Verwaltungsrecht

Widerruf von Waffenbesitzkarten

Aktenzeichen  21 CS 19.966

Datum:
18.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 31423
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 2 Abs. 2, § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 2 Nr. 5, § 10 Abs. 4 S. 1, § 13 Abs. 1, Abs. 6, § 45 Abs. 2 S. 1
BJagdG § 15 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Es liegt ein gröblicher Verstoß gegen waffenrechtliche Vorschriften vor, wenn eine Waffe ohne erforderliche waffenrechtliche Erlaubnis geführt wird und der Betroffene auch nicht die Privilegierung gem. § 13 Abs. 6 WaffG für sich in Anspruch nehmen kann, weil er keinen gültigen Jagdschein besitzt; Jäger sind gem. § 13 Abs. 1 WaffG Inhaber eines gültigen Jagdscheins iSd § 15 Abs. 1 Satz 1 BJagdG.  (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 4 S 19.470 2019-04-16 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. In Abänderung von Nr. III des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 16. April 2019 wird der Streitwert für das Antragsverfahren und das Beschwerdeverfahren jeweils auf 1.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen waffenrechtliche Anordnungen.
Der Antragsteller ist Inhaber zweier Waffenbesitzkarten (neun Langwaffen, eine Kurzwaffe). Sein Jagdschein wurde zuletzt am 24. April 2017 bis zum 31. März 2018 verlängert. Mit Schreiben vom 9. Mai 2018 wies das Landratsamt Landshut den Antragsteller darauf hin, dass ohne gültigen Jagdschein kein Bedürfnis zum Besitz von Munition bestehe und der Besitz von Munition ohne Berechtigung strafbar sei. Bei einer Verkehrskontrolle am 28. Mai 2018 stellten die Polizeibeamten fest, dass sich auf dem Rücksitz des Pkws des Antragstellers ein Jagdgewehr befand, das mit drei Schuss im Magazin unterladen war, woraufhin der Antragsteller einräumte soeben von der Jagd zu kommen. Am 27. August 2018 gab der Antragsteller zehn Schuss Jagdmunition bei der Polizei ab und teilte mit, keine Munition mehr im Besitz zu haben. Ungeachtet dessen wurden am 29. August 2018 im Wohnanwesen des Antragstellers durch Polizeibeamte weitere 372 Schuss Munition sichergestellt. Das daraufhin eingeleitete Ermittlungsverfahren „wegen Vergehens nach § 52 Abs. 3 WaffG“ stellte die Staatsanwaltschaft Landshut gem. § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage von 1.000,00 EUR ein. Dem Antragsteller wurde zur Last gelegt, vorsätzlich ohne erforderliche waffenrechtliche Erlaubnis sowohl ein unterladenes Jagdgewehr außerhalb der Wohnung mit sich geführt zu haben (§ 52 Abs. 3 Nr. 2a WaffG) als auch erlaubnispflichtige Munition in Besitz gehabt zu haben (§ 52 Abs. 3 Nr. 2b WaffG).
Mit Bescheid vom 18. Februar 2019 widerrief das Landratsamt Landshut die für den Antragsteller ausgestellten Waffenbesitzkarten (Nr.1) und gab dem Antragsteller insbesondere unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (Nr.7) auf, innerhalb eines Monats nach Bescheidszustellung sowohl die Waffenbesitzkarten zurückzugeben (Nr. 2) als auch die eingetragenen Waffen dauerhaft unbrauchbar machen zu lassen oder einem i.S.d. Waffengesetzes Berechtigten zu übergeben und die Nachweise vorzulegen (Nr. 3).
Am 15. März 2019 hat der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg erhoben und einstweiligen Rechtsschutz beantragt.
Dagegen richtet sich die Beschwerde.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die im Beschwerdeverfahren fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Grundsatz beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) und die im Wesentlichen das im erstinstanzlichen Verfahren Vorgebrachte wiederholen, rechtfertigen es nicht, die angefochtene Entscheidung abzuändern oder aufzuheben. Der Senat verweist insoweit auf die Gründe des angegriffenen Beschlusses und macht sich diese zu eigen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:
1.1 Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers wendet ein, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht seinen Eilantrag nicht dahingehend ausgelegt, dass damit auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage im Hinblick auf den Widerruf der Waffenbesitzkarten beantragt worden sei. Im klageerhebenden Schriftsatz vom 13. März 2019 habe er „klargestellt“, dass der Antragsteller im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Sofortvollzug begehre.
Das Verwaltungsgericht hat das Antragsbegehren im einstweiligen Rechtsschutz zu Recht dem im Schriftsatz vom 13. März 2019 ausdrücklich gestellten Antrag entnommen. Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers hat beantragt, „Die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Ziffern 2 und 3 des Bescheids vom 14.02.2019 wird wieder hergestellt.“ Zur Begründung des Eilantrags hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers kurz ausgeführt: „3. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Der Sofortvollzug ist rechtswidrig, da die Interessen der Öffentlichkeit an der sofortigen Unterbindung des Waffenbesitzes hinter den Interessen des Betroffenen zurückzutreten haben.“
Aus dem anwaltlich formulierten Antrag ergibt sich eindeutig in welchem Umfang der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz begehrt. Es ist der sehr allgemein gehaltenen Begründung nicht zu entnehmen, dass die gewählte Antragsformulierung und das erkennbar verfolgte Ziel des Rechtsschutzbegehrens auseinanderfallen. Vielmehr spricht die Verwendung der Begriffe „Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung“ und „der Sofortvollzug ist rechtswidrig“ für ein Rechtsschutzbegehren entsprechend des gestellten Antrags (§ 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 VwGO).
1.2 Die Beschwerde führt weiter aus, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers ausgegangen (§ 45 Abs. 2 Satz 1, § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG). Der Antragsteller habe weder gröblich noch wiederholt gegen die Vorschriften des Waffengesetzes verstoßen (§ 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG). Das Vorbringen, die vom Antragsteller im Pkw transportierte Waffe sei nicht fertig geladen, sondern nur unterladen gewesen, führt nicht weiter. Auch eine unterladene Waffe ist schussbereit (vgl. Anlage 1 Abschnitt 2 Nr. 12 zum WaffG). Im Übrigen liegt der dem Antragsteller vorgeworfene gröbliche Verstoß gegen waffenrechtliche Vorschriften bereits darin, dass er ohne erforderliche waffenrechtliche Erlaubnis eine Waffe geführt hat (§ 2 Abs. 2, § 10 Abs. 4 Satz 1 WaffG). Da der Antragsteller zum Zeitpunkt der Verkehrskontrolle keinen gültigen Jagdschein mehr besaß, konnte er auch nicht die Privilegierung gem. § 13 Abs. 6 WaffG für sich in Anspruch nehmen. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (vgl. BA S. 6 bis 8) wird Bezug genommen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Gem. § 13 Abs. 1 WaffG sind Jäger Inhaber eines gültigen Jagdscheins i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 BJagdG. Dem Beschwerdevorbringen, dass sich der Antragsteller auf der Jagd befunden habe und die Privilegierung des § 13 Abs. 6 WaffG greife, kann daher schon im Ansatz nicht gefolgt werden.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
3. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an die Nrn. 50.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Vorliegend ist Gegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht der mit Bescheid vom 14. Februar 2019 verfügte Widerruf der Waffenbesitzkarten einschließlich aller getroffenen Folge- und Nebenentscheidungen, sondern der Antragsteller hat die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage nur gegen die unter Nr. 2 (Rückgabepflicht der Waffenbesitzkarten) und Nr. 3 (Unbrauchbarmachung oder des Überlassens an Berechtigte) getroffenen Anordnungen beantragt. Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert so berechnet als sei gegen alle im Bescheid getroffenen Anordnungen einstweiliger Rechtsschutz beantragt worden, d.h. es hat unabhängig von der Anzahl der in Streit befindlichen Waffenbesitzkarten einmalig 5.000,- EUR für eine Waffenbesitzkarte einschließlich einer Waffe angesetzt und für jede weitere in die Waffenbesitzkarte eingetragene Waffe einen Betrag von 750.- EUR hinzugerechnet (5.000.-EUR + 9x 750.-EUR). Dieser Betrag wurde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren halbiert, so dass sich ein Wert von 5.875.-EUR ergibt. Da Gegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens – wie ausgeführt – nur die genannten Anordnungen in einem selbständigen Verfahren waren, ist der vom Verwaltungsgericht errechnete Streitwert entsprechend der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache zu reduzieren. Ausgehend von diesen Grundsätzen hält der Senat im vorliegenden Fall einen Streitwert von 1.500.- EUR für angemessen (§ 52 Abs. 1 GKG). Die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts wurde von Amts wegen entsprechend geändert (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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