Verwaltungsrecht

Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache

Aktenzeichen  15 ZB 21.30704

Datum:
7.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 16408
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 26 Abs. 1 S. 1, Abs. 5, § 78 Abs. 3, Abs. 4 S. 4

 

Leitsatz

Eine rechtswirksame Eheschließung genügt zur Anwendung des § 26 Abs. 5 i.V.m. § 26 Abs. 1 Satz 1 AsylG nicht, sondern muss im Verfolgerstaat auch eine eheliche Lebensgemeinschaft bestanden haben. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 3 K 19.30253 2021-04-16 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, denn keiner der in § 78 Abs. 3 AsylG genannten Berufungszulassungsgründe ist hinreichend dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG).
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist erforderlich, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und klärungsfähig, insbesondere entscheidungserheblich, ist; ferner, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 124a Rn. 72; Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juli 2020, § 124a Rn. 102 ff.; Seeger in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand Oktober 2020, § 78 AsylG Rn. 18 ff.). Diesen Anforderungen wird die Antragsbegründung nicht gerecht.
Die Klägerin, die jordanische Staatsangehörige ist, hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob eine Ehefrau Anspruch auf Familienasyl i.S.d. § 26 Abs. 5 i.V.m. § 1 AsylG hat, wenn die Ehe mit dem Ehemann, dem der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt wurde, zwar nicht in dessen Herkunftsland gelebt wurde, jedoch dies beabsichtigt gewesen sei. Zur Begründung führt sie aus, ihre Ehe sei in Jordanien geschlossen worden und dort habe sie auch in ehelicher Gemeinschaft mit ihrem Ehemann zusammengelebt. Sie hätten jedoch beabsichtigt, nach Abflauen des Konflikts ihre Ehe in Syrien zu führen. Ihrem Ehemann sei nunmehr wegen Bestehens eines innerstaatlichen Konflikts in Syrien der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden. Es sei daher zu klären, ob der Bestand der Ehe im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG auch die zukünftige Lebensplanung der Eheleute umfasse. Es handele sich nicht um eine Scheinehe, die nur zur Verschaffung eines Aufenthaltsrechts für die Klägerin geschlossen worden sei, sondern sie hätten mittlerweile einen gemeinsamen Sohn, dem mit Bescheid vom 14. Januar 2021 subsidiärer Schutz gewährt worden sei. Nur die Klägerin selbst habe keine Aufenthaltsberechtigung und könnte deswegen abgeschoben werden, was mit dem Grundgedanken des Art. 6 GG unvereinbar sei. Die Eheleute hätten nie vorgehabt, ihren Lebensmittelpunkt nach Jordanien zu verlegen.
Damit ist keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt, denn der Antrag setzt sich weder mit der Urteilsbegründung noch mit entsprechender höchstrichterlicher Rechtsprechung auseinander. Das Verwaltungsgericht hat unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 1992 (9 C 61.91 – DVBl 1993, 327 = juris Leitsatz 1) und verschiedene Kommentarliteratur begründet, dass eine rechtswirksame Eheschließung zur Anwendung des § 26 Abs. 5 i.V.m. § 26 Abs. 1 Satz 1 AsylG nicht genügt, sondern im Verfolgerstaat auch eine eheliche Lebensgemeinschaft bestanden haben muss, die hier unstreitig nicht vorlag. Zur Begründung führt das Verwaltungsgericht insbesondere aus, § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AsylG sei von dem Grundgedanken getragen, dass Familienasyl auch mit Blick auf die Nähe zum Verfolgungsgeschehen gewährt werde. Eine Nähe des Ehegatten zum Verfolgungsgeschehen und eine eigene Gefährdung setzen aber voraus, dass die Ehegatten bereits im Verfolgerland zusammengelebt haben (vgl. BVerwG a.a.O. juris Rn. 7; zur früheren Rechtslage BVerwG, U.v. 25.6.1991 – 9 C 48.91 – BVerwGE 88, 326 = juris Rn. 11). Die Antragsbegründung legt nicht substantiiert dar, aus welchen Gründen die vom Verwaltungsgericht zitierte Rechtsprechung hier nicht einschlägig sein sollte oder aus welchen Gründen davon abgewichen werden müsste.
Demgegenüber ist die Frage, ob unter Berücksichtigung von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK die Familie der Klägerin Deutschland nur gemeinsam verlassen muss, von der Ausländerbehörde im Rahmen der Abschiebung zu klären.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss, mit dem das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG), ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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