Verwaltungsrecht

Zu den Anforderungen an die Darlegung von Berufungszulassungsgründen

Aktenzeichen  20 ZB 18.2418

Datum:
6.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 17488
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3
VwGO § 124a Abs. 4 S. 4
BayKAG Art. 9

 

Leitsatz

Mit der Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens und einer im Stil einer Berufungsbegründung vorgebrachten Kritik an dem angefochtenen Urteil wird dem Darlegungserfordernis ebenso wenig genügt wie mit der Darstellung der eigenen Rechtsauffassung. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 1 K 17.2460 2018-09-12 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird verworfen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 1.186,75 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe, insbesondere die ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, innerhalb der Begründungsfrist nicht hinreichend dargelegt worden sind (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
1. Zum geltend gemachten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ist erforderlich, dass der Rechtsmittelführer aufzeigt, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unrichtig ist. Der Rechtsmittelführer muss sich mit dem angefochtenen Urteil und dessen entscheidungstragenden Annahmen substanziell auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (vgl. Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 63 m.w.N.). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind auch begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2011 – 20 ZB 11.1146 – juris) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542 – DVBl 2004, 838). Schlüssige Gegenargumente liegen in diesem Sinne dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Anhaltspunkte aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis nicht richtig ist (BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – und B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546).
„Darlegen“ im Sinne des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfordert jedoch mehr als einen nicht näher spezifizierten Hinweis auf das behauptete Vorliegen eines Zulassungsgrundes. Es bedeutet vielmehr „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist deshalb unter ausdrücklicher oder jedenfalls konkludenter Bezugnahme auf einen Zulassungsgrund eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 124a Rn. 38, 49; Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 59 und 63). Mit der Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens und der im Stil einer Berufungsbegründung vorgebrachten Kritik an dem angefochtenen Urteil wird dem Gebot der Darlegung im Sinn von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ebenso wenig genügt wie mit der Darstellung der eigenen Rechtsauffassung.
So liegen die Dinge hier. Der Kläger beschränkt sich im Verfahren auf Zulassung der Berufung auf die Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags und genügt damit nicht den oben beschriebenen Darlegungsanforderungen. Das Verwaltungsgericht hat sich mit den Einwendungen des Klägers in seinem Urteil ausführlich auseinandergesetzt. Aufgrund der vorgelegten Akten, insbesondere der vorgelegten Lichtbilder, war es der Meinung, dass die Erneuerung der Grundstücksanschlüsse aufgrund der Umbindung an die neu verlegte Trinkwasserleitung erforderlich war. Es hat sich in der mündlichen Verhandlung mit den einzelnen Einwendungen des Klägers beschäftigt und sich mit diesen in seinem Urteil auseinandergesetzt. Dem Kläger wäre es oblegen, auch durch das Stellen förmlicher Beweisanträge, entsprechende Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzubringen. Deshalb genügt es nicht, im Zulassungsverfahren die tatsächlichen Grundlagen der Urteilsfindung durch das Verwaltungsgericht in Frage zu stellen und auf ein in einem Berufungsverfahren noch für erforderlich gehaltenes Sachverständigengutachten zu verweisen. Das Verwaltungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung auch mehrmals auf die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Aspekte des Falles aus seiner Sicht hingewiesen, so dass die sich in den Urteilsgründen wiederfindende Argumentation des Verwaltungsgerichts für den anwaltlich vertretenen Kläger nicht überraschend ist. Auch hat sich das Verwaltungsgericht mit der vom Kläger auch im Zulassungsantrag angeführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (U.v. 23.11.2011 – VIII ZR 23/11 – juris) zu § 9 Abs. 1 AVBWasserV auseinandergesetzt. Der Argumentation des Verwaltungsgerichts, insbesondere in Hinblick auf § 35 Abs. 1 AVBWasserV (vgl. BVerwG, U.v. 6.10.1989 – 8 C 2.88 – juris), ist der Kläger in keiner Weise im Zulassungsverfahren entgegengetreten.
2. Ein Berufungszulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wurde ebenfalls nicht hinreichend dargelegt. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinn dieser Bestimmung weist eine Rechtssache auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sich diese also wegen ihrer Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 3.11.2011 – 8 ZB 10.2931 – BayVBl 2012, 147/149 = juris Rn. 28; B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 jeweils m.w.N.). Der Kläger macht lediglich geltend, durch die Vorgehensweise des Beklagten und des beauftragten Unternehmens seien besondere rechtliche Schwierigkeiten entstanden. Dieser Vortrag erfüllt die Darlegungsanforderungen nicht.
3. Auch die im Zulassungsantrag behauptete grundsätzliche Bedeutung hat der Kläger nicht in einer dem § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechenden Weise dargelegt. Hierzu ist erforderlich, dass der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, ausführt, warum diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, erläutert, weshalb sie klärungsbedürftig ist, und darlegt, warum ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (stRspr; vgl. etwa BayVGH, B.v. 13.5.2014 – 10 ZB 12.1095 – juris Rn. 11 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen des Klägers im Zulassungsverfahren jedoch nicht. Er wirft lediglich die Frage auf, ob nicht die Beklagte die anspruchsbegründenden Informationen im Bescheid angeben müsse oder ob es tatsächlich reiche, diese im Klageverfahren nachzuschieben. Weitere Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung der Sache enthalten der Zulassungsantrag und seine Begründung aber nicht.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Streitwert war nach § 52 Abs. 1, Abs. 3 GKG in Höhe der streitgegenständlichen Kostenerstattung festzusetzen.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO.


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