Verwaltungsrecht

Zur Ablehnung von Beweisanträgen

Aktenzeichen  10 ZB 17.1517

Datum:
10.10.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 131789
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StPO § 96
EMRK Art. 6 Abs. 3
VwGO § 86 Abs. 2, Abs. 3, § 124 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Aus der Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO ergibt sich keine Verpflichtung, vorab darauf hinzuweisen, dass ein Beweisantrag nach § 86 Abs. 2 VwGO abgelehnt werden wird. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2 Das Gericht darf grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Rechtsanwalt mit der Sach- und Rechtslage hinreichend vertraut ist (Anschluss an BVerwG BeckRS 2008, 40577). (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Begründungspflicht des § 86 Abs. 2 VwGO gilt nur für substantiierte Beweisanträge. Nicht darunter fallen Ausforschungsbeweisanträge. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 7 K 16.3827 2017-05-31 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seinen zuletzt gestellten Antrag weiter, den Beklagten zu verpflichten, der uneingeschränkten Vernehmung der Vertrauenspersonen als Zeugen in dem derzeit gegen den Kläger vor dem Landgericht Regensburg geführten Strafprozess zuzustimmen.
Das ursprünglich im Rahmen eines Hilfsantrags verfolgte Klagebegehren, den Beklagten zur Zustimmung zu einer abgeschirmten Vernehmung zu verpflichten, haben die Parteien übereinstimmend teilweise für erledigt erklärt, weil der Beklagte mit Schreiben vom 26. September 2016 einer audiovisuellen Vernehmung der Vertrauenspersonen unter optischer und akustischer Verfremdung unter bestimmten Bedingungen zugestimmt hat. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren eingestellt, soweit es übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg. Es liegt weder ein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung des Erstgerichts beruht (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO; 1.), noch bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; 2.). Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist schon nicht hinreichend dargelegt und liegt zudem nicht vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO; 3.).
1. Die Darlegung des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO setzt voraus, dass der Verfahrensmangel in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht konkret bezeichnet wird und dargelegt wird, inwiefern die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf diesem Verfahrensmangel beruht.
Der Kläger bringt insoweit vor, dass das Verwaltungsgericht seinen Beweisantrag „zum Beweis der Tatsache, dass zumindest die VP „Alex“ in N./R. eingesetzt wird zur Aufklärung möglicher Straftaten und somit deren Aufenthaltsort dem Kläger oder dessen vermeintlichen Hintermännern bekannt ist, eine Auskunft der KPI R. einzuholen“, zu Unrecht als sog. „Ausforschungsbeweis“-Antrag eingestuft habe. Es habe gegen seine Hinweispflicht aus § 86 Abs. 3 VwGO bzw. gegen seine Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen. Der Kläger habe dargetan, dass er davon ausgehe, dass zumindest die Vertrauensperson „Alex“ weiterhin in unmittelbarer Nähe seines Wohnorts von der KPI R. als Vertrauensperson eingesetzt werde. Er müsse dieser Vertrauensperson tatsächlich auch schon einmal begegnet sein. Daher sei davon auszugehen, dass er die Person auch unschwer wiedererkennen würde, wenn sie tatsächlich an seinem Wohnort R. weiterhin tätig sei. In diesem Fall wäre aber auch kein Geheimhaltungsinteresse mehr zu rechtfertigen, nachdem ohnehin jederzeit mit einer Begegnung/Identifikation mit/durch den Kläger zu rechnen wäre. Die Frage, ob die Vertrauensperson nach wie vor im örtlichen Umkreis des Klägers eingesetzt werde, sei auch für die Entscheidung des Rechtsstreits relevant, da es bei der Überprüfung der Sperrerklärung der obersten Dienstbehörde auch darauf ankomme, ob alle erkennbaren erheblichen Umstände bei der Entscheidung berücksichtigt worden seien. Mit dem Beweisantrag habe aufgezeigt werden sollen, dass die Vertrauenspersonen nach wie vor im örtlichen Umfeld des Klägers eingesetzt werden, so dass bereits jetzt eine Identifizierung drohe oder schon erfolgt sei, ohne dass es zu vermeintlichen Racheakten des Klägers oder von dritter Seite gekommen sei.
Mit diesen Ausführungen hat der Kläger jedoch nicht dargelegt, dass das Erstgericht gegen seine Hinweis- oder Aufklärungspflicht verstoßen hat.
Mit der Ablehnung des Beweisantrags als Ausforschungsbeweisantrag in der mündlichen Verhandlung und der entsprechenden Begründung ist das Gericht seiner Hinweispflicht aus § 86 Abs. 3 VwGO nachgekommen. Das Gericht war gemäß § 86 Abs. 3 VwGO, wonach der Vorsitzende darauf hinzuwirken hat, dass sachdienliche Anträge gestellt werden, nicht verpflichtet, vor dem Beschluss nach § 86 Abs. 2 VwGO darauf hinzuweisen, dass der Beweisantrag des Klägers als Ausforschungsbeweisantrag abgelehnt werden würde. Die Vorschrift des § 86 Abs. 3 VwGO soll verhindern, dass die Durchsetzung von Rechten an der Unerfahrenheit, Unbeholfenheit oder der mangelnden Rechtskenntnis eines der Beteiligten scheitert. Hinweise sind vor allem dann geboten, wenn ein Beteiligter erkennbar von falschen Tatsachen ausgeht und es deshalb unterlässt, das vorzutragen, was für seine Rechtsverfolgung notwendig wäre (BVerwG, B.v. 6.7.2001 – 4 B 50.01 – juris Rn. 11). Die Pflicht, die § 86 Abs. 3 VwGO begründet, darf nicht mit Rechtsberatung verwechselt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Beteiligter anwaltlich vertreten ist. Das Gericht darf grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Rechtsanwalt mit der Sach- und Rechtslage hinreichend vertraut ist (BVerwG, B.v. 23.10.2008 – 4 B 30.08 – juris Rn. 14). Einen ausreichenden Schutz für die Verfahrensbeteiligten bei der Stellung von Beweisanträgen bietet insoweit bereits § 86 Abs. 2 VwGO. Die in dieser Vorschrift geregelte Begründungspflicht für die Ablehnung eines in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrages soll zum einen das Gericht dazu veranlassen, vor dem Erlass einer Sachentscheidung Überlegungen über die Entscheidungserheblichkeit eines Beweisantrages anzustellen. Zum anderen sollen die Beteiligten auf die durch die Ablehnung des Beweisantrags entstandene prozessuale Lage hingewiesen werden. Der Kläger soll die zur Ablehnung seines Antrags führenden rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen des Gerichts erkennen können, damit er sich in der Verfolgung seiner Rechte darauf einrichten kann. Diese Erkenntnis versetzt ihn in die Lage, gegebenenfalls einen zweckdienlichen neuen oder ergänzenden Beweisantrag zu stellen (Rixen in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 86 Rn. 83 m.w.N.; BayVGH, B.v. 22.1.2015 – 10 ZB 14.1631 – juris Rn. 5). Nachdem das Gericht den vom Kläger gestellten Beweisantrag mit der Begründung, dass es sich bei der Angabe, die Vertrauensperson „Alex“ werde weiterhin im Bereich N./R. eingesetzt, um eine Angabe ins Blaue hinein gehandelt habe, abgelehnt hatte, hätte für den Kläger die Möglichkeit bestanden, seine Behauptung weiter zu substantiieren oder verifizieren. Insoweit kann er sich jedenfalls nicht auf eine Verletzung der Hinweispflicht berufen.
Eine Verletzung von § 86 Abs. 2 VwGO liegt ebenfalls nicht vor, weil die Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrages jedenfalls im Ergebnis zu Recht erfolgt ist. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht einen unbedingten Beweisantrag gestellt. Nach § 86 Abs. 2 VwGO kann ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag nur durch einen Gerichtsbeschluss, der zu begründen ist, abgelehnt werden. Die Begründungspflicht des § 86 Abs. 2 VwGO gilt jedoch nur für substantiierte Beweisanträge. Nicht unter § 86 Abs. 2 VwGO fallen demnach Ausforschungsbeweisanträge (Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 86 Rn. 27). In seinem Beweisantrag stellt der Kläger (konkludent) die Behauptung auf, dass eine der vom Beklagten eingesetzten Vertrauenspersonen die Person „Alex“ sei, dass der Kläger diese Person kenne und dass sie sich in N./R. aufhalte. Das Verwaltungsgericht hat bei der Ablehnung des Beweisantrages zu Recht darauf abgestellt, dass der Kläger keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen habe, dass die Person Alex tatsächlich mit einer der eingesetzten Vertrauenspersonen identisch sei und diese dem Kläger auch bekannt sei. Allein die Behauptung, dass der Kläger, wenn die Anschuldigungen der Klageschrift der Staatsanwaltschaft zutreffen, den vom Beklagten eingesetzten Vertrauenspersonen zwangsläufig begegnet sein müsse, reicht jedenfalls nicht aus.
Im Ergebnis ist der Beweisantrag des Klägers auf eine unzulässige Beweiserhebung gerichtet. Der Kläger will mit Hilfe des Beweisantrages seine bislang nicht durch Tatsachen belegte Vermutung, dass es sich bei „Alex“ um eine Vertrauensperson des Beklagten handelt, bestätigt haben. Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits um die Zulässigkeit der Sperrerklärung nach § 96 StPO ist aber gerade die Frage, ob der Beklagte verpflichtet ist, die Identität der von ihm eingesetzten Vertrauenspersonen preiszugeben. Über den Umweg der beantragten Beweisaufnahme könnte der Kläger Anhaltspunkte für die Klärung der Identität der Vertrauenspersonen erhalten und so die Sperrerklärung des Beklagten, über deren Rechtmäßigkeit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erst noch entschieden werden muss, hinfällig machen.
Auch hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt, dass die Entscheidung des Erstgerichts auf dem behaupteten Verfahrensfehler beruht. Das Verwaltungsgericht hat in den Entscheidungsgründen des Urteils zutreffend darauf abgestellt, dass bei einer Sperrerklärung nach § 96 StPO die im Spannungsfeld stehenden Rechtsgüter sorgfältig gegeneinander abgewogen werden müssen und der gesamte Sachverhalt entsprechend gewürdigt werden muss. Besonders zu berücksichtigen sind dabei einerseits die Schwere der zur Aburteilung anstehenden Straftat sowie das Ausmaß der dem Beschuldigten drohenden Nachteile und andererseits das Gewicht der einer bestmöglichen Aufklärung entgegenstehenden Umstände, insbesondere der Schutz der Vertrauenspersonen vor Gefahren für Leib und Leben, die Geheimhaltung der polizeilichen Arbeitsweise sowie der Umstand, dass im Fall der Offenlegung ihrer Identität von diesen Vertrauenspersonen künftig keine entsprechenden Hinweise mehr erfolgen würden und die Gewinnung weiterer Vertrauenspersonen weiter erschwert wäre. Das Verwaltungsgericht hat sich dabei mit der Argumentation des Klägers, dass, wenn er die Vertrauensperson „Alex“ und deren Aufenthaltsort kenne, kein Geheimhaltungsinteresse an der Identität der Vertrauenspersonen mehr bestehe, auseinandergesetzt. Es hat insoweit ausgeführt, allein die Tatsache, dass er die Vertrauenspersonen von ihrem äußeren Erscheinungsbild her kenne, weil er sie bei Zugrundelegung des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsergebnisses getroffen haben müsse, bedeute nicht, dass er deren Namen oder Wohnort kenne oder ein näheres Bild von ihnen habe. Das Gericht geht somit davon aus, dass trotz mehrerer Zusammentreffen des Klägers mit den Vertrauenspersonen, die nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im Rahmen der Tatbegehung stattgefunden haben, es noch nicht zu einer Enttarnung der Vertrauenspersonen gekommen ist, weil der Kläger diesen nach wie vor keine bestimmte Identität zuordnen kann. Daher kann es zum (weiteren) Schutz der Vertrauenspersonen nicht verantwortet werden, dass der Kläger zusätzliche Informationen über die Vertrauenspersonen erhält, die ihm ein Erkennen bzw. eine Identifizierung der Vertrauenspersonen erleichtern bzw. ermöglichen.
Anhaltspunkte für eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO sind nicht ersichtlich. Allein aufgrund der Behauptung des Klägers, er kenne die Vertrauensperson „Alex“, mussten sich dem Gericht schon aus den oben dargelegten Gründen keine weiteren Aufklärungsmaßnahmen aufdrängen.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden nur dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 –1 BvR 814/09 – juris Rn. 11, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16). Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat dargelegt, dass die streitgegenständliche Sperrerklärung den von der Rechtsprechung (BVerfG, B.v. 26.5.1981, 2 BvR 215/81 – juris Rn. 80; BVerwG, U.v. 19.8.1986 – 1 C 7.85 – juris Rn. 39) aufgestellten Anforderungen für die Versagung einer Auskunft genügt und eine Offenlegung der Identitäten der Vertrauenspersonen aus den in der Sperrerklärung dargelegten Gründen nicht in Betracht kommt.
Der Kläger bringt dagegen vor, es gehe im Rahmen des Verteidigerrechts zur Konfrontation darum, dem Zeugen in die Augen zu sehen, um die Aussage auf dieser Grundlage nachprüfen zu können, zumal wenn es eine erhebliche Motivation zur Falschbelastung geben könne. Dies gelte umso mehr, wenn die nicht präsenten Zeugen das Hauptbeweismittel schlechthin seien, das eine spätere Verurteilung tragen solle. Es wäre denkbar, die Zeugen zu vernehmen und dabei unter Umständen ihre Identitäten geheim zu halten. Dadurch entstünde keine größere Gefährdung der Vertrauenspersonen. Es reiche nicht aus, dass der Kläger der Zeugenvernehmung beiwohnen dürfe. Das Konfrontationsrecht schließe es ein, dass der Angeklagte die Möglichkeit haben müsse, Belastungszeugen in angemessener und ausreichender Weise zu befragen. Die Möglichkeit, den Belastungszeugen in irgendeiner Art und Weise zu befragen, genüge demgemäß regelmäßig nicht. Des Weiteren bestünden auch erhebliche Bedenken gegen die Anwesenheit eines Führungsbeamten bei der Zeugeneinvernahme. Die Rolle eines Zeugenbeistandes unterscheide sich von der eines Führungsbeamten. Überdies habe das Verwaltungsgericht auch nicht in Blick genommen, dass die Zeugen in dem der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Kassel (HessVGH, B.v. 3.6.2013 – 8 B 101/13, 8 B 1002/13 – juris Rn. 19) zugrunde liegenden Fall von der kolumbianischen Drogenmafia Gefahren für Leib und Leben fürchten mussten, während vorliegend solche konkreten Gefahren weder vorgetragen noch ansatzweise ersichtlich seien.
Mit diesem Vorbringen zieht der Kläger jedoch die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils im Ergebnis nicht ernsthaft in Zweifel. Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Streitverfahrens ist ausweislich des in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrags (nur noch) die Verpflichtung des Beklagten, Auskunft über Name und Anschrift behördlich geheim gehaltener Zeugen zu geben und deren uneingeschränkter Vernehmung zuzustimmen. Nicht mehr verfahrensgegenständlich ist dagegen, ob der Kläger einen Anspruch auf audiovisuelle Vernehmung der Vertrauenspersonen ohne bestimmte, in der eingeschränkten Sperrerklärung vom 26. September 2016 genannte Bedingungen (insbesondere Anwesenheit des Führungsbeamten) hat. Den diesbezüglichen ursprünglichen Hilfsantrag hat der Kläger für erledigt erklärt bzw. nicht mehr weiterverfolgt.
Bezogen auf den allein noch streitgegenständlichen Klageantrag hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, dass das Interesse des Klägers an einer Preisgabe der Identität der Vertrauenspersonen für eine Zeugeneinvernahme vor dem Strafgericht nicht das öffentliche Interesse an der Geheimhaltung der Identität der Vertrauenspersonen überwiege und deshalb die vom Beklagten gegebene Zustimmung zu deren audiovisueller Vernehmung unter näher bestimmten Bedingungen den Rechten des Klägers, insbesondere aus Art. 6 EMRK, hinreichend Rechnung trage.
Der Kläger verkennt insoweit, dass das Konfrontationsrecht aus Art. 6 Abs. 3 Buchst. d EMRK unter den Voraussetzungen des § 96 StPO eingeschränkt werden kann, wenn die Vorlage von Akten oder anderen in amtlicher Verwahrung befindlichen Schriftstücken dem Wohl des Bundes oder des Landes Nachteile bereiten würde. Diese Vorschrift findet in Fällen, in denen – wie hier – Auskunft über Name und Anschrift behördlich geheim gehaltener Zeugen verlangt wird, entsprechende Anwendung (HessVGH, B.v. 3.6.2013, a.a.O., juris Rn. 19, 24). Der Beklagte hat in der Sperrerklärung vom 27. Juni 2016 ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen die Identität der eingesetzten Vertrauenspersonen nicht preisgegeben werden kann. Er hat sich dabei auf die Geheimhaltungszusage der Staatsanwaltschaft, die Gefahr der Enttarnung der eingesetzten Vertrauenspersonen, Probleme bei der Neugewinnung von Vertrauenspersonen sowie Gefahren für Leib und Leben auch bei Folgeeinsätzen, die Zuverlässigkeit der eingesetzten Vertrauenspersonen, deren lange Erfahrung, die dem Kläger zur Last gelegten schweren Straftaten aus dem Bereich der Drogenkriminalität, die Gefährdung der Vertrauenspersonen durch etwaige Hintermänner und den Kläger selbst sowie das Vorhandensein anderer Beweismittel berufen. Mit all diesen Argumenten setzt sich der Kläger im Zulassungsvorbringen nicht auseinander. Soweit er behauptet, dass die beiden Vertrauenspersonen das Hauptbeweismittel schlechthin seien, trifft dies nicht zu. Nach unwidersprochenen Angaben des Beklagten stehen die Erkenntnisse der Telekommunikationsüberwachung, das im Verlauf des „Vertrauenskaufes“ sichergestellte Kokain sowie die Angaben des eingesetzten nicht offen ermittelnden Polizeibeamten und der Führungsbeamte der Vertrauenspersonen als Zeuge vom Hörensagen zur Verfügung.
Soweit sich das Vorbringen auf die Anwesenheit des Führungsbeamten sowie der anderen Modalitäten der audiovisuellen Vernehmung der Zeugen bezieht, ist es nicht mehr streitgegenständlich (s.o).
3. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist schon nicht hinreichend dargelegt.
Um den auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist, erläutern, weshalb die vorformulierte Frage klärungsbedürftig ist und darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Vorliegend fehlt es bereits an der Formulierung einer konkreten Rechts- oder Tatsachenfrage. Der Kläger führt zwar aus, dass die im Streit stehende Frage das unmittelbare Konfrontationsrecht des Beschuldigten im Strafprozess berühre, er legt aber nicht dar, welche konkrete Frage sich insoweit stellt. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine audiovisuelle Vernehmung von Zeugen als Ersatz für eine Zeugenvernehmung im Strafprozess dienen kann, ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht mehr entscheidungserheblich.
Unter welchen Umständen eine Dienstbehörde sich weigern darf, unter Berufung auf § 96 StPO dem Strafgericht bestimmte Beweismittel zugänglich zu machen, muss unter sorgfältiger Abwägung der im Spannungsfeld stehenden Rechtsgüter und entsprechender Würdigung des gesamten Sachverhalts, insbesondere der Schwere der Straftat und des Ausmaßes der dem Beschuldigten drohenden Nachteile, für die die Höhe der Strafandrohung indizielle Bedeutung hat, des Stellenwerts des Beweismittels im Rahmen der Beweislage und des Gewichts einer bestmöglichen Aufklärung der Umstände entschieden werden (BVerfG, B.v. 26.5.1981 – 2 BvR 215/81 – juris Rn. 62 ff.; BVerwG, U.v. 19.8.1986 – 1 C 7/85 – juris Rn. 56 ff.; NdsOVG, B.v. 4.4.2000 – 11 M 1239/00 – juris Rn. 4, 5) und ist daher einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts München rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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