Zivil- und Zivilprozessrecht

Anmeldung eines Wildschadens durch Landwirt

Aktenzeichen  14 C 57/19

Datum:
16.9.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 45707
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Obernburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BJagdG § 34
BayJG Art. 47a Abs. 1
ZPO § 287

 

Leitsatz

1. Bei der einwöchigen Meldefrist des § 34 S. 1 BJagdG handelt es sich um eine materielle Ausschlussfrist. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. In der Schadensmeldung muss nicht jedes einzelne betroffene Flurstück benannt werden; es reicht auch eine zusammenfassende Benennung mit den Ziffern einer Reihe. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Nachmeldung von Schäden können geringere formelle Anforderungen an die Meldung zu stellen sein (Anschluss an BGH BeckRS 2010, 10703). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Das Versäumnisurteil vom 06.05.2020 des hiesigen Gerichts, AZ: 14 C 57/19 wird aufrechterhalten.
2. Der Beklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreites.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.
Beschluss
Der Streitwert wird bzw. bleibt auf 3.841,04 € festgesetzt.

Gründe

Der Feststellungsantrag ist zulässig, insbesondere die Notfrist gemäß Artikel 47 a Abs. 1 Satz 5 BayJG eingehalten. Infolge des Vorbescheids besteht das Feststellungsinteresse dessen, der behauptet, keinen Wildschaden oder nur einen geringeren – als im Vorbescheid festgesetzt – zahlen zu müssen.
Der Antrag ist auch begründet.
Dem Beklagten steht kein nachgewiesener Anspruch auf Wildschadensersatz durch aufgetretene Wildschweine gemäß § 34 Bundesjagdgesetz zu.
Entsprechend dem im Verfahren erteilten Hinweis war eine Fortsetzung der Beweisaufnahme und Einvernahme der beklagtenseits benannten Zeugen zur Berechtigung der Grundstücksnutzungen für eine konkrete Anzahl von Flurstücksnummem nicht mehr veranlasst. Selbst bei Annahme, dass die genannten Zeugen, soweit sie die hier relevanten Grundstücke überhaupt erfassen, die Berechtigung des Beklagten bestätigen würden, ergibt sich kein für das Gericht noch ausreichend feststellbarer und rechtzeitig gemeldeter Wildschaden, der bezifferbar ist und anzusetzen ist.
Zwar ist das Gericht nicht der Auffassung der Klägerseite, dass, wenn dies auch im Urteil etwa des Amtsgerichts Bad Neustadt vom 05.10.2001, 1 C 101/01, vertreten wird, jede einzelne Flurstücksnummer in der Schadensmeldung benannt werden muss. Insoweit kann auch mit den Ziffern einer Reihe aller Flurstücksnummem beziffert werden, da diese ausreichend hierbei bestimmt sind. Nach weitergehender Kennzeichnung an sich für die formelle Meldung selbst ist weder dem Bundesjagdrecht noch dem Bayerischen Jagdrecht nach Auffassung des Gerichts zu entnehmen. Entsprechend einer bereits früheren Entscheidung des Gerichts schließt sich dieses auch grundsätzlich der Ansicht des Bundesgerichtshofs (siehe etwa Entscheidung vom 15.04.2010, III ZR 216/09) an, dass bei einer Nachmeldung von Schäden auch geringere formelle Anforderungen vorliegen können. Insoweit kann auch dahinstehen, ob nicht der Beklagte, der nach eigenem Vortrag noch nach dem 24.07. von einem täglichen Besuch von Wildschweinen in den Maisäckem ausging, die nochmals hätte schriftlich oder mündlich der Gemeinde melden müssen, oder ob dies in Auslegung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Fällen wie vorliegend dann nicht erforderlich ist, wenn bei Wiederbefall dieselben Flächen betroffen sind, die später auch Gegenstand der Begutachtung nur waren im folgenden Ortstermin. Dies gilt nach GH, wenn innerhalb der zeitlich abgegrenzten Phase nach Reifeeintritt bis zur Erntezeit dies schon vorgesehen ist. Es kann an sich auch dahinstehen, ob dies auch dann gilt, wie im vorliegenden Fall, wenn zum 26.07. noch kein Ortstermin bestimmt ist oder ob die Bestimmungen und Vereinbarungen eines Ortstermins in diesem Fall vom Beklagten nachzuweisen ist. Insoweit kann auch dahinstehen, ob die E-Mail des Beklagten zu 2) entsprechend auszulegen ist als ein Einverständnis und, wenn überhaupt möglich, Verzicht auf weitere Schadensmeldung, da offensichtlich Wildschweine nochmals Schäden nach dem 24.07. angerichtet haben nach Mitteilung des Beklagten. Insoweit bestehen von daher, da keinerlei Angaben über Größe und Örtlichkeit der Feststellung nach dem 24.07.2020 vorliegen, jedenfalls schon Unklarheiten über den Umfang des Schadens und wo und wann dieser nach dem 24.7.2018 eingetreten ist.
Maßgeblich im vorliegenden Fall ist aber, dass nach ganz herrschender Meinung die Meldefrist eine materielle Ausschlussfrist ist und trotz Bestreitens und Hinweisen des Gerichts nicht dargelegt oder unter Beweis gestellt ist, dass und in welchem Umfang Schäden bei der Erstmeldung am 06.05.2018 und auf welchen konkreten Flurstücken vorhanden war und welche Schäden neu bis zur Meldung vom 24.07.2020 entstanden sind. Auch hier ist trotz Hinweis keinerlei konkreter Vortrag, auf welchen Flurstücken im Einzelnen innerhalb der Gesamtnennung der Flurstücke der nach Beklagtenangaben am 06.05. oder am 23.07. festgestellter Schaden vorlag. Darüber hinaus ist auch nicht unter Beweis gestellt beklagtenseits oder näher erläutert, wo und welcher Umfang der am 24.07. gemeldete Schaden in den jeweiligen Feldschlägen festgestellt wurde und wann und ob in dieser Zeit genau Kontrollen erfolgten. Nach den eigenen Darlegungen des Ablaufs ist insoweit auch nur bis Anfang Juni email- Verkehr oder sonstige Aktivität in dieser Sache genannt, wobei nur konkret die Behauptung vorliegt, dass regelmäßig Kontrollen stattfanden und erfolgten. Somit ergibt sich schon nicht, dass der zwischen dem 06.05.2018 und dem 24. oder 23.07.2018 festgestellte oder mitgeteilte Schaden innerhalb der Einwochenfrist gemeldet war. Für die Schadensmeldung des Schadens im Juli bestehen jedenfalls nicht die Kriterien der Ausnahmerechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach evtl. eine Meldung vielleicht gar nicht oder nur mündlich erfolgen muss, die im Übrigen auch nicht behauptet ist in mündlicher Weise. Jedenfalls hat der Anspruchsteller auch nach der ganz herrschenden Rechtsprechung die Behauptungs- und Beweislast für die Rechtzeitigkeit der Meldung. Dabei kann dahinstehen, ob hierbei gewisse Beweiserleichterungen gelten können. Im vorliegenden Fall liegt jedoch keinerlei Konkretisierung oder sonstiges Beweisangebot dafür vor. Insoweit sind auch die unter Beweis gestellten Besichtigungen oder Bemerkungen der Zeugen L. oder Ö., die den Beklagten gesehen haben sollen, zu pauschal und nicht für den relevanten Zeitpunkt hier vorgebracht. Diese sind daher ebenso nicht wie die anderen Zeugen zur Benutzungsberechtigung mehr zu vernehmen. Hinzu kommt, dass die Beweisaufnahme durch die Zeugin … und den Zeugen … gerade nicht ergeben hat, dass ein Schaden durch Wildschweine gleichmäßig auf den Flächen vorlag oder dahingehend, dass bestimmt werden konnte, von wann die Schäden stammen und auf welche konkrete Flurstücksnummer sich diese beziehen. Der Zeuge … hat die Feststellungsmethode zum ersten Termin und beim zweiten Termin zwar geschildert. Es kann auch dahinstehen, ob die zweite Besichtigung und der zweite Termin nicht den Klägern doch bekannt war und ob dies überhaupt Voraussetzungen der Feststellung eines Schadens im dann streitigen Verfahren ist, da jedenfalls der erste Termin bekannt und eingehalten war und nach Aussagen der Zeugen … zumindest einiges dafür sprich, dass auch der zweite Termin bekannt war, zumindest dass er stattfindet und hierzu auch keine ablehnende Aussage jedenfalls erfolgt ist. Insoweit kann aber auch dahinstehen, ob die Kläger ausdrücklich zustimmen müssen und die Angaben ausreichend sind, dass von einer Kenntnis des 14.09. auszugehen ist. Das Gericht schließt sich insoweit der ausführlichen Begründung auch des Amtsgerichts Pfaffenhofen im Verfahren 2 C 325/13 vom 11.12.2014 an, dass allein die eventuelle Nichtmitteilung des zweiten genauen Schätztermins nicht zur Aufhebung des Vorbescheids insoweit insgesamt führen muss, da nach Ansicht des Gerichts nach Sinn und Zweck der Regelung des Wildschadensersatzes nach den Bestimmungen bundes- und landesrechtlich allein Fehler der Gemeinde beim Vorverfahren im dann anschließenden Gerichtsverfahren, dass nach der Zivilprozessordnung ein Schaden festzustellen hat, nicht zum Ausschluss eines Schadensersatzes in der Sache unbedingt führt. Insoweit schließt sich das Gericht im Übrigen der Rechtsprechung des Amtsgerichts Pfaffenhofen auch mit Verweisen auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an, dass in Situationen wie im vorliegenden Fall auch im Juli von einer einwöchigen Prüfungsfrist jedenfalls auszugehen ist des Landwirtes, da Besonderheiten nicht ersichtlich und vorgetragen sind. Die Einhaltung dessen ist jedoch nicht nachgewiesen. Insbesondere konnte auch im streitigen Verfahren und auch durch die Anhörung der Parteien auch die Vernehmung der Zeugen nicht geklärt werden, wann der Schaden frühestens und auf welchen Flurstücken, für die eine Berechtigung des Beklagten eventuell noch nachgewiesen würde, entstanden ist in der Anmeldefristzeit.
Darüber hinaus hat der Zeuge … sowohl in der Verhandlung als auch an sich in seinem Schätzungsprotokoll selbst ausgeführt, dass keine gleichmäßige Verteilung der Schäden vorliegt und dass teils nicht bestimmbar war, von welcher Tierart die Schäden erfolgten. Er hat insoweit auch bestätigt, dass andere Tiere wie Dachs teils Rotwild oder Nilgänse laut der schriftlichen Schadensschätzung dort vorhanden waren. Beide Zeugen konnten auch nicht angeben, wo im Einzelnen die jeweiligen Lichtbilder oder noch in Erinnerung befindlichen Schadensbilder sich bezogen auf die Flurstücksnummern. Unstreitig ist im dortigen Bereich auch ein erheblicher Teil im Schlag 1 eine gemeindliche Fläche. Es kann dahinstehen, dass auch das Gericht erhebliche Bedenken hat, dass diese nur prozentual erfasst werden, da zwar eine Erleichterung für die Anmeldung einer Zusammenfassung von Flurnummem in formeller Hinsicht möglich ist, dass aber im streitigen Gerichtsverfahren entsprechend den Grundsätzen der Zivilprozessordnung (siehe hierzu ebenfalls Urteil des Amtsgerichts Pfaffenhofen, wie bereits benannt) der Nachweis auf vom Geschädigten berechtigt genutzten Flächen, wo dieser Geschädigter ist, vorliegen muss. Im Laufe des Verfahren und durch Unstreitigstellen hat sich herausgestellt, dass zudem teils gemeldete-Grundstücke gerade auch nicht in völlig unerheblicher Anzahl von Herrn … bewirtschaftet werden oder dem Markt Großheubach gehören und nicht wildschadenspflichtig sind. Eine reine prozentuale Herausrechnung wie im Ergebnis dann doch vom Zeugen … in der Schätzung vorgenommen, mag zwar bei gleichmäßigen Schäden möglich sein, erscheint bei einer so unklaren Sachverhaltsaufnahme in einem solchen Fall, wo z.B., wenn das schriftliche Gutachten so richtig zu verstehen wäre, fast ein Drittel eines Schlages gemeindliche Fläche ist, bei sehr verschieden betroffenen, nicht erfassten Flächen unzureichend. Dabei kann dahinstehen, dass an sich auch beklagtenseits nicht dem Vortrag der Klägerseite entgegengetreten wurde, dass die vorgelegten Lichtbilder die Schadensstellen zeigen, bei denen jedenfalls nicht erkennbar ist, dass ein Schadens- und Fehlbetrag von jeweils weit über 50 % vorliegt für die ganze Fläche, und diesbezüglicher Ernteausfall durch ersatzpflichtiges Wild.
Hinzu kommt, dass auch beklagtenseits trotz der Hinweise nicht konkret vorgetragen ist, welche Flächen sich nachträglich trotz der fehlerhaften Meldung durch den Beklagten auf die Berechtigung des … beziehen mit welchem Umfang für dessen Flunummern. Das Gericht hat diese nicht von Amts wegen zu ermitteln oder auszumessen. In der Schadensschätzung des Zeugen … sind diese offensichtlich ebenfalls nicht ausgenommen.
Das Gericht ist daher aufgrund der erhobenen Beweise, aber auch nicht aufgrund der im Übrigen noch beantragten Beweise, in der Lage, einen innerhalb der Anmeldungsfrist von einer Woche auf Grundstücken des Beklagten, die dieser zumindest berechtigt benutzt, durch schadensersatzpflichtiges Wild gemäß § 34 BJagdG festzustellen oder auch mit einem Mindestschaden oder Mindestbetrag nach § 287 ZPO anzunehmen oder zu schätzen.
Auf die weiteren Fragen, ob der Schätzer sich beim Ausgangspunkt des Gewichtes auf die Angaben des Geschädigten oder dessen beauftragte Unternehmer verlassen darf oder ob in anderen Fällen, wo die Zuordnung der Grundstücke und Rechtzeitigkeit der Meldung ggfls. unstreitig ist oder anders bewiesen würde, dessen Erfassungs – und Schätzmethode ausreichend, durchaus möglich und berücksichtigungsfähig wäre, kommt es daher auch nicht an.
Der Klage war daher zu entsprechen, da allein die Wahrscheinlichkeit, dass ein gewisser, nicht quantifizierbarer Mindestwildschaden beim Beklagten wohl entstanden sein dürfte und rechtzeitig auch in gewissem Umfang gemeldet war, nicht ausreicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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