Verwaltungsrecht

Zu den Voraussetzungen für die Anordnung eines waffenrechtlichen Eignungsgutachtens

Aktenzeichen  24 ZB 18.941

Datum:
13.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 20664
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
BGB § 1896 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Der Umstand, dass ein Antragsteller unter Betreuung steht, bietet jedenfalls in Zusammenschau mit weiteren Tatsachen, die wie das unerlaubte Mitsichführen von Messern bzw. Macheten, Schlagstöcken und Pfeffersprays Eignungszweifel begründen, ausreichende Anhaltspunkte, welche die Aufforderung zur Beibringung eines waffenrechtlichen Eignungsgutachtens rechtfertigen. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 16 K 17.1024 2018-03-16 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt einen kleinen Waffenschein.
Das Verwaltungsgericht hat seine entsprechende Klage mit Urteil vom 16. März 2018 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung eines kleinen Waffenscheins. Die Beklagte habe von ihm zu Recht die Vorlage eines Eignungsgutachtens gefordert. Die vom Kläger vorgelegte ärztliche Bescheinigung entspreche nicht den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Gutachten. Die Beklagte habe daher auf die fehlende Eignung im waffenrechtlichen Sinn schließen dürfen.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung. Er macht geltend, an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestünden ernstliche Zweifel.
Die Beklagte ist dem Antrag entgegengetreten und verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines kleinen Waffenscheins (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). Der Senat folgt den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils und nimmt gem. § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO darauf Bezug. Lediglich ergänzend ist folgendes auszuführen:
Der Vertreter des Klägers führt in der Zulassungsbegründung zunächst aus, das Erstgericht habe zu Unrecht die Rechtmäßigkeit der Aufforderung zur Beibringung eines Eignungsgutachtens unter anderem deshalb angenommen, da der Kläger umfassend unter Betreuung stehe. Es sei nicht nachvollziehbar, was hiermit gemeint sei. Es handle sich vielmehr um eine reguläre Betreuung mit den Standard-Aufgabenkreisen. Es liege auch keine Geschäftsunfähigkeit im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaffG vor, da das Betreuungsgericht ansonsten einen Einwilligungsvorbehalt angeordnet hätte. Dem ist entgegenzuhalten, dass das Erstgericht nicht vom Fehlen der Geschäftsfähigkeit des Klägers ausgegangen ist. Vielmehr hat es zu Recht aufgrund der Tatsache, dass überhaupt ein Betreuungsverhältnis besteht, auf das Bestehen von Tatsachen geschlossen, die Bedenken gegen die persönliche Eignung nach § 6 Abs. 1 WaffG begründen. Eine Betreuung wird nur dann angeordnet, wenn eine psychische Krankheit oder eine körperliche, geistige oder seelische Behinderung vorliegt (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die fehlende Eignung im Sinne des Waffenrechts beruht typischerweise auf psychischen oder physischen Erkrankungen (Gade/Stoppa, Waffengesetz, 2011, § 6 WaffG, Rn. 1). Die – unbestrittene – Tatsache, dass der Kläger unter Betreuung steht, bietet – wovon das Erstgericht ebenfalls ausgegangen ist – in Zusammenschau mit der durch bestandskräftigen Bußgeldbescheid vom 23. November 2015 festgestellten Tatsache, dass der Kläger jedenfalls am 9. Juli 2015 während einer Behandlung im Krankenhaus unerlaubt und unveranlasst mehrere Messer bzw. Macheten, Schlagstöcke und Pfeffersprays mit sich führte, ausreichende Anhaltspunkte für die Aufforderung zur Beibringung eines Eignungsgutachtens nach § 6 Abs. 2 WaffG.
Soweit der Bevollmächtigte des Klägers weiter ausführt, das Erstgericht habe mit keinem Wort dazu Stellung genommen, warum die vom Kläger vorgelegte ärztliche Bescheinigung vom 8. März 2016 nicht den Anforderungen an ein Eignungsgutachten genüge, ist dies ebenfalls unzutreffend. Diese Bescheinigung hat folgenden Wortlaut: „Herr O. befindet sich seit 2007 in unserer ambulanten Behandlung und stellte sich zuletzt am 1. März 2016 bei uns vor. Aktuell zeigt sich die Symptomatik bei Herrn O. seit mehreren Monaten weitgehend stabil. Die derzeitige Medikation nimmt er bereits seit mehreren Jahren ein, eine Medikamentenreduktion erfolgte zuletzt im Dezember 2014. Der Patient stellte sich regelmäßig in unserer Institutsambulanz vor, war stets absprachefähig und zeigte sich von Eigen- und/oder Fremdgefährdung klar distanziert.“ Insoweit hat das Erstgericht ausgeführt, dass die ärztliche Bescheinigung vom 8. März 2016 den Anforderungen an ein Eignungsgutachten nicht genüge, ergebe sich bereits daraus, dass sie auf die hier zu behandelnden Fragen auch nicht ansatzweise eingehe. Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen. Die Aufforderung zur Beibringung des Eignungsgutachtens vom 6. Juli 2016 spricht von der Verpflichtung zur Vorlage eines Gutachtens, das die persönliche Eignung im Umgang mit Waffen betrifft. Auf diese Frage geht die die ärztliche Bescheinigung vom 8. März 2016 mit keinem Wort ein. Im Übrigen stammt die ärztliche Bescheinigung vom 8. März 2016 entgegen § 4 Abs. 4 AWaffV von derjenigen Institution, bei der sich der Kläger seit langen Jahren in Behandlung befindet und kann auch vor diesem Hintergrund keine Berücksichtigung finden.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2 GKG und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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