Verwaltungsrecht

Wissenschaftlich fundiertes Auswahlverfahren, Beiladung, Antragsgegner, Einstweilige Anordnung, Verwaltungsgerichte, Getroffene Auswahlentscheidung, Leistungsgrundsatz, Übergangener Bewerber, Einziger Bewerber, Bewerberauswahl, Mehrere Bewerber, Unterlegener Bewerber, Auswahlerwägungen, Anforderungsprofil, Bewerbungsverfahrensanspruch, Auswahlvermerk, Leistungsvergleich, Dienstherr, Personalauswahlgespräch, Gewichtung der Beurteilungen

Aktenzeichen  M 5 E 20.5241

Datum:
23.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 41847
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
GG Art. 33 Abs. 2
LlbG Art. 16 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 24.011,03 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Am … Februar 2020 schrieb die Antragsgegnerin die Stelle „Schulleitung (m/w/d)“ an der Städtischen Berufsschule für … aus, die mit der Besoldung nach A 16 bewertet ist. Auf diese Stelle bewarben sich u.a. der Antragsteller sowie die Beigeladene.
Der Antragsteller steht als Oberstudiendirektor (Besoldungsgruppe A 16) in Diensten der Antragsgegnerin. Er ist als Schulleiter einer Fachoberschule tätig. In dem Leistungsbericht vom … April 2020 für den Zeitraum … August 2016 bis … April 2020 erhielt der Antragsteller das Gesamtprädikat „übertrifft die Anforderungen in herausragender Weise“. Die Verwendungseignung für die Leitung einer Schule wurde zugesprochen.
Die Beigeladene steht als Studiendirektorin mit Amtszulage (Besoldungsgruppe A 15 + Z) in Diensten der Antragsgegnerin. Sie ist als stellvertretende Schulleiterin an einer Städtischen Berufsschule tätig. In dem Leistungsbericht vom …. Mai 2020 für den Zeitraum …. August 2016 bis … April 2020 erhielt die Beigeladene das Gesamtprädikat „übertrifft die Anforderungen in herausragender Weise“. Die Verwendungseignung für die Leitung einer Schule wurde zugesprochen.
Mit Schreiben vom … Juli 2020 nahm der Geschäftsbereich Berufliche Schulen des Referats für Bildung und Sport zu den Bewerbungen Stellung. Für den Antragsteller ergebe sich aufgrund seines Amtes A 16 ein formaler Vorteil gegenüber den anderen Bewerbern. Bei dem Antragsteller, der Beigeladenen sowie einem weiteren Bewerber handle es sich um geeignete und kompetente Bewerber(innen) für die streitgegenständliche Stelle. Daher schlage der Geschäftsbereich Berufliche Schulen vor, ein wissenschaftlich fundiertes Auswahlverfahren durchzuführen. Der Antragsteller solle aufgrund des einfachen formalen Vorteils mit 50 Punkten, die Beigeladene und der weitere Bewerber mit je 40 Punkten starten.
Mit Schreiben des Referats für Bildung und Sport vom … Juli 2020 wurden der Antragsteller, die Beigeladene sowie ein weiterer Bewerber zu einem wissenschaftlich fundiertes Auswahlverfahren in Form eines Auswahlgesprächs vor einer Kommission eingeladen. In dem Schreiben wurde auf die Gewichtung zwischen Leistungsvergleich und wissenschaftlich fundiertem Auswahlverfahren mit 50 zu 50 sowie auf die Gewichtung der einzelnen Kompetenzfelder im Rahmen des wissenschaftlichen Auswahlverfahrens hingewiesen.
Im Auswahlvermerk vom … August 2020 ist das Auswahlergebnis festgehalten und begründet. Die Gewichtung der dienstlichen Beurteilung/des aktuellen Leistungsberichts einerseits und des wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahrens andererseits sei im Verhältnis von 50% zu 50% vorgenommen und umgesetzt worden, indem insgesamt maximal 100 Punkte erreicht werden könnten. Die Gewichtung der im Anforderungsprofil der Stellenausschreibung geforderten Kompetenzen sei im wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahren mittels der zu erzielenden Maximalpunktzahl von 50 wie folgt abgebildet: Im Bereich „Fachliche Leistung“ könnten maximal 10 Punkte, im Bereich „Eignung und Befähigung“ maximal 40 Punkte erreicht werden. Nach dem dokumentierten Ergebnis des Auswahlgesprächs habe die Beigeladene 50 von 50 erreichbaren Punkten erzielt, der Antragsteller 37 von 50 erreichbaren Punkten. Zusammen mit dem Beurteilungsprädikat, für das bei der Beigeladenen 40 Punkte und beim Antragsteller 50 Punkte vergeben worden sei, habe die Beigeladene 90 von maximal 100 erreichbaren Punkten erzielt, der Antragsteller 87 von maximal 100 erreichbaren Punkten. Es werde daher vorgeschlagen, die ausgeschriebene Stelle mit der Beigeladenen zu besetzen. In dem Vermerk wird zu jedem Bewerber ein kurzer Eindruck der Kommission hinsichtlich des Eingangsvortrags, der fachlichen Kompetenz sowie der Eignung und Befähigung wiedergegeben.
Der Oberbürgermeister hat ausweislich Seite 8 des Vermerks – belegt durch Unterschrift – der Auswahlentscheidung zugestimmt. Auch der Ältestenrat hat mit Schreiben vom … September 2020 mitgeteilt, dass er mit der Stellenbesetzung einverstanden ist.
Mit Schreiben vom …. Oktober 2020 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Stelle mit der Beigeladenen zu besetzen. Hiergegen erhob der Antragsteller am …. Oktober 2020 Widerspruch, über den – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden ist.
Mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2020, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht München einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und beantragt,
Dem Antragsgegner (richtig: Der Antragsgegnerin) wird aufgegeben, die Stelle der „Schulleitung“ an der Städtischen Berufsschule für … nicht zu besetzen, bevor über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden wurde.
Die Auswahlentscheidung sei rechtswidrig. Die Regelung der Antragsgegnerin, wonach Bewerber der Kategorie B in ein wissenschaftlich fundiertes Auswahlverfahren einbezogen werden können, sei unbestimmt, da unklar sei, nach welchen Kriterien ein insoweit bestehendes Ermessen ausgeübt werden solle. Die Würdigung des Kurzvortrags und des strukturierten Interviews des Antragstellers sei offensichtlich unvollständig erfolgt. Die Vorgehensweise der Antragsgegnerin verstoße durch Marginalisierung der Bedeutung der dienstlichen Beurteilung im Auswahlverfahren gegen den Leistungsgrundsatz. Eine Gewichtung der dienstlichen Beurteilung mit lediglich 50% trage deren Bedeutung für ein Auswahlverfahren nicht ausreichend Rechnung. Entsprechendes gelte im Hinblick auf die Kategorisierung der Bewerber dahingehend, dass ein Statusunterschied bei gleichem Beurteilungsprädikat dem statushöheren Bewerber lediglich einen Vorsprung von 10 von immerhin 50 zu vergebenden Punkten verschaffe. Wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren würden gegenüber dem austarierten Beurteilungssystem nur eine Momentaufnahme darstellen, weshalb deren Ergebnisse nicht einer Beurteilung gleichgestellt werden könnten. Die ergangene Rechtsprechung zu der Frage, wann eine ausreichende Berücksichtigung der Beurteilungslage im Verhältnis zu einem wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahren vorliege, könne nicht ohne weiteres auf die vorliegende Konstellation übertragen werden. Es sei fraglich, ob vorliegend überhaupt ein wissenschaftlich fundiertes Auswahlverfahren habe durchgeführt werden dürfen. Die Ausschreibungsrichtlinien würden die Besetzung der Stelle ohne weiteres Auswahlverfahren vorsehen, wenn es nur einen Bewerber der Kategorie A gebe, was hier der Fall sei. Durch die vorgesehene nicht näher bestimmte Möglichkeit, ein wissenschaftlich fundiertes Auswahlverfahren durchzuführen, obwohl nur ein Bewerber der Kategorie A vorliege, werde erneut die Bedeutung der dienstlichen Beurteilung entwertet. Dadurch werde insbesondere die Tatsache unterlaufen, dass eine Kompensation nach den Vorgaben der Ausschreibungsrichtlinien nicht möglich gewesen sei und damit durch die Hintertür niedriger kategorisierte Bewerber dennoch einem wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahren zugeführt. Es sei fraglich, warum entgegen den Ausschreibungsrichtlinien eine Bepunktung im Rahmen des wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahrens vorgenommen worden sei.
Mit Schriftsatz vom 11. November 2020 hat die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die zu Gunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung sei auf Grundlage eines fehlerfrei durchgeführten Verfahrens getroffen worden. Die Einwendungen des Antragstellers seien nicht geeignet zu belegen, dass die Antragsgegnerin den ihr zustehenden Bewertungsspielraum überschritten habe. Die Antworten der Beigeladenen seien umfassender gewesen und hätten mehr Aspekte beachtet als die des Antragstellers. Die Selbsteinschätzung des Antragstellers sei ohne rechtliche Erheblichkeit. Der BayVGH habe entschieden, dass dem Leistungsprinzip ausreichend Rechnung getragen werde, wenn Beurteilungen und Auswahlgespräche jeweils zur Hälfte gewichtet würden. Dies gelte für die Gewichtung der Papierlage auf der einen Seite zu der Leistung der Bewerber(innen) in einem wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahren auf der anderen Seite. Eine Differenzierung je nachdem, wie die Papierlage ausgefüllt werde (dienstliche Beurteilung, Arbeitszeugnisse, etc.) mache keinen Sinn. Wenn die dienstliche Beurteilung zur Hälfte in die Entscheidung mit einfließe, stelle dies keine Aushöhlung der Bedeutung der dienstlichen Beurteilung dar. Der Antragsteller habe beurteilungsbedingt einen Vorsprung von 10 Punkten erhalten. Ein Vorsprung könne nicht zu einem uneinholbaren Vorsprung führen. Die Beigeladene habe ihren Rückstand nach Beurteilungslage nachvollziehbar aufgeholt und den Antragsteller durch ihre Leistung sogar überholt. Dass der Antragsteller bereits als Schulleiter tätig sei, sei in die Auswahlentscheidung eingeflossen. Dass die Beigeladene „erst“ seit 1,5 Jahren als stellvertretende Schulleiterin tätig sei, könne dieser nicht zum Nachteil gereichen, da das Anforderungsprofil dies nicht hergebe. Der Antragsteller habe verschiedene Regelungen der Ausschreibungsrichtlinien nicht richtig dargestellt. Der Wunsch der Dienststelle zur Durchführung eines Auswahlverfahrens sei nur dann entscheidend, wenn nur ein(e) Bewerber(in) der Kategorie A vorhanden sei und auf ein Auswahlverfahren mit mehreren Personen verzichtet werde. Die Antragsgegnerin habe sich in den Ausschreibungsrichtlinien bezüglich des Auswahlverfahrens zwischen Bewerber(innen) der Kategorie A und der Kategorie B für die Festlegung einer Regel und einer Ausnahme entschieden. Wann die Regel greife und wann die Ausnahme sei nicht festgelegt und liege im Ermessen der Antragsgegnerin. Dies stehe in Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben.
Die ausgewählte Bewerberin wurde mit Beschluss vom 26. Oktober 2020 zum Verfahren beigeladen. Sie hat keinen Antrag gestellt.
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unbegründet.
1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung – vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen – notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, das heißt ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, das heißt die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Der Antragsteller hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
2. Der Anordnungsgrund in Form der besonderen Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Anordnung ist gegeben. Das Auswahlverfahren für die streitgegenständliche Stelle ist grundsätzlich abgeschlossen. Eine Ernennung der Beigeladenen steht unmittelbar bevor. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers als übergangenem Bewerber lässt sich nur vor der Ernennung der ausgewählten Konkurrentin mittels einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO effektiv sichern, da sich der um eine Stellenauswahl geführte Rechtsstreit mit der endgültigen Besetzung der ausgeschriebenen Stelle erledigt (vgl. BVerfG, B.v. 29.6.2003 – 2 BvR 311/03 – NVwZ 2004, 95). Nach herrschender Auffassung in der Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – NVwZ 2011, 358) ist mit der endgültigen anderweitigen Besetzung einer Stelle das Besetzungsverfahren grundsätzlich abgeschlossen mit der Folge, dass dem Begehren des Antragstellers, die Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten vorzunehmen, nicht mehr entsprochen werden könnte, weil die Antragsgegnerin die Ernennung der Beigeladenen in der Regel nicht mehr rückgängig machen könnte.
3. Der Antragsteller hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Der Antragsteller hat einen Bewerbungsverfahrensanspruch, das heißt einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr den Dienstposten unter Berücksichtigung des in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG), Art. 94 Abs. 2 Satz 2 Verfassung für den Freistaat Bayern (BV) normierten Leistungsgrundsatzes vergibt und seine Auswahlentscheidung nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746; B.v. 2.10.2007 – 2 BvR 2457/04 – NVwZ 2008, 194; BVerwG, U.v. 17.8.2005 – 2 C 36.04 – juris). Bei der Auswahl unter mehreren Bewerbern für eine solche Stelle gilt es daher, den dafür „bestgeeigneten“ Bewerber ausfindig zu machen. Naturgemäß ist bei dieser Prognose auf die Leistungsanforderungen des konkret zu besetzenden Dienstpostens abzustellen, wobei der Dienstherr im Rahmen seines organisatorischen Ermessens bestimmt, welche besonderen Eignungsvoraussetzungen der künftige Amtsinhaber mitbringen muss (Anforderungsprofil) und welchen Gesichtspunkten innerhalb von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung das größere Gewicht zukommen soll (VG München, B.v. 28.8.2006 – M 5 E 06.2324 – juris Rn. 22). Diese Vorgaben dienen zwar vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung, berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse eines Kandidaten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Der Bewerber hat daher einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Auswahl (BVerwG, U.v. 25.8.1988 – 2 C 28/85 – juris; BayVGH, B.v. 25.5.2011 – 3 CE 11.605 – BayVBl 2011, 565; VG München, B.v. 24.10.2012 – M 5 E 12.2637 – juris). Aus der Verletzung dieses Anspruches folgt zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Einstellung oder Beförderung. Vielmehr ist es im Hinblick auf den Beurteilungs- und Ermessensspielraum des Dienstherrn bei der Auswahlentscheidung grundsätzlich nicht Aufgabe des Gerichts, den besser geeigneten Bewerber zu bestimmen und eine eigene Prognose der Erfolgsaussichten der Bewerbung vorzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 5.1.2012 – 7 CE 11.1432 – juris). Der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746). Aufgrund der Verfahrensabhängigkeit des sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden subjektiven Rechts und der Garantie von Art. 19 Abs. 4 GG sind die Verwaltungsgerichte bei der Auslegung und Anwendung des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten gehalten, den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes im Eilverfahren besonders Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, B.v. 29.6.2003 – 2 BvR 311/03 – NVwZ 2004, 95).
Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung von Bewerbern um eine Beförderungsstelle sind in erster Linie auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen zu stützen, denn sie bilden den gegenwärtigen bzw. zeitnah zurückliegenden Stand ab und können somit am besten als Grundlage für die Prognose dafür dienen, welcher der Konkurrenten die Anforderungen der zu besetzenden Stelle voraussichtlich am besten erfüllen wird (BVerwG, B.v. 27.9.2011 – 2 VR 3/11 – NVwZ-RR 2012, 71; vgl. zum Ganzen auch: BayVGH, B.v. 18.6.2012 – 3 CE 12.675 – juris; VG München, B.v. 26.10.2012 – M 5 E 12.3882 – juris; B.v. 24.10.2012 – M 5 E 12.2637 – juris). Hierbei ist darauf zu achten, dass die dem Vergleich der Konkurrenten zugrunde gelegten Beurteilungen untereinander vergleichbar sind; das ist in der Regel der Fall, wenn die Beurteilungen im selben Statusamt erzielt worden sind. Bei gleichem Gesamturteil hat der Dienstherr zunächst die Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen, sog. Binnendifferenzierung oder inhaltliche Ausschöpfung. Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann der Dienstherr die Auswahl nach weiteren sachgerechten Merkmalen treffen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, Vorrang einräumen (BVerwG, B.v. 22.11.2012 – 2 VR 5/12 – juris Rn. 25 f.; BayVGH, B.v. 16.4.2015 – 3 CE 15.815 – juris Rn. 52).
Nach Art. 16 Abs. 1 Satz 4 und 5 Gesetz über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz – LlbG) können dienstliche Beurteilungen und wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren, wie insbesondere systematisierte Personalauswahlgespräche, strukturierte Interviews oder Assessment-Center, sofern diese von Auswahlkommissionen durchgeführt werden, Grundlage für die Auswahlentscheidung des Dienstherrn sein (vgl. BVerfG, B.v. 11.5.2011 – 2 BvR 764/11 – juris Rn. 12 zur grundsätzlichen Zulässigkeit ergänzender Auswahlverfahren). Zur Auswahlentscheidung selbst trifft Art. 16 Abs. 1 Satz 5 LlbG dahingehend eine Abstufung, dass dienstliche Beurteilungen stets verwendet werden müssen und weitere Auswahlmethoden zusätzlich gestattet sind (BayVGH, B.v. 8.2.2018 – 3 CE 17.2304 – juris Rn. 8; B.v. 5.8.2014 – 3 CE 14.771 – juris Rn. 45 f.). Die Gewichtung dienstlicher Beurteilungen und anderer Auswahlmethoden bestimmt gem. Art. 16 Abs. 1 Satz 5 (in der seit 1.8.2013 geltenden Fassung) der Dienstherr (siehe zum grundsätzlichen Vorrang der dienstlichen Beurteilung BVerwG, B.v. 27.9.2011 – 20 VR 3/11 – NVwZ-RR 2012, 71 Rn. 24; noch zu Art. 16 Abs. 1 LlbG a.F. BayVGH, B.v. 17.5.2013 – 3 CE 12; die Frage der Verfassungsgemäßheit der neuen Fassung ausdrücklich offen lassend BayVGH, B.v. 5.8.2014 – 3 CE 14.771 – juris Rn. 45; zweifelnd Conrad in Weiss/Niedermaier/ Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: August 2020, Art. 16 LlbG Rn. 28; Schnellenbach, Konkurrenzen im öffentlichen Dienst, 2. Auflage 2018, Anhang 2 Rn. 147 ff.). Die in Art. 16 Abs. 1 Satz 5 LlbG festgelegte Gewichtungsbefugnis des Dienstherrn ist jedoch nicht grenzenlos, sondern durch den rechtlichen Rahmen des vom Bund gesetzten Statusrechts (§ 9 Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern – Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) und des Grundgesetzes (Art. 33 Abs. 2 GG) begrenzt. Die Gewichtung muss zweckgerecht, den Aspekten des Leistungsgrundsatzes entsprechend wahrgenommen werden. Nur dienstliche Beurteilungen decken alle drei Kernelemente (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) ab. Darüber hinaus haben sie den Vorteil von Langzeitbeobachtungen, während systematisierte Personalauswahlgespräche nur die augenblickliche Leistung bewerten (BayVGH, B.v. 5.8.2014 – 3 CE 14.771 – juris Rn. 46). Die dienstliche Beurteilung darf jedenfalls nicht zur Marginalie werden (BayVGH, B.v. 8.2.2018 – 3 CE 17.2304 – juris Rn. 13 a.E.; siehe auch Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht Abschnitt 4).
Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist in erster Linie anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Deren Eignung als Vergleichsgrundlage setzt voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist dabei in erster Linie das abschließende Gesamturteil der Beurteilung, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13 – juris Rn. 21; BVerfG, B.v. 16.12.2015 – 2 BvR 1958/13 – juris Rn. 58). Hierbei ist darauf zu achten, dass die Leistungen der Bewerber miteinander vergleichbar sind, was der Fall ist, wenn diese sich im gleichen Statusamt befinden und sich die Beurteilungszeiträume entsprechen (BayVGH, B.v. 10.2.2017 – 3 CE 16.2288 – juris Rn. 20).
4. Die streitgegenständliche Auswahlentscheidung entspricht diesen Grundsätzen und ist rechtlich nicht zu beanstanden.
a) Der Auswahlvermerk vom … August 2020 genügt den formellen rechtlichen Anforderungen an die Darstellung der wesentlichen Auswahlerwägungen.
Aus Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt die Verpflichtung des Dienstherrn, die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen – deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber ggf. durch Akteneinsicht verschaffen kann – wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber zu befinden, ob er die Entscheidung hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Bewerbungsverfahrensanspruch bestehen. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen auch dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen (vgl. Schnellenbach, Konkurrenzen im öffentlichen Dienst, 2. Auflage 2018, Anhang 5 Rn. 2 ff.; BayVGH, B.v. 8.2.2018 – 3 CE 17.2304 – juris Rn. 4; BVerfG, B.v. 9.7.2007 – 2 BvR 206/07 – juris Rn. 22; BVerwG, B.v. 16.12.2008 – 1 WB 19/08 – juris Rn. 35).
Im Auswahlvermerk ist dargestellt, dass der Antragsteller, die Beigeladene und ein weiterer Bewerber nach dem Ergebnis der Beurteilungen zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurden. Diese Gespräche in Form eines Kurzvortrags sowie anschließender Fragerunde mit sechs Fragen, die die Kompetenzfelder abdeckten, führten nach dem Eindruck der Vorstellungskommission dazu, dass die Beigeladene als die leistungsstärkste Bewerberin angesehen wurde, der Antragsteller als zweitstärkster und der weitere Bewerber als drittbester Kandidat bewertet wurde. Die dort angegebenen Auswahlerwägungen ermöglichen grundsätzlich das Nachvollziehen der maßgeblichen Auswahlgründe.
b) Die Auswahlentscheidung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat ihre Auswahlentscheidung unter hinreichender Beachtung des Leistungsgrundsatzes gem. Art. 33 Abs. 2 GG aufgrund der vorliegenden Leistungsberichte der Bewerber in zulässiger Abwägung mit den Ergebnissen des wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahrens getroffen.
aa) Die Durchführung eines wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahrens unter Einbeziehung der Beigeladenen begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Das Vorgehen der Antragsgegnerin entspricht dem in ihren Ausschreibungsrichtlinien in der am 1. Januar 2020 in Kraft getretenen Fassung (Ausschreibungsrichtlinien) festgelegten Verfahren und ist mit dem Leistungsgrundsatz vereinbar.
(1) Der an erster Stelle des Auswahlvorgangs stehende Vergleich der dienstlichen Beurteilungen der Bewerber ergab einen Leistungsvorsprung des Antragstellers, da er im Statusamt A 16 das bestmögliche Gesamturteil („übertrifft die Anforderungen in herausragender Weise“) erzielt hat. Die Beigeladene erzielte das bestmögliche Gesamturteil dagegen im niedrigeren Statusamt A 15 + Z. Nach 5.2.2.1 der Ausschreibungsrichtlinien erfolgt im Rahmen des Leistungsvergleichs eine Kategorisierung der Bewerber. Nach 5.2.2.1.1 fallen unter die Kategorie A Bewerberinnen und Bewerber mit gleichem Statusamt und gleichem Gesamturteil oder einer Stufe niedrigerem Statusamt und einer Stufe höherem Gesamturteil. Unter die Kategorie B fallen Bewerberinnen und Bewerber mit um eine Stufe niedrigerem Statusamt oder einer Stufe niedrigerem Gesamturteil oder einem Defizit nach dem Ergebnis der Binnendifferenzierung oder mit Schwerbehinderung, die nur aufgrund § 165 SGB IX eingeladen werden. Demnach wurde der Antragsteller der Kategorie A, die Beigeladene der Kategorie B zugeordnet. Nach Ausschöpfung der dienstlichen Beurteilung nach 5.2.2.2 der Ausschreibungsrichtlinien wurde festgestellt, dass die Beigeladene den Unterschied zum Antragsteller nicht kompensieren kann („Ein Ausgleich des einfachen Unterschieds zu der den Maßstab setzenden Person bezogen auf die geforderten Kompetenzen des Anforderungsprofils ist nicht möglich“, Bl. 68 der Behördenakte).
(2) Die Antragsgegnerin durfte trotz des Vorsprungs des Antragstellers ein wissenschaftlich fundiertes Auswahlverfahren mit dem Antragsteller und der Beigeladenen sowie einem weiteren Bewerber durchführen.
Zwar hätte nach 5.2.5 der Ausschreibungsrichtlinien die Antragsgegnerin die Stelle mit dem Antragsteller besetzen können, da er der einzige Bewerber in der Kategorie A war. In 5.2.5 der Ausschreibungsrichtlinien ist geregelt, dass in einem solchen Fall die Stelle in der Regel ohne weiteres Auswahlverfahren mit diesem Bewerber besetzt wird. Die Besetzung der Stelle mit dem einzigen Bewerber der Kategorie A ist aber nicht zwingend („in der Regel“). Zwar ist 5.2.5 der Ausschreibungsrichtlinien insofern missverständlich, als nicht klar geregelt ist, wann eine Ausnahme zur Regel vorliegen soll. Die Durchführung eines weiteren Auswahlverfahrens ist danach jedoch jedenfalls nicht ausgeschlossen.
Nach 5.2.6 der Ausschreibungsrichtlinien muss ein wissenschaftlich fundiertes Auswahlverfahren durchgeführt werden, wenn es mehrere Bewerberinnen und Bewerber der Kategorie A gibt. Gibt es zusätzlich Bewerberinnen und Bewerber der Kategorie B, können diese in ein wissenschaftlich fundiertes Auswahlverfahren einbezogen werden. Wann Bewerber der Kategorie B in ein wissenschaftlich fundiertes Auswahlverfahren einbezogen werden können, ist nicht eindeutig festgelegt. Es ist rechtlich nichts dagegen zu erinnern, dass die Antragsgegnerin ihr diesbezügliches Ermessen in jedem Einzelfall gesondert ausübt. Dem Ermessen sind auch insofern Grenzen gesetzt, als grundsätzlich pro Stelle nicht mehr als fünf Bewerberinnen und Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden sollen und Bewerberinnen und Bewerber der Kategorie A eingeladen werden müssen. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Durchführung des Auswahlverfahrens willkürlich erfolgte.
Das Vorgehen der Antragstellerin entspricht auch der bisherigen Praxis der Antragsgegnerin, wonach Bewerber mit einer vergleichbaren Verwendbarkeitseignung bei einem nicht kompensierbaren Unterschied von höchstens einer vollen Stufe beim Gesamturteil bzw. einem einfachen Statusunterschied zu einem weiteren Auswahlverfahren in Form eines Vorstellungsgesprächs eingeladen werden konnten (vgl. lit. D) 2.1.1, 2.1.4 der Richtlinien der Antragsgegnerin über die Ausschreibung und Besetzung von Stellen – Ausführungsbestimmungen). Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Antragsgegnerin mit den neuen Ausschreibungsrichtlinien von ihrer bisherigen Praxis abweichen wollte.
Soweit die Antragstellerpartei vorträgt, dass vorliegend eine Bepunktung entgegen 5.2.5 der Ausschreibungsrichtlinien durchgeführt worden sei, ist dem nicht zu folgen. Denn die Antragsgegnerin ist vorliegend nicht nach 5.2.5, sondern nach 5.2.6 der Ausschreibungsrichtlinien verfahren. Dort ist eine Bepunktung vorgesehen.
bb) Das Vorgehen der Antragsgegnerin ist auch mit dem Leistungsgrundsatz vereinbar.
Durch das Inkrafttreten von Art. 16 Abs. 1 Sätze 4 und 5 LlbG durch das Gesetz vom 24. Juli 2013 (GVBl. S. 450) soll der Anwendungsbereich der sonstigen Erkenntnismittel, insbesondere systematisierte Personalauswahlgespräche, strukturierte Interviews oder Assessment-Center im Verhältnis zur dienstlichen Beurteilung erweitert werden (Conrad in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: August 2020, Art. 16 LlbG Rn. 27, 31). Für die Bestimmung des Gewichts der sonstigen Erkenntnismittel im Verhältnis zur dienstlichen Beurteilung kommt dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum zu. Die Gewichtung muss mithin zweckgerecht, den Aspekten des Leistungsprinzips entsprechend vorgenommen werden (BayVGH, B.v. 5.8.2014 – 3 CE 14.771 – juris Rn. 46; vgl. BVerfG, B.v. 11.5.2011 – 2 BvR 764/11 – juris Rn. 12: Gewichtungsspielraum des Dienstherrn). Art. 16 Abs. 1 Satz 4 und 5 LlbG eröffnet dem Dienstherrn ein Gestaltungsermessen grundsätzlich jedoch nur insoweit, dass er über die Gewichtung von (hinreichend vergleichbaren) dienstlichen Beurteilungen im Verhältnis zu wissenschaftlichen fundierte Auswahlverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden kann; dienstliche Beurteilungen müssen jedoch stets – wenn auch mit reduziertem Gewicht – in die Auswahlentscheidung mit einfließen (vgl. dazu auch BayVGH, B.v. 5.8.2014 – 3 CE 14.771 – juris Rn. 45 a.E.: Die dienstliche Beurteilung darf nicht zur „Marginalie“ werden; so auch Conrad in Weiss/Nieder-maier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Juni 2018 Art. 16 LlbG Rn. 31).
Hintergrund der strengen Ausrichtung beförderungsrelevanter Auswahlentscheidungen in erster Linie an (aktuellen und hinreichend vergleichbaren) dienstlichen Beurteilungen ist, dass dienstliche Beurteilungen das Ergebnis einer Langzeitbeobachtung der Bewerber darstellen und ihr Ziel gerade die Gewähr eines leistungsorientierten Fortkommens der beurteilten Beamten ist. Sie decken daher die beförderungsrelevanten Kernelemente (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) zielgerichtet ab.
Für den vorliegenden Fall kann sowohl mit Blick auf die Bedeutung der dienstlichen Beurteilungen wie auch das vom Gesetzgeber durch Art. 16 Abs. 1 Sätze 4 und 5 LlbG hervorgehobene Gewicht weiterer Auswahlmittel nicht davon die Rede sein, dass die ausschlaggebende Bedeutung des Personalauswahlgesprächs rechtlich fehlerhaft sein könnte. Denn an erster Stelle für die Auswahl standen die dienstlichen Beurteilungen. Wenn die Antragsgegnerin darüber hinaus wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren durchführt, ist das von Art. 16 Abs. 1 Satz 4 LlbG gedeckt. Die Durchführung von wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahren soll die Bewerber im Hinblick auf das Anforderungsprofil des ausgeschriebenen Dienstpostens in den Blick nehmen. Entsprechend darf der Dienstherr dieser Auswahlmethode ein erhebliches Gewicht beimessen. Dabei hält es sich im Rahmen des Beurteilungsermessen der Antragsgegnerin, wenn sie Bewerber, die eine vergleichbare Verwendbarkeitseignung bei einem nicht kompensierbaren Unterschied von höchstens einer Stufe im Gesamturteil bzw. einem einfachen Statusunterschied besitzen (Bewerber der Kategorie B nach den Ausschreibungsrichtlinien), zu einem Vorstellungsgespräch einlädt. Dies gilt auch für den Fall, dass nur ein Bewerber der Kategorie A vorhanden ist. Die Tatsache, dass eine Kompensation nach der Beurteilungslage nicht möglich war, wird dadurch nicht unterlaufen. Denn der Unterschied nach dem Vergleich der dienstlichen Beurteilungen/Leistungsberichte wird im Rahmen der Punktevergabe ausreichend berücksichtigt.
Nach 5.2.6 der Ausschreibungsrichtlinien erfolgt die Gewichtung von Leistungsvergleich und wissenschaftlich fundiertem Auswahlverfahren im Verhältnis 50:50 anhand eines Punktesystems, bei dem insgesamt maximal 100 Punkte erreicht werden können. Aus dem Leistungsvergleich im Rahmen der Personalvorauswahl erhalten Bewerberinnen und Bewerber der Kategorie A 50 Punkte und Bewerberinnen und Bewerber der Kategorie B 40 Punkte. Im wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahren können maximal 50 Punkte erzielt werden.
Bei der vorgenommenen Gewichtung der Beurteilung von 50% für das Gesamtergebnis des Leistungsberichts des Antragstellers ist dem Leistungsgrundsatz ausreichend Rechnung getragen (BayVGH, B.v. 25.2.2019 – 3 CE 18.2550 – juris Rn. 7). Der Beurteilung kommt weiterhin wesentliches – wenn auch nicht überwiegendes – Gewicht zu (VG München, B.v. 16.11.2018 – M 5 E 18.4029 – juris Rn 33). Bei einer Einbeziehung von 50% kann auch nicht von einer nur marginalen Berücksichtigung der Beurteilung gesprochen werden (vgl. BayVGH, B.v. 5.8.2014 – 3 CE 14.771 – juris Rn. 46). Die Gleichstellung des Auswahlverfahrens mit der dienstlichen Beurteilung hält sich im rechtlichen Rahmen des Beurteilungsspielraums der Antragsgegnerin. Zwar ist das Auswahlverfahren nur eine Momentaufnahme, es ist jedoch gezielt auf das Anforderungsprofil des zu besetzenden Dienstpostens ausgerichtet. Es ist rechtlich nichts dagegen zu erinnern, wenn die Antragsgegnerin daher dem Auswahlverfahren das gleiche Gewicht wie der dienstlichen Beurteilung zuschreibt. Der dienstlichen Beurteilung kommt insoweit immer noch maßgebliches Gewicht zu.
Die Grundsätze der bisher ergangenen Rechtsprechung sind auch entgegen der Ansicht der Antragstellerpartei auf den vorliegenden Fall übertragbar. Dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Februar 2019 (3 CE 18.2550) ist zu entnehmen, dass die Gewichtung der dienstlichen Beurteilung mit 50% mit dem Leistungsgrundsatz vereinbar ist. Dies gilt unabhängig davon, ob die dienstlichen Beurteilungen miteinander vergleichbar sind.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller im Leistungsvergleich die maximal zu erreichende Punktzahl von 50 Punkten zugesprochen, da er in dem aktuellen Leistungsbericht im Amt A 16 das bestmögliche Gesamtprädikat erhalten hat und auch im Übrigen das Anforderungsprofil erfüllt. Die Beigeladene hat dagegen nur 40 Punkte erhalten, da sie einen nicht kompensierbaren Unterschied zum Antragsteller aufweist, da sie sich im niedrigeren Statusamt A 15 + Z befindet. Dem Vorsprung des Antragstellers bei Vergleich der Leistungsberichte wurde daher durch einen Abzug von 10 Punkten bei der Beigeladenen Rechnung getragen. Der Vorsprung von 10 von 50 zu vergebenden Punkten erscheint plausibel und sachgerecht. Dieser Punktabzug orientiert sich wohl an dem fünfstufigen Beurteilungssystem der Antragsgegnerin (VG München, B.v. 16.11.2018 – M 5 E 18.4029 – juris Rn. 35). Dem Vorsprung des Antragstellers im Leistungsvergleich ist durch die höhere Punktzahl ausreichend Rechnung getragen worden. Dadurch ist der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers und damit dem Leistungsgrundsatz genüge getan.
cc) Gegen das Ergebnis des Auswahlgesprächs und die zugrundeliegende Bewertung der Auswahlkommission ist ebenfalls rechtlich nichts zu erinnern.
Das wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren und die dadurch – neben der Beurteilungslage – ermittelten wesentlichen Auswahlerwägungen wurden hinreichend, eine gerichtliche Überprüfung ermöglichend, dokumentiert (vgl. BayVGH, B.v. 29.1.2013 – 3 CE 12.1214 – juris Rn. 41). Nach dem Auswahlvermerk vom 18. August 2020 bestand das wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren aus einem Kurzvortrag der Bewerber sowie sechs Fragen zum Anforderungsprofil, wobei allen Bewerbern die gleichen Fragen gestellt wurden. Die im Auswahlvermerk festgehaltenen Aussagen und Antworten der Bewerber sowie die diesbezügliche Würdigung der Auswahlkommission tragen die vorgenommene Differenzierung zwischen den Bewerbern, die gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann (BayVGH, B.v. 29.1.2013 – 3 CE 12.1214 – juris Rn. 40). Das Gericht kann dem Auswahlvermerk entnehmen, dass der Vortrag der Beigeladenen und ihre Antworten in allen Bereichen sehr viel umfassender waren als die ihrer Mitbewerber. Darüber hinaus seien ihre Antworten im Bereich der fachlichen Fragen und der Eignung und Befähigung deutlich besser als die des Antragstellers ausgefallen.
Da ein Auswahlgespräch nach Ablauf und Inhalt einer Prüfungssituation ähnlich ist, sind bei der Rechtskontrolle von Auswahlgesprächen die für die gerichtliche Überprüfung von Prüfungsentscheidungen entwickelten Grundsätze entsprechend heranzuziehen. Danach gilt, dass konkrete und substantiierte Einwendungen gegen die Bewertung erhoben werden müssen. Der Kommission steht ein Bewertungsspielraum zu, der gerichtlich nur eingeschränkt dahingehend überprüfbar ist, ob die objektiven Grenzen des Bewertungsspielraums verletzt wurden. Dies ist nur der Fall, wenn die Auswahlkommission Verfahrensfehler begeht, anzuwendendes Recht verkennt, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgeht, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzt oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lässt. Darüber hinaus ist auf schlüssige Rüge zu untersuchen, ob die Kommission ihre Bewertung auf Tatsachen und Feststellungen gestützt hat, die einer sachlichen Überprüfung standhalten, ob sie bei ihrer Bewertung den Zweck, dem das Auswahlverfahren dient, verkannt hat, ob die Bewertung in sich schlüssig und nachvollziehbar ist und ob sie den Anforderungen rationaler Abwägung nicht widerspricht (BayVGH, B.v. 25.2.2019 – 3 CE 18.2550 – juris Rn. 12 m.w.N.).
Soweit der Antragsteller geltend macht, dass die Würdigung seines Kurzvortrags und strukturierten Interviews unvollständig erfolgt sei, da der Antragsteller insbesondere bei Frage 1 nicht nur auf die Digitalisierung, sondern auch sehr ausführlich beim Thema „Lehren und Lernen“ auf die Sprachförderung eingegangen sei, rügt er den fachlichen Bewertungsspielraum der Auswahlkommission, der vom Gericht nur eingeschränkt auf Rechtsfehler überprüft werden kann. Solche Rechtsfehler sind nicht ersichtlich; die Bewertung hält sich im rechtlich zulässigen Rahmen.
5. Der Antragsteller hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten unter Billigkeitsgesichtspunkten selbst, da sie sich mangels Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
6. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 Gerichtskostengesetz (GKG) – ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen (laut Mitteilung der Antragsgegnerin würden sich die Jahresbezüge des Antragstellers inklusive der jährlichen Sonderzahlung im Amt A 16 auf 96.044,14 EUR belaufen, hiervon ein Viertel; vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2019 – 3 CE 19.1896 – juris Rn. 32; B.v. 3.7.2019 – 3 CE 19.1118 – juris Rn. 26 unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung aus B.v. 11.8.2017 – 3 CS 17.512 – juris). Da vorliegend das Leistungsprinzip auf Umsetzungs- und Beförderungsbewerber gleichermaßen angewendet wurde, ist auch der Beförderungsstreitwert für den Antragsteller als Umsetzungsbewerber anzunehmen.


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