. 7 LuftSiZÜV zur Überprüfung der Zweifel im Sinn des § 5 Abs. 1 LuftSiZÜV verwertet werden. Der Gesetzgeber hat nunmehr durch den neu eingefügten § 7 Abs. 1a LuftSiG seit dessen Inkrafttreten am 4. März 2017 ausdrücklich die Rechtsanwendung dadurch erleichtern wollen, dass er anhand von Regelbeispielen eine Orientierung für die Bewertung des Vorliegens der Unzuverlässigkeit gegeben hat; diese Regeltatbestände sind als typisierte Fallgruppen genannt, die keinesfalls abschließenden oder ausschließenden Charakter besitzen. Der in § 7 Abs. 1a LuftSiG genannte Katalog orientiert sich inhaltlich an § 18 Abs. 2 LuftPersV sowie an § 5 Waffengesetz; ein weitergehender Bezug zum Waffengesetz als diese gesetzestechnische Orientierung der inhaltlichen Ausgestaltung des Katalogs an Regeltatbeständen zum Waffengesetz existiert entgegen den Ausführungen des Antragstellerbevollmächtigten nicht. Es ist unmaßgeblich, welche Eintragungsgrenzen nach dem Bundeszentralregistergesetz bestehen und ob sich hiernach nach den Vorgaben des repressiven Strafrechts Folgen anknüpfen, etwa, dass sich jemand als nicht vorbestraft bezeichnen darf, denn die luftsicherheitsrechtliche Zuverlässigkeitsfeststellung bzw. deren Widerruf ist der präventiven Gefahrenabwehr zugeordnet, bei der schon dem Grunde nach der Gedanke der Resozialisierung nicht Platz greift. Der Katalog des § 7 Abs. 1a LuftSiG trägt der besonderen Gefährdung des Luftverkehrs durch mögliche Innentäter Rechnung (vgl. Erstes Gesetz zur Änderung des LuftSiG vom 23.2.2017, BGBl. 298ff; Begründung BT-Drs. 18/9752, S. 31ff., insb. S. 53 zu „Zu Buchstabe b“). Für den jeweils genannten Wirkzeitraum der rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung in § 7 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 oder Nr. 2 LuftSiG darf aus dieser im Rahmen der zu treffenden Gesamtwürdigung des Einzelfalls die Bewertung des Betroffenen als nicht zuverlässig abgeleitet werden. Nur dann, wenn der in der strafrechtlichen Verurteilung abgeurteilte Sachverhalt, von dem ausgegangen werden darf (s. oben), sich im Hinblick auf die durch die Zuverlässigkeitsanforderung nach § 7 Abs. 1, Abs. 1a Satz 1 LuftSiG i.V.m. § 5 LuftSiZÜV geschützten Belange als atypisch darstellt, entfällt die luftsicherheitsrechtliche Regelwirkung der strafrechtlichen Verurteilung; wenn also die strafrechtliche Verurteilung und das darin geahndete Verhalten gerade nicht auf eine persönliche Schwäche bzw. einen Charaktermangel des Betroffenen hinweist, der von luftsicherheitsrechtlicher Relevanz ist (vgl. BayVGH, B.v. 26.1.2016 – 8 ZB 15.470 – juris Rn. 17, 19).
Der beschriebene Zuverlässigkeitsmaßstab ist auch bei der Subsumtion von Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG zugrunde zu legen. Es ist hypothetisch zu prüfen, ob das Luftamt eine Feststellung der Zuverlässigkeit zu verneinen hätte, wenn nach Eintritt des nachträglichen Ereignisses über die Frage der Zuverlässigkeit zu entscheiden wäre.
Dabei ist bei Wiederholungsprüfungen derselbe Maßstab zugrunde zu legen wie bei erstmaligen Prüfungen. Einen „Bonus“ für bereits in der Vergangenheit überprüfte Personen sieht das Gesetz im Hinblick auf den zugrunde zu legenden Maßstab nicht vor. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus § 5 Abs. 2 Satz 3 LuftSiZÜV, der im Kontext von § 5 Abs. 2 Satz 2 LuftSiZÜV zu sehen ist. Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 LuftSiZÜV gilt ein Betroffener bei der turnusmäßigen Wiederholungsprüfung nach § 3 Abs. 5 LuftSiZÜV bis zum Abschluss der Wiederholungsprüfung als zuverlässig. In Abweichung von den Wirkungen dieser Fiktion ermöglicht § 5 Abs. 2 Satz 3 LuftSiZÜV es der Luftsicherheitsbehörde bei „Bekanntwerden bedeutsamer Informationen“ oder „Zweifeln an der Identität des Betroffenen“ (auch schon vor dem Abschluss der Wiederholungsprüfung) den Zugang zu den nicht allgemein zugänglichen Bereichen oder die Tätigkeit unter Berücksichtigung der Umstände und Erkenntnisse des Einzelfalls zu versagen. Um eine solche Konstellation geht es vorliegend aber nicht. Es handelte sich nämlich schon nicht um eine „Wiederholungsprüfung“ i.S.v. § 3 Abs. 5 LuftSi-ZÜV, sondern um eine Überprüfung aus gegebenem Anlass im Rahmen eines Widerrufverfahrens. Unabhängig davon ist auch diese Widerrufsprüfung mit dem streitgegenständlichen Bescheid abgeschlossen worden – es geht also auch auf der Rechtsfolgeseite nicht um eine „vorläufige Versagung des Zugangs“ i.S.v. § 5 Abs. 2 Satz 3 LuftSiZÜV, sondern um eine das Widerrufsverfahren abschließende Entscheidung.
3.1.2.2. Vor diesem Hintergrund ist die vom Antragsteller am … April 2014 begangene Urkundenfälschung, derentwegen er am … September 2016, rechtskräftig am 17. Oktober 2017, zu 90 Tagessätzen verurteilt wurde, geeignet, Zweifel an seiner Zuverlässigkeit zu begründen. Es liegt regelhaft das Fehlen der erforderlichen Zuverlässigkeit des Antragstellers vor, denn seit dem Eintritt der Rechtskraft dieser Verurteilung sind noch keine 5 Jahre verstrichen.
Der rechtskräftig abgeurteilten Straftat der Urkundenfälschung liegt im Hinblick auf die luftsicherheitsrechtliche Zuverlässigkeitsfeststellung, die vom Antragsgegner widerrufen wird, weder ein insoweit atypischer Straftatbestand noch ein atypischer strafrechtlich abgeurteilter Sachverhalt zugrunde. Insoweit wurde seitens der Antragspartei weder etwas vorgetragen, noch ergeben sich Anhaltspunkte. Insbesondere ergibt sich auch keine Atypik aus dem Umstand, dass zuvor noch keine strafrechtliche Verurteilung des Betroffenen während seiner 16jährigen beruflichen Tätigkeit am Flughafen … erfolgte. Die von § 7 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 (ebenso Nr. 2) Luft-SiG herangezogene strafrechtliche Verurteilung als Anknüpfungstatsache korreliert mit einem vorgegebenen „Wirk“-Zeitraum, so dass diese Systematik der Regeltatbestände ihr „Atypik-Pendant“ nicht in der bisherigen Straffreiheit (während der Zeit der beruflichen Tätigkeit am Flughafen …*) hat. Im Übrigen ergibt sich aus dem Umstand, dass der strafrechtlichen Verurteilung, die den Widerruf der Zuverlässigkeitsfeststellung auslöste, ein langjähriger Zeitraum der Beschäftigung am Flughafen mit vorliegender Zuverlässigkeitsfeststellung vorausging, kein „Bonus“ bei der Bewertung der Zuverlässigkeit des Betroffenen im Rahmen der Gesamtwürdigung des Einzelfalls (siehe auch unter 1.5.).
Das mit der strafrechtlichen Verurteilung geahndete Verhalten weist auf einen Charaktermangel des Antragstellers hin. Der Antragsteller verwendet im Rechts- und Geschäftsverkehr gefälschte Urkunden. Dieser Charaktermangel hat bei der zuvor umrissenen luftsicherheitsrechtlichen Gefahrenabwehr Relevanz. Ausweislich des strafgerichtlich festgestellten Sachverhalts wusste der Antragsteller, dass es sich bei dem auf der Zulassungsbescheinigung I angebrachten Stempelabdruck des TÜV Bayern mit dieser Prüfernummer um eine Nachahmung handelte. Hinzu tritt, dass die Urkundenfälschung einen vermögensrechtlichen Hintergrund hatte, denn der Antragsteller hatte ursprünglich einen Geldbetrag für die durch ihn als Verkäufer vorzunehmende Hauptuntersuchung vereinbart.
Diese Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers wurden von der Antragspartei nicht ausgeräumt. Letztlich bestehen und verbleiben die Zweifel an der Zuverlässigkeit nach § 7 LuftSiG beim Antragsteller. Nach dem strengen Ansatz des Gesetzes wäre es Sache des Antragstellers, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht (§ 7 Abs. 3 Satz 2 LuftSiG) einen vollständigen Nachweis zu erbringen, dass keinerlei Zweifel an der Zuverlässigkeit (mehr) verbleiben; auch die amtliche Begründung zu § 7 LuftSiG (Gegenäußerung der Bundesregierung – Bundestags-Drucksache 15/2361 – S. 36, zu Nr. 12) betont, dass es dem jeweils Betroffenen obliegt, einen entstandenen Verdacht auszuräumen. Nachdem der Antragsteller einen solchen – den gegebenen Zweifel an seiner Zuverlässigkeit ausräumenden – Nachweis aber nicht erbracht hat, geht der streitgegenständliche Bescheid zu Recht von der fehlenden Zuverlässigkeit des Antragstellers aus.
3.1.3. Ohne den Widerruf wäre das öffentliche Interesse i.S.v. Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG gefährdet. Denn nach der gesetzlichen Wertung des § 7 Abs. 1, Abs. 1a LuftSiG ist das zweifelsfreie Bestehen der Zuverlässigkeit eine wichtige Voraussetzung für die Sicherheit des Luftverkehrs, an der ihrerseits ein erhebliches öffentliches Interesse besteht, vor allem wegen der staatlichen Schutzpflicht für die grundrechtlichen Positionen der vom Luftverkehr berührten Personen, insbesondere deren körperliche Unversehrtheit, wobei es nach der gesetzlichen Konstruktion nicht darauf ankommt, ob die jeweilige Tätigkeit der den Zutritt zum nichtöffentlich zugänglichen Flughafenbereich begehrenden Person insoweit unmittelbar oder bloß mittelbar Gefährdungen mit sich bringen kann.
3.1.4. Der Widerruf wurde innerhalb der von Art. 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG vorgesehenen Jahresfrist verfügt.
3.1.5. Der streitgegenständliche Widerruf ist verhältnismäßig, und zwar auch unter Berücksichtigung der aus dieser Entscheidung möglicherweise erwachsenden persönlichen Schwierigkeiten für den Antragsteller im Hinblick auf seine arbeitsrechtliche Situation.
Das Gericht verkennt nicht, dass der streitgegenständliche Widerruf tatsächlich zu einem Arbeitsplatzverlust führen kann und dass die Gefahr besteht, dass der Antragsteller keinen neuen Arbeitsplatz erlangt. Allerdings orientiert sich die Zuverlässigkeitsprüfung gemäß § 7 LuftSiG ausschließlich an den Belangen der Sicherheit des Luftverkehrs. Eine Differenzierung danach, welche Auswirkungen eine Verneinung der Zuverlässigkeit auf die persönliche Lebensführung eines Betroffenen hat, ist in der gesetzlichen Regelung ebenso wenig angelegt wie eine Ausrichtung der strengen Maßstäbe danach, wie lange Zeit ein Betroffener in der Vergangenheit zuverlässig gewesen ist oder nicht. Insbesondere geht es nicht darum, im luftsicherheitsrechtlichen ZuverlässigkeitsÜberprüfungsverfahren Aspekte eines nicht auszuschließenden arbeitsrechtlichen Kündigungsprozesses vorwegzunehmen oder auch nur inzident zu prüfen. Auch mit einer eventuell festgestellten Schwerbehinderteneigenschaft lassen sich keine Abstriche von den sicherheitsorientierten Anforderungen an die Zuverlässigkeit i.S.v. § 7 LuftSiG rechtfertigen. Vielmehr hat sich der parlamentarische Gesetzgeber bewusst für einheitliche strenge Anforderungen entschieden, wenn es um die Zuverlässigkeit von solchen Personen geht, die Zugang zu nicht allgemein zugänglichen Flughafenbereichen begehren. Stets ist vor diesem Hintergrund nämlich auch die staatliche Schutzpflicht für die grundrechtlichen Positionen der vom Luftverkehr berührten Personen, insbesondere deren körperliche Unversehrtheit, in den Blick zu nehmen. Aus diesem Grund war das Luftamt auch im Fall des Antragstellers gehalten, seiner Prüfung den in allen Fällen einheitlichen Zuverlässigkeitsmaßstab des Fehlens jeglicher Zweifel zugrunde zu legen. Dabei führt insbesondere auch die 16-jährige Tätigkeit des Antragstellers am Flughafen … nicht zu einer anderen Beurteilung; denn das Gesetz bringt schon mit dem Erfordernis einer permanenten Fortschreibung (vgl. § 3 Abs. 5 LuftSiZÜV) zum Ausdruck, dass der Umstand einer bereits festgestellten Zuverlässigkeit gerade kein Indiz für das Fortbestehen einer solchen Zuverlässigkeit auch in Zukunft sein soll, sondern dass die Zuverlässigkeit vielmehr immer wieder erneut festzustellen ist.
3.1.6. Ermessensfehler seitens der Verwaltung (§ 114 VwGO) sind nicht ersichtlich. Das Luftamt hat erkannt, dass ihm Ermessen zusteht. Es hat sich mit den Interessen des Antragstellers, insbesondere den möglichen Auswirkungen der Entscheidung auf das Arbeitsverhältnis des Antragstellers und mit seiner bereits langen Berufstätigkeit am Flughafen auseinandergesetzt und begründet, warum gleichwohl aus Sicht des Luftamts das öffentliche Interesse an der Sicherheit des Luftverkehrs überwiegt.
3.2. Auch die in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheides verfügte Entziehung der Zutrittsberechtigung zu den nicht allgemein zugänglichen Bereichen des Flughafens … ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Rechtsgrundlage dieser Regelung ist § 10 Satz 1 LuftSiG. Nach dieser Vorschrift entscheidet die Luftsicherheitsbehörde unter anderem, welchen Personen bei Wegfall der Voraussetzungen die Berechtigung zum Zugang zu nicht allgemein zugänglichen Bereichen zu entziehen ist.
Vorliegend sind die Voraussetzungen für eine Berechtigung des Antragstellers zum Zugang zu den nicht allgemein zugänglichen Bereichen weggefallen i.S.v. § 10 Satz 1 LuftSiG, weil die Zuverlässigkeit des Antragstellers infolge des Widerrufs nicht mehr festgestellt ist und – wie gezeigt – auch nicht mehr zweifelsfrei besteht (s.o.). Dabei darf gemäß § 7 Abs. 6 LuftSiG unter anderem in Fällen des (im Fall des Antragstellers einschlägigen – s.o.) § 7 Abs. 1 Nr. 1 LuftSiG ohne eine abgeschlossene Zuverlässigkeitsüberprüfung, bei der keine Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen verbleiben, dieser Person kein Zugang zu nicht allgemein zugänglichen Bereichen des Flugplatzgeländes gewährt werden. Durch den streitgegenständlichen Widerruf (Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheides) liegt eine solche positive Zuverlässigkeitsfeststellung aber nicht mehr vor, so dass die streitgegenständliche Entziehung (Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheides) sich als zwingende Konsequenz hieraus darstellt. Wie das Luftamt zutreffend dargelegt hat, handelt es sich bei der Entscheidung über die Entziehung gemäß § 10 Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 6, Abs. 1 Nr. 1 LuftSiG um eine gebundene Entscheidung.
4. Der vollständig unterlegene Antragsteller hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).
5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 und Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verbindung mit Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit; vgl. BayVGH B.v. 10.8.2010 – 8 CS 10.1566 – juris Rn. 22).


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