Verwaltungsrecht

Widerrufs einer Waffenbesitzkarte sowie Ungültigerklärung und Entziehung eines Jagdscheins

Aktenzeichen  24 CS 20.2370, 24 CS 20.2371

Datum:
10.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 32726
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2b, § 45 Abs. 2
BJagdG § 18
VwGO § 80 Abs. 5, § 93, § 122 Abs. 2 S. 3, § 146 Abs. 4 S. 6

 

Leitsatz

Schon ein einmaliger Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten kann die Feststellung waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit rechtfertigen. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 9 S 20.1382, W 9 S 20.1380 2020-10-06 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Die Verfahren 24 CS 20.2370 und 24 CS 20.2371 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
III. Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerdeverfahren.
IV. Der Streitwert für die Beschwerdeverfahren wird auf insgesamt 10.625,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 10. September 2020, mit dem unter anderem seine waffen- und jagdrechtlichen Erlaubnisse widerrufen bzw. für ungültig erklärt wurden.
Das Verwaltungsgericht hat seinen entsprechenden Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach Trennung des Verfahrens mit Beschlüssen vom 6. Oktober 2020 abgelehnt. Der Antragsteller, der einen mit sechs Patronen geladenen Revolver in seinem Waffenschrank aufbewahrt und damit gegen grundlegende Vorsichts- und Umgangsmaßregeln verstoßen habe, sei auf Grund dessen nachträglich im waffen- und jagdrechtlichen Sinn unzuverlässig geworden. Es lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG vor, die auch durch einen einmaligen Verstoß, der wie hier keine Bagatelle darstelle, erfüllt seien. Nach der gebotenen summarischen Prüfung werde der angefochtene Bescheid deshalb aller Voraussicht nach einer Überprüfung im Hauptsacheverfahren standhalten.
Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzziel weiter. Er hat beantragt,
„die aufschiebende Wirkung gegen die sofortige Vollziehung des angegriffenen Bescheides wieder herzustellen unter Aufhebung des Beschlusses vom 6.10.20.“
Zur Begründung lässt er unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens sinngemäß erklären, angesichts dessen, dass der von ihm nach anstrengender Nachsuche eines angeschossenen Wildschweins begangene, einmalige Verstoß gegen waffenrechtliche Aufbewahrungspflichten seiner Auffassung nach nur eine geringfügige Verfehlung darstelle und eher einem „Augenblicksversagen“ gleiche, wögen die gegen ihn verhängten Maßnahmen deutlich zu schwer. Außerdem habe allein schon das Verfahren genügend auf ihn eingewirkt, künftige Verfehlungen mit Sicherheit zu vermeiden.
Der Antragsgegner – Landesanwaltschaft Bayern – hat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen
und verteidigt die erstinstanzlichen Beschlüsse.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
II.
1. Die Verfahren konnten aus prozessökonomischen Gründen gemäß § 93 VwGO zur gemeinsamen Entscheidung verbunden werden, da sie den gleichen Gegenstand betreffen.
2. Die zulässigen Beschwerden haben keinen Erfolg. Die im Beschwerdeverfahren fristgerecht dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt, rechtfertigen die begehrte Abänderung der angefochtenen Entscheidungen nicht. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes davon ausgegangen, dass der Antragsteller auf Grund des von ihm gezeigten Verhaltens sowohl im waffenwie im jagdrechtlichen Sinne unzuverlässig geworden ist, dass sich der angefochtene Bescheid aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen wird und eine Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO nicht in Betracht kommt. Der Senat nimmt deshalb insoweit zunächst Bezug auf die Ausführungen der erstinstanzlichen Beschlüsse und sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen zu bemerken:
Rechtsgrundlage für den Widerruf der Waffenbesitzkarte des Antragstellers ist § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach ist eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Zu den unabdingbaren Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis gehört auch, dass der Betroffene die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG), was unter anderem dann nicht der Fall ist, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG).
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht nach summarischer Prüfung festgestellt, die Voraussetzungen dieser Vorschriften seien im Fall des Antragstellers erfüllt. Es bestünden keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide und die begehrte Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen des Antragstellers komme auf Grund dessen nicht in Betracht. Daran ändert auch der im Beschwerdeverfahren wiederholte Einwand des Antragstellers, in seinem Fall handele es sich um eine lediglich einmalige Verfehlung gegen waffenrechtliche Vorschriften, durch die kein unbeteiligter Dritter gefährdet worden sei und die er zudem nicht ein weiteres Mal begehen werde, nichts. Diesbezüglich hat bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt und begründet (BA S. 12ff.), dass schon ein einmaliger Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten die Feststellung waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit rechtfertigen kann, dass die strengen Anforderungen im Hinblick auf eine sorgfältige Verwahrung von Waffen nicht zuletzt auch den Waffenbesitzer selbst vor den Gefahren schützen, die mit einer geladenen Waffe verbunden sind und dass es sich vorliegend entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht um eine Bagatelle handelt, die den Widerruf der Waffenbesitzkarte des Antragstellers oder die verfügte Ungültigerklärung seines Jagdscheins als unverhältnismäßig erscheinen ließe. Dagegen ist aus rechtlicher Sicht nichts einzuwenden.
Da der Antragsteller somit nach vorläufiger Einschätzung die für eine waffenrechtliche Erlaubnis erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt, war sein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz auch im Hinblick auf die verfügte Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins (§ 18 Abs. 1 BJagdG) abzulehnen. Der Hinweis des Antragstellers in diesem Zusammenhang, er werde auch nach Ablauf der behördlicherseits verfügten Sperrfrist von fünf Jahren für die Wiedererteilung seines Jagdscheins (vgl. § 18 Satz 3 BJagdG) „immer noch der gleiche Mensch wie bisher“ sein, ändert daran nichts.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG, unter Berücksichtigung der Nrn. 1.5, 50.2 und 20.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom 18. Juli 2013 (abgedruckt b. Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, Anh.) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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