Verwaltungsrecht

Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse, Ungültigerklärung und Einziehung, Jagdschein, Verdacht fehlender persönlicher Eignung (Alkoholabhängigkeit), Nichtvorlage eines angeforderten Gutachtens

Aktenzeichen  M 7 S 21.4077

Datum:
22.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 48097
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
WaffG § 45 Abs. 2 S. 1
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2
WaffG § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
WaffG § 6 Abs. 2
AWaffV § 4 Abs. 6 S. 1
BJagdG § 18 S. 1
BJagdG § 17 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 9.875 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner am … August 2021 erhobenen Klage gegen den Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse und die Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins sowie die hierzu ergangenen Folgeanordnungen mit Bescheid des Landratsamts … (im Folgenden: Landratsamt) vom 30. Juni 2021.
Mit seit 22. Februar 1995 rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts … vom 16. Januar 1995 – …94 – wurde der Antragsteller wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 Abs. 1 und 2 StGB zu einer Geldstrafe von 45 Tagessätzen verurteilt. Der Antragsteller sei am … November 1994 gegen 17:37 Uhr mit dem Pkw mit dem Kennzeichen … auf der Staats straße … in Richtung L… gefahren, obwohl er, wie er hätte erkennen können, infolge vorangegangenen Alkoholgenusses nicht mehr in der Lage gewesen sei, das Fahrzeug sicher zu führen. Zwei dem Antragsteller am … November 1994 um 18.17 Uhr entnommenen Blutproben hätten Blutalkoholkonzentrationen im Mittelwert von 2,12 Promille und 2,07 Promille ergeben.
Mit seit 13. März 2002 rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts … vom 15. Januar 2002 wurde der Antragsteller wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr gemäß §§ 316 Abs. 1 und 2 StGB zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt. Daneben wurde dem Antragsteller gemäß §§ 69, 69a StGB die Fahrerlaubnis entzogen und der Führerschein eingezogen. Der Antragsteller sei am … November 2001 gegen 21:00 Uhr mit dem Pkw, Typ …, Kennzeichen …, auf der Kreisstraße … in Richtung U… gefahren, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig gewesen sei. Eine beim Antragsteller am … November 2001 um 21:17 Uhr entnommene Blutprobe habe eine Blutalkoholkonzentration von 1,55 Promille ergeben. Seine Fahruntüchtigkeit hätte der Antragsteller bei kritischer Selbstprüfung erkennen können und müssen. Durch die Tat habe er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen.
Per Mitteilung der Polizeiinspektion L… vom 29. Juli 2020 wurde das Landratsamt darüber informiert, dass der Antragsteller am 28. Juli 2020 mit dem Pkw …, amtliches Kennzeichen …, in P…, Ortsteil L…, einer allgemeinen Verkehrskontrolle unterzogen worden sei. Hierbei sei starker Alkoholgeruch wahrnehmbar gewesen. Ein freiwilliger Atemalkoholtest vor Ort habe einen Atemalkoholwert von 0,44 mg/Liter ergeben. Die Weiterfahrt sei unterbunden worden. Der gerichtsverwertbare Evidential-Test habe einen Atemalkoholwert von 0,48 mg/Liter ergeben. Der Betroffene sei vor Ort entlassen worden. In der Folge wurde eine Verkehrsordnungswidrigkeitenanzeige von der Polizeiinspektion L… erstattet.
Mit Schreiben des Landratsamts vom 22. September 2020, dem Antragsteller zugestellt am 26. September 2020, wurde dieser aufgefordert, bis spätestens 30. Oktober 2020 ein amts- oder fachärztliches oder fachpsychologisches Gutachten über seine persönliche Eignung zum Umgang mit Schusswaffen und Munition sowie zur Jagdausübung auf eigene Kosten vorzulegen. Da beim Antragsteller bereits bei drei Verkehrskontrollen Alkohol im Blut festgestellt worden sei, bestünden Zweifel an seiner persönlichen Eignung. Es wurde darauf hingewiesen, dass das Landratsamt im Falle einer Weigerung zur Untersuchung oder einer nicht fristgerechten (d.h. aus vom Antragsteller zu vertretenden Gründen) Vorlage des geforderten Gutachtens bei seiner Entscheidung auf dessen Nichteignung schließen dürfe.
Mit Schreiben an das Landratsamt vom 22. Oktober 2020 wiesen die bereits im Verwaltungsverfahren Bevollmächtigten des Antragstellers auf das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG hin. Nach dieser Vorschrift dürften Eintragungen über eine Verurteilung, die im Register getilgt worden sei oder zu tilgen sein, der betroffenen Person im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwendet werden. Die Eintragung über die Verurteilung vom … Januar 1995 sei unter Berücksichtigung der geltenden Tilgungsfrist von 5 Jahren nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG am 22. Februar 2000 getilgt worden. Hinsichtlich der weiteren Verurteilung sei die 5jährige Tilgungsfrist am 13. März 2007 abgelaufen. Somit dürften beide Voreintragungen nicht mehr zulasten des Antragstellers verwendet werden. Es verbliebe somit bei der Alkoholisierung des Antragstellers am … Juli 2020. Allein diese Alkoholisierung rechtfertige aber keine Bedenken gegen die persönliche Eignung, da der Promillewert unter 1,6 Promille liege. Eine Fristverlängerung bis zum 30. November 2020 werde beantragt.
Hierauf erwiderte das Landratsamt mit Schreiben vom … Oktober 2020. Die Verurtei lungen aus 1995 und 2002 sollten dem Antragsteller nicht zum Nachteil vorgehalten werden. Es werde auch nicht die waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG verneint, sondern die persönliche Eignung nach § 6 WaffG geprüft. Hier gehe es um Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass eine Person abhängig von Alkohol sei. Da beim Antragsteller bereits bei drei Verkehrskontrollen Alkohol im Blut festgestellt worden sei, bestünden deshalb Zweifel an der persönlichen Eignung. Schutzzweck des Waffengesetzes sei es, das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten und nur bei Personen hinzunehmen, die persönlich geeignet seien, mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen. Daher werde weiterhin die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Gutachtens über die persönliche Eignung des Antragstellers benötigt. Mit der Verlängerung der Frist zur Vorlage des Gutachtens bestehe Einverständnis. Die Aufforderung zur fristgerechten Vorlage eines Gutachtens wurde unter Hinweis auf die Folge des § 4 Abs. 6 Satz 1 Allgemeine Waffengesetz-Verordnung – AWaffV – bei nicht fristgerechter Vorlage wiederholt.
Mit Schreiben der Bevollmächtigten des Antragstellers an das Landratsamt vom …. November 2020 wurde u.a. ausgeführt, dass das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG auch im Rahmen der Überprüfung der persönlichen Eignung nach § 6 WaffG gelte. Das Vorhalte- und Verwertungsverbot umfasse die Verurteilung und die ihr zugrundeliegende Tat. Die Tat sei hierbei im strafprozessualen Sinn zu verstehen. Sie umfasse somit den gesamten einheitlichen geschichtlichen Vorgang, der Gegenstand der Urteilsfindung gewesen sei, soweit er nach natürlicher Auffassung einen einheitlichen Lebensvorgang darstelle. Das umfassende materiellrechtliche Vorhalte- und Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG bedinge, dass Tat und Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwertet werden dürften, wenn die Eintragung über die Verurteilung im Register bereits getilgt worden sei oder zu tilgen sei. Unter Vorhalten sei jede bloße Erörterung von Tat und Verurteilung zu verstehen und zwar sowohl in einer Hauptverhandlung, in einer mündlichen Verhandlung als auch in einem sonstigen Anhörungsverfahren. Die Strafbefehle vom … Januar 1995 und … Januar 2002 dürften dem Antragsteller nicht mehr vorgehalten werden. Dies betreffe nicht nur den Strafbefehl und die Verurteilung selbst, sondern den gesamten der Verurteilung zugrundeliegenden Sachverhalt, also auch die der Verurteilung zugrundeliegende Alkoholisierung des Antragstellers.
Nach gewährter Fristverlängerung bis zum 21. Januar 2021 teilte das Landratsamt mit Schreiben vom 13. Januar 2021 mit, dass weiterhin Zweifel an der persönlichen Eignung des Antragstellers bestünden. Die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Gutachtens über dessen persönliche Eignung werde weiter benötigt, um diese Eignungszweifel auszuräumen. Unter Verweis auf mehrere Gerichtsentscheidungen zur Verwertbarkeit von alkoholbezogenen Feststellungen wurde der Antragsteller abermals aufgefordert, ein amts- oder fachärztliches oder fachpsychologisches Gutachten über seine persönliche Eignung bis spätestens 7. Februar 2021 vorzulegen. Auf die Folge des § 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV wurde abermals hingewiesen.
Hierauf erwiderten die Bevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben vom … Ja nuar 2021 und führten u.a. aus, keiner der vom Landratsamt zitierten und übersandten Entscheidungen liege ein Fall zugrunde, in dem ein Vorhalte- und Verwertungsverbot gemäß § 51 Abs. 1 BZRG bestanden habe. Den Entscheidungen sei nicht zu entnehmen, dass das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG im Waffen- und Jagdrecht nicht gelten würde.
Mit E-Mail vom 22. Januar 2021 teilte das Landratsamt den Bevollmächtigten des Antragstellers mit, dass an der geäußerten Rechtsauffassung festgehalten werde. Für die Vorlage des angeforderten Gutachtens wurde unter Verweis auf § 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV Frist bis zum 17. Februar 2021 gesetzt.
Mit Schreiben der Bevollmächtigten des Antragstellers vom …. Februar 2021 wurde unter Widerspruch gegen die vom Landratsamt geäußerte Rechtsauffassung mitgeteilt, dass der Antragsteller sich mit einem geeigneten Sachverständigen in Verbindung gesetzt habe, um die Erstellung des angeforderten Gutachtens zu besprechen. Nach mehrmaliger Fristverlängerung zur Vorlage des Gutachtens bis zuletzt zum 31. Mai 2021, teilte das Landratsamt auf einen abermaligen Fristverlängerungsantrag mit Schreiben vom 21. Mai 2021 mit, dass einer nochmaligen Fristverlängerung nicht mehr zugestimmt werden könne.
Mit Schreiben des Landratsamts vom 22. Juni 2021 wurde den Bevollmächtigten des Antragstellers mitgeteilt, dass aufgrund der Nichtvorlage des angeforderten Gutachtens nunmehr beabsichtigt sei, den Jagdschein des Antragstellers für ungültig zu erklären und einzuziehen sowie die dem Antragsteller erteilten waffenrechtlichen Erlaubnisse zu widerrufen. Es wurde nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Mit Schreiben vom … Juni 2021 teilten die Bevollmächtigten des Antragstellers mit, dass an der bereits geäußerten Rechtsauffassung, wonach für die den Strafbefehlen zugrundeliegenden Sachverhalte ein Verwertungsverbot bestehe, festgehalten werde.
Mit Bescheid vom 30. Juni 2021, den Bevollmächtigten des Antragstellers zugestellt am 1. Juli 2021, erklärte das Landratsamt den für den Antragsteller ausgestellten Jagdschein Nr. …, gültig bis 31. März 2022, für ungültig (Nr. 1) und widerrief die für den Antragsteller ausgestellten Waffenbesitzkarten Nr. … und Nr. … (Nr. 2). Der Antragsteller wurde verpflichtet, dem Landratsamt innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Bescheids die in den Nrn. 1 und 2 genannten Erlaubnisdokumente zurückzugeben (Nr. 3). Weiter wurde dem Antragsteller aufgegeben, die sich in seinem Besitz befindlichen Schusswaffen sowie dazugehörige Munition innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Bescheids entweder unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen; darüber seien dem Landratsamt bis zum gleichen Zeitpunkt entsprechende Nachweise zu erbringen (Nr. 4). Für den Fall der Nichtbeachtung der in Nr. 3 des Bescheids getroffenen Anordnung werde ein Zwangsgeld i.H.v. 300,00 Euro je Dokument fällig (Nr. 5). Nach fruchtlosem Ablauf der in Nr. 4 genannten Frist werde die Sicherstellung der in den widerrufenen Waffenbesitzkarten eingetragenen Schusswaffen sowie der dazugehörigen Munition angeordnet (Nr. 6). Sichergestellte Schusswaffen und Munition würden eingezogen und vernichtet, sofern der Antragsteller nicht innerhalb eines Monats nach Sicherstellung einen empfangsbereiten Berechtigten benennen würde (Nr. 7). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1, 3, 4 und 6 des Bescheids wurde angeordnet (Nr. 8). Dem Antragsteller wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt (Nr. 9). Zudem wurden für den Bescheid Gebühren i.H.v. insgesamt 390,00 Euro festgesetzt (Nr. 10).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Behörde sei verpflichtet, den Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen, wenn nach Erteilung des Jagdscheins Tatsachen bekannt würden, die die Versagung nach § 17 Abs. 1 BJagdG begründeten (§ 18 BJagdG). Ein Jagdschein sei zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass der Antragsteller die persönliche Eignung nicht besitze (§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 WaffG). Seien Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die persönliche Eignung begründeten, so habe die zuständige Behörde nach § 6 Abs. 2 WaffG sowie § 17 Abs. 6 BJagdG der betroffenen Person auf deren Kosten die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses über die geistige oder körperliche Eignung aufzugeben. Das Landratsamt dürfe im Falle einer Weigerung zur Untersuchung oder einer nicht fristgerechten – d.h. aus von dem Antragsteller zu vertretenden Gründen – Vorlage des geforderten Gutachtens bei seiner Entscheidung auf die Nichteignung schließen (§ 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV. Da beim Antragsteller bereits bei drei Verkehrskontrollen Alkohol im Blut festgestellt worden sei, bestünden Zweifel an der persönlichen Eignung zum Umgang mit Schusswaffen und Munition bzw. zur Jagdausübung. Der Aufforderung, die Annahme dieser mangelnden persönlichen Eignung im Wege der Beibringung eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses über seine persönliche Eignung zum weiteren Besitz seiner erlaubnispflichtigen Schusswaffen sowie zum Führen von erlaubnisfreien Schusswaffen und Munition auszuräumen, sei der Antragsteller nicht nachgekommen. Daher dürfe das Landratsamt auf seine Nichteignung schließen. Die Anforderung des Gutachtens sei auch verhältnismäßig. Die Anforderung des Gutachtens sei geeignet, die geäußerten Bedenken durch Vorlage eines entsprechenden Gutachtens aufzulösen und entsprechend dem legitimen Zweck des Schutzes der Allgemeinheit vor Waffen und Munition in der Hand eines möglicherweise ungeeigneten Waffenbesitzers und Jägers zu gewährleisten. Sie sei auch erforderlich und angemessen. Insoweit sei zu beachten, dass in Anlehnung an die allgemeinen sicherheitsrechtlichen Grundsätze zur Gefahrenabwehr an den Grad der Bedenken keine überspannten Anforderungen gestellt werden dürften. Nach diesen allgemeinen Grundsätzen seien an die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer der zu erwartende Schaden sei. Die an das Vorliegen einer Gefahr zu stellenden Anforderungen hingen insbesondere auch von der Wertigkeit der betroffenen Rechtsgüter ab. Im Raum stehe die Gefährlichkeit von Waffenmunition in der Hand eines möglicherweise ungeeigneten Waffenbesitzers und Jägers für die Allgemeinheit, insbesondere auch hinsichtlich Leib und Leben Dritter. Dagegen verlange die Beibringung eines entsprechenden Gutachtens dem Waffenbesitzer nur einen verhältnismäßig geringen zusätzlichen finanziellen und persönlichen Einsatz ab. Daher seien relativ geringe Anforderungen an den Grad entsprechender Bedenken zu stellen. Dies gelte umso mehr, als die Anforderung eines fachpsychologischen Gutachtens dem Waffenbesitzer nicht per se die Erteilung eines Jagdscheins unmöglich mache. Es stehe ihm jederzeit frei, die von der Behördenseite angeführten Bedenken durch Vorlage des angeforderten Gutachtens auszuräumen. Die vorliegenden Umstände seien gemessen an diesem Maßstab ausreichend, um weiterhin entsprechende Bedenken in der persönlichen Eignung anzunehmen. Es sei zu berücksichtigen, dass es sich bei Alkoholismus um eine stets rückfallgefährdete, lebenslange Dauererkrankung handele. Eine speziell auf die Ermittlung des Umfangs dieser Rückfallgefahr gerichtete Begutachtung sei daher erforderlich. Der Jagdschein sei somit aufgrund der fehlenden persönlichen Eignung für ungültig zu erklären und einzuziehen. Die Waffenbesitzkarten seien aus den gleichen Gründen zu widerrufen gewesen. Die Anordnung der Rückgabe der Erlaubnisurkunde beruhe auf § 18 Abs. 1 BJagdG und § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG. Die Fristsetzung in Nr. 4 des Bescheids beruhe auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Binnen eines Monats nach Zustellung des Bescheids sei es dem Antragsteller zuzumuten, einen Berechtigten zu finden oder die Unbrauchbarmachung in Auftrag zu geben. Die Anordnung in Nr. 3 des Bescheids sei auf Grundlage von Art. 36 Abs. 1 und 3, Art. 37 VwZVG angeordnet worden. Die Anordnung in Nr. 6 des Bescheids beruhe auf § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG. Nr. 7 des Bescheids lasse sich auf Art. 46 Abs. 5 WaffG stützen. Die sofortige Vollziehung der Nrn. 2 und 5 des Bescheids ergebe sich kraft Gesetzes (§ 45 Abs. 5 WaffG, Art. 21a VwZVG). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1, 3, 4 und 6 des Bescheids habe in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens im öffentlichen Interesse gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet werden können. Das Interesse der Allgemeinheit, Straftaten zu verhüten und die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrechtzuerhalten, überwiege das private Interesse, bis zur Unanfechtbarkeit der gegen den Antragsteller verfügten Ungültigerklärung seines Jagdscheins sowie des verfügten Widerrufs seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse keine Beschränkung innerhalb der Nutzung der genannten Gegenstände hinnehmen zu müssen. Es bestehe ein überwiegendes Interesse daran, Inhabern von jagd- und waffenrechtlichen Erlaubnissen, die sich als unzuverlässig bzw. persönlich nicht geeignet erwiesen hätten, mit sofortiger Wirkung vom weiteren Umgang mit Waffen und Munition auszuschließen. Es könne nicht hingenommen werden, dass solche Personen ihren Jagdschein und Waffenbesitz bis zum rechtskräftigen Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, das sich unter Umständen längere Zeit hinziehen könne, aufrechterhielten. Der Schutz der Allgemeinheit vor einem unzuverlässigen bzw. persönlich nicht geeigneten Jagdscheininhaber und Waffenbesitzer sei regelmäßig höher einzustufen als das Interesse des ungeeigneten Erlaubnisinhabers, seinen Jagdschein und seine Waffenmunition vorläufig weiter behalten zu können. Insbesondere bei Verwaltungsakten, welche den Vollzug sicherheitsrechtlichen Vorschriften beträfen, rechtfertigten die Gründe, die für den Erlass des Verwaltungsakts sprächen, gleichzeitig grundsätzlich auch die Anordnung des sofortigen Vollzugs dieses Verwaltungsakts. Die Kostenentscheidung beruhe auf den einschlägigen Vorschriften des Kostenrechts.
Die Bevollmächtigten des Antragstellers haben am …. August 2021 Klage gegen den Bescheid vom 30. Juni 2021 erhoben (M 7 K 21.4076) und zugleich einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt.
Zur Begründung wird, im Wesentlichen unter Wiederholung des Vortrags im Verwaltungsverfahren, ausgeführt, die beiden seit etlichen Jahren getilgten Eintragungen dürften nach § 51 Abs. 1 BZRG nicht mehr zulasten des Antragstellers verwendet werden. Es bleibe somit der Bußgeldbescheid vom 17. September 2020 über eine einmalige Fahrt unter Alkoholeinfluss mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,25 mg/Liter oder mehr. Diese einmalige Alkoholfahrt rechtfertige weder die Ungültigerklärung des Jagdscheins noch den Widerruf der Waffenbesitzkarten. Aufgrund des Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG habe das Landratsamt bei seiner Entscheidung über die Ungültigerklärung des Jagdscheins und den Widerruf der Waffenbesitzkarten lediglich die Ordnungswidrigkeit vom … Juli 2020 und die Alkoholisierung des Antragstellers an diesem Tag zugrunde legen dürfen. Die Ungültigerklärung des Jagdscheins unter Widerruf der Waffenbesitzkarten seien daher zu Unrecht erfolgt. Gleiches gelte für die Aufforderung, die Waffenbesitzkarten zurückzugeben, die Schusswaffen und die dazugehörige Munition unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen und den dazugehörigen Nachweis vorzulegen. Der gestellte Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei begründet, da das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung des angegriffenen Bescheids überwiege. Dies ergebe sich insbesondere aus den überwiegenden Erfolgsaussichten der Klage.
Der Antragsteller beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes … vom 30. Juni 2021, Aktenzeichen …, dort Ziffern 1, 3, 4 und 6 wird wieder hergestellt.
Der Antragsgegner beantragt,
Der Antrag wird abgewiesen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, der Antragsteller sei seit 1995 Jagdscheininhaber und seit 1994 Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis und Waffenbesitzkarteninhaber. Da beim Antragsteller bereits bei drei Verkehrskontrollen (1994, 2001 und 2020) Alkohol im Blut festgestellt worden sei, bestünden Zweifel an der persönlichen Eignung zum Umgang mit Schusswaffen und Munition bzw. zur Jagdausübung. Der Aufforderung, die Annahme dieser mangelnden persönlichen Eignung im Wege der Beibringung eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses über die persönliche Eignung zum weiteren Umgang mit erlaubnispflichtigen Schusswaffen auszuräumen, sei der Antragsteller nicht nachgekommen. Daher dürfe der Beklagte gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV auf die Nichteignung schließen. Bereits das Bundeszentralregistergesetz selbst lasse Ausnahmen vom Verwertungsverbot zu. Nach § 52 Abs. 1 Nr. 2 BZRG dürfe eine frühere Tat abweichend von § 51 Abs. 1 BZRG berücksichtigt werden, wenn in einem erneuten Strafverfahren ein Gutachten über die Voraussetzungen der §§ 20, 21, 63, 64, 66, 66a oder 66b StGB zu erstatten sei, falls die Umstände der früheren Tat für die Beurteilung der Schuldfähigkeit oder Gefährlichkeit der betroffenen Person von Bedeutung seien. Auch dürfe eine frühere Tat in einem Verfahren, dass die Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand habe, berücksichtigt werden (§ 52 Abs. 2 Nr. 1 BZRG). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führe in seinem Beschluss vom 22. Februar 2010 – 21 Cs 09.2767 – zu einem Verstoß gegen eine strafprozessuale Beweiserhebungsvorschrift aus, dass ein Verstoß nicht zugleich zu einem Verbot führe, die Ergebnisse der Blutproben in waffen- und jagdrechtlichen Verfahren zu verwerten. Die Anforderungen an die Sachverhaltsaufklärung seien nämlich im repressiven strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und dem präventiven, der Gefahrenabwehr dienenden Verwaltungsverfahren im Waffen- und Jagdrecht keineswegs gleich ausgestaltet. Vor allem sei im der Gefahrenabwehr dienenden Waffen- und Jagdrecht maßgeblich und mit besonderem Gewicht das hochrangige öffentliche Interesse am Schutz der Allgemeinheit vor unzuverlässigen oder persönlich ungeeigneten Waffenbesitzern und Jägern zu beachten, da mit dem Waffenbesitz naheliegender Weise erhebliche Gefahren verbunden seien. Im Beschluss vom 5. Februar 2019 – 21 Cs 18.2168 – führe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof aus, dass wegen einer in der Vergangenheit zurückliegenden Alkoholproblematik bei einem neuerlich festgestellten Alkoholkonsum eine Gesamtschau vorgenommen werde und nicht einzelne Vorfälle isoliert betrachtet werden sollten. Das Verwaltungsgericht Würzburg führe mit Urteil vom 20. August 2015 – W 5 K 14.103 – aus, dass zu berücksichtigen sei, dass es sich bei Alkoholismus um eine stets rückfallgefährdete, lebenslange Dauererkrankung handele. Eine speziell auf die Ermittlung des Umfangs dieser Rückfallgefahr gerichtete Begutachtung sei daher schon im Grundsatz unabdingbar. Hinsichtlich des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage bestehe auf Seiten des Antragstellers kein Rechtsschutzbedürfnis. Der Antragsteller habe den Jagdschein und die Waffenbesitzkarten am Landratsamt abgegeben. Die Schusswaffen des Antragstellers seien an die Firma … überlassen worden. Die Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung ergäben sich entweder aus dem Gesetz bzw. seien vom Landratsamt richtigerweise umgesetzt worden. Zu den Details werde auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids verwiesen. Im Übrigen werde auf die beiliegende Behördenakte verwiesen.
Hierauf erwiderten die Bevollmächtigten des Antragstellers mit Schriftsatz vom 17. September 2021 und führten im Wesentlichen aus, die Ausnahmen, die § 51 Abs. 1 BZRG zulasse, seien abschließend in § 52 BZRG geregelt. Keine der in § 52 Abs. 1 und Abs. 2 BZRG geregelten Ausnahmen treffe zu. Es gehe vorliegend nicht um strafprozessuale Beweiserhebungsvorschriften und Verstöße hiergegen, sondern um ein Verwertungsverbot aus § 51 Abs. 1 BZRG, welches anders als bei strafprozessualen Beweiserhebungsvorschriften für alle Rechtsordnungen und somit auch für das Verwaltungsrecht gelte. Auch setze eine Gesamtschau voraus, dass hinsichtlich des in der Vergangenheit liegenden Sachverhalts kein Verwertungsverbot bestehe. Sei dies der Fall, könne keine Gesamtschau aus einem aktuellen Vorfall und in der Vergangenheit liegenden nicht verwertbaren Vorfällen vorgenommen werden. Der Antragsgegner könne sich nicht über das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG mit der Argumentation hinwegsetzen, dass die dem Verwertungsverbot unterliegenden Tatsachen bestimmte Annahmen begründen würden. Sowohl der Strafbefehl des Amtsgerichts … vom 15. Januar 2002 als auch der Strafbefehl des Amtsgerichts … vom 16.Januar 1995 unterlägen samt dem darin enthaltenen festgestellten Sachverhalt dem Verwertungsverbot und könnten daher nicht zur Beurteilung der Eignung des Antragstellers nach dem Waffengesetz und dem Bundesjagdgesetz herangezogen werden. Somit liege keine amtliche Feststellung einer Alkoholkonzentration von mindestens 1,6 Promille oder wiederholt von auch weniger als 1,6 Promille vor, die dem Antragsteller vorgehalten werden könnte.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Hauptsacheverfahren (M 7 K 21.4076) sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen. II.
Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist im Interesse des Antragstellers sachdienlich dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller begehrt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage insbesondere gegen den kraft Gesetzes (vgl. § 45 Abs. 5 WaffG) sofort vollziehbaren Widerruf der Waffenbesitzkarten in Nr. 2 des Bescheids vom 30. Juni 2021 anzuordnen und im Hinblick auf die im Bescheid für sofort vollziehbar erklärten Anordnungen in den Nrn. 1, 3, 4 und 6 des Bescheids wiederherzustellen (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO).
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen, im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei seiner Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem kraft Gesetzes bestehenden beziehungsweise von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht alleiniges Indiz für die vorzunehmende Interessenabwägung zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Hauptsacherechtsbehelf offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer (dann reinen) Interessenabwägung.
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage unbegründet, da die Anordnung der sofortigen Vollziehung bzgl. der Nrn. 1, 3, 4 und 6 des Bescheids vom 30. Juni 2021 formell rechtmäßig ist und das (teilweise kraft Gesetzes bestehende) öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner in der Hauptsache erhobenen Klage überwiegt.
Die behördliche Sofortvollziehbarkeitsanordnung betreffend die Nrn. 1, 3, 4 und 6 des Bescheids ist formell rechtmäßig. Die von der Behörde vorgebrachte Begründung – an die keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen sind (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55 m.w.N.) – genügt formell den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, da es sich dabei um eine auf den konkreten Fall abstellende, nicht lediglich formelhafte schriftliche Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts handelt. Es reicht dabei jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die anordnende Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet. Die Begründung muss kenntlich machen, dass sich die Behörde bewusst ist, von einem rechtlichen Ausnahmefall Gebrauch zu machen (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55).
Der Antragsteller hat nach Abwägung seines privaten Interesses mit dem öffentlichen Interesse keinen Anspruch auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins (Nr. 1 des Bescheids), des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnisse (Nr. 2 des Bescheids) sowie der in den Nrn. 3, 4 und 6 hierzu ergangenen Folgeanordnungen überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
Nach summarischer Prüfung bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins sowie des Widerrufs der Waffenbesitzkarten. Der Bescheid vom 30. Juni 2021 dürfte rechtmäßig sein und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier des Bescheidserlasses, abzustellen. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg der Klage in der Hauptsache kann daher nicht angenommen werden.
Nach summarischer Prüfung bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der in Nr. 1 des Bescheids angeordneten Ungültigerklärung des Jagscheins gemäß § 18 Satz 1 BJagdG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 WaffG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG.
Nach § 18 Satz 1 BJagdG ist die zuständige Behörde in Fällen des § 17 Abs. 1 BJagdG verpflichtet, den Jagdschein für ungültig zu erklären, wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheins begründen, erst nach Erteilung des Jagdscheins eintreten oder der Behörde, die den Jagdschein erteilt hat, bekannt werden. Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG darf nur ein Jagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG (Falknerjagdschein) erteilt werden, wenn die Zuverlässigkeit oder die persönliche Eignung im Sinne der §§ 5 und 6 WaffenG fehlen.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG besitzen Personen die erforderliche persönliche Eignung nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie abhängig von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln, psychisch krank oder debil sind. Sind Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die persönliche Eignung nach § 6 Abs. 1 WaffG begründen, so hat die zuständige Behörde nach § 6 Abs. 2 WaffG der betroffenen Person auf Kosten der betroffenen Person die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses über die geistige oder körperliche Eignung aufzugeben. Näheres hierzu ist in der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung geregelt (vgl. § 6 Abs. 4 WaffG). Nach § 4 Abs. 3 AWaffV teilt die Behörde dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel oder der die Bedenken begründenden Tatsachen hinsichtlich seiner persönlichen Eignung mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und ein Gutachten beizubringen hat. Der Betroffene hat die Behörde darüber zu unterrichten, wen er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Behörde übersendet zur Durchführung der Untersuchung auf Verlangen des Gutachters bei Vorliegen der Einwilligung des Betroffenen die zur Begutachtung erforderlichen ihr vorliegenden Unterlagen. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen oder bringt er der zuständigen Behörde das von ihr geforderte Gutachten aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht fristgerecht bei, darf die Behörde bei ihrer Entscheidung nach § 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV auf seine Nichteignung schließen, wenn er in der Beibringungsaufforderung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde. Der Schluss auf die Nichteignung ist aber nur zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (vgl. BayVGH, B.v. 15.8.2016 – 21 CS 16.1247 – juris Rn. 16).
Vorliegend dürfte das Landratsamt im Ergebnis zurecht nach § 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV auf die Nichteignung des Antragstellers geschlossen haben, da die Voraussetzungen für die Anforderung eines Gutachtens erfüllt sein dürften und der Antragsteller trotz entsprechender Aufforderung durch das Landratsamt das angeforderte Gutachten nicht vorgelegt hat.
Die dem Landratsamt bekannt gewordene Trunkenheitsfahrt des Antragstellers dürfte eine solche Tatsache darstellen, die geeignet ist, anlassbezogen Bedenken gegen dessen persönliche Eignung im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG zu begründen.
Der Antragsteller wurde bei einer Verkehrskontrolle am … Juli 2020 um 18:15 Uhr mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,48 mg/l (entspricht 0,96 Promille) beim Führen eines Kraftfahrzeugs angetroffen. Neben starkem Alkoholgeruch wurden von den jeweils kontrollierenden Beamten keinerlei Verhaltensauffälligkeiten wie etwa Fahrfehler oder andere alkoholtypische Ausfallerscheinungen dokumentiert. Zudem wurde in der Vergangenheit bereits in zwei Fällen eine hohe Blutalkoholkonzentration beim Antragsteller amtlich festgestellt (mindestens 2,07 Promille (1995) und 1,55 Promille (2002)).
Nach dem aktuellen Stand der Alkoholforschung ist davon auszugehen, dass eine Blutalkoholkonzentration ab 1,6 Promille auf deutlich normabweichende Trinkgewohnheiten und eine ungewöhnliche Giftfestigkeit hindeutet. Insoweit nennt auch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffenrecht (WaffVwV) vom 5. März 2012 als Beispiel für das Bekanntwerden von Tatsachen, die Bedenken gegen die persönliche Eignung im Sinn des § 6 WaffG begründen, die amtliche Feststellung einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,6 Promille (Nr. 6.3 WaffVwV). Ist eine solch hoher Promillewert amtlich festgestellt, genügt bereits die einmalige und erstmalige Verfehlung, um tatsachenbegründete Zweifel an der persönlichen Eignung zu begründen. Denn nach gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen der Alkoholforschung ist – auch bei nur einmaligem/erstmaligem Verstoß – davon auszugehen, dass Personen mit einer derart hohen Blutalkoholkonzentration deutlich normabweichende Trinkgewohnheiten haben und zur Risikogruppe überdurchschnittlich alkoholgewöhnter Kraftfahrer gehören, die im Straßenverkehr doppelt so oft alkoholauffällig werden wie andere Personen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der ähnlich gelagerten Problematik im Fahrerlaubnisrecht leiden Personen, die Blutalkoholwerte von 1,6 Promille und mehr erreichen, regelmäßig – auch wenn sie Ersttäter sind – an einer dauerhaften, ausgeprägten Alkoholproblematik, sodass die Erlaubnisbehörden in derartigen Fällen Art, Inhalt und Folgen einer möglichen Alkoholabhängigkeit des betreffenden Fahrerlaubnisinhabers und ihre Auswirkungen auf sein Verhalten im Straßenverkehr mit den erforderlichen und angemessenen Mitteln aufzuklären haben (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 8.11.2012 – 22 L 1486/12 – juris Rn. 15 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 27.9.1995 – 11C 34/94 – juris Rn. 14 m.w.N. und VG Augsburg, B.v. 15.6.2011 – Au 4 S 11.793, Au 4 S 11.795 – juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 15.8.2016 – 21 CS 16.1247 – juris Rn. 20; HessVGH, B.v. 22.11.2016 – 4 B 2306/16 – juris Rn. 13).
Daneben kann aber nicht nur die einmalige amtliche Feststellung eines entsprechend hohen Promillewerts, sondern auch die wiederholte amtliche Feststellung von weniger als 1,6 ‰ im Zusammenhang mit einer Verhaltensauffälligkeit (vgl. Nr. 6.3 WaffVwV) entsprechende Bedenken an der persönlichen Eignung begründen. Zugleich ist es aufgrund des nicht abschließenden Charakters von Nr. 6.3 WaffVwV (Wortlaut „z.B.“; vgl. BayVGH, B.v. 5.2.2019 – 21 CS 18.2168 – juris Rn. 13) nicht zwingend, dass immer auch eine alkoholbedingte Verhaltensauffälligkeit hinzutritt. Vielmehr können sich Bedenken gegen die persönliche Eignung auch aus einer Gesamtbetrachtung mehrerer Vorfälle mit Alkoholbezug ergeben, wenn die Umstände des Einzelfalls eine entsprechende Bewertung zulassen. So liegt der Fall hier. Denn für den Antragsteller wurden bereits in der Vergangenheit Blutalkoholkonzentrationen von mindestens 2,07 Promille (1995) und 1,55 Promille (2002) amtlich festgestellt. In der Gesamtschau dürfte daher der Vorfall amtlich festgestellter Trunkenheit im Straßenverkehr am 28. Juli 2020 mit 0,96 Promille, ohne dass Ausfallerscheinungen dokumentiert oder vorgetragen worden wären, den Schluss rechtfertigen, dass der Antragsteller regelmäßig Alkohol konsumieren und normabweichende Trinkgewohnheiten sowie eine ungewöhnliche Giftfestigkeit im Sinne einer Alkoholabhängigkeit aufweisen könnte.
Die Einbeziehung der amtlich festgestellten Promillewerte also solche dürfte auch § 51 Abs. 1 BZRG nicht entgegenstehen.
Gemäß § 51 Abs. 1 BZRG dürfen, wenn die Eintragung über eine Verurteilung im Bundeszentralregister getilgt worden oder zu tilgen ist, die Tat und die Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwertet werden. Das Vorhalte- und Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG umfasst demnach die Verurteilung und die ihr zugrundeliegende Tat. Die Tat ist hierbei im strafprozessualen Sinne zu verstehen, § 264 StPO. Sie umfasst den gesamten einheitlichen geschichtlichen Vorgang, der Gegenstand der Urteilsfindung war, soweit er nach natürlicher Auffassung einen einheitlichen Lebensvorgang darstellt (vgl. Bücherl in BeckOK StPO, BZRG, Stand: 1.10.2021, § 51 Rn. 16). Unter „Tat“ ist demnach der gesamte vom Eröffnungsbeschluss betroffene geschichtliche Lebensvorgang einschließlich aller damit zusammenhängenden oder darauf bezogenen Vorkommnisse und tatsächlichen Umstände zu verstehen, die geeignet sind, das in diesen Bereich fallende Tun des Betroffenen (Angeklagten) unter irgendeinem rechtlichen Gesichtspunkt als strafbar erscheinen zu lassen. Zu dem von der Anklage und dem darauf bezogenen Eröffnungsbeschluss erfassten einheitlichen geschichtlichen Vorgang gehört dementsprechend alles, was mit diesem nach der Auffassung des Lebens einen einheitlichen Vorgang bildet (vgl. VGH BW, B.v. 19.6.2017 – 1 S 846/17 – juris Rn. 10 m.w.N.). Die so verstandene Tat darf dem Betroffenen nach dem Eintritt des Verbots aus § 51 Abs. 1 BZRG zum einen nicht mehr „vorgehalten“ werden. Als „Vorhalt“ in diesem Sinne ist jede Erörterung der Tat im Rechtsverkehr zu verstehen. Die Tat darf im Rechtsverkehr zum anderen nicht mehr „verwertet“ werden. Eine solche Verwertung liegt stets vor, wenn aus der Tat (oder der Verurteilung) ungünstige Folgerungen gezogen werden. Dieses umfassende Verbot soll die Stigmatisierung des Betroffenen im Interesse einer Resozialisierung endgültig beseitigen und insbesondere verhindern, dass eine Tat nach Jahren oder Jahrzehnten anlässlich eines anderen Verfahrens der Öffentlichkeit wieder bekannt wird. Das Verbot hat zugleich eine entsühnende Wirkung. Es hat insbesondere zur Folge, dass eine getilgte Tat und Verurteilung nicht im Rahmen von Beweiswürdigungen als Indiz für die Begehung einer gleichartigen oder ähnlichen Tat herangezogen werden darf. Das gilt nicht nur im Straf-, sondern auch in Verwaltungsverfahren (vgl. VGH BW, B.v. 19.6.2017 – 1 S 846/17 – juris Rn. 11 m.w.N.). Das in § 51 Abs. 1 BZRG enthaltene umfassende Vorhalte- und Verwertungsverbot soll die betroffene Person als materiellrechtliche Folge der Tilgung nach dem Willen des Gesetzgebers endgültig vom Strafmakel einer Verurteilung befreien. Um seine Resozialisierung zu fördern und zu manifestieren, verfolgt die Regelung das Ziel, dass der Betroffene grundsätzlich als unbestraft behandelt werden muss (vgl. Bücherl in BeckOK StPO, BZRG, Stand: 1.10.2021, § 51 Vorbemerkung).
Ausgehend von diesen Maßstäben dürfte allein in der Heranziehung von in der Ver gangenheit amtlich festgestellten Promillewerten des Antragsstellers noch kein Verstoß gegen § 51 Abs. 1 BZRG zu sehen sein. Das umfassende Vorhalte- und Verwertungsverbot dürfte sich seinem Sinn und Zweck nach nur auf die Tat in ihrem Gesamtzusammenhang erstrecken, nicht hingegen auf einzelne aus diesem Gesamtzusammenhang herausgelöste Sachverhaltselemente, die als solche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt auf ein strafbares Verhalten des Betroffenen schließen lassen. Die Heranziehung solcher aus dem strafrechtlichen Kontext herausgelöster neutraler Einzeltatsachen kann weder zu einer Stigmatisierung des Betroffenen führen noch haftet diesen ein Strafmakel an, der geeignet wäre, die soziale Stellung des Betroffenen zu gefährden. Allein die Tatsache, dass beim Antragsteller in der Vergangenheit ein bestimmter Promillewert amtlich festgestellt wurde, lässt keinerlei Rückschluss auf einen zwingenden strafrechtlichen Bezug zu. Erst recht kann aus dieser Tatsache nicht auf eine konkret begangene und abgeurteilte Straftat geschlossen werden. Vielmehr ist schon ein konkretes Verhalten des Betroffenen als Grundvoraussetzung jeder „Tat“ nicht erkennbar.
Unschädlich dürfte es insoweit sein, dass das Landratsamt bei der erstmaligen Gut achtensaufforderung mit Schreiben vom 22. September 2020 unter Nennung der konkreten Vorstrafen sowie der zugrundeliegenden Taten das Vorhalte- und Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG nicht ausreichend beachtet haben dürfte, da die Eintragungen der beiden Verurteilungen im Zeitpunkt des Bescheidserlasses bereits aus dem Bundeszentralregister getilgt waren (vgl. Bl. 136 der Behördenakte: Auskunft-Ersuchen BZR vom 4.8.2020 – kein Eintrag). Denn gegenüber den Bevollmächtigten des Antragstellers hat das Landratsamt im Verwaltungsverfahren insoweit unter nochmaliger Aufforderung zur Gutachtensvorlage und unter Hinweis auf die Folge des § 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV klargestellt, dass es für die Eignungszweifel nicht maßgeblich auf die strafrechtlichen Verurteilungen, sondern auf die amtliche Feststellung einer Alkoholkonzentration ankomme. Vorliegend stützten sich die Eignungszweifel darauf, dass beim Antragsteller bereits bei drei Verkehrskontrollen – i.S.e. amtlichen Feststellung – Alkohol im Blut festgestellt worden sei (vgl. Schreiben vom 26.10.2020, Bl. 157 der Behördenakte). Ausgeschlossen dürfte es vorliegend sein, dass sich der anfängliche Mangel auf die Erstellung des Gutachtens zur Bewertung der persönlichen Eignung des Antragstellers durchgeschlagen hat, denn ein Gutachten hat der Antragsteller nicht vorgelegt.
Hervorzuheben ist, dass es insbesondere auch unschädlich sein dürfte, dass eine Aussage über eine bestehende Alkoholabhängigkeit des Antragstellers aus dem bekannt gewordenen Vorfall am … Juli 2020 nicht mit Sicherheit getroffen werden kann. Denn es ist gerade nicht erforderlich, dass eine fehlende persönliche Eignung bereits sicher feststeht. Vielmehr genügen insoweit bereits – wie hier gegebene – tatsachenbegründete Zweifel an der bestehenden Eignung (vgl. BayVGH, B.v. 5.2.2019 – 21 CS 18.2168 – juris Rn. 13). Das Landratsamt hat entsprechend den Widerruf der Waffenbesitzkarte rechtlich auch nicht auf eine feststehende Alkoholabhängigkeit des Antragstellers gestützt, sondern darauf, dass er ein wegen begründeter Bedenken gegen seine persönliche Eignung, die sich aus den in den Akten enthaltenen Tatsachen ergaben, zu recht angefordertes Gutachten trotz Aufforderung und Hinweises auf die Folgen nicht vorgelegt hat.
Zuletzt mit Schreiben vom 13. Januar 2021 wurde der Antragsteller zur Beibringung eines entsprechenden Gutachtens bis spätestens 17. Februar 2021 (zuletzt verlängert bis 31. Mai 2021) unter Verweis darauf, dass bei nicht fristgerechter Vorlage auf die Nichteignung des Betroffenen geschlossen werden darf, aufgefordert. Entgegen der Ankündigung, das vom benannten Gutachter erstellte Gutachten bis zum 21. Juni 2021 weiterleiten zu wollen, wurde ein Gutachten in der Folge nicht vorgelegt.
Die nicht fristgerechte Vorlage des Gutachtens hat der Antragsteller auch im Sinne des § 6 Abs. 4 WaffG i.V.m. § 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV zu vertreten. Gründe dafür, dass ihm die nicht erfolgte Vorlage des Gutachtens nicht vorzuwerfen wäre, bestehen nicht. Vielmehr hat der Antragsteller das Gutachten vorliegend trotz mehrmaliger Fristverlängerung nicht vorgelegt. Das Landratsamt hat trotz Ankündigung, dass eine weitere Fristverlängerung nicht möglich sei, noch bis zum in Aussicht gestellten Termin zur Weiterleitung des Gutachtens am 21. Juni 2021 zugewartet, bevor das Anhörungsschreiben im Widerrufsverfahren am 22. Juni 2021 erging. Die behördliche Anordnung der Beibringung eines Gutachtens dürfte auch verhältnismäßig gewesen sein. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der erheblichen Gefahren für hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit, die von einer Waffe in ungeeigneten Händen ausgehen können. Sie dient damit sowohl dem Schutz unbeteiligter Dritter, aber auch dem Schutz des Antragstellers selbst.
Da der Antragsteller auf die Folgen der nicht fristgerechten Vorlage mehrfach, zuletzt mit E-Mail vom 22. Januar 2021, hingewiesen worden war, dürfte das Landratsamt bei Erlass des streitgegenständlichen Bescheids zurecht auf seine Nichteignung zum Umgang mit Waffen geschlossen haben (§ 6 Abs. 4 WaffG i. V. m. § 4 Abs. 6 Satz 1 und Satz 2 AWaffV) und die Ungültigerklärung des Jagdscheins als zwingende gesetzliche Folge auszusprechen gehabt haben (vgl. § 18 Abs. 1 BJagdG).
Dementsprechend dürfte auch der in Nr. 2 des Bescheids angeordnete Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 WaffG rechtmäßig sein. Denn gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis, vorliegend die Waffenbesitzkarten nach § 10 Abs. 1 WaffG, zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 WaffG zu versagen, wenn der Antragsteller nicht die erforderliche persönliche Eignung i.S.v. § 6 WaffG besitzt. Dies dürfte – wie ausgeführt – vorliegend der Fall sein.
Schließlich dürften auch gegen die mit der Einziehung und Ungültigerklärung des Jagdscheins bzw. dem Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse verbundenen notwendigen Anordnungen in Nr. 3 (Verpflichtung zur Rückgabe der jagd- und waffenrechtlichen Erlaubnisse im Original), Nr. 4 (Verpflichtung zur Überlassung bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen und Munition) und Nr. 6 (Androhung der Sicherstellung) des Bescheids vom 30. Juni 2021 keine rechtlichen Bedenken bestehen. Die Folgeentscheidungen dienen der Umsetzung der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins bzw. des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnisse und stellen die tatsächliche Umsetzung des Entzugs der formellen Erlaubnisberechtigung durch sofortige Abgabe der Erlaubnisurkunden sicher. Soweit dem Landratsamt dabei Ermessen eingeräumt ist, sind Ermessensfehler nicht ersichtlich (vgl. zum diesbezüglichen Prüfungsumfang des Gerichts § 114 Satz 1 VwGO). Insbesondere erscheint die jeweils eingeräumte Frist von einem Monat nach Zustellung des Bescheids als angemessen.
Im Übrigen würde selbst bei offenen Erfolgsaussichten der Klage bei einer reinen Interessenabwägung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Verfügungen das Interesse des Antragstellers überwiegen.
In Fällen der gesetzlichen Sofortvollzugsanordnung – hier bzgl. Nr. 2 – unterscheidet sich die Interessenabwägung von derjenigen, die in den Fällen einer behördlichen Anordnung – hier bzgl. Nrn. 1, 3, 4 und 6 – stattfindet. Während im Anwendungsbereich von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bei der Interessenabwägung die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers für die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen bedeutsam wird, ist in Fällen der Nrn. 1 bis 3 zu beachten, dass hier der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Hat sich schon der Gesetzgeber für den Sofortvollzug entschieden, sind die Gerichte – neben der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache – zu einer Einzelfallbetrachtung grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist (vgl. BVerfG, B.v. 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 – juris Rn. 21 f.).
Bezogen auf die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins in Nr. 1 des Bescheids besteht bei der vorzunehmenden Abwägung ein Vorrang des öffentlichen Vollzugsinteresses. Insoweit ist die sofortige Vollziehung – anders als im Waffenrecht – zwar nicht schon gesetzlich angeordnet, weil das Bundesjagdgesetz eine Vorschrift wie § 45 Abs. 5 WaffG nicht enthält. Allerdings ist das öffentliche Vollzugsinteresse bei einer Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins mangels persönlicher Eignung inhaltlich deckungsgleich mit demjenigen des waffenrechtlichen Widerrufs. Denn der Jagdschein berechtigt unter den in § 13 Abs. 3 bis Abs. 6 WaffG erfassten Umständen ebenfalls zum Umgang mit Waffen. Mithin besteht auch hier ein öffentliches Interesse, nach einer Ungültigerklärung und Einziehung mangels persönlicher Eignung den weiteren Umgang mit Waffen nicht bis zu einem bestands- bzw. rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens hinzunehmen, sondern diesen aus Gründen der Sicherheit und Ordnung, die in § 45 Abs. 5 WaffG die Grundlage des gesetzlichen Sofortvollzugs bilden, sofort zu unterbinden (vgl. BayVGH, B.v. 25.8.2020 – 24 CS 20.1596 – juris Rn. 27 m.w.N.). Vorliegend ist auch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht erkennbar, dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das sofortige Vollzugsinteresse überwiegt.
Im Hinblick auf Nr. 2 des Bescheids (Widerruf der Waffenbesitzkarten) intendiert die gesetzliche Wertung des § 45 Abs. 5 WaffG bereits ein überwiegendes Vollzugsinteresse. Der Gesetzgeber hielt in dieser Fallgruppe die Anordnung der sofortigen Vollziehung für dringend angezeigt. In derartigen Fällen sei im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung immer eine umgehende Beendigung des Waffenbesitzes geboten bzw. ein höherwertiges legitimes Interesse an einem weiteren Waffenbesitz bis zum Eintritt von Bestands- oder Rechtskraft (u.U. mehrere Monate oder Jahre) überhaupt nicht zu erkennen. Den berechtigten Belangen der Betroffenen könnte in Ausnahmefällen durch eine abweichende (Eil-)Anordnung der Verwaltungsgerichte Rechnung getragen werden (vgl. BayVGH, B.v. 25.4.2018 – 21 CS 17.2459 – juris Rn. 29 unter Verweis auf BT-Drs. 16/7717, S. 33). Dies kommt hier aber nicht in Betracht. Der Antragsteller hat bezüglich des Widerrufs der Waffenbesitzkarten keine durchgreifenden Gründe vorgetragen, die auf besondere, über die im Regelfall mit der Anordnung sofortiger Vollziehung verbundenen Umstände hingewiesen hätten, aufgrund derer eine Abwägung zugunsten seiner privaten Interessen ausfallen müsste. Der im streitgegenständlichen Bescheid der Antragsgegnerin verfügte Widerruf dient dem besonderen Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit an einem sicheren und zuverlässigen Umgang mit Schusswaffen sowie Munition und daher dem Schutz überragender Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit der Bevölkerung. Gegenüber diesem gewichtigen öffentlichen Interesse hat das private Interesse des Antragstellers, auch unter Berücksichtigung der mit der Entscheidung für ihn verbundenen Auswirkungen als Jäger zurückzustehen.
Das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) besteht aus Gründen der Gefahrenabwehr regelmäßig auch für die mit der Widerrufsentscheidung verbundenen notwendigen Anordnungen. Denn diese Folgeentscheidungen stellen sicher, dass der kraft Gesetzes (§ 45 Abs. 5 WaffG) sofort vollziehbare Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis (vgl. insoweit BayVGH, B.v. 4.3.2016 – 21 CS 15.2718 – juris Rn. 17) sowie die für sofort vollziehbar erklärte Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins tatsächlich umgesetzt wird.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz – GKG – unter Berücksichtigung der Nrn. 1.5, 20.3 und 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Danach sind für die Waffenbesitzkarten einschließlich einer Waffe ein Betrag von EUR 5.000,- zzgl. EUR 750,- je weiterer Waffe (hier: 9 weitere Waffen) anzusetzen. Für den Entzug des Jagdscheins werden EUR 8.000,- angesetzt. Daraus errechnet sich für das Hauptsacheverfahren ein Gesamtstreitwert von EUR 19.750,00, der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes halbiert wird.


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