Baurecht

Nassschäden an einem alten Mühlengebäude nach Aufstau einer Talsperre

Aktenzeichen  AN 9 K 18.00360

Datum:
7.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 32233
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WHG § 14 Abs. 6, § 68, § 70

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Ziffer 1 des Bescheides vom 26. Januar 2018 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 3. Juni 2020 wird dahingehend abgeändert, dass über die dort festgesetzte Entschädigung hinaus weitere 27.871,20 EUR zuzüglich Zinsen seit dem 10. September 2010 als Entschädigung für den merkantilen Minderwert zu gewähren sind. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 
2. Die Kläger tragen 9/10 der Kosten des Verfahrens, die Beklagte trägt 1/10. 
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrags.

Gründe

A.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 26. Januar 2018 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 3. Juni 2020, der den Klägern auf ihren Antrag vom 16. August 2004 hin eine Entschädigung in Höhe von 84.178,61 netto bewilligt und damit darüberhinausgehende Ansprüche ablehnt.
B.
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
1. Die Klage ist zulässig. Es handelte sich ursprünglich um eine Untätigkeitsklage, die zu einer Verpflichtungsklage umgestellt wurde. Die Untätigkeitsklage durfte auch zu einer Verpflichtungsklage umgestellt werden, da der Bescheid vom 26. Januar 2018 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 3. Juni 2020 eine wirksame Entscheidung darstellt.
1.1 Die Nennung des falschen Vornamens bezüglich des Klägers zu 2., der im Bescheid als … … bezeichnet wird, stellt eine offenbare Unrichtigkeit i.S.d. Art. 42 BayVwVfG dar, die durch die Erklärung der Behörde, dass der Name falsch bezeichnet war, berichtigt werden konnte.
1.2 Auch die Tatsache, dass der Bescheid nicht unterschrieben war, verhindert nicht das Vorliegen einer wirksamen Entscheidung, da jedenfalls eine Namenswiedergabe i.S.d. Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG vorhanden ist.
2. Die Klage ist nur zum Teil begründet. Der Bescheid vom 26. Januar 2018 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 3. Juni 2020 ist insoweit rechtswidrig, als den Klägern kein Ersatz des merkantilen Minderwertes in Höhe von 27.871,20 EUR zuzüglich Zinsen seit dem 10. September zugestanden wird, und verletzt die Kläger insoweit auch in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
2.1 Als Rechtsgrundlage ist § 14 Abs. 6 Satz 2 i.V.m. §§ 68, 70 WHG heranzuziehen.
Es handelt sich um eine Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage; somit kommt es maßgebend auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an. Mit Wirkung ab dem 1. März 2010 wurden das WHG und das BayWG jeweils neu gefasst. Gemaß Art. 81 BayWG in der ab dem 1. März 2010 geltenden Fassung sind bei Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnene Verfahren nach den bisher geltenden Verfahrensvorschriften zu Ende zu führen. Die anzuwendenden Verfahrensvorschriften ergeben sich daher im Wesentlichen aus Art. 83 BayWG i.V.m. den danach anzuwendenden Vorschriften des BayVwVfG in der vor dem 1. März 2010 geltenden Fassung. Die materiell-rechtliche Beurteilung richtet sich hingegen nach den ab dem 1. März 2010 geltend Vorschriften des WHG und des BayWG, wobei sich aus der Neufassung der genannten Gesetze vorliegend in der Sache ohnehin keine beachtlichen Unterschiede ergeben (vgl. hierzu auch VG Regensburg, U.v. 2.8.2010 – RO 8 K 10.00289 – juris Rn. 14).
Obwohl der Antrag auf Entschädigung bereits im Jahr 2004 gestellt wurde, kommt folglich das ab 1. März 2010 gültige Wasserhaushaltsgesetz zur Anwendung.
Gem. § 70 Abs. 1 Satz 1 WHG gilt § 14 Abs. 3 bis 6 WHG für die Planfeststellung entsprechend. Gem. § 14 Abs. 6 Satz 2 i.V.m. §§ 68, 70 WHG hat der von der Planfeststellung Betroffene für den Fall, dass nachteilige Wirkungen, die bis zum Ablauf der Frist zur Geltendmachung von Einwendungen nicht voraussehbar waren, nicht durch nachträgliche Inhalts- oder Nebenbestimmungen gem. § 14 Abs. 6 Satz 1 WHG vermieden oder ausgeglichen werden können, einen Anspruch auf Entschädigung. Art und Umfang dieses Anspruchs bestimmen sich nach § 96 WHG. Gem. § 96 Abs. 1 Satz 1 WHG hat eine nach dem WHG zu leistende Entschädigung den eintretenden Vermögensschaden angemessen auszugleichen, wobei gem. § 96 Abs. 1 Satz 4 WHG eine infolge der behördlichen Anordnung eingetretene Minderung des Verkehrswerts von Grundstücken zu berücksichtigen ist. Die Entschädigung ist grundsätzlich in Geld festzusetzen (§ 96 Abs. 2 WHG).
2.2 Die Höhe der Entschädigung wurde durch den Bescheid vom 26. Januar 2018 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 3. Juni 2020 nicht in korrekter Höhe festgesetzt; den Klägern steht ein über die festgesetzte Summe von 84.178,61 EUR hinausgehender Anspruch von 27.871,20 EUR zuzüglich Zinsen seit dem 10. September 2010 zu.
Der Entschädigung nach § 96 WHG kommt eine Ausgleichsfunktion zu, wodurch sie sich grundsätzlich vom Schadensersatz unterscheidet. Mit der Entschädigung soll nur dasjenige ausgeglichen werden, was zum Zeitpunkt des jeweiligen Eingriffs vorhanden ist und genommen wird (siehe hierzu Czychowski/Reinhardt, WHG, Stand 2019, § 96 Rn. 11 f.).
Es wird nur Entschädigung für Vermögensschäden geleistet (§ 96 Abs. 1 Satz 1 WHG). Ein angemessener Ausgleich liegt dabei vor, wenn die Entschädigung unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten bestimmt wird (siehe hierzu Czychowski/Reinhardt, WHG, Stand 2019, § 96 Rn. 15 unter Verweis auf BGH, U.v. 28.9.1972 – III ZR 44/70 – beck-online). Es sind nur unmittelbar und adäquat verursachte Schäden auszugleichen (vgl. VGH Mannheim, U.v. 1.2.2001 – 8 S 2042/00 – juris Rn. 28). Neben dem Ersatz von Substanzverlusten werden auch Folgeschäden erfasst, sofern sie als erzwungene und unmittelbare Folge des Eingriffs adäquat kausal entstehen (Czychowski/Reinhardt, WHG, Stand 2019, § 96 Rn. 19). Der Rechtsgedanke des § 254 BGB findet Anwendung (siehe hierzu Czychowski/Reinhardt, WHG, Stand 2019, § 96 Rn. 18).
2.2.1 Unter Beachtung dieser Grundsätze haben die Kläger einen Anspruch auf Ersatz des merkantilen Minderwertes in Höhe von 27.871,20 EUR.
Der Anspruch auf Ersatz des merkantilen Minderwertes ist Bestandteil der Entschädigung und wurde den Klägern zu Unrecht versagt.
2.2.1.1 Ein merkantiler Minderwert ist anzunehmen, wenn eine beschädigte Sache trotz technisch einwandfreier Reparatur wegen des Schadensfalls am Markt geringer bewertet wird (Oetker in Münchener Kommentar BGB, Stand 2019, § 249 Rn. 53). Es ist anerkannt, dass ein merkantiler Minderwert auch bei der Beschädigung eines Gebäudes entstehen kann und auch dann vorliegt, wenn der Eigentümer das Haus nicht veräußern will (vgl. hierzu BGH, U.v. 2.4.1981 – III ZR 186/79 – juris Rn. 8). Die im Schadensrecht entwickelten Grundsätze zum merkantilen Minderwert finden auch im Falle einer zu leistenden Entschädigung Anwendung. Der merkantile Minderwert ist schadensersatzrechtlich genau die Wertdifferenz einer Sache vor dem Schadensereignis und nach Durchführung der Reparatur. Die Tatsache, dass der Eigentümer einer Sache es hinnehmen muss, dass der Sache auch nach einer völligen und ordnungsgemäßen Reparatur im Verkehr wegen der Befürchtung von versteckten Mängeln ein geringerer Wert beigemessen wird, stellt eine Substanzbeeinträchtigung der Sache dar und ist nicht als Folgeschaden einzuordnen (BGH, U.v. 2.4.1981 – III ZR 186/79 – juris Rn. 9).
2.2.1.2 Mit Gutachten vom 12. Januar 2017 stellte der zum Gutachten des Sachverständigen … hinzugezogene Sachverständige … einen merkantilen Minderwert in Höhe von 5,25% des mängelfreien Gebäudewertes (27.871,20 EUR) fest.
Das Gericht sieht keinen Anlass an der Wertermittlung durch den Sachverständigen … zu zweifeln.
Gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 WHG ist für die Bemessung des Umfangs der Entschädigung vom Ertragswert auszugehen, der durch den Umfang der gezogenen und eingeleiteten Nutzung bestimmt wird. Gemäß § 96 Abs. 1 Satz 4 WHG ist, soweit darüber hinaus der Verkehrswert von Grundstücken gemindert wird, auch dafür Entschädigung zu leisten. § 8 der Immobilienwertermittlungsverordnung ist zu entnehmen, dass zur Ermittlung des Verkehrswertes das Vergleichswertverfahren, das Ertragswertverfahren, das Sachwertverfahren oder mehrere dieser Verfahren herangezogen werden können.
Der Sachverständige … hat in seinem Gutachten das Ertragswertverfahren angewandt. Dies begegnet nach Einschätzung des erkennenden Gerichtes keinen Bedenken. Der Sachverständige hat nachvollziehbar dargelegt, warum die Anwendung des Sachwertverfahrens mangels Vorliegens einer erforderlichen Datengrundlage für den in die Berechnung einzubeziehenden Marktanpassungsfaktor im vorliegenden Fall ausscheidet. In der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2020 führte der Vertreter des Landratsamtes aus, dass eine Nachfrage beim Gutachterausschuss ergeben habe, dass die zur Festsetzung des Marktanpassungsfaktors erforderlichen Daten nicht vorhanden seien.
Vor diesem Hintergrund erscheint die Anwendung des Ertragswertverfahrens als sachgerechte, letztlich auch mit der Systematik des § 96 Abs. 1 WHG bestmöglich im Einklang stehende Lösung.
Der Sachverständige … ermittelte in seinem Gutachten in nachvollziehbarer und plausibler Weise einen fiktiv mängelfreien Ertragswert von 530.000 EUR zum Stichtag 13.Dezember 2016.
Es ist nicht ersichtlich, dass sich zum für das Gericht maßgeblichen Bewertungsstichtag, wobei dahinstehen mag, ob auf die letzte mündliche Verhandlung am 7. Oktober 2020 (vgl. hierzu Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, § 96 Rn. 33; BGH, U.v. 15.11.1973 – III ZR 113/71 – WM 1974, 62) oder auf die letzte Behördenentscheidung am 3. Juni 2020 abzustellen ist (vgl. hierzu Gößl in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 96 Rn. 41), ein davon abweichender Ertragswert für das Anwesen der Kläger ergeben würde. Diesbezügliche Bedenken wurden weder vorgetragen, noch sind dahingehende Anhaltspunkte erkennbar.
2.2.1.3 Das Landratsamt lehnte den Ersatz eines merkantilen Minderwertes unter Hinweis darauf ab, dass durch die Sanierung eine 100%ige Wiederherstellung des Gebäudes erfolgt sei und ein psychologischer Minderwert nicht erkennbar sei, da auf Grund des Gebäudealters Vorschäden bereits beim Kauf des Gebäudes nicht ausgeschlossen werden könnten. Zudem erfahre die gesamte Umgebung um den See eine Aufwertung und es sei auch in anderen Entschädigungsverfahren keine Wertminderung für einen merkantilen Minderwert anerkannt worden.
Der Hinweis auf die 100%ige Wiederherstellung vermag nicht zu überzeugen, da die Vornahme einer technisch einwandfreien vollständigen Wiederherstellung gerade kennzeichnend für die Situation der Notwendigkeit, einen merkantilen Minderwert zuzuerkennen, ist. Der Ablehnung des psychologischen Minderwertes allein aufgrund des Alters des Gebäudes kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Zwar kann ein potentieller Käufer bei einem älteren Gebäude Vorschäden nicht ausschließen, die Situation, in der er aber definitiv von Vorschäden in Form der eingetretenen Schäden weiß, ist von einer anderen Qualität bezüglich eventuell bestehender Unsicherheiten, ob sich diese Schäden etwa künftig niederschlagen oder ähnlicher Bedenken. Auch der pauschale Hinweis auf die Aufwertung der Umgebung um den See vermag den merkantilen Minderwert nicht zu schmälern oder gar zu verhindern. Es ist auch ohne Belang, dass in anderen Entschädigungsverfahren kein merkantiler Minderwert anerkannt wurde.
Entscheidend ist, dass in diesem Entschädigungsverfahren durch den Sachverständigen ein merkantiler Minderwert bejaht wurde und es der Beklagtenseite nicht gelungen ist, dessen Vorliegen substantiiert zu widerlegen. Da das Landratsamt im Übrigen dem Gutachten des Sachverständigen … und den von diesem hinzugezogenen Gutachtern folgt, erfordert ein Abweichen von den Ergebnissen des Gutachtens substantiierte und nachvollziehbare Begründungen.
Auch der Ansatz in Höhe von 5,25% begegnet keinen Bedenken, da er sich in nachvollziehbarer Weise am Umfang der Gesamtsanierungskosten im Verhältnis zum Gebäudewert orientiert.
2.2.2 Die Kläger haben auch einen Anspruch gem. § 291 BGB analog i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB analog auf Prozesszinsen seit dem 10. September 2010.
§ 291 BGB findet im öffentlichen Recht analoge Anwendung, sofern das einschlägige Fachrecht keine gegenteilige Regelung trifft (vgl. BVerwG, U.v. 20.1.2005 – 3 C 15/04 – juris). Dies gilt auch für den Fall einer Klage, die – wie hier – auf Verpflichtung der Behörde zum Erlass eines die Zahlung einer bestimmten Geldsumme unmittelbar auslösenden Verwaltungsaktes gerichtet ist (siehe hierzu BVerwG, U.v. 7.9.2000 – 3 C 31/99 – juris Rn. 34). Eine entgegenstehende Regelung im Fachrecht ist nicht ersichtlich.
Die Höhe des Zinsanspruchs bestimmt sich dabei nach § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, der eine Verzinsung von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz vorsieht.
Grundsätzlich stehen die Zinsen den Klägern nach § 187 Abs. 1 BGB analog ab dem auf den Eintritt der Rechtshängigkeit folgenden Tag, mithin ab dem 10. September 2010 zu (siehe hierzu VG Stuttgart, U.v. 22.10 2019 – 18 K 18726/17 – juris Rn. 35).
3. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
3.1 Soweit die Kläger Kosten für die Beseitigung von Gebäudeschäden in Höhe von 70.180,49 EUR geltend machen, ist kein Anspruch gegeben.
Das Gericht erachtet das Gutachten des Sachverständigen … vom 28. November 2016 als geeignete Grundlage, den Umfang der zu leistenden Entschädigung zu bestimmen. Dies gilt auch für die durch den Sachverständigen … herangezogenen Gutachten des Sachverständigen … vom 8. März 2017 bezüglich der Risseschäden und der Standsicherheit sowie des Sachverständigen Börner vom 12. Januar 2017 zum Verkehrswert.
Die Gutachten sind plausibel und nachvollziehbar. Das Gutachten des Sachverständigen … kommt zu dem Ergebnis, dass am klägerischen Gebäude Schäden feststellbar sind, die sowohl durch die Einwirkung des Grundwassers als auch durch bauliche Mängel entstanden sind. Als Schäden durch die Einwirkung des Grundwassers werden vertikale Risse in der Fassade sowie Schäden an der Bauwerksabdichtung genannt. Die Sanierungskosten für diese Schäden belaufen sich laut Gutachten auf 92.679,60 EUR.
Soweit seitens der Kläger vorgetragen wird, dass das Gutachten des Sachverständigen … Schäden im Innenbereich nicht berücksichtige, kann dem nicht gefolgt werden. Das Gutachten setzt sich ab Seite 24 mit dem Innenbereich auseinander und dokumentiert den Zustand im Innenbereich. So wird beispielsweise auf Seite 27 ein Feuchtigkeitsschaden in einer Fensterleibung dokumentiert. Auch ist gerade der Aussage, dass an den Innenwänden und an der Innenseite der Außenwand keine sichtbaren Feuchtigkeitsschäden vorhanden seien (S. 27 des Gutachtens) zu entnehmen, dass der Zustand im Innenbereich untersucht wurde. Auf den Seiten 29 ff. des Gutachtens des Sachverständigen … finden sich Feststellungen zu Rissen im Innenbereich, sowie eine entsprechende Bewertung zu deren Behebung auf Seite 52. Das Gutachten … vom 8. März 2017 behandelt beispielsweise auf Seite 10 Risse im Innenbereich. Auch in der Kostenschätzung finden sich diese Risse unter dem Punkt „Rissesanierung innen“. Eine Berücksichtigung der Schäden im Innenbereich ist also gerade erfolgt.
Der klägerseits vorgetragene Widerspruch zum Gutachten des Sachverständigen … aus dem Jahr 2005 ist schon deshalb nicht gegeben, weil zwischen der Erstellung der beiden Gutachten ein Zeitraum von 11 Jahren lag. Das Gutachten des Sachverständigen … kann jedenfalls nur das zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung vorzufindende Schadensbild dokumentieren und zahlenmäßig beziffern.
Aufgrund der uneinheitlichen Verteilung der teilweise erhöhten Feuchtigkeitswerte im Innenbereich des Erdgeschosses sieht der Sachverständige … keinen Hinweis auf erhöhte Feuchtigkeit im Sockel durch aufsteigende Feuchtigkeit aus den Fundamenten; die uneinheitliche Verteilung der Feuchtigkeitswerte erklärt er mit der ehemaligen Nutzung des Gebäudes vor der Sanierung zum Wohngebäude und der damit üblichen höheren Feuchtigkeit in den Innenräumen.
Diese Einschätzung erscheint dem Gericht nachvollziehbar und plausibel.
Unterstützt wird dies auch durch das Ergebnis der historischen Analyse. So wurden beispielsweise bei einer Ortseinsicht durch das Landesamt für Denkmalpflege am 5. Dezember 1984 im Bereich des Erdgeschosses starke Beschädigungen des Putzes durch Feuchtigkeit festgestellt und das Erfordernis von Trockenlegungsarbeiten bejaht (siehe Bl. 395 der Behördenakte). Bereits 1981 wurde anlässlich einer Baufallschätzung für das Erdgeschoss festgestellt, dass der Wand- und Deckenputz in allen Räumen stark durchfeuchtet und vollständig verbraucht sei (Bl. 133 der Behördenakte). Im Jahr 1962 wurde ein Baufallantrag mit dem Inhalt gestellt, den Neubau eines kleinen Pfarrhauses „an Stelle des alten, ruinösen und infolge ausserordentlicher Feuchtigkeit äusserst ungesunden Hauses“ zu gestatten.
Es gilt weiterhin auch zu berücksichtigen, dass die durch den Voreigentümer gebaute Ringdrainage im Jahre 2005 nach Einschätzung des insoweit plausibel erscheinenden Gutachtens der LGA vom 4. November 2005 aufgrund ihrer Tiefenlage und ihres baulichen Zustandes nur in Teilabschnitten über eine entsprechende Wirksamkeit verfügte, die im Jahr 2004 eingebaute Tiefendrainage jedoch nach Angaben im Gutachten eine dauerhafte Grundwasserabsenkung herbeiführen konnte.
Auch diese Feststellungen stehen mit den Ergebnissen des Gutachtens des Sachverständigen R. im Einklang.
Sofern die Kläger darauf hinweisen, dass im Falle eines Zusammenhanges der Feuchtigkeitsschäden mit der ehemaligen Nutzung des Gebäudes in der Vergangenheit ebenfalls erhöhte Feuchtigkeitswerte in der Bauteiltiefe vorzufinden gewesen wären, bleiben sie den Nachweis schuldig, dass diese Werte früher nicht tatsächlich gegeben waren. Ein substantiiertes Bestreiten ist somit nicht gegeben (vgl. zu den Anforderungen VG Würzburg U.v. 25.8.2015 – W 4 K 14.1097 – juris). Auch der Hinweis der Kläger auf die durch sie vorgenommene Sanierung von Teilen des Putzes im Sockelbereich vermag zu keiner anderen Bewertung zu führen. Soweit eine Feststellung von Schäden durch den Gutachter durch ein Handeln der Kläger erschwert worden sein sollte oder sich infolge der nach dem klägerischen Vortrag vorgenommenen Sanierungsarbeiten ein verändertes Schadensbild ergeben hätte, so liegt dies im Verantwortungsbereich der Kläger. Ebenso wie sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB entsprechend) eine Schadensminderungspflicht ergibt, so hat derjenige, der einen Entschädigungsanspruch geltend macht, auch Sorge dafür zu tragen, dass die Ermittlung des Schadensumfanges nicht beeinträchtigt wird. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass im Wege der Begutachtung durch Sachverständige Ausmaß und Ursache der Schäden festzustellen waren, wären die Kläger verpflichtet gewesen, vor Durchführung ihrer Arbeiten das Schadensbild belegbar zu dokumentieren. Zu diesem Zweck hätte beispielsweise ein Beweissicherungsverfahren durchgeführt werden können.
Die bloße Vorlage der Lichtbilder durch die Kläger, die nach deren Angaben die Sanierung des Putzes zeigen, ist nicht geeignet, eventuell zum damaligen Zeitpunkt vorhandene Schäden in einer Weise zu belegen, dass der Gutachter den Schadensumfang ermitteln kann. Dieser konnte nur von dem durch ihn angetroffenen Zustand des Gebäudes ausgehen. Auch für das Gericht lässt sich den vorgelegten Lichtbildern keine Information entnehmen, die an dem Inhalt des Gutachtens zweifeln ließe.
Für die Richtigkeit des Gutachtens spricht auch die Tatsache, dass die Sanierungsarbeiten durch die Kläger bereits im Jahr 2010 erfolgt sind und das Gutachten Rester erst 2016 erstellt wurde; ein anhaltender starker Aufstieg von Feuchtigkeit hätte sich angesichts dieses Zeitraums bereits feststellen lassen müssen.
Auch stellt der vorgelegte Kostenvoranschlag vom 7. Mai 2020 kein substantiiertes Bestreiten des seitens der Behörde herangezogenen Inhaltes des Gutachtens … dar (vgl. VG Würzburg U.v. 25.8.2015 – W 4 K 14.1097 – juris). Ein Kostenvoranschlag vermag kein Sachverständigengutachten zu ersetzen, da Grundlage des Kostenvoranschlages die Angaben der diesen in Auftrag gebenden Partei sind und somit gerade keine belastbaren Aussagen über den tatsächlichen Schadensumfang und die tatsächlich erforderlichen Aufwendungen zu entnehmen sind.
3.2 Soweit ein Anspruch auf Entschädigung für die Sanierung der Wehr- und Außenmauern in Höhe von 30.000,00 EUR geltend gemacht wird, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich im Gutachten … keine Aussagen bezüglich Schäden der Wehr- und Außenmauern finden. Die Wehr- und Außenmauern wurden vom Sachverständigen … bei der Beschreibung des Objekts nach der Eintragung in der Denkmalliste als „Gartenummauerung“ erwähnt; Ausführungen bezüglich festgestellter Schäden sind nicht enthalten.
Im Gutachten der LGA vom 20. Mai 2005 wird auf Seite 7 ausgeführt, dass die beanstandeten Schäden an den Außenanlagen nicht auf den Einstau des … und damit zusammenhängende Sekundärmaßnahmen zurückzuführen sind, sondern andere Ursachen wie z.B. Gebäudealterung, Frosteinwirkung oder Mängel in der Bauausführung haben.
Unter Zugrundlegung dieser Gutachten ist gerade nicht von einem Nachweis eines „seebedingten“ Schadens auszugehen.
Der klägerseits geltend gemachte Anspruch über 30.000,00 EUR konnte auch nicht hinreichend dargelegt werden. Der angekündigte Kostenvoranschlag wurde in der mündlichen Verhandlung nicht vorgelegt, wobei dahinstehen kann, ob einem Kostenvoranschlag überhaupt ein entsprechender Beweiswert zuzuerkennen gewesen wäre. Der Kläger führte in der mündlichen Verhandlung aus, dass er den Betrag von 30.000,00 EUR selbst errechnet habe und dabei auf Werte aus dem Gutachten … zurückgegriffen habe. Dies stellt keine hinreichend substantiierte Darlegung eines Schadens dar.
3.3 Soweit für Mehraufwendungen bei der Beheizung 15.627,75 EUR nebst Zinsen aus einem Betrag von 9.600,00 EUR geltend gemacht werden, fehlt jeglicher Nachweis. Weder wurden Heizkostenabrechnungen noch sonstige Belege oder belastbare Angaben vorgelegt. Es ist auch nicht nachvollziehbar, wie der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung am 13. Mai 2020 vorgelegte Ausdruck zum Pegelstand eine Erhöhung der Heizkosten nachweisen sollte.
3.4 Auch bezüglich der für die Minderung der Nutzbarkeit geltend gemachten 50.940,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 32.126,50 EUR liegt kein hinreichend substantiierter Vortrag vor. Es erschließt sich bereits nicht, worin diese Minderung bestehen soll.
Soweit wegen Mietausfall ein Betrag von 23.184,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 15.760,25 EUR geltend gemacht wird, so sind keine entsprechenden Nachweise vorgelegt worden, dass eine Vermietung in diesem Zeitraum tatsächlich nicht möglich war. Der Vortrag erscheint abermals als nicht ausreichend substantiiert.
Zudem ist ein Verstoß gegen die Pflicht zur Schadensminderung zu bejahen, da die Sanierung, sofern sie denn nötig war,jedenfalls über einen Zeitraum von sechs Jahren nicht durchgeführt wurde. Eine Sanierung zu einem früheren Zeitpunkt, gegebenenfalls nach Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens, hätte einen Schaden infolge von Mietausfall verringern können.
3.5 Ein Ersatz der Kosten für den Kostenvoranschlag der Firma … durch den Beklagten scheidet aus. Der Kostenvoranschlag wurde alleine durch die Kläger in Auftrag gegeben; Nachweise für eine anderslautende Vereinbarung wurden nicht erbracht. Es handelt sich nicht um unmittelbar und adäquat kausal verursachte Kosten; die Kosten resultieren gerade aus einer eigenmächtigen Beauftragung seitens der Kläger. Es liegt auch kein Parteigutachten vor, sondern lediglich ein Kostenvoranschlag, dessen mangelnde Beweiseignung bereits hinreichend erörtert wurde.
3.6 Soweit die Kläger einen Anspruch auf Entschädigung für Zeitaufwand, Verdienstausfall, Arbeitsaufwendungen und sonstige den Klägern durch die Bearbeitung der Angelegenheit entstandene Kosten geltend machen, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach dem klägerischen Vortrag keine zeitliche Zuordnung der Ansprüche und damit auch keine Aufteilung der Ansprüche in den Zeitraum des Verwaltungsverfahrens und den Zeitraum des Gerichtsverfahrens vorgenommen wurde. Eine solche Aufteilung erscheint indes als nötig, da die möglichen Anspruchsgrundlagen abhängig von der zeitlichen Zuordnung sind.
3.6.1 Bezüglich eines Anspruchs auf Ersatz von Kosten, die den Klägern schon während des Verwaltungsverfahrens entstanden sind, ist bereits keine Rechtsgrundlage ersichtlich.
3.6.1.1 Vorrangige spezialgesetzliche Regelungen für die Kostenerstattung, wie sie beispielsweise in § 121 Abs. 1 und 2 BauGB zu finden sind, sind nicht erkennbar.
3.6.1.2 Auch aus Art. 80 BayVwVfG lässt sich keine Anspruchsgrundlage entnehmen. Art. 80 BayVwVfG trifft Regelungen für die Aufwendungen des Widerspruchsführers, die dieser für das Vorverfahren erbracht hat. Ein Vorverfahren i.S.d. § 68 Abs. 1 VwGO hat aber gerade nicht stattgefunden. Auf Kosten, die ein Beteiligter vor einer Entscheidung der Verwaltung zur Rechtsverfolgung oder zur Rechtsverteidigung aufgewandt hat, ist Art. 80 BayVwVfG aber weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar (so zur Regelung des Art. 80 BayVwVfG BVerwG, U.v. 17.2.2005 – 7 C 14/04 – beck-online; zur Frage der Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung auf Art. 80 BayVwVfG siehe VG München U.v. 27.5.2014 – M 23 K 14.1385 – juris Rn. 20).
3.6.1.3 Weiterhin scheidet eine direkte oder entsprechende Anwendung der Kostenregelungen der §§ 154 ff. VwGO aus (siehe hierzu BVerwG, U.v. 20.5.1987 – 7 C 83/84 – BVerwGE 77, 268 (275 f.)). Der Anwendungsbereich dieser Norm beschränkt sich neben dem gerichtlichen Verfahren nur auf das Vorverfahren; es handelt sich bezüglich der Kosten des Ausgangsverfahrens gerade nicht um eine planwidrige Regelungslücke, sondern um eine bewusste Beschränkung des Anwendungsbereichs der Norm durch den Gesetzgeber (vgl. hierzu Wysk in Wysk, VwGO, Stand 2020, § 162 Rn. 41; VGH Mannheim, B.v. 27.6.2006 – 11 S 2613/05 – juris Rn. 6 ff.; BayVGH B.v. 12.9.2008 – 13 M 08.1271 – juris Rn. 8; VG München U.v. 27.5.2014 – M 23 K 14.1385 – juris Rn. 21).
3.6.1.4 Selbst wenn man unter Heranziehung einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 20.12.1968 – V ZR 46/65) zur Erstattung von Anwaltskosten im wasserrechtlichen Verfahren als Teil der Entschädigung die benannten Positionen als grundsätzlich einem Ausgleich im Entschädigungsverfahren zugänglich erachten würde, wäre dennoch keine geeignete Anspruchsgrundlage ersichtlich, da nach dem klägerischen Vortrag gerade keine Anwaltskosten gelten gemacht werden.
Zudem wurden die entstandenen Kosten und Aufwendungen jedenfalls nicht hinreichend glaubhaft dargelegt (vgl. zu den Anforderungen VG Würzburg, B.v. 7.2.2020 – W 5 M 19.1139 – juris Rn. 16). Zu der bereits erwähnten Tatsache, dass jegliche genauere Zuordnung der geltend gemachten Kosten fehlt, wurden auch keinerlei Nachweise in Form von Rechnungen oder sonstigen Belegen vorgelegt. Auch wurden die laut klägerischem Vortrag wahrgenommenen Termine nicht mit Datum und Uhrzeit bezeichnet.
Es ergibt sich weiterhin auch ein Widerspruch zwischen dem Klageantrag und den Ausführungen im Schriftsatz, der zur Unschlüssigkeit des Begehrens führt. So ist der Klageantrag auf die Erstattung von Kosten in Höhe von 51.734,73 EUR nebst Zinsen gerichtet, in den schriftsätzlichen Ausführungen finden sich bezüglich dieses Klageantrags Angaben von 65.100,00 EUR sowie von 95.569,52 EUR. Trotz eines entsprechenden Hinweises in der mündlichen Verhandlung erfolgte klägerseits keine diesbezügliche Klarstellung.
3.6.2 Soweit die Kläger einen Anspruch auf Entschädigung für Zeitaufwand, Verdienstausfall, Arbeitsaufwendungen und sonstige den Klägern durch die Bearbeitung der Angelegenheit entstandene Kosten geltend machen, erscheint bezüglich eines Anspruchs auf Ersatz der Kosten, die den Klägern während des Gerichtsverfahrens entstanden sind, bereits das Rechtsschutzbedürfnis als zweifelhaft, da diese Kosten als Kosten des Rechtsstreits i.S.d § 162 VwGO im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden können (siehe hierzu BGH, B.v. 30.1.2007 – X ZV 7/06 – NJW 2007, 3289; VG Hannover, U.v. 10.7.2012 – 7 A 5059/11 – juris Rn. 36). Das Kostenfestsetzungsverfahren stellt insofern den einfacheren Weg dar (siehe hierzu VG Dessau, U.v. 27.9.2006 – 1 A 135/06 – juris – Rn. 13).
Jedenfalls ist, wie soeben ausgeführt, auch hier die Klage als unbegründet mangels hinreichend glaubhafter und schlüssiger Darlegung abzuweisen.
4. Nach alledem war der streitgegenständliche Bescheid dahingehend abzuändern, dass den Klägern ein weiterer Anspruch auf 27.871,20 EUR zuzüglich Zinsen seit dem 10. September 2017 zusteht. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
C.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben