Verwaltungsrecht

Zulassung zum Studium der Humanmedizin – Kapazitätsberechnung

Aktenzeichen  7 CE 19.10126

Datum:
1.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 36173
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
HZV § 44 Abs. 3, § 50, § 53, § 54
VwGO § 123, § 146 Abs. 4 S. 6, § 152 Abs. 1, § 154 Abs. 2
LUFV § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Nr. 5
BayHSchG Art. 42 Abs. 2 S. 4
ÄAppO § 2 Abs. 4 S. 5
GKG § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Die Berechnung der patientenbezogenen Kapazitäten im Rahmen des Studiengangs Medizin kommen ausschließlich für die Kapazitätsberechnung des klinischen Teils und nicht für den vorklinischen Teil des Studiums zur Anwendung, für den die Zulassung begehrt wird. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Hochschulinterne Funktionen, wie Studiendekan oder Studienfachberater berechtigen zu einer Verringerung des Lehrdeputats. Ein Ausgleich für die Deputatsermäßigungen ist nicht erforderlich. (Rn. 9 – 11) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Dienstleisungsexport gem. § 48 Abs. 1 HZV ist im Hinblick auf die Doppel- und Zweitstudenten der Human- und der Zahnmedizin nicht zu reduzieren und im übrigen eine abstrakte Gegenüberstellung von Lehrangebot und normativ festgesetzter Lehrnachfrage. (Rn. 12 – 13) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Gruppengrößen bei Vorlesungen, für die es keine gesetzlichen Vorgaben gibt, müssen so bemessen sein, dass im Ergebnis der normativ festgelegte Curricularnormwert von 2,42 nicht überschritten wird (BeckRS 2019, 7214). Bei der Verteilung des Curricularnormwerts von 2,42, auf die beteiligten Lehreinheiten verfügt die Hochschule über einen eigenen Gestaltungsspielraum (BeckRS 2020, 14842). (Rn. 14 – 16) (redaktioneller Leitsatz)
5. Im übrigen erfolgt die Schwundberechnung ohne Einbeziehung beurlaubter Studierender (BeckRS 2019, 7214). (Rn. 17 – 20) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 1 E HV 18.10055 2019-08-22 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im ersten Fachsemester (Vorklinik) an der Universität R. (im Folgenden: UR) nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Wintersemesters 2018/2019. Sie macht geltend, dass mit der in der Satzung der UR über die Festsetzung von Zulassungszahlen für die im Studienjahr 2018/2019 als Studienanfängerinnen und Studienanfänger sowie in höhere Fachsemester aufzunehmenden Bewerberinnen und Bewerber (Zulassungszahlsatzung) vom 4. Juli 2018 festgesetzten Zulassungszahl von 224 Studienanfängerinnen und Studienanfängern die vorhandene Ausbildungskapazität nicht ausgeschöpft sei.
Das Verwaltungsgericht Regensburg hat ihren Eilantrag mit Beschluss vom 22. August 2019 abgelehnt. Es werde nicht als überwiegend wahrscheinlich angesehen, dass über die für das Wintersemester 2018/2019 kapazitätswirksam vergebenen Studienplätze hinaus noch (mindestens) ein weiterer Studienplatz im Studiengang Humanmedizin im ersten Fachsemester zur Verfügung stehe, der von der Antragstellerin in Anspruch genommen werden könnte.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit der vorliegenden Beschwerde. Sie meint, die von der UR vorgenommene Kapazitätsberechnung sei fehlerhaft. Insbesondere sei die Berechnung der Ausbildungskapazität auf Grundlage der tagesbelegten Betten nicht haltbar. Des Weiteren seien die Deputatsverminderungen für den Studiendekan und den Studienfachberater abzulehnen, da diese nicht systemgerecht seien. Zumindest sei ein Ausgleich erforderlich. Die Schwundberechnung sei unzutreffend, da sie beurlaubte Studierende nicht berücksichtige. Der Dienstleistungsexport habe nicht in Höhe von 70,5875 Semesterwochenstunden angesetzt werden dürfen und die Gruppengröße (g = 200) für Vorlesungen sei auf g = 250 anzupassen. Die Gruppengröße für Seminare sei mit g = 20 zu niedrig bemessen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung vom 10. Oktober 2019 verwiesen.
Der Antragsgegner widersetzt sich der Beschwerde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf die sich die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), wird im Ergebnis nicht erkennbar, dass an der UR über die im Wintersemester 2018/2019 tatsächlich besetzten Studienplätze hinaus noch ungenutzte Ausbildungskapazität im Studienfach Humanmedizin (Vorklinik) vorhanden war.
Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Universität ihre Ausbildungskapazität im ersten Studienabschnitt des Studiengangs Humanmedizin (Vorklinik) ausgeschöpft hat.
1. Mit ihrem Vorbringen, die Kapazitätsberechnung sei falsch, weil die UR die Kapazität auf Grundlage der tagesbelegten Betten ermittelt habe, dringt die Antragstellerin nicht durch. Zum einen hat weder die UR noch das Verwaltungsgericht der Kapazitätsberechnung für die Vorklinik den Parameter tagesbelegter Betten zu Grunde gelegt. Zum anderen kommt es im Rahmen der Vorklinik, zu der die Antragstellerin Zulassung begehrt, auf diesen Aspekt auch nicht an. Gemäß § 44 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung über die Hochschulzulassung an den staatlichen Hochschulen in Bayern (HZV) vom 18.6.2007 [GVBl S. 401], in der hier einschlägigen Fassung der Verordnung vom 28.4.2018 [GVBl S. 277]) wird der Studiengang Medizin für Berechnungszwecke in einen vorklinischen und einen klinischen Teil untergliedert. § 54 Abs. 1 HZV regelt die patientenbezogene Kapazität für den klinischen Teil des Studiengangs Medizin. In diesem Rahmen ist u.a. gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZV auch auf die Gesamtzahl der tagesbelegten Betten abzustellen. Für die Kapazitätsberechnung des Studienabschnitts Vorklinik sind diese jedoch irrelevant. Auch auf den weiteren Vortrag der Antragstellerin zur Berechnung der klinischen Ausbildungskapazität kommt es vorliegend nicht an.
2. Mit ihrem Vorbringen, das Lehrangebot sei zu niedrig berechnet worden, weil für Prof. Dr. T. als Studiendekan eine Verringerung seines Lehrdeputats um zwei auf sieben und für Prof. Dr. W. als Studienfachberater eine Verringerung um eine auf acht Lehrveranstaltungsstunden berücksichtigt worden sei, überzeugt die Antragstellerin ebenfalls nicht.
Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über die Lehrverpflichtung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an Universitäten, Kunsthochschulen und Fachhochschulen (Lehrverpflichtungsverordnung – LUFV) haben Professorinnen und Professoren eine Lehrverpflichtung von neun Semesterwochenstunden. Mit Schreiben vom 2. März 2016 ermäßigte das damalige Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst die Lehrverpflichtung von Prof. Dr. T. wegen seiner Funktion als Studiendekan auf sieben Lehrveranstaltungsstunden (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LUFV). Mit Schreiben vom 21. Juni 2012 ermäßigte das damalige Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst die Lehrverpflichtung von Prof. Dr. W. um eine auf acht Lehrveranstaltungsstunden auf Grundlage des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LUFV. Hiergegen ist nichts zu erinnern. Prof. Dr. W. nimmt die Funktion eines Studienfachberaters wahr, für die § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LUFV eine Reduzierung der Lehrverpflichtung um bis zu 25 v.H. zulässt. Die Ermäßigung um eine Lehrveranstaltungsstunde bewegt sich deutlich unterhalb dieser zulässigen Obergrenze (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 15.1.2014 – 7 CE 13.10362 – juris Rn. 11).
Substantiierte Einwendungen gegen beide Deputatsermäßigungen ergeben sich aus der Beschwerdebegründung nicht. Die Antragstellerin hat keine konkreten Anhaltspunkte aufgezeigt, die Zweifel an der Erforderlichkeit oder dem Umfang der gewährten Deputatsermäßigungen begründen könnten. Ein Ausgleich für die Deputatsermäßigungen ist nicht erforderlich. Sie finden in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 5 LUFV jeweils eine ausdrückliche Rechtsgrundlage. Damit hat der Verordnungsgeber selbst eine Abwägungsentscheidung zwischen dem Zugangsrecht der Hochschulbewerber und den ebenfalls grundrechtlich geschützten Belangen der Hochschulen und Lehrpersonen sowie den Ausbildungsbedürfnissen der bereits zugelassenen Studenten getroffen (BayVGH, B.v. 8.5.2013 – 7 CE 13.10048 – juris Rn. 23).
3. Auch soweit die Antragstellerin die Berechnung des Dienstleistungsexports rügt, verhilft ihr dies nicht zum Erfolg. Die Beschwerdebegründung setzt sich insoweit nicht im Ansatz mit der Begründung des Verwaltungsgerichts auseinander, sondern stellt – ohne dies weiter auszuführen oder zu begründen – unsubstantiierte Behauptungen auf, die nicht im Zusammenhang mit der angegriffenen Entscheidung stehen. Damit genügt die Antragstellerin ihrer Darlegungspflicht aus § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO insoweit nicht. Ungeachtet dessen ist gegen die Berechnung des Dienstleistungsexports nichts zu erinnern. Nach § 48 Abs. 1 HZV sind Dienstleistungen einer Lehreinheit Lehrveranstaltungen, die die Lehreinheit für nicht zugeordnete Studiengänge zu erbringen hat. Im Rahmen ihrer Kapazitätsberechnung hat die UR die Dienstleistungen der Lehreinheit Vorklinik dargestellt. Die hier maßgeblichen Fächer, u.a. Anatomie, Physiologie und Biochemie, werden an der UR bereits seit Jahren von der Lehreinheit Vorklinik erbracht. Gemeinsam von mehreren Lehreinheiten durchgeführte Veranstaltungen finden nicht statt. Die tatsächliche Erhöhung des Dienstleistungsexports im Studienjahr 2018/2019 ist der Zunahme der Studienanfängerzahlen in den Studiengängen Angewandte Bewegungswissenschaften B.A. und Biologie B.S. geschuldet. Die UR hat schlüssig dargelegt, dass sich in diesen Studiengängen die Studienanfängerzahlen im Wintersemester 2018/2019 im Vergleich zu den vorherigen Semestern deutlich erhöht haben. Beide Studiengänge sind seit dem Studienjahr 2017/2018 zulassungsfrei. Im hier relevanten Zeitraum hat die Anzahl der im ersten Fachsemester eingeschriebenen Studierenden im Studienfach Angewandte Bewegungswissenschaften B.A. 227 (Aq/2 = 113,5), im Fach Biologie B.S. 270 (Aq/2 = 135) betragen. Die UR hat hieraus den zu exportierenden Dienstleistungsbedarf korrekt berechnet.
Im Hinblick auf die Doppel- und Zweitstudenten der Human- und der Zahnmedizin hält der Senat an seiner bisherigen ständigen Rechtsprechung fest. Danach bestehen in Bezug auf die Ermittlung der Kapazität für neu aufzunehmende Studienanfänger deshalb keine Anhaltspunkte für maßgebliche Minderungen des Dienstleistungsexports, weil ein Doppelstudium (Parallelstudium) in zwei zulassungsbeschränkten Studiengängen nur unter den engen Voraussetzungen des Art. 42 Abs. 2 Satz 4 BayHSchG möglich und regelmäßig nicht genehmigungsfähig ist, und Zweitstudenten sich wegen Anrechnung ihrer bereits erbrachten Studienleistungen sogleich in einem höheren Fachsemester immatrikulieren lassen können (vgl. B.v. 21.7.2017 – 7 CE 17.10096 – juris Rn. 13.). Die Ermittlung des Dienstleistungsexports nach § 48 Abs. 2 HZV besteht in einer Prognose anhand der voraussichtlichen Zulassungszahlen für den importierenden Studiengang; sie stellt keine exakte rechnerische Bestimmung dar. Das System der Kapazitätsberechnung geht von einer abstrakten Gegenüberstellung von Lehrangebot und normativ festgesetzter Lehrnachfrage des einzelnen Studenten aus. Es wäre systemwidrig, äußerst verwaltungsaufwendig und – da in die Zukunft gerichtet – mit erheblichen Unsicherheiten behaftet, müsste darauf abgestellt werden, wieviele Studenten die einzelnen Lehrveranstaltungen tatsächlich besuchen werden (BayVGH, B.v. 12.2.1997 – 7 CE 96.10046 u.a. – BeckRS 1997, 19427).
4. Der von der UR ermittelte („gestauchte“) Curricularwert für den Studiengang Humanmedizin (Vorklinik) ist auch hinsichtlich der Gruppengröße der einzelnen Lehrveranstaltungen nicht zu beanstanden. Insbesondere überzeugt die Antragstellerin mit ihrem Vortrag, die von der UR angenommene Gruppengröße g = 200 für Vorlesungen sei nicht mehr gerechtfertigt, vielmehr sei eine Betreuungsrelation von g = 250 anzusetzen sowie die Gruppengröße von g = 20 für Seminare sei zu gering bemessen, nicht.
In dem der Kapazitätsermittlung zugrundeliegenden Berechnungsmodell der Hochschulzulassungsverordnung stellt die Betreuungsrelation grundsätzlich eine abstrakte Größe dar. Für die Gruppengrößen enthält § 2 Abs. 4 Satz 5 ÄAppO eine normative Vorgabe; danach darf die Zahl der Teilnehmer an einem Seminar 20 nicht überschreiten. Schon aus diesem Grund geht die Argumentation der Antragstellerin bezogen auf die Größe von Seminarveranstaltungen fehl. Die Gruppengrößen bei Vorlesungen, für die es keine gesetzlichen Vorgaben gibt, müssen so bemessen sein, dass im Ergebnis der normativ festgelegte Curricularnormwert von 2,42 nicht überschritten wird (vgl. BayVGH, B.v. 4.4.2019 – 7 CE 18.10072 u.a. – juris Rn. 26; B.v. 11.4.2011 – 7 CE 11.10004 u.a. – juris Rn. 27). Eine Korrektur der Gruppengröße entsprechend der Ausbildungswirklichkeit verlangt das Kapazitätsrecht hingegen nicht. Der von der Antragstellerin geltend gemachte Einwand, die Gruppengröße für Vorlesungen könne auf g = 250 erhöht werden, ist deshalb nicht geeignet, das abstrakte Berechnungsmodell der Hochschulzulassungsverordnung in Frage zu stellen. Denn dieses beruht gerade nicht auf aus der „Hochschulwirklichkeit“ möglichst exakt abgeleiteten Werten, sondern basiert auf festgesetzten Parametern innerhalb einer abstrakten Berechnungsmethode (vgl. SächsOVG, B.v. 29.10.2019 – 2 B 214.19.NC – juris Rn. 12).
Der Senat sieht deshalb keine Veranlassung, zu beanstanden, dass der Antragsgegner bei der Ermittlung des Curricularanteils für Vorlesungen weiterhin eine Gruppengröße von g = 200 statt – wie von der Antragstellerin vorgetragen – von g = 250 annimmt (vgl. BayVGH, B.v. 2.4.2020 – 7 CE 19.10045 – juris Rn. 16; B.v. 4.4.2019 – 7 CE 18.10072 – juris Rn. 26; B.v. 14.11.2018 – 7 CE 18.100012 – juris Rn. 12). Er hält an seiner Rechtsprechung fest, dass eine Hochschule bei der Ausfüllung des verbindlichen Curricularnormwerts von 2,42, mit dem die Einheitlichkeit der Kapazitätsermittlung gewährleistet wird, und der Aufteilung auf die beteiligten Lehreinheiten über einen Gestaltungsspielraum verfügt (BayVGH, B.v. 7.5.2020 – 7 CE 20.10009 u.a. – BeckRS 2020, 14842 Rn. 10; B.v. 4.4.2019 – 7 CE 18.10072 u.a. – juris Rn. 27). Dass dieser Gestaltungsspielraum bei Festlegung des kapazitätsbestimmenden Eigenanteils der Vorklinik überschritten wäre, der Antragsgegner etwa den Curricularnormwert manipulativ kapazitätsverknappend aufgeteilt oder bei der Bildung des Curriculareigenanteils anderweitig willkürlich oder missbräuchlich gehandelt hätte, wird nicht dargelegt.
5. Auch die Schwundberechnung der UR ist nicht zu beanstanden. Das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine Korrektur des errechneten Schwundausgleichsfaktors von 0,9628 für die Vorklinik.
Die Studienanfängerzahl ist nach der Bestimmung des § 53 HZV dann zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass wegen Aufgabe des Studiums oder Fachwechsels oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge an Studierenden in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge (Schwundquote). Maßgebend für die Ermittlung der Zu- und Abgänge sind die jeweiligen statistischen Erhebungen über den Bestand der im betreffenden Studiengang eingeschriebenen Studierenden.
Da eine Berechnungsmethode gesetzlich nicht vorgegeben ist, ist die die Kapazität festsetzende Stelle befugt, über den Modus der Schwundberechnung zu entscheiden. Die Entwicklung der Gesamtnachfrage lässt sich, weil in der Zukunft liegend, nicht rechnerisch bestimmen, sondern allenfalls prognostisch ermitteln (vgl. BVerwG, U.v. 20.11.1987 – 7 C 103.86 u.a. – NVwZ-RR 1989, 184; BayVGH, B.v. 2.4.2020 – 7 CE 19.10045 – juris Rn. 21). Die dabei angestellte Prognose ist durch das Gericht ausschließlich daraufhin überprüfbar, ob die die Kapazität festsetzende Stelle von zutreffenden Abgrenzungen und Daten ausgegangen ist und sich einer wissenschaftlich vertretbaren Methode bei der Schwundberechnung bedient hat. Hieran gemessen ist gegen die vorgenommene Schwundberechnung nichts zu erinnern.
Anhaltspunkte dafür, dass beurlaubte Studenten generell ein gravierend anderes „Schwundverhalten“ zeigen als nicht beurlaubte Studenten, so dass dies im Rahmen der Berechnung der Schwundquote zwingend berücksichtigt werden müsste, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Senat bleibt daher bei seiner Rechtsprechung, dass die Berechnung der Schwundquote ohne Einbeziehung beurlaubter Studenten kapazitätsgünstig ist (vgl. BayVGH, B.v. 4.4.2019 – 7 CE 18.10072 – juris Rn. 17; B.v. 5.8.2015 – 7 CE 15.10118 u.a. – juris Rn. 22).
Auch der Berechnungszeitraum entspricht den üblichen fünf Semestern (vgl. BayVGH, B.v. 19.4.2013 – 7 CE 13.10003 – juris Rn. 32, B.v. 8.3.2010 – 7 CE 09.10605 – juris Rn. 12). Die Studierendenzahlen des Sommersemesters 2018 lagen am Stichtag der Kapazitätsberechnung (1.2.2018) noch nicht vor und konnten deshalb nicht berücksichtigt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und Nr. 18.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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