Verwaltungsrecht

Zulassung zum Studium der Psychologie

Aktenzeichen  B 8 E 19.10011

Datum:
11.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 43696
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
GG Art. 12, Art. 5
HZV § 10 Abs. 1 S. 4, § 37a Abs. 6, Abs. 7, § 59
BayHZG Art. 3, Art. 7a S. 1, S. 2

 

Leitsatz

Eine nicht nachvollziehbare erhebliche Überbuchung kann im Einzelfall zur Zulassung von Studienbewerbern im einstweiligen Rechtschutz führen.

Tenor

1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Antragspartei vorläufig zum Studium der Psychologie (Bachelor) an der Universität … im 1. Fachsemester zum Wintersemester 2019/2020 zuzulassen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragspartei begehrt die vorläufige Zulassung im 1. Fachsemester zum Studiengang Psychologie mit dem Abschluss Bachelor of Science (BSc.) im Wintersemester 2019/2020 beim Antragsgegner.
§ 1 Abs. 1 a und § 1 Abs. 1b der Satzung über die Festsetzung von Zulassungszahlen der im Studienjahr 2019/2020 an der …-Universität … (im Folgenden Universität) als Studienanfängerinnen oder Studienanfänger sowie im höheren Fachsemester aufzunehmenden Bewerberinnen oder Bewerber (Zulassungszahlsatzung 2019/2020) vom 07.06.2019 setzen u.a. die Zulassungszahl für Studienanfänger zum Wintersemester 2019/2020 im Vollzeitstudiengang Psychologie mit dem Abschluss Bachelor auf 66 (2018: 76; 2017: 76) und im Teilzeitstudiengang auf 2 (2018: 2; 2017: 2) fest.
Die Antragspartei hat die Abiturprüfung erfolgreich abgeschlossen. Soweit sie sich im Rahmen der oben genannten Zulassungszahlen innerkapazitär bei dem Antragsgegner beworben hatte, blieb sie erfolglos. Soweit gegen den ablehnenden Bescheid Widerspruch eingelegt wurde, wurde hierüber noch nicht entschieden.
Die Antragspartei beantragt sinngemäß,
den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, sie zum Studium der Psychologie mit dem Abschluss Bachelor of Science für das 1. Fachsemester im Wintersemester 2019/2020 vorläufig zuzulassen.
Sie führt im Wesentlichen aus, die Zulassungsvoraussetzungen zu erfüllen. Die festgesetzte Höchstzahl an Studienplätzen sei nicht kapazitätserschöpfend.
Sie versichert an Eides statt, bisher noch kein Studium an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule in der Bundesrepublik Deutschland endgültig abgeschlossen zu haben. Sie habe im Studiengang Psychologie bisher keine endgültige oder vorläufige Zulassung zum Studium erhalten. Sie sei auch in keinem anderen Studiengang an einer deutschen Hochschule eingeschrieben oder zur Einschreibung zugelassen.
Die Universität beantragt für den Antragsgegner, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung legte die Universität die Kapazitätsberechnung für die Lehreinheit Psychologie für das Jahr 2019/2020 vor. Darin ist für den Studiengang Psychologie ein unbereinigtes Lehrangebot von 241 Deputatstunden (2018: 286; 2017: 294 Deputatstunden) abzüglich Verminderungen in Höhe von 20 SWS (2018:20; 2017: 15 SWS) angesetzt. Zuzüglich 32 SWS (2018: 25; 2017: 25 SWS) Lehrauftragsstunden und abzüglich des Dienstleistungsexports von 64,3329 SWS (2018: 60,6469 SWS; 2017: 53,2701 SWS) errechne sich ein bereinigtes Lehrangebot von 188,6672 SWS (=Sb) (2018: 230,3532 SWS; 2017: 230,8120 SWS).
Berechnet nach der Formel zur Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität in Anlage 5 der Hochschulzulassungsverordnung – HZV – (Ap=(2 x Sb) / CA x zp) unter Zugrundelegung eines gewichteten Curricularanteils aller der Lehreinheit zugeordneten Studiengänge von 2,7078 (2018: 2,7078; 2017: 2,6765) und des Anteils der jährlichen Aufnahmekapazität eines zugeordneten Studiengangs Psychologie BSc. an der Aufnahmekapazität von 0,4339 (=zp) (2018: 0,4339; 2017: 0,4304) sowie multipliziert mit dem Schwundfaktor von 0,9211 (2018: 0,9652; 2017: 0,9721) wurden 66 (2018: 76; 2017: 76) zur Verfügung stehende Vollzeitstudienplätze und 2 (2018: 2; 2017: 2) Teilzeitstudienplätze errechnet. Die Kapazitätsberechnung sei ordnungsgemäß nach der gültigen Hochschulzulassungsverordnung vorgenommen und die Berechnung vor der Festsetzung der Zulassungszahlen durch das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst inhaltlich und rechnerisch überprüft und akzeptiert worden. Die vorhandene Kapazität sei ausgeschöpft.
Ausweislich der auf Nachfrage am 27.11.2019 und 5.12.2019 vorgelegten Fachstatistik, Stand 25.11.2019, waren im Studiengang Psychologie BSc. insgesamt 300 Studierende eingeschrieben. Davon fallen 90 Studierende auf das erste Fachsemester.
Zu der Kapazitätsberechnung und der Überbuchung stellte das Gericht in insgesamt 7 Emails detaillierte Nachfragen. Hinsichtlich der Überbuchung wurde durch die Universität und erstmals auf konkrete Nachfrage mit Email vom 21.11.2019 mitgeteilt, dass die Zulassung im dialogorientierten Serviceverfahren (DoSV) erfolgt sei und nunmehr 90 Studierende immatrikuliert seien. Mit Email vom 25.11.2019 bat das Gericht die Hochschule, zu erläutern, aus welchem Grund auf die errechneten 66 Studienplätze 90 Studierende immatrikuliert wurden. Mit Email vom 26.11.2019 wurde die Hochschule darauf hingewiesen, dass diese Frage vor der Beantwortung der anderen noch offenen Fragen vordringlich und umgehend zu beantworten sei. In zwei Emails vom 27.11.2019 antwortete die Universität, dass es schwierig sei, bei der Überbuchung im DoSV den Überbuchungsfaktor festzulegen. Die Universität habe gemeinsam mit der Stiftung für Hochschulzulassung (im Folgenden Stiftung) einen Überbuchungsfaktor festgelegt, der auf den Erfahrungen der letzten Jahre und dem Annahmeverhalten der letzten Jahre beruhte. Die Zahlen seien bei der Stiftung angefordert worden. Wegen der Einzelheiten erfolge noch eine gesonderte Stellungnahme. Mit Email vom 2.12.2019 setzte das Gericht eine Frist bis zum 5.12.2019 zur Stellungnahme hinsichtlich der Überbuchung. Die Universität teilte per Email vom 4.12.2019 mit, am Ende der Koordinierungsphase 1 (15.8.2019) seien an der Universität nur 20 Studierende im Fach Psychologie eingeschrieben gewesen. Deshalb seien in Zusammenarbeit mit der Stiftung alle Bewerber betrachtet worden, denen Angebote der Universität vorlagen. Ein sehr niedriger Prozentsatz habe die Universität in der ersten und zweiten Priorität gewählt, sodass von einem schlechten Annahmeverhalten hätte ausgegangen werden müssen. Mit insgesamt 49 aktiven Annahmen (im Vorjahr 57) würden bei einer Annahmequote von 90% nur 44 Einschreibungen generiert werden. Bei einer automatischen Zulassung ohne das Zutun des Bewerbers gehe man aufgrund der Erfahrungen aus den letzten Jahren aber von einer Annahmequote von 25% aus. Dies hätte bestenfalls noch zu 17 weiteren Einschreibungen geführt, und die Kapazität nicht ausgelastet. Es habe verhindert werden sollen, dass wieder ein großer Teil der Plätze über Losverfahren vergeben werden müsse. Durch die niedrige Zahl von aktiven Annahmen sei eine höhere Zahl von Angeboten ausgesprochen worden. Wäre die Entscheidungsphase nicht auf ein Wochenende gefallen, hätte man noch eingreifen können. Eine alternative, schlüssigere Prognosegrundlage sei nicht ersichtlich. Unter Verweis auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 17.11.1998 – 7 CE 98.10022 u.a. wird weiter ausgeführt, dass das Verhalten der Studienbewerber im DoSV nicht oder kaum kalkulierbar sei. Daher sei auch eine erhebliche Überbuchung sei gerechtfertigt, um innerhalb der festgesetzten Kapazität keinen Studienplatz unbesetzt zu lassen. Das Problem sei aber von der Stiftung erkannt worden. Ab dem Sommersemester 2020 solle es keine Entscheidungsphase mehr geben. Es gelte die Null-Stunden-Regelung und es werde nur noch eine Koordinierungsphase geschaltet.
Mit Email vom 5.12.2019 um 11:42 Uhr bat das Gericht bis 6.12.2019 um 12 Uhr zu erläutern, wie viele offene Bewerbungen nach der ersten Koordinierungsphase vorlagen, welche Priorität diese Bewerbungen hatten, wie viele Zulassungen in der zweiten Koordinierungsphase ausgesprochen wurden, sowie von welcher Annahmequote ausgegangen worden sei. Außerdem wurde gefragt, was die Formulierung „aktive Annahme“ bedeute.
Mit Email vom 6.12.2019 um 12:01 Uhr teilte die Universität mit, dass die geforderten Zahlen nicht direkt von der Universität ausgewertet würden Sie seien von der Stiftung „heute Morgen“ angefordert worden. Sobald diese vorlägen, würden sie vorgelegt. Die Zulassungsschritte im DoSV lägen nicht in der Hand der Universität. Ein entsprechender Terminplan der Stiftung mit der Überschrift „Terminplan Vergabeverfahren DoSV Wintersemester 2019/20“ wurde als Anhang mit versandt. Die einzige Möglichkeit noch in das Verfahren einzugreifen und die Überbuchung der Kapazität sofort auf „Null“ zu setzen, damit in der Koordinierungsphase 2 nicht noch weitere Zulassungsangebote ausgesprochen würden, sei am Montag 19.8.2019 (nach dem Ende der Entscheidungsphase) gewesen. Beim Verfahren der Stiftung habe der Bewerber oder die Bewerberin die Möglichkeit Angebote „aktiv“ anzunehmen. Wenn er oder sie z.B. 12 Bewerbungen (priorisiert) abgegeben habe erhalte er oder sie verschiedene Angebote, die er schon in der Koordinierungsphase 1 annehmen könne. Im besten Fall habe die Person 12 Angebote, aus denen sie wählen könne. Sobald die Person sich für ein Angebot entscheide (also aktiv annehme), fielen alle anderen Angebote weg. Die Studienplätze stünden dann wieder anderen zur Verfügung und würden dann den nächsten Studierenden angeboten. Aktiv annehmen könne der Bewerber oder die Bewerberin eines der Angebote bis zum letzten Tag der Entscheidungsphase um 24 Uhr. Bis dahin seien für sie oder ihn auch alle Angebote sichtbar. Danach sei nur noch das Angebot der höchsten Priorität sichtbar, das nun auch angenommen werden könnte. Die Bewerberin oder der Bewerber könne aber noch warten, ob nicht in der Koordinierungsphase 2 noch ein Angebot in einer höheren Priorität komme. Sobald er oder sie in der Koordinierungsphase 2 das Angebot der höchsten Priorität erhalte, würde es zugewiesen. Alle anderen dahinter liegenden Angebote fielen weg. Falls noch kein Angebot der 1. Priorität vorliege, könne er oder sie weiter warten, ob noch eines komme. Ansonsten werde dem Bewerber oder der Bewerberin am Ende der Koordinierungsphase 2 das höchste Angebot „zwangszugewiesen“. Diese Angebote würden dann erfahrungsgemäß sehr schlecht angenommen. Leider habe sich das in diesem Jahr bei der Universität nicht so bestätigt. Das Problem sei, dass viele Angebote vorlägen, die Universitäten aber nicht abschätzen könnten, wie viele der ausgesprochenen Angebote davon angenommen würden. Sobald ein Platz frei werde, würden sofort weitere Zulassungsangebote an Bewerberinnen und Bewerber vergeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und insbesondere auf die vorgelegten Behördenunterlagen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO entsprechend) verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg.
Wegen der gerichtlich nicht nachvollziehbaren erheblichen, rechtswidrigen Überbuchung (siehe unten Nr. 2.2.1) von etwa 36% der errechneten Kapazität in der Zusammenschau mit weiteren Gründen (siehe Nr. 2.2.2) geht das Gericht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes im Hinblick auf das hohe Schutzgut des aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden Hochschulzugangsrechts der Studienbewerber davon aus, dass weitere Studienplätze, auch über die von der Universität bereits vergebenen 90 Studienplätze hinaus, vorhanden sind. Auch wenn den Hochschulen im Rahmen ihrer wissenschaftlichen Gestaltungsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) grundsätzlich das Recht zusteht, die Lehre ihren Vorstellungen entsprechend zu organisieren, umfasst dieses Recht keinesfalls eine rechtswidrige Überbuchung. Eine rechtswidrige Überbuchung kann somit dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG auch nicht entgegengehalten werden. Sie kann deshalb auch keine Abwägung der Grundrechte (praktische Konkordanz) aus Art. 12 und Art. 5 GG nach sich ziehen.
Gemäß § 123 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts der Antragspartei vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern die Maßnahme unerlässlich erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Beide Arten einer vorläufigen Anordnung setzen ein besonderes Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) im Interesse der Wahrung des behaupteten streitbefangenen Rechts (Anordnungsanspruch) voraus. Beides ist von der Antragspartei glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO), wobei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgebend sind. Über den Erfolg des Antrags ist aufgrund einer im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen und auch nur möglichen summarischen Prüfung zu entscheiden. Ergibt die überschlägige rechtliche Beurteilung auf der Grundlage der verfügbaren und von der Antragspartei glaubhaft gemachten Tatsachenbasis, dass von überwiegenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache auszugehen ist, besteht regelmäßig ein Anordnungsanspruch. Ein Anordnungsgrund setzt voraus, dass es der Antragspartei unter Berücksichtigung ihrer Interessen unzumutbar ist, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 123 Rn. 26 m.w.N.).
1. Der Anordnungsgrund liegt auf der Hand, weil das Wintersemester 2019/2020 bereits begonnen hat und die Antragspartei auf eine Entscheidung über ihre Zulassung zum Studium nicht bis zur Durchführung eines Hauptsacheverfahrens warten kann. Einen Studienplatz im Wunschstudiengang Psychologie Bachelor hat die Antragspartei bisher nicht erhalten oder ausgeschlagen. Soweit die Antragspartei ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Vergabe eines Studienplatzes außerhalb der Kapazität erst nach Vorlesungsbeginn stellte, entfällt dadurch nicht der Anordnungsgrund. Nach Ansicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der sich das Gericht anschließt, ist die Antragstellung bei Gericht bis zum formellen Ende des Semesters möglich (BayVGH, B.v. 29.4.2005 – 7 CE 05.10114 – juris). Eine normative Regelung für die Antragstellung bei Gericht ist nicht vorhanden und eine analoge Anwendung von Bestimmungen über Bewerbungsfristen in Vergabeverfahren der Hochschulen kommt mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht. Zudem würde die Statuierung einer Ausschlussfrist durch die Gerichte verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen (Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG).
2. Auch ein Anordnungsanspruch ist gegeben.
2.1 Ein solcher besteht unabhängig davon, ob sich die Antragspartei im örtlichen Auswahlverfahren beworben hat (vgl. BayVGH, B.v. 29.4.2005 a.a.O.); denn es ist zwischen Anträgen auf Zulassung innerhalb und außerhalb der Kapazität zu differenzieren (Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, Band 1, Der Kapazitätsprozess, Köln 2011, Rn. 27 und 31). Ein Rangverhältnis zwischen innerkapazitärer und außerkapazitärer Zulassung besteht nicht. Regelungen für Anträge auf eine außerkapazitäre Zulassung zum Studium in Bayern sind derzeit nicht ersichtlich (vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 19.1.2004 – 7 CE 03.10155 – juris, der sich zur Ablehnung eines Zulassungsanspruchs gerade nicht auf das Fehlen eines Antrags auf innerkapazitäre Zulassung beruft; Zimmerling/Brehm, a.a.O., Rn. 354). Eine vorherige Bewerbung bei der Universität um einen außerkapazitären Studienplatz ist nicht erforderlich.
Das Recht der Antragspartei auf freie Wahl des Berufes und der Ausbildungsstätte ist durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG grundgesetzlich geschützt und darf nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden. Nach Art. 3 Abs. 1 des Bayerischen Hochschulzulassungsgesetzes – BayHZG – können die Hochschulen durch Satzung Zulassungszahlen festsetzen, wenn zu erwarten ist, dass die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber die Zahl der zur Verfügung stehenden Studienplätze übersteigt. Die Zulassungszahl ist gem. Art. 3 Abs. 3 Satz 2 BayHZG die Zahl der von der einzelnen Hochschule höchstens aufzunehmenden Bewerberinnen und Bewerber in einem Studiengang. Sie wird auf der Grundlage der jährlich zu bemessenden Aufnahmekapazität festgesetzt (Art. 3 Abs. 3 Satz 3 BayHZG). Die Zulassungszahlen sind dabei so festzusetzen, dass nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorgaben und unter Berücksichtigung der räumlichen und fachspezifischen Gegebenheiten eine erschöpfende Nutzung der Ausbildungskapazität erreicht wird; die Qualität in Forschung und Lehre, die geordnete Wahrnehmung der Aufgaben der Hochschule, insbesondere in Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung sowie in der Krankenversorgung sind dabei zu gewährleisten (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 BayHZG). Die jährliche Aufnahmekapazität wird insbesondere auf der Grundlage des Lehrangebots im Verhältnis zum jeweiligen Ausbildungsaufwand ermittelt (Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayHZG).
2.2 Ein Anordnungsanspruch ist zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung gegeben. Dabei ist zunächst der Umstand zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner die festgesetzte Zulassungszahl im Studiengang Psychologie (Bachelor) von 66 Studienplätzen weit, nämlich um 24 Studienbewerber, überschritten hat. Diese Überbuchung stellt sich nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung und nach dem derzeitigen Sachstand nicht nur als rechtswidrig dar (vgl. Nr. 2.2.1), sondern lässt in der Gesamtschau der Würdigung aller Umstände zum Zeitpunkt der Entscheidung den Schluss zu, dass weitere Kapazitäten zur Verfügung stehen (vgl. Nr. 2.2.2).
Überbuchungen über die festgesetzte Zulassungszahl hinaus sind nicht per se unzulässig, sondern finden ihre rechtliche Grundlage in § 10 Abs. 1 Satz 4 Verordnung über die Hochschulzulassung an den staatlichen Hochschulen in Bayern (Hochschulzulassungsverordnung – HZV -), wenn sie vorgenommen werden, um voraussichtliche Nichtannahmen von Studienplätzen auszugleichen und dadurch nach Möglichkeit Nachrückverfahren zu vermeiden. Sie bezwecken in diesen Fällen die Ausschöpfung der Kapazität und sind daher grundsätzlich zulässig, insbesondere wenn das Maß der Überbuchung auf der Grundlage einer auf den Erfahrungswerten der Vorjahre beruhenden Prognose beruht (OVG NW, B.v. 15.6.2011 – 13 C 55/11 – juris; im Ergebnis auch Zimmerling/Brehm: Hochschulkapazitätsrecht, Band 1, Der Kapazitätsprozess, Köln 2011, Rn. 217 ff.). Von einer unzulässigen Überbuchung ist dann auszugehen, wenn der der Prognose zugrundeliegende Sachverhalt nicht richtig ausgewertet und/oder keine geeignete Methode zur Kapazitätsauslastung angewendet wurde und eine nachvollziehbare Orientierung an den Erfahrungswerten der Vorjahre nicht erkennbar ist.
Allein aus der Tatsache, dass eine rechtswidrige Überbuchung vorliegt, lässt sich in aller Regel nicht ableiten, dass der Antragsgegner Kapazitäten bewusst verschleiern oder gerichtliche Kapazitätsprozesse absichtlich verhindern wollte. Selbst wenn die vorgenommene Prognose das Annahmeverhalten im jeweiligen Semester um einiges verfehlt, so ist dies in aller Regel für eine Übergangszeit hinzunehmen (vgl. OVG NW, B.v. 15.6.2011 a.a.O.). Dies gilt insbesondere, wenn im Vergleich zu den Semestern der Vorjahre eine genauere wirklichkeitsnähere Einschätzung erfolgt ist oder wegen besonderer Umstände der Rückgriff auf die Erfahrungswerte der Vorjahre nur bedingt tauglich ist (vgl. NdsOVG, B.v. 20.2.2013 – 2 NB 386/12 – juris). Andererseits darf die festgesetzte Zulassungszahl aber nicht als bloße variable Größe behandelt werden (OVG NW, B.v. 26.1.2011 – 13 B 1640/10 – juris).
Deshalb muss die Hochschule – und nur sie ist dazu in der Lage – gerade bei deutlichen Überbuchungen wie im vorliegenden Verfahren die Erwägungen und Prognosen, die dem Maß der Überbuchung zugrunde gelegen haben, darlegen, um eine gerichtliche Überprüfung zu ermöglichen.
2.2.1 Gemessen an diesen Vorgaben ist die deutliche Überbuchung des Antragsgegners nach den Erkenntnissen des Gerichts zum Zeitpunkt der Entscheidung rechtswidrig.
Vorliegend ist schon zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein nachvollziehbarer Sachverhalt, der zu der Überbuchung führte, nicht zu erkennen. Der Antragsgegner hat trotz mehrfacher Aufforderung des Gerichts nicht hinreichend dargelegt, wie es zu der vorliegenden tatsächlichen Überbuchung der festgesetzten Studienplätze von etwa 36% gekommen ist.
Diese Einschätzung beruht auf folgenden Erwägungen:
Das Gesetz sieht für das örtliche Auswahlverfahren in §§ 59 ff. HZV Folgendes vor:
§ 37a Abs. 6 und 7 HZV eröffnen für die Universitäten die Möglichkeit, bei der Vergabe von Studienplätzen die Dienstleistungen der Stiftung in Anspruch zu nehmen. Nach § 37a Abs. 1 Satz 3 bis 5 HZV übermitteln sich die Hochschule und die Stiftung gegenseitig die für das Serviceverfahren erforderlichen personenbezogenen Daten der Bewerberinnen und Bewerber um einen Studienplatz an der Hochschule. Das dialogorientierte Serviceverfahren besteht aus zwei Koordinierungsphasen und der Clearingphase. Soweit die Hochschule am dialogorientierten Serviceverfahren teilnimmt, finden § 37a Abs. 2 bis 12 HZV Anwendung; im Übrigen gelten die Vorschriften des Abschnitts 2 mit Ausnahme von § 26 Abs. 1 Satz 8 und Abs. 3 Satz 5, § 34 Abs. 2, §§ 35 bis 37 Abs. 1 HZV.
Nach dem von der Universität übersandten „Terminplan Vergabeverfahren DoSV Wintersemester 2019/20“ der Stiftung (Terminplan) zufolge endete die Koordinierungsphase 1 am 15.8.2019 (in Übereinstimmung mit § 37a Abs. 5 HZV) mit der Einschreibung von 20 Studierenden (nach einer „aktiven Annahme“ laut der Email des Antragsgegners vom 6.12.2019). Die Koordinierungsphase 2 begann nach diesem Terminplan am 19.8.2019. Sie besteht aus insgesamt drei Schritten. In den Schritten 1 und 2 werden nur Bewerbungen mit der Priorität 1 automatisch zum Studium zugelassen. Inwieweit die zugelassenen Bewerber sich bei der Universität daraufhin tatsächlich immatrikulieren und den Studienplatz endgültig besetzen, bleibt eine statistische Größe und einer Prognoseentscheidung vorbehalten. Die übrigen Bewerber, die ein Zulassungsangebot erhalten hatten, konnten dieses bis zum 20.8.2019 (Ende Schritt 1) bzw. 22.8.2019 (Ende Schritt 2) annehmen (vgl. § 37a Abs. 7 HZV). Gemäß § 37 Abs. 8 Satz 1 HZV wird im Schritt 3 der Koordinierungsphase 2 ein Zulassungsbescheid erteilt, soweit eine Zulassungsmöglichkeit besteht. Im o.g. Terminplan war für den 23.8.2019 (Freitag) als Schritt 3 in der Koordinierungsphase 2 vorgesehen, dass die Stiftung alle Angebote in Zulassungen umwandelt und Ablehnungen für alle höherpriorisierten Bewerbungen erstellt, für die bis dahin keine Zulassung ermittelt werden konnte. Über die gesetzlichen Regelungen hinaus beinhaltet der Terminplan für Samstag, den 24.8.2019 bis 24:00 Uhr, einen „Abruf der Verfahrensergebnisse“ für die Hochschule als auch für die Bewerber. Für den 26.8.2019 (Montag) war für die Stiftung eine „Freigabe der Zulassungsbescheide sowie der Rückstellungsbescheide im Auftrag der Hochschulen (um 14:00 Uhr)“ eingeplant. Der Versand der Zulassungsbescheide war für den 27.8.2019 (Dienstag) vorgesehen.
Der Antwortemail der Universität vom 4.12.2019 lässt sich lediglich entnehmen, dass sich in der Koordinierungsphase 1 nur 20 Studierende für das Fach Psychologie Bachelor eingeschrieben hatten, dass mit insgesamt 49 aktiven Annahmen (im Vorjahr 57) bei einer Annahmequote nur 44 Einschreibungen generiert würden und dass bei einer automatischen Zulassung nach den Zulassungen der letzten Jahre von einer Annahmequote von 25% ausgegangen werde, was bestenfalls noch zu 17 weiteren Einschreibungen führen würde. Diese Angaben sind weder rechnerisch in irgendeiner Weise nachvollziehbar noch erklären sie, wie es zu der erheblichen Überbuchung gekommen ist.
Weder ist diesen Angaben zu entnehmen, welche Anzahl von Zulassungsangeboten den genannten 49 aktiven Annahmen (bzw. 57 im Vorjahr) gegenüberstehen, so dass sich ein prozentuales Annahmeverhalten nicht erschließt, noch erschließt sich, welche Annahmen den nur spekulativ erwähnten 17 Einschreibungen zugrunde liegen. Auch hier fehlt die Nennung der Anzahl von tatsächlich erfolgten Angeboten bzw. Zulassungen und deren zugrunde gelegten Annahmeverhalten. Es ist zudem nicht dargelegt, wie viele Zulassungsangebote bzw. Zulassungen tatsächlich ausgesprochen worden sind und ob tatsächlich von einer Annahmequote von 25% ausgegangen worden ist. Die angegebenen Zahlen sind auch keiner der beiden Koordinierungsphasen bzw. Zulassungsschritte in der Koordinierungsphase 2 nach § 37a Abs. 5 bis 8 HZV zuzuordnen, so dass der Zulassungsvorgang nicht nachvollziehbar ist. Für einen Vergleich mit dem Annahmeverhalten der Studienbewerber aus den Vorjahren in den jeweiligen Vergabeschritten, fehlen ebenfalls notwendige Angaben, um eine Abweichung überhaupt feststellen zu können. Es gibt darüber hinaus weder einen Anhaltspunkt, welche Konsequenzen die Universität/Stiftung daraus gezogen hat, noch welche Überbuchungsquoten deshalb für die Koordinierungsphase 2 in den Schritten 1 und 2 festgelegt worden sind, noch welches Annahmeverhalten im Schritt 1 vorlag und/oder ob für den Schritt 2 in der Koordinierungsphase 2 eine abweichende Überbuchungsquote festgelegt worden ist.
Soweit von 49 aktiven Annahmen (im Vorjahr 57) und von einer Annahmequote von 90% die Rede ist, trägt dies nicht zur Aufklärung bei. Es ist nicht erkennbar, von welchem Stand des Vergabeverfahrens gesprochen wird, worauf sich diese Angaben beziehen und welche Annahmequote konkret zugrunde gelegt wurde und inwieweit dies von Erfahrungen in der Vergangenheit abweicht. Soweit erklärt ist, dass in der Vergangenheit eine Annahmequote von 25% den Erfahrungswerten entsprochen habe, fehlt die Angabe, welches Annahmeverhalten jetzt festzustellen war. Darüber hinaus ist auch hier nicht ersichtlich, welchem Stadium des Verfahrens dieser Erfahrungswert entsprochen hat, so dass eine Vergleichbarkeit nicht gegeben ist.
Auch die Antwort in der Email vom 6.12.2019 trägt nicht zur Aufklärung bei. Darin ist im Wesentlichen ausgeführt, dass die Universität durch die Beauftragung der Stiftung das Vergabeverfahren nicht (mehr) in der Hand habe. Lediglich am Montag, den 19.8.2019, hätte sie die Möglichkeit zum Eingreifen besessen und die Überbuchung auf Null setzen können. Im Übrigen wird darin das Vergabeverfahren näher erläutert, was jedoch die konkrete Überbuchung selbst nicht zu erklären vermag.
Die Ursachen der Überbuchung sind damit nicht nachvollziehbar dargelegt; dies geht zu Lasten des Beklagten, der als einziger Beteiligter die Möglichkeiten hierzu hat. Die entsprechenden Zulassungen und Immatrikulationen sind deshalb nicht kapazitätsdeckend und können deshalb dem Begehren der Antragspartei nicht entgegen gehalten werden.
2.2.2 Das Gericht geht darüber hinaus nach Würdigung aller zum Zeitpunkt der Entscheidung bekannten Umstände von weiteren zur Verfügung stehenden Studienplätzen aus, da nicht nur die Überbuchung rechtswidrig ist, sondern darüber hinaus weitere besondere Umstände vorliegen.
So führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 4.4.2013 – 7 CE 13.10002 – (juris) aus, dass wenn eine Hochschule in einem zulassungsbeschränkten Studiengang über mehrere aufeinander folgende Zulassungstermine hohe Überbuchungen vornimmt, dies allerdings Anlass geben könne, zu prüfen, ob sich das von der Hochschule prognostizierte Annahmeverhalten auch unter Berücksichtigung aller hierbei bestehenden Unsicherheiten noch hinreichend auf Erfahrungswerte der letzten Jahre stützen lasse, oder ob die Hochschule selbst davon ausgeht, dass über die festgesetzte Zulassungszahl hinaus noch nutzbare Ausbildungskapazität vorhanden ist.
Vergleichbare besondere Umstände liegen im vorliegenden Verfahren zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vor.
So wurde trotz mehrmaliger gerichtlicher Nachfragen (Emails vom 26.11.2019, vom 2.12.2019 und vom 5.12.2019) nicht angegeben, in welchem Verfahrensstand und wann welcher Fehler passiert sein soll und inwieweit und in welchem Ausmaß ein Prognosefehler vorliegt. Diese ausgebliebenen Angaben sind für das Gericht nicht nachvollziehbar, zumal die Universität das Vergabeverfahren keinesfalls, wie sie angibt, vollständig aus der Hand gibt, sondern ihr ausweislich des vorgelegten Terminplanes sowohl am 20.8.2019 als auch am 22.8.2019 jeweils nach den Schritten 1 und 2 eine „Anpassung der überbuchten Kapazität in der Koordinierungsphase“ möglich war. Damit ist die Universität in das dialogorientierte Serviceverfahren sehr wohl eingebunden und ihr stehen auch die entsprechenden Zahlen zur Verfügung. Damit ist ihr auch bekannt, in welchem Ausmaß und in welchem der Zulassungsschritte überbucht wird. Die Zurückhaltung entsprechender Informationen ist nicht hinnehmbar.
Selbst wenn die Universität alle ihre Aufgaben und Befugnisse der Stiftung übertragen hätte, muss sie sich Fehler der von ihr beauftragten Stiftung im Rahmen des dialogorientierten Serviceverfahrens nach Art. 7a Satz 1 und 2 BayHZG im Vergabeverfahren (Vergabe von Zulassungsangeboten und/oder bei der Umwandlung aller Angebote in Zulassungen, Prognoseentscheidungen) zurechnen lassen. Da die Überbuchung seit langem bekannt ist und die alljährlich wiederkehrende Überprüfung der Kapazität bevorstand, war vorhersehbar, dass die Überbuchung Prüfungsgegenstand werden wird. Deshalb ist davon auszugehen, dass die erforderlichen Unterlagen der Universität längst vorliegen und dem Gericht vorgelegt werden können. Letztendlich ist auch seit der ersten gerichtlichen Aufforderung mit der Email vom 26.11.2019 ausreichend Zeit gewesen, die gewünschten Unterlagen zu besorgen.
Die Angaben der Universität, sie hätte letztmalig am 19.8.2019 Einfluss nehmen und die Überbuchung auf Null setzen können, steht zudem nicht im Einklang mit dem übermittelten Terminplan. Vielmehr ist dem Terminplan zu entnehmen, dass neben den bereits oben genannten beiden Terminen (20. und 22.8.2019) auch am Samstag, den 24.8.2019 bis 24:00 Uhr (am Tag nach der automatischen Zulassung in Schritt 3 am Freitag, den 23.8.2019), als die Verfahrensergebnisse von der Hochschule und den Bewerbern abgerufen werden konnten, eine Korrekturmöglichkeit bestanden haben müsste, um weitere automatische Zulassungen ab einem kritischen Zeitpunkt zu verhindern. Für eine weitere aktive Einwirkungsmöglichkeit der Universität bzw. Stiftung spricht auch, dass nach dem Terminplan erst am Montag, den 26.8.2019, bis 14:00 Uhr eine „Freigabe der Zulassungsbescheide … im Auftrag der Hochschule …“ erfolgt. Für die Annahme, dass dies eine bloße Förmelei darstellt, bestehen keine Anhaltspunkte, denn dann wäre diese Formulierung höchst überflüssig. Vielmehr wird erst mit dem postalischen Versand am Dienstag, den 24.8.2019, die endgültige Entscheidung über die Zulassung der Bewerber verschickt, so dass voraussichtlich sogar noch hier eine Einwirkungsmöglichkeit der Universität auf die überbuchte Kapazität (den Überbuchungsfaktor) bestanden haben muss. Ein nachhaltiges Bestreben, nur die errechnete Kapazität auszulasten, ist aus den oben genannten Gründen jedenfalls nicht erkennbar.
Hinzu kommt, dass die Überbuchung dem Gericht nicht – wie zu erwarten gewesen wäre – zeitnah mitgeteilt, sondern das Gericht erst auf gerichtliche Nachfrage (vgl. Email vom 13.11.2019) zum Stand der Immatrikulationen mit Email vom 21.11.2019 davon informiert wurde, dass 90 Studierende zugelassen wurden. In der Gesamtschau ist deshalb zumindest im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes zu vermuten, dass tatsächlich mehr Studienplätze zur Verfügung stehen, als in der Kapazitätsberechnung errechnet wurden.
Aus diesen Gründen ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ein Anordnungsanspruch zu bejahen. Ein solcher ist zur Durchsetzung des Hochschulzugangsrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG geboten. Insbesondere kann diesem Anordnungsanspruch im vorliegenden Verfahren das Grundrecht der wissenschaftlichen Gestaltungsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) kaum entgegen gehalten werden, da die wissenschaftliche Gestaltungsfreiheit kein Recht auf eine rechtswidrige Überbuchung beinhaltet. Gleiches gilt hinsichtlich der oben genannten besonderen Umstände, die weitere über die errechnete Kapazität vorhandene Studienplätze vermuten lassen; auch sie sind von der wissenschaftlichen Gestaltungsfreiheit nicht erfasst.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 18.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Das Gericht erachtet im Eilverfahren die Hälfte des Regelstreitwerts in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für angemessen. Eine weitere Reduzierung des Streitwerts ist auch dann nicht angezeigt, wenn die vorläufige Zulassung zum Studium lediglich nach Maßgabe eines Losverfahrens beantragt wird, weil im Grunde die Zulassung zum Studium und damit die Zuteilung eines entsprechenden Studienplatzes begehrt wird.


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