Verwaltungsrecht

Widerruf einer Waffenbesitzkarte, waffenrechtliche Unzuverlässigkeit, Verstoß gegen waffenrechtliche Aufbewahrungspflichten.

Aktenzeichen  24 ZB 20.2219

Datum:
14.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 42500
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 45 Abs. 2
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b
WaffG § 36

 

Leitsatz

Verfahrensgang

RN 4 K 19.1326 2020-08-18 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.250,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin wendet sich gegen den mit Bescheid des Beklagten vom 27. Juni 2019 verfügten Widerruf ihrer Waffenbesitzkarten.
Den waffenrechtlichen Maßnahmen des Beklagten vorangegangen war zunächst eine polizeiliche Durchsuchung des klägerischen Anwesens am 9. März 2019 anlässlich des Vorwurfs eines Nachbarn, der Ehemann der Klägerin habe ihn im Rahmen einer Auseinandersetzung mit einem Schlagstock verletzt. Hierbei stellte die Polizei sämtliche aufgefundenen Schusswaffen sicher. Ein in der Garage befindlicher Schrank zur Lagerung von Munition konnte nicht geöffnet werden, da der Schlüssel nicht auffindbar war. Am Folgetag teilte der Ehemann der Klägerin der Polizei telefonisch mit, er habe bei sich zuhause drei weitere Gewehre aufgefunden. Die Polizei stellte daraufhin im Keller des Hauses in einem alten unversperrten Küchenschrank drei Schrotflinten fest, die in Gewehrkoffern lagen. Im Waffentresor im Keller fand die Polizei die in der Waffenbesitzkarte der Klägerin eingetragene Waffe „FN Browning Bruck Mark“. Diese hatte sich bei der Durchsuchung am Vortag noch nicht dort befunden. Die Klägerin und ihr Ehemann machten keine Angaben dazu, wo sich diese Waffe vorher befunden hatte. Die Polizei fertigte an diesem Tag mehrere Fotos des betreffenden Raumes an.
Die Klägerin hat gegen den Bescheid vom 27. Juni 2019 Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 18. August 2020 abgewiesen hat. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 27. Juni 2019 erweise sich als rechtmäßig, weil die Klägerin im waffenrechtlichen Sinne unzuverlässig geworden sei. Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG lägen vor. Die Klägerin sei waffenrechtlich unzuverlässig (§ 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG). Sie habe ihre Pflicht zur sicheren Aufbewahrung von Waffen gemäß § 36 WaffG verletzt. Diese Zuwiderhandlung sei auch gröblich.
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzziel weiter. Sie ist der Auffassung, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Außerdem lägen Verfahrensmängel vor.
Der Beklagte – Landesanwaltschaft Bayern – ist dem Antrag entgegengetreten und verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Akten des Beklagten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 VwGO liegen nicht vor.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Der Bescheid des Beklagten vom 27. Juni 2019, mit dem u.a. der Widerruf der auf die Klägerin ausgestellten Waffenbesitzkarten verfügt wurde, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 VwGO). Der Senat folgt den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils und nimmt gem. § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO darauf Bezug. Lediglich ergänzend ist im Hinblick auf das Zulassungsvorbringen zu bemerken:
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, das Verwaltungsgericht lege einen Sachverhalt zu Grunde, der mit ihr nichts zu tun habe, und ziehe zu Unrecht aus dem Verhalten ihres Ehemanns Rückschlüsse auf ihre waffenrechtliche Zuverlässigkeit. Es komme auch nicht darauf an, ob man die Tatsache des Kaufes eines Waffenschrankes gemeldet habe oder einen Kaufbeleg für den Waffenschrank finde oder nicht. Man habe sie in diesem Zusammenhang nicht befragt. Sie habe ihre Waffe in einem weiteren zugelassenen Sicherheitsbehältnis der Stufe B und damit korrekt gelagert. Auf die Frage der Platzierung des betreffenden Stahlschrankes komme es nicht an. Es sei eine irrige Annahme, sie habe den Schlüssel zum Munitionsschrank „verlegt“. Bei der Anwesenheit der Polizei in der Wohnung des Ehepaares sei es nur um das Verhalten ihres Ehemanns gegangen. Dieser habe den Schlüssel zum Munitionsschrank nicht bei sich gehabt, da er zuvor seine Hose gewechselt habe und der Schlüsselbund in der Hosentasche der ausgezogenen Hose gewesen sei.
Dieses Vorbringen verhilft ihrem Zulassungsbegehren nicht zum Erfolg.
Rechtsgrundlage für den Widerruf der Waffenbesitzkarten der Klägerin ist § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach ist eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Zu den unabdingbaren Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis gehört auch, dass der Betroffene die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG), was unter anderem dann nicht der Fall ist, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die betreffende Person mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG).
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG erfüllt sind. Die Klägerin hat ihre Pflicht zur sicheren Aufbewahrung von Waffen gemäß § 36 Abs. 1 WaffG verletzt. Diese Zuwiderhandlung ist auch als gröblich anzusehen.
Die im Zulassungsverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 124a Abs. 5 VwGO), geben keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Entscheidung zu zweifeln.
Das Verwaltungsgericht hat eine Gesamtschau der aus der Akte ersichtlichen und in das Verfahren eingeführten Faktoren angestellt und ist hierauf basierend zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin die Pistole „FN Browning Bruck Mark“ nicht in der vorgeschriebenen Weise gelagert hat. Des Weiteren hat das Verwaltungsgericht berücksichtigt, dass die Klägerin und ihr Ehemann nach Schilderung der Polizei den Schlüssel zum Munitionsschrank „verlegt“ hatten und den Polizisten daher keinen Zugang gewähren konnten.
Soweit die Klägerin vorträgt, es komme nicht darauf an, ob man die Tatsache des Kaufes eines Waffenschrankes gemeldet habe oder einen Kaufbeleg für den Waffenschrank finde oder nicht, vermag dies die Richtigkeit der Entscheidung nicht in Frage zu stellen, weil das Verwaltungsgericht dies nicht als entscheidungserheblich angesehen hat (UA S. 9). Entscheidungserheblich für das Verwaltungsgericht war vielmehr, dass die Angaben der Klägerin zur Waffenaufbewahrung widersprüchlich waren und die Klägerin diese Widersprüche nicht klären konnte. Wer Waffen oder Munition besitzt, hat gemäß § 36 Abs. 1 WaffG die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Nach § 36 Abs. 3 WaffG hat der Waffeninhaber der Waffenbehörde die geforderten Modalitäten der Aufbewahrung nachzuweisen. Die Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung ist erst dann gegeben, wenn sie von der Behörde hinreichend überwacht werden kann (Steindorf/Gerlemann, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 36 WaffG Rn. 10). Die Klägerin hat zwar behauptet, die Waffe habe bei der Kontrolle am 9. März 2019 in einem Stahlschrank der Sicherheitsstufe B gelegen. Aufgrund der Gesamtumstände ist das Verwaltungsgericht jedoch in zulassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gekommen, dass die betreffende Waffe tatsächlich zum fraglichen Zeitpunkt nicht ordnungsgemäß gelagert war. Des Weiteren hat das Verwaltungsgericht den Umstand, dass die Klägerin und ihr Ehemann den Munitionsschrank nicht öffnen konnten, zu Recht zu Lasten der Klägerin gewertet. Entgegen der Ansicht der Klägerin hat das Verwaltungsgericht hier nicht Fehlverhalten des Ehemanns der Klägerin zu Last gelegt, sondern ging von einer Verantwortung beider Eheleute für die sorgfältige Verwahrung des betreffenden Schlüssels aus. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, der Munitionsschrank gehöre allein ihrem Ehemann und sei nur von ihm genutzt worden. Nach den vorliegenden Behördenakten ist von einer gemeinschaftlichen Aufbewahrung von Waffen und Munition durch die Eheleute auszugehen (vgl. § 13 Abs. 8 AWaffV).
Im Kern greift die Klägerin mit ihrem Vortrag die Beweiswürdigung des Gerichts an. Hiermit vermag sie aber keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zu begründen, da das Gericht gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet und bei der Würdigung aller erheblichen Tatsachen frei ist (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 108 Rn. 4). Soweit eine fehlerhafte Überzeugungsbildung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, genügt für den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO allein der Vortrag, die Tatsachen seien anders als vom Verwaltungsgericht angenommen oder der Sachverhalt sei anders zu bewerten, nicht. Mit Einwänden gegen die freie, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnene richterliche Überzeugung wird die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts erst dann in Frage gestellt, wenn Gründe dafür aufgezeigt werden, dass die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Überzeugungsbildung fehlerhaft ist, etwa weil das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich von einem unzutreffenden bzw. auch unzureichend ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist oder die Beweiswürdigung gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweist (BayVGH, B.v. 23.4.2020 – 10 ZB 20.752 – juris Rn. 10; B.v. 13.1.2020 – 10 ZB 19.1599 – juris Rn. 7). Letzteres ist insbesondere bei einer Verletzung von Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, gegebenenfalls heranzuziehenden gesetzlichen Beweisregeln oder sachwidriger Beweiswürdigung anzunehmen (BayVGH, B.v. 25.10.2017 – 5 ZB 17.340 – juris Rn. 39; OVG Berlin-Bbg, B.v. 29.9.2017 – OVG 5 N 40.16 – juris Rn. 9). Derartige Mängel zeigt die Begründung des Zulassungsantrags jedoch nicht auf.
Die Klägerin unterstellt dem Verwaltungsgericht, dieses gehe von irrelevanten Vermutungen aus. Letztlich bleibt allerdings nach dem Vortrag im Zulassungsantrag ungeklärt, wie es zu den Widersprüchen, die das Verwaltungsgericht aufzeigt, gekommen ist und wie sich der Sachverhalt tatsächlich zugetragen haben soll. Die Klägerin behauptet weiterhin, sie habe die fragliche Pistole in einem „weiteren Stahlschrank der Sicherheitsstufe B“ gelagert, und führt ausführlich dazu aus, dass es völlig unerheblich sei, ob dieser Schrank der Behörde gemeldet worden sei, wann er gekauft worden sei, wann er wo platziert worden sei und warum sich die Waffe am nächsten Tag (nach der ersten Kontrolle) in einem anderen Waffenschrank befunden habe. Hierbei übersieht die Klägerin, dass das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung eine Gesamtschau angestellt und insbesondere die Widersprüchlichkeit der Angaben der Klägerin in den Blick genommen hat. In diesem Zusammenhang erscheint schon die Platzierung des Waffenschranks, in dem die fragliche Waffe angeblich vor dem 10. März 2019 aufbewahrt wurde, mehr als fraglich, da bei der Kontrolle am 10. März 2019 Lichtbilder gefertigt wurden, die mit der Schilderung der Klägerin nicht in Einklang zu bringen sind. Hierzu verhält sich das Zulassungsvorbringen im Konkreten nicht. Vielmehr bleibt der Vortrag vage und beschränkt sich darauf zu behaupten, es sei völlig egal, ob der Stahlschrank am Vortag an dieser Stelle gestanden sei oder nicht. Damit kann die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts nicht erfolgreich in Frage gestellt werden. Entgegen der Darstellung der Klägerin hat das Verwaltungsgericht ihr auch nicht das Verhalten ihres Ehemannes in unzulässiger Weise zur Last gelegt. Zum Verhalten des Ehemannes wird in dem angefochtenen Urteil insoweit ausgeführt, als es aus Verständnisgründen erforderlich ist. Soweit es um den Schlüssel zum Munitionsschrank geht, hat das Verwaltungsgericht auf ein Versäumnis beider Eheleute abgestellt. Warum man dieses ausschließlich dem Ehemann zur Last legen sollte, erschließt sich nicht.
2. Auch ein Verfahrensmangel gem. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt nicht vor.
Die Klägerin behauptet das Vorliegen von Verfahrensfehlern im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO und führt hierzu aus, das Verwaltungsgericht habe der Entscheidung einen falschen Sachverhalt, angebliches Fehlverhalten ihres Ehemanns und völlig irrige Rechtsauffassungen zu Grunde gelegt. Es habe nicht haltbare Mutmaßungen angestellt und nach seiner eigenen Meinung, nicht aber nach geltendem Recht entschieden. Hiermit rügt die Klägerin keinen Verstoß gegen eine Verfahrensvorschrift, sondern die aus ihrer Sicht fehlerhafte Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung. Soweit die Klägerin meint, im Urteil seien unrichtige tatsächliche Feststellungen enthalten, könnte sie dies mittels eines fristgebundenen Antrags auf Berichtigung nach § 119 VwGO geltend machen. Ein Verfahrensmangel liegt insoweit nicht vor (vgl. BVerwG, U.v. 21.9.2000 – 2 C 5/99 – juris Rn. 31 m.w.N.). Inwieweit das Verwaltungsgericht aufgrund des behaupteten unzutreffenden Sachverhalts eine mangelhafte Überzeugungsbildung vorgenommen hätte, legt die Klägerin nicht dar.
Mit ihrem Vortrag, das erstinstanzliche Urteil sei deshalb falsch, weil das Verwaltungsgericht keine mündliche Verhandlung durchgeführt und die seitens der Klägerin angebotenen Zeugen nicht vernommen hätte, macht die Klägerin sinngemäß ebenfalls das Vorliegen von Verfahrensfehlern geltend. Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (§ 138 Nr. 3, § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) nicht dadurch verletzt, dass es nicht aufgrund einer mündlichen Verhandlung entschieden hat (§ 101 Abs. 1 VwGO). Denn mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO). Ein solches Einverständnis hat der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mit Schriftsätzen vom 18. Mai 2020 (Bl. 44 der VG-Akte) und vom 4. August 2020 (Bl. 53 f. der VG-Akte) erklärt. Die Einverständniserklärung ist eine Prozesshandlung, die grundsätzlich unwiderruflich ist (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO,15. Aufl. 2019, § 101 Rn. 7). Ob ein Widerruf möglich ist, wenn sich die Prozesslage wesentlich ändert, kann vorliegend offenbleiben, weil weder ein Widerruf noch eine wesentliche Änderung der Prozesslage vorliegt. Zwar muss das Gericht unter bestimmten Umständen trotz erklärten Verzichts eine mündliche Verhandlung durchführen. Auch in einem solchen Fall liegt aber bei Erlass einer gerichtlichen Entscheidung ohne mündliche Verhandlung keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor, da die Beteiligten auch im schriftlichen Verfahren ausreichend Gelegenheit haben, das aus ihrer Sicht für ihre Rechtsverfolgung Notwendige sowohl im Tatsächlichen als auch im Rechtlichen vorzutragen (BayVGH, B.v. 21.9.2017 – 4 ZB 17.31091 – juris Rn. 3).
Soweit die Klägerin die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht erhebt, obwohl sie bereits in der Vorinstanz anwaltlich vertreten war und keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat, muss sie insbesondere darlegen, warum sich dem Tatsachengericht aus seiner für den Umfang der verfahrensrechtlichen Sachaufklärung maßgeblichen materiell-rechtlichen Sicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung in der gezeigten Richtung hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 5.3.2010 – 5 B 7.10 – juris Rn. 9 m.w.N.). Die Rüge unzureichender Sachaufklärung stellt kein Mittel dar, um insbesondere das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen in einer mündlichen Verhandlung zu kompensieren. § 86 Abs. 2 VwGO verpflichtet das Gericht nur über die in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich zur Sitzungsniederschrift gestellten unbedingten Beweisanträge durch einen zu begründenden Beschluss zu entscheiden, dagegen nicht über (nur) in vorbereitenden Schriftsätzen angekündigte Beweisanträge. Durch den Verzicht auf mündliche Verhandlung hat die Klägerin zu erkennen gegeben, dass sie an den Beweisangeboten nicht länger festhält (vgl. BVerwG, B.v. 10.10.2013 – 1 B 15.13 – juris Rn. 9). Dann bestimmt das Gericht den Umfang seiner Aufklärung nach seinem pflichtgemäßen Ermessen. Die Grenzen dieses Ermessens überschreitet das Gericht nur, wenn es eine Ermittlung unterlässt, die sich nach den Umständen des Falles von seinem Rechtsstandpunkt aus aufdrängen musste, d. h. wenn die bisherigen Tatsachenfeststellungen seine Entscheidung noch nicht sicher tragen (vgl. BayVGH, B.v. 5.2.2016 – 7 ZB 15.1073 – juris Rn. 11 m.w.N.). Im Zulassungsantrag wird weder dargelegt, hinsichtlich welcher konkreten tatsächlichen Umstände der Aufklärungsbedarf bestanden hat, noch welche für geeignet und erforderlich gehalten Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und dass bereits im erstinstanzlichen Verfahren ein Beweisantrag gestellt worden ist oder dass sich dem erstinstanzlichen Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne weiteres Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Das Verwaltungsgericht sah für weitere Ermittlungen, wie in der Entscheidung (UA Seite 8) deutlich gemacht, keine Erforderlichkeit.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 GKG, § 47 Abs. 1 u. 3 GKG und Nr. 20.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von 2013, abgedruckt bei Eyermann, VwGO, und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben