Arbeitsrecht

Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung – Rufbereitschaft

Aktenzeichen  3 ZB 14.2465

Datum:
5.10.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 53566
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBesG Art. 61 Abs. 1
BayBG Art. 74 Abs. 3, Art. 87 Abs. 2
AzV § 4

 

Leitsatz

1. Für eine Rufbereitschaft, wonach der Beamte angewiesen werden kann, sich während der dienstfreien Zeit erreichbar in der Nähe des Dienstorts aufzuhalten, kann er weder Freizeitausgleich noch eine zusätzliche Vergütung beanspruchen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Unterscheidung zwischen Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft kommt es maßgeblich auf die im Regelfall zu erwartende Häufigkeit der dienstlichen Inanspruchnahme während der Bereitschaftszeiten an; wenn also im Regelfall ein Rückgriff auf den Bereitschaft leistenden Beamten erforderlich ist, sind diese Zeiten als Bereitschaftsdienst zu werten (ebenso BVerwG BeckRS 2009, 32669). (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei einer tatsächlichen Dienstleistung (hier: eines Krankenpflegers in einer Justizvollzugsanstalt) in lediglich 12-15% der Bereitschaften und einem durchschnittlichen Einsatz von eineinhalb Stunden je Bereitschaft stellt die dienstliche Inanspruchnahme während der Bereitschaftszeiten ersichtlich die Ausnahme und nicht die Regel dar. (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Rufbereitschaft bedeutet eine lediglich geringfügige Einschränkung der Bewegungs- und Betätigungsfreiheit während der Freizeit (etwa keinen Alkohol zu sich zu nehmen, sich nicht weit entfernt vom Dienstort aufzuhalten und ständige telefonische Erreichbarkeit sicherzustellen), die von einem Beamten aufgrund des besonderen Dienst- und Treueverhältnisses hinzunehmen ist (stRspr, BVerwG BeckRS 1979 30426427). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 1 K 14.460 2014-10-01 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 23.000,- € festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere rechtliche Schwierigkeiten) sowie des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i. S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage, den Beklagten zu verpflichten, die durch den Kläger, der als Krankenpfleger (BesGr A 9) in der Justizvollzugsanstalt A. tätig ist, nach den Dienstanweisungen Nr. 10 vom 20. Juli 2012 und Nr. 95 vom 24. Oktober 2012 in den Kalenderjahren 2011, 2012 und 2013 geleisteten Bereitschaftszeiten (insgesamt 1262 Stunden) als Mehrarbeit zu vergüten oder einen entsprechenden Freizeitausgleich zu gewähren sowie festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, Bereitschaftszeiten aufgrund dieser Dienstanweisungen als Mehrarbeit zu vergüten oder einen entsprechenden Freizeitausgleich zu gewähren, zu Recht abgewiesen, da es sich hierbei um eine Rufbereitschaft und nicht um einen nach Art. 87 Abs. 2 BayBG, Art. 61 BayBesG auszugleichenden Bereitschaftsdienst handelt.
1.1 Ein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung nach Art. 87 Abs. 2 Satz 3 BayBG i. V. m. Art. 61 BayBesG bzw. ein (vorrangiger) Anspruch auf Freizeitausgleich nach Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayBG besteht nicht, weil der Kläger keine Mehrarbeit geleistet hat.
Gemäß Art. 87 Abs. 2 Satz 1 BayBG sind Beamte verpflichtet, ohne Entschädigung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit (§ 2 Abs. 1 AzV) hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt (Art. 87 Abs. 2 Satz 1 BayBG). Werden sie durch dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, ist innerhalb eines Jahres für die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Mehrarbeit entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren (Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayBG). Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, so können sie an ihrer Stelle eine Vergütung erhalten (Art. 87 Abs. 2 Satz 3 BayBG i. V. m. Art. 61 BayBesG).
Mehrarbeit, die im Rahmen eines Bereitschaftsdienstes (§ 4 AzV) geleistet wird, ist auszugleichen (BVerwG, U.v. 29.4.2004 – 2 C 9.03 – NVwZ 2004, 634 ). Ein Beamter leistet Bereitschaftsdienst, wenn er sich außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an seiner Dienststelle oder an einem anderen Ort außerhalb des Privatbereichs bereitzuhalten hat, um bei Bedarf jederzeit und unverzüglich Dienst zu leisten (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 22.1.2009 – 2 C 90.07 – NVwZ-RR 2009, 525 m. w. N.). Hiervon zu unterscheiden ist die Rufbereitschaft, wonach der Beamte angewiesen werden kann, sich während der dienstfreien Zeit erreichbar in Nähe des Dienstorts aufzuhalten, wenn besondere dienstliche Verhältnisse dies erfordern (Art. 74 Abs. 3 BayBG). Rufbereitschaft bedeutet, dass der Beamte sich zu Hause oder an einem anderen Ort aufhalten kann, um bei Bedarf Dienst zu leisten. Sie findet ihre Grundlage in der besonderen Pflichtenbindung im Beamtenverhältnis. Hierfür kann der Beamte weder Freizeitausgleich noch eine zusätzliche Vergütung beanspruchen (BVerwG, U.v. 12.12.1979 – 6 C 96.78 – BVerwGE 59, 176 ). Bei der Zeit, in der sich ein Beamter in Rufbereitschaft befindet, handelt es sich nicht um Arbeitszeit. Denn während der Rufbereitschaft leistet der Beamte – abgesehen von den ohnehin voll zu vergütenden Zeiten eines etwaigen tatsächlichen Einsatzes – keinen Dienst (BVerwG, U.v. 25.10.1979 – 2 C 7.78 – BVerwGE 59, 45 ). Soweit hierfür Ausgleich geleistet wird, besitzt diese Leistung weder Entgelt- noch Alimentationscharakter (BVerwG, U.v. 12.12.1979 a. a. O. Rn. 31).
Für die Unterscheidung kommt es maßgeblich auf die im Regelfall zu erwartende Häufigkeit der dienstlichen Inanspruchnahme während der Bereitschaftszeiten an. Ausschlaggebend hierfür ist, ob während dieser Zeiten typischerweise mit Einsätzen in nennenswertem Umfang zu rechnen ist, die der Bereitschaft das Gepräge eines Bereithaltens für einen jederzeit möglichen Einsatz geben, oder ob sich diese Zeiten bei wertender Betrachtung als Freizeit oder als Rufbereitschaft darstellen, die nur sporadisch von Einsätzen unterbrochen wird (BVerwG, U.v. 22.1.2009 a. a. O. Rn. 17). Für die rechtliche Bewertung ist dabei nicht entscheidend, ob es in jeder einzelnen Bereitschaft, für die Ansprüche geltend gemacht werden, zu tatsächlichen Einsätzen gekommen ist, sondern, ob nach den üblichen Umständen erfahrungsgemäß mit solchen Einsätzen zu rechnen ist. Es reicht aus, die insoweit anzustellenden tatsächlichen Ermittlungen auf einen überschaubaren, repräsentativen Zeitraum zu beschränken, der eine typisierende Gesamtbetrachtung ermöglicht. Ergibt diese, dass im Regelfall ein Rückgriff auf den Bereitschaft leistenden Beamten erforderlich ist, sind diese Zeiten als Bereitschaftsdienst zu werten (BVerwG a. a. O. Rn. 20). Inhalt, Umfang und Intensität der durch die Rufbereitschaft ausgelösten Inanspruchnahme sind dabei nach derjenigen Belastung zu bemessen, die im Durchschnitt auf einen Beamten der Dienststelle während der Bereitschaft zukommt (BVerwG, U.v. 25.10.1979 a. a. O. Rn. 37).
Deshalb ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht vor dem Hintergrund, dass der Kläger von 2011 bis 2013 121 Bereitschaften zwischen einem Tag und einer Woche in Höhe von zusammen 1262 Stunden geleistet hat, während derer er an 14 Tagen in die Justizvollzugsanstalt gerufen wurde, auszugleichenden Bereitschaftsdienst verneint hat. Denn angesichts dessen, dass der Kläger und seine beiden Kollegen (vgl. die Verfahren 3 ZB 14.2462 und 3 ZB 14.2464) von 2011 bis 2013 282 Bereitschaften mit insgesamt 2.912 Stunden geleistet haben, in denen sie 35 mal in die Justizvollzugsanstalt gerufen wurden, um zwischen einer Stunde und drei Stunden Dienst zu leisten (die auch voll als Arbeitszeit vergütet wurden), kann von einer übermäßigen Belastung nicht die Rede sein. Bei einer tatsächlichen Dienstleistung in lediglich 12-15% der Bereitschaften und einem durchschnittlichen Einsatz von eineinhalb Stunden je Bereitschaft stellt die dienstliche Inanspruchnahme während der Bereitschaftszeiten ersichtlich die Ausnahme und nicht die Regel dar (vgl. BayVGH, U.v. 11.11.1987 – 3 B 86.03579 [UA S. 7], bestätigt durch BVerwG, B.v. 25.2.1988 – 2 B 27.88).
Im Übrigen steht – worauf der Beklagte im Schriftsatz vom 6. Februar 2015 zu Recht hinweist – einem Anspruch auf Ausgleich von Mehrarbeit entgegen, dass der Kläger einen weiteren Ausgleich für die Rufbereitschaft erst geltend gemacht hat, nachdem ihm der Beklagte hierfür bereits 18 Tage Freizeitausgleich gewährt hatte (einen Tag Freistellung für jeweils 64 Stunden Rufbereitschaft). Ein Beamter ist verpflichtet, anlässlich vom Dienstherrn anerkannter Überzeiten und auf dieser Basis erfolgter Gewährung von Freizeitausgleich darauf hinzuweisen, dass nach seiner Meinung für den fraglichen Zeitraum noch weitere Ansprüche wegen (angeblich) geleisteter Mehrarbeit bestehen. Kommt der Beamte dieser Pflicht nicht nach, so hat er einen etwaigen Anspruch verwirkt (BayVGH, B.v. 23.11.1982 – 3 B 82 A.1793 – ZBR 1983, 152). Dem Kläger hätte es daher oblegen, bereits bei Einteilung zur Rufbereitschaft, spätestens aber im Zeitpunkt der Inanspruchnahme eine weitergehende Anrechnung zu beantragen.
1.2 Die vom Kläger innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebrachten Einwände begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils.
1.2.1 Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass er sich während der Rufbereitschaft jederzeit einsatzbereit zur Verfügung halten müsse, um in Notfällen unverzüglich bzw. sofort in die Justizvollzugsanstalt zu kommen und an der Notfallbehandlung mitzuwirken, so dass er unter ständiger Anspannung stehe, ergibt sich dies nicht aus den Dienstanweisungen Nr. 10 vom 20. Juli 2012 und Nr. 95 vom 24. Oktober 2012. Danach hat der diensthabende Krankenpfleger (Rufbereitschaft) in Notfällen zwar in jedem Fall in die Justizvollzugsanstalt zu kommen und dort zu verbleiben, bis eine ausreichende Anzahl Nacht- bzw. Frühdienstbeamter verfügbar ist, und muss an der Notfallbehandlung durch den Bereitschafts- bzw. Notarzt mitwirken. Von einer Pflicht, sich jederzeitig bereitzuhalten, um im Notfall sofort in die Justizvollzugsanstalt zu kommen, ist darin jedoch nicht die Rede. Die Dienstanweisungen bestimmen auch keine konkrete Zeitvorgabe, innerhalb derer der diensthabende Krankenpfleger sich bei einem Notfall in die Justizvollzugsanstalt zu begeben hat. Keinesfalls wird von ihm verlangt, im Notfall „alles stehen und liegen zu lassen“, um sofort (d. h. binnen weniger Minuten) den Dienst aufzunehmen. Dies wäre ihm i.d.R. auch nicht möglich, da er zu Hause – anders als in der Justizvollzugsanstalt – auch keine Dienstkleidung trägt. Vielmehr soll er in einem medizinischen Notfall nur so schnell wie möglich in die Justizvollzugsanstalt kommen, um seinen Dienst zu versehen.
Anderes folgt auch nicht aus der Natur der Sache. Auch wenn medizinische Notfälle (wie ein Herzinfarkt, Schlaganfall, epileptischer Anfall) ohne Verzögerung behandelt werden müssen, obliegt die Notfallbehandlung gemäß dem JMS vom 4. Dezember 2009 (Gz. 4550-VIIa-12285/09) in erster Linie dem unverzüglich zu verständigendem Bereitschafts- bzw. Notarzt und nicht dem diensthabenden Krankenpfleger, der den Arzt nach seinem Eintreffen in der Justizvollzugsanstalt bei der weiteren Behandlung unterstützt, aber nicht dessen Aufgaben wahrnimmt. Allenfalls der Bereitschafts- bzw. Notarzt, der alle unaufschiebbaren Sofortmaßnahmen in eigener Verantwortung zu treffen hat, und nicht der ihn unterstützende Krankenpfleger ist deshalb mit einem Einsatzleiter der Feuerwehr vergleichbar, der sich ständig einsatzbereit halten muss, um innerhalb weniger Minuten vor Ort zu sein, und der deshalb Bereitschaftsdienst und nicht lediglich Rufbereitschaft leistet (vgl. VGH BW, U.v. 26.6.2013 – 4 S 94/12 -Rn. 22).
Daran ändert nichts, dass die Rufbereitschaft dem diensthabenden Krankenpfleger eine bestimmte Einsatzbereitschaft abverlangt und er während seiner Rufbereitschaft in seiner Freizeitgestaltung gewissen Einschränkungen unterliegt, so dass er etwa keinen Alkohol zu sich nehmen kann, sich nicht weit entfernt vom Dienstort aufhalten darf und sicherstellen muss, dass er für die Justizvollzugsanstalt telefonisch ständig erreichbar ist. Solche Einschränkungen sind der Rufbereitschaft immanent. Inhalt der Rufbereitschaft ist es begrifflich, dass sich der Beamte während der dienstfreien Zeit jederzeit erreichbar in der Nähe des Dienstorts aufhält, um ggf. zur Dienstleistung herangezogen zu werden (Art. 74 Abs. 3 BayBG). Die Rufbereitschaft bedeutet aber lediglich eine geringfügige Einschränkung der Bewegungs- und Betätigungsfreiheit während der Freizeit, die von dem Beamten aufgrund des besonderen Dienst- und Treueverhältnisses hinzunehmen ist (BVerwG, U.v. 12.12.1979 a. a. O. Rn. 33).
Dem steht auch nicht entgegen, dass die tatsächliche Anzahl der Einsätze während der Rufbereitschaft für den Kläger zufällig und nicht vorhersehbar ist und er also in der ganzen Bereitschaftszeit Einschränkungen in seiner Freizeitgestaltung unterliegt. Nach der unter 1.1 wiedergegebenen Rechtsprechung kommt es maßgeblich nur darauf an, ob nach den üblichen Umständen erfahrungsgemäß mit Einsätzen zu rechnen ist, wobei aus der Anzahl an Einsätzen während eines überschaubaren, repräsentativen Zeitraums auf Bereitschaftsdienst bzw. Rufbereitschaft geschlossen werden kann (vgl. VGH BW, U.v. 26.6.2013 a. a. O. juris Rn. 23).
1.2.2 Anderes ergibt sich auch nicht aus Unionsrecht. Nach der st. Rspr. des EuGH (vgl. U.v. 3.10.2000 – Rs. C-303/98 – Simap ; U.v. 9.9.2003 – Rs. C-151/02 – Jaeger ; U.v. 1.12.2005 – Rs. C-14/04 – Dellas ; B.v. 11.1.2007 – Rs. C-437/05 – Vorel ; U.v. 25.11.2010 – Rs. C-429/09 – Fuß ) zählt die sog. Rufbereitschaft, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Arbeitnehmer in der Weise Bereitschaftsdienst leistet, dass er ständig erreichbar ist, ohne jedoch zur Anwesenheit am Arbeitsplatz verpflichtet zu sein, nicht zur Arbeitszeit i. S. d. RL 2003/88/EG bzw. RL 93/104/EG, da der Arbeitnehmer, selbst wenn er seinem Arbeitgeber zumindest in dem Sinne zur Verfügung steht, dass er erreichbar sein muss, in dieser Situation doch freier über seine Zeit verfügen und eigenen Interessen nachgehen kann, so dass lediglich die Zeit für die tatsächliche Erbringung von Arbeitsleistungen als Arbeitszeit anzusehen ist. Hiermit setzt sich das Zulassungsvorbringen auch nicht ansatzweise auseinander.
1.2.3 Soweit der Kläger rügt, dass er während der Rufbereitschaft Arbeitsleistungen am Telefon erbracht habe, die nicht abgegolten worden seien, hat er hierfür keinen Nachweis erbracht. Wenn er meint, der Beklagte hätte diese Leistungen gesondert erfassen und abrechnen müssen, hätte er dies rechtzeitig beantragen müssen (vgl. BayVGH, U.v. 11.11.1987 – 3 B 86.02783 [UA S. 2]).
1.2.4 Soweit der Kläger moniert, das Verwaltungsgericht hätte nicht offen lassen dürfen, sondern von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ermitteln müssen, ob ein Freizeitausgleich möglich gewesen sei (Art. 87 Abs. 2 Satz 3 BayBG, Art. 61 Abs. 1 Satz 2 BayBesG), kommt es hierauf nicht an, da der Kläger nach dem unter 1.1 Ausgeführten keine Mehrarbeit i. S. d. Art. 87 BayBG, Art. 61 BayBesG geleistet hat, so dass ein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung nach Art. 87 Abs. 2 Satz 3 BayBG i. V. m. Art. 61 BayBesG schon daran scheitert.
1.2.5 Soweit der Kläger sich gegen die Abweisung des Feststellungsantrags wendet, weil er zukünftig grundsätzlich erneut mit der Anordnung von Rufbereitschaft rechnen müsse, fehlt es bereits am Feststellungsinteresse i. S. d. § 43 Abs. 1 VwGO, da die Rufbereitschaft an der Justizvollzugsanstalt A. ab 1. Juli 2014 abgeschafft wurde. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht auch den Feststellungsantrag aus den unter 1.1. angeführten Gründen zu Recht abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung bzw. Freizeitausgleich für geleistete Rufbereitschaft hat.
2. Aus den unter 1. dargestellten Gründen ergibt sich, dass die Rechtssache auch nicht die geltend gemachten besonderen rechtlichen Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist. Dies wäre nur zu bejahen, wenn bei der gebotenen summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten einer evtl. Berufung der Ausgang des Rechtsstreits offen ist. Dies ist nach dem unter 1. Ausgeführten nicht der Fall. Die Abgrenzung zwischen Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft ist in der aktuellen Rechtsprechung des BVerwG und des EuGH anhand eindeutiger Kriterien geklärt.
3. Die Rechtssache hat auch nicht die ihr vom Kläger zugemessene grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die vom Kläger formulierte Frage („Ist als Kriterium zur Abgrenzung von Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft die Anzahl der Arbeitseinsätze geeignet, die während der geleisteten Bereitschaften tatsächlich zu erbringen waren und einen zumutbaren Umfang nicht überschreiten dürfen ?“) lässt sich anhand der unter 1. zitierten Rechtsprechung des BVerwG und des BayVGH in dem gestellten Sinn beantworten, mag es hierzu auch unterschiedliche Regelungen in einzelnen Justizvollzugsanstalten geben.
4. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 39 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 und 3 GKG (wie Vorinstanz).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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