Verwaltungsrecht

Widerruf einer Waffenbesitzkarte, Zuverlässigkeit (verneint), Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe.

Aktenzeichen  24 CS 21.2151

Datum:
23.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 30950
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 45 Abs. 2
WaffG § 5 Abs. 2 Nr. 1a

 

Leitsatz

Verfahrensgang

B 1 S 21.709 2021-07-22 Bes VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragssteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.625,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 3. Mai 2021, mit dem u.a. seine Waffenbesitzkarte widerrufen wurde.
Das Verwaltungsgericht hat seinen entsprechenden Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz mit Beschluss vom 22. Juli 2021 abgelehnt. Der Antragssteller, der wegen Beihilfe zur Untreue in zwei tatmehrheitlich begangenen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten rechtskräftig verurteilt worden ist, sei aufgrund dessen nachträglich im waffenrechtlichen Sinne unzuverlässig geworden. Es liege ein Fall der Regelunzuverlässigkeit gem. § 5 Abs. 2 Nr. 1a WaffG vor. Nach der gebotenen summarischen Prüfung werde sich der angefochtene Bescheid deshalb aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen; ein überwiegendes privates Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage bestehe nicht.
Mit der Beschwerde verfolgt der Antragssteller sein Rechtsschutzziel weiter. Er hat beantragt,
1. den angegriffenen Beschluss aufzuheben,
2. die aufschiebende Wirkung der Klage im Hinblick auf den angegriffenen Bescheid des Landratsamtes vom 3. Mai 2021 wiederherzustellen.
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei er waffenrechtlich zuverlässig. Die ihm vorgeworfene Tat vom 4. Juli 2011 liege zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses neun Jahre und zehn Monate zurück. Die Umstände der Tat seien einseitig zu seinen Lasten gewichtet worden. Seine geschäftliche Unerfahrenheit finde zu wenig Beachtung. Er habe auf Wunsch des Organs seines Vertragspartners gehandelt, ohne die damit möglicherweise für ihn entstehenden strafrechtlichen und steuerlichen Verwicklungen zu erkennen. So habe es auch die Bußgeld- und Strafsachenstelle des zuständigen Finanzamtes gesehen und ein dort eingeleitetes Verfahren wegen geringer Schuld gemäß § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 500,- Euro eingestellt. Seither habe sich seine persönliche und kaufmännische Befähigung deutlich verfestigt. Beruflich sei er auf den Zugang zur Jägerschaft angewiesen. Er zeige großes soziales Engagement, u.a. in Kamerun.
Der Antragsgegner – Landesanwaltschaft Bayern – hat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen
und verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die im Beschwerdeverfahren fristgerecht dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt, rechtfertigen die begehrte Abänderung der angefochtenen Entscheidung nicht. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes davon ausgegangen, dass der Antragsteller aufgrund des gegen ihn verhängten Strafbefehls im waffenrechtlichen Sinne unzuverlässig geworden ist, dass sich der angefochtene Widerrufsbescheid aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen wird und eine Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO nicht in Betracht kommt. Der Senat nimmt deshalb zunächst Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Beschlusses und sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Lediglich ergänzend bleibt im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen zu bemerken:
Rechtsgrundlage für den Widerruf der Waffenbesitzkarte des Antragstellers ist § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach ist eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Zu den unabdingbaren Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis gehört auch, dass der Betroffene die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG), was in der Regel u.a. dann nicht der Fall ist, wenn er wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe, Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist oder bei dem die Verhängung von Jugendstrafe ausgesetzt worden ist, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind (§ 5 Abs. 2 Nr. 1a WaffG).
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht nach summarischer Prüfung festgestellt, die Voraussetzungen dieser Vorschriften seien im Fall des Antragstellers erfüllt und ein Ausnahmefall, der ein Absehen von der gesetzlichen Regelvermutung rechtfertigen könnte, liege nicht vor. Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang einwendet, die Umstände der Tat, der Zeitablauf, seine Persönlichkeit und die Bedeutung der Jagd für seine Berufstätigkeit seien unzutreffend gewürdigt worden, trifft dies nicht zu. Denn sowohl der Antragsgegner als auch das Verwaltungsgericht haben sich in dem streitgegenständlichen Bescheid (dort auf S. 4 ff.) bzw. dem angefochtenen Beschluss (BA S. 8 ff.) ausführlich u.a. mit den Tatumständen, dem Zeitablauf und auch der Bedeutung der Jagd für die beruflichen Ambitionen des Antragstellers befasst. Anders als dieser ist jedoch insbesondere das Verwaltungsgericht zu dem Schluss gekommen, die Tat habe weder Bagatellcharakter noch sei aufgrund des Zeitablaufs von einem Ausnahmefall auszugehen. Auch sei nicht dargelegt, inwieweit die Waffenbesitzkarte für die berufliche Tätigkeit des Antragstellers notwendig sei.
Diese Einschätzung teilt der erkennende Senat. Soweit der Antragsteller darüber hinaus geltend macht, seine kaufmännische Betätigung habe sich verfestigt und er engagiere sich im sozialen Bereich, unter anderem in Afrika, ist dies nicht geeignet, die Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit zu widerlegen. Der Gesetzgeber sieht ansonsten beanstandungsfreies Verhalten als Regelfall an (OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 30.6.2010 – OVG 11 S 5.09 – juris Rn. 5).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Nrn. 1.5 und 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom 18. Juli 2013 (abgedruckt bei Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, Anhang) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben