Arbeitsrecht

Arbeitnehmer, Mitbestimmung, Beschwerde, Eintragung, Aufsichtsrat, Betriebsrat, Auslegung, Rechtsbeschwerde, Gesellschaft, Minderung, Umwandlung, Zeitpunkt, Zulassung, Beteiligung, Sinn und Zweck, Zulassung der Rechtsbeschwerde, gerichtliche Entscheidung

Aktenzeichen  102 ZBR 68/21

Datum:
14.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 53950
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

38 O 14272/17 2020-12-02 Bes LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 2. Dezember 2020, Az. 38 O 14272/17, wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass klargestellt wird, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats insgesamt zurückgewiesen wird.
2. Die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren trägt die Antragsgegnerin.
3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000,00 € festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten über die rechtmäßige Zusammensetzung des Aufsichtsrats der Antragsgegnerin nach deren Umwandlung in eine Societas Europaea (SE).
Die börsennotierte Antragsgegnerin, Konzernobergesellschaft der C. G. mit Sitz in M., die im Bereich der IT-Infrastruktur tätig ist, wurde bis ins Jahr 2013 in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht betrieben. Ihr Aufsichtsrat setzte sich bis zu diesem Zeitpunkt ausschließlich aus Vertretern der Anteilseigner zusammen. Auf der Grundlage eines Umwandlungsplans vom 16. Juli 2012 (Anlage AG 2) wurde die Antragsgegnerin in eine dualistisch organisierte SE umgewandelt. Die Eintragung erfolgte im Februar 2013. Im Vorfeld der Umwandlung schlossen die Aktiengesellschaft und das besondere Verhandlungsgremium am 16. November 2012 eine Mitbestimmungsvereinbarung (Anlage AG 1), die in Ziffer 22 – Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat – wie folgt lautet: „Der Aufsichtsrat der C. SE ist weder paritätisch noch drittelparitätisch noch in sonstiger Weise mitbestimmt. Es gibt keine Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat.“ Die Vereinbarung enthält in Ziffer 30 eine salvatorische Klausel.
Am 31. Mai 2012 beschäftigten die inländischen deutschen Gesellschaften der C. Group zusammen 1.815 Mitarbeiter. Die Geschäftsberichte für die Jahre 2011, 2012 und 2013 wiesen jeweils mehr als 2.000 Mitarbeiter aus.
Der Antragsteller ist Aktionär der Antragsgegnerin.
Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2017, eingegangen beim Landgericht München I am selben Tag, beantragte der Antragsteller eine gerichtliche Entscheidung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats der Antragsgegnerin gemäß § 98 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AktG.
Der Aufsichtsrat sei nicht nach den für ihn maßgebenden gesetzlichen Vorschriften zusammengesetzt, da er aktuellen Regelungen des Mitbestimmungsgesetzes widerspreche, konkret den §§ 1 und 5 MitbestG. Im Zuge der formwechselnden Umwandlung der früheren C. AG in eine SE sei keine wirksame Vereinbarung mit der Arbeitnehmerseite über die Mitbestimmung getroffen worden; die bestehende Mitbestimmungsvereinbarung sei wegen Verstoßes gegen § 15 Abs. 5 des Gesetzes über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer Europäischen Gesellschaft (im Folgenden: SE-Beteiligungsgesetz – SEBG) unwirksam. Die Mitbestimmung bei der Antragsgegnerin richte sich daher nach der gesetzlichen Auffanglösung. Maßgeblich sei danach nicht die tatsächlich praktizierte Mitbestimmung im Aufsichtsrat der an der Gründung der SE beteiligten Gesellschaft, sondern die für den Aufsichtsrat dieser Gesellschaft gesetzlich vorgesehene Mitbestimmung. Nach diesem Maßstab sei die Antragsgegnerin bereits vor der Umwandlung in die SE verpflichtet gewesen, einen nach Maßgabe des Mitbestimmungsgesetzes mitbestimmten Aufsichtsrat zu bilden. Der Aufsichtsrat müsse daher zur Hälfte mit Vertretern der Arbeitnehmer besetzt werden.
Das Landgericht veranlasste mit Verfügung vom 10. Oktober 2017 die Veröffentlichung des Antrags im Bundesanzeiger.
Mit Schriftsatz vom 13. März 2018 wiederholte der Antragsteller, dass die bestehende Beteiligungsvereinbarung wegen Verstoßes gegen § 15 Abs. 5, § 21 Abs. 6 SEBG unwirksam sei, da sie zu einer Minderung von Mitbestimmungsrechten der Arbeitnehmer geführt habe. Maßgeblich sei der „Soll-Zustand“. Eine andere Auslegung liefe dem Sinn und Zweck der SE-Beteiligungsrichtlinie 2001/86/EG diametral zuwider. Aus dem 18. Erwägungsgrund der Richtlinie sei klar ersichtlich, dass Maßstab des Vorher-NachherPrinzips die Rechte der Arbeitnehmer seien. Diese ergäben sich aus dem Gesetz und würden auch dann im Rahmen des Verhandlungsverfahrens geschützt, wenn sie aufgrund rechtswidriger Besetzung des Aufsichtsrats den Arbeitnehmern zuvor tatsächlich vorenthalten worden seien. Im Lichte des 18. Erwägungsgrunds könne auch Art. 4 Abs. 4 der SE-Beteiligungsrichtlinie nur so zu verstehen sein, dass es für die Wirksamkeit der Beteiligungsvereinbarung darauf ankomme, ob (i) die Mitbestimmung bei der SE der Mitbestimmung bei der Aktiengesellschaft im Zeitpunkt der Umwandlung entspreche und (ii) ob die Zusammensetzung des Aufsichtsrats vor der Umwandlung den gesetzlichen Vorgaben über die Mitbestimmung entsprochen habe. Demnach sei nur eine Auslegung der § 15 Abs. 5, § 21 Abs. 6 SEBG unionsrechtskonform, die zur Unwirksamkeit der Beteiligungsvereinbarung führe. Mangels wirksamer Beteiligungsvereinbarung richte sich die Mitbestimmung bei der Antragsgegnerin gemäß § 34 Abs. 1 i. V. m. § 22 Abs. 1 Nr. 2 SEBG nach der gesetzlichen Auffanglösung. Im Rahmen der gesetzlichen Auffanglösung sei ebenfalls nicht maßgeblich, welches Maß an Mitbestimmung vor der Umwandlung der Antragsgegnerin in deren Aufsichtsrat tatsächlich praktiziert worden sei (“Ist-Zustand“), sondern wie der Aufsichtsrat sich vor der Umwandlung richtigerweise zusammengesetzt hätte (“Soll-Zustand“). Im Lichte des Erwägungsgrunds 18 der SE-Beteiligungsrichtlinie sei auch Teil III des Anhangs der Richtlinie (Anmerkung des Senats: Es muss richtig „Anhang Auffangregelung [nach Artikel 7] Teil 3: Auffangregelung für die Mitbestimmung“ heißen), insbesondere a) dieses Teils des Anhangs, dahin auszulegen, dass es nicht auf die tatsächlich angewandten Vorschriften über die Mitbestimmung ankommen könne.
Der Antragsteller beantragte in dem Schriftsatz vom 13. März 2018 hilfsweise – für den Fall, dass das Gericht der von ihm befürworteten unionsrechtskonformen Auslegung der § 15 Abs. 5, § 21 Abs. 6 einerseits und § 34 Abs. 1 SEBG andererseits nicht folge, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union die folgenden Fragen im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art. 267 AEUV vorzulegen:
(1) Ist Art. 4 Abs. 4 der RL 2001/86/EG bzw. das in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommende Vorher-Nachher-Prinzip (vgl. Erwägungsgrund 18 der Richtlinie) dahingehend auszulegen, dass im Falle einer durch Umwandlung gegründeten SE eine Beteiligungsvereinbarung, die keine Mitbestimmung der Arbeitnehmer vorsieht, unwirksam ist, weil sie nicht „zumindest das gleiche Ausmaß“ an Mitbestimmung gewährleistet, das vor der Umwandlung in die SE bestand, wenn in der Gesellschaft, die in eine SE umgewandelt werden soll, vor der Umwandlung tatsächlich keine Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer bestehen, nach den nationalen Vorschriften aber an sich bestehen müssten (die nationalen Mitbestimmungsvoraussetzungen vor der Umwandlung also in gesetzeswidriger Weise angewendet wurden)? Kann m. a. W. eine gesetzeswidrige Zusammensetzung des Aufsichtsrats durch Umwandlung der Gesellschaft in eine SE durch Abschluss einer entsprechenden Beteiligungsvereinbarung konserviert werden?
(2) Ist Anhang III der RL 2001/86/EG bzw. das in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommende Vorher-Nachher-Prinzip (vgl. Erwägungsgrund 18 der Richtlinie) dahingehend auszulegen, dass im Falle einer durch Umwandlung gegründeten SE im Rahmen der gesetzlichen Auffanglösung die Regelungen über die Mitbestimmung Anwendung finden, die in der sich umwandelnden Gesellschaft vor der Umwandlung hätten angewendet werden müssen (“SollZustand“), oder kommt es allein auf die tatsächlich praktizierte Zusammensetzung des Aufsichtsrats an (“Ist-Zustand“), auch wenn diese nach den nationalen Vorschriften rechtswidrig war (also keine Mitbestimmung bestand, obwohl sie eigentlich hätte bestehen müssen)? Kann m. a. W. eine gesetzeswidrige Zusammensetzung des Aufsichtsrats durch Umwandlung der Gesellschaft in eine SE mittels der gesetzlichen Auffanglösung konserviert werden?
Das Landgericht hörte mit Verfügung vom 18. Juni 2018 den Betriebsrat, den Vorstand und den Aufsichtsrat an.
Mit Beschluss vom 16. Juli 2018, dem Antragsteller zugestellt am 21. Juli 2018 und im Bundesanzeiger veröffentlicht am 27. Juli 2018, wies das Landgericht den Antrag zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die Statthaftigkeit des auf §§ 98, 99 AktG gestützten Statusverfahrens müsse auch hinsichtlich der SE bejaht werden. Es könne eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte entgegen einer zum Teil vertretenen Ansicht nicht angenommen werden. Der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin sei ordnungsgemäß besetzt, da bei der Umwandlung in eine SE nicht an den „SollZustand“, sondern an den „Ist-Zustand“ anzuknüpfen sei. Dies ergebe sich vor allem aus dem auf Rechtssicherheit ausgerichteten Statusquo-Prinzip des § 96 Abs. 4 AktG. Aus dem Erwägungsgrund 18 der RL 2001/86/EG des Rates vom 8. Oktober 2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer (ABl. EG Nr. L 294 S. 22) ergebe sich, dass auf den Schutz erworbener Rechte der Arbeitnehmer abzustellen sei. Die Sicherung erworbener Rechte deute aber bereits auf den tatsächlichen Status quo hin, nicht auf einen gegebenenfalls rechtlich zu fordernden Mindestbestand. Art. 4 Abs. 4 der RL 2001/86/EG enthalte eine Formulierung im Präsens, was darauf hindeute, dass der Ist-Zustand maßgeblich sein müsse. Für eine Unwirksamkeit oder Nichtigkeit der Vereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und dem besonderen Verhandlungsgremium bestünden keine Anhaltspunkte.
Hiergegen richtete sich die Beschwerde des Antragstellers vom 30. Juli 2018, eingegangen beim Landgericht München I am selben Tag, der das Landgericht mit Beschluss vom 1. August 2018 nicht abhalf.
Mit Schriftsatz vom 31. August 2018 wiederholte der Antragsteller seinen Hilfsantrag gemäß Schriftsatz vom 13. März 2018 und führte aus, das Beschwerdegericht sei als letztinstanzliches Gericht zur Vorlage gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV verpflichtet, denn gegen dessen Entscheidung bestehe grundsätzlich kein Rechtsmittel. Die Pflicht zur Vorlage der Auslegungsfragen an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV könne nur dann entfallen, wenn es seine Eigenschaft als letztinstanzliches Gericht durch Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 99 Abs. 1 AktG i. V. m. § 70 FamFG verliere. Es sei u. a. der Zulassungsgrund des § 70 Abs. 2 Nr. 1 FamFG gegeben. Stelle sich eine Frage der Auslegung von Unionsrecht, sei bereits aufgrund der sich voraussichtlich in einem künftigen Verfahren wiederum ergebenden Notwendigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens an den Gerichtshof der Europäischen Union der Zulassungsgrund der „grundsätzlichen Bedeutung“ gegeben.
Dafür genüge, dass in dem Verfahren eine Vorlage gemäß Art. 267 AEUV lediglich „in Betracht komme“. Dies sei immer dann der Fall, wenn es – wie vorliegend – um die Auslegung von Unionsrecht gehe. Zum Verhältnis von Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union und Zulassung der Rechtsbeschwerde führte der Antragsteller aus, es sei schon aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten, entweder die hier streitentscheidende Rechtsfrage dem Gerichtshof der Europäischen Union im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens vorzulegen oder die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
Mit Beschluss vom 26. März 2020, 31 Wx 279/18, hob das Oberlandesgericht München den Beschluss des Landgerichts auf und verwies die Sache zur neuen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurück.
Zur Begründung wurde in dem Beschluss ausgeführt, das Landgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass eine vorrangige ausschließliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nicht bestehe.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei für die Frage der Wirksamkeit der Beteiligungsvereinbarung nicht darauf abzustellen, ob der Aufsichtsrat im Zeitpunkt der Umwandlung tatsächlich mitbestimmt gewesen sei oder nicht. Die grundsätzliche Frage nach der Anknüpfung an den „Ist “ bzw. „Soll-Zustand“ sei unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 23. Juli 2019, II ZB 20/18, NJW-RR 2019, 1254 Rn. 32) und der Besonderheiten des vorliegenden Verfahrens, in dem kein gerichtliches Statusverfahren eingeleitet gewesen sei und eine Beteiligungsvereinbarung vorliege, vielmehr dahin zu beantworten, dass es entscheidend darauf ankomme, ob es bereits zum Zeitpunkt der Umwandlung ein prozessual durchsetzbares Recht auf Mitbestimmung gegeben habe.
Ausgangspunkt sei vorliegend die Regelung des § 21 Abs. 6 SEBG, wonach in der Vereinbarung im Fall einer durch Umwandlung gegründeten SE in Bezug auf alle Komponenten der Arbeitnehmerbeteiligung zumindest das gleiche Ausmaß gewährleistet werden müsse, das in der Gesellschaft bestehe, die in eine SE umgewandelt werden soll. Sei dies nicht der Fall, sei die Beteiligungsvereinbarung in diesem Punkt unwirksam, da sie an einem relevanten Mangel leide, mit der Folge, dass die entstehende Lücke im Weg der ergänzenden Auslegung, in der Regel unter Rückgriff auf die Auffanglösung, hier also des § 35 Abs. 1 SEBG, zu schließen sei. In der Auffangregelung des § 35 Abs. 1 SEBG heiße es sodann, dass, sofern eine Gründung durch Umwandlung vorliege, die Regelung zur Mitbestimmung erhalten bleibe, die in der Gesellschaft vor der Umwandlung bestanden habe. Sowohl im Geltungsbereich des § 21 Abs. 6 SEBG als auch im Rahmen der Auffangregelung des § 35 Abs. 1 SEBG stelle sich daher die Frage der Anknüpfung an den „Soll-Zustand“ oder „Ist-Zustand“, die in der Literatur und Rechtsprechung höchst umstritten sei, wobei teilweise danach differenziert werde, ob eine Beteiligungsvereinbarung geschlossen worden sei und/oder ob bereits ein Statusverfahren eingeleitet worden sei, teilweise aber auch allgemein auf die Geltung des „Ist “ bzw. des „Soll-Zustands“ abgestellt werde.
Es sei ungewiss, ob aus formeller Sicht bereits zum damaligen Zeitpunkt überhaupt ein Statusverfahren hätte eingeleitet werden können. Wenn Sinn und Zweck der Normen die strenge Geltung des Vorher-Nachher-Prinzips im Rahmen einer SE-Gründung durch formwechselnde Umwandlung sei, bedürfe es zur Beantwortung der Frage, ob in der vorliegenden Konstellation – Vereinbarung über die Arbeitnehmerbeteiligung nach § 21 SEBG und keine Einleitung eines (gerichtlichen) Statusverfahrens vor der Umwandlung – einer genaueren Analyse der „Vorher-Situation“, die durch die Umwandlung erhalten bleiben solle. Wenn zum damaligen Zeitpunkt nach den konkreten Gegebenheiten ein gerichtliches Statusverfahren hätte eingeleitet werden können, sei es, weil es bereits eine entsprechende Bekanntmachung nach § 97 Abs. 1 AktG gegeben habe oder weil Streit bzw. Ungewissheit über eine rechtmäßige Zusammensetzung i. S. d. § 98 Abs. 1 AktG bestanden habe, hätte auch dies einen zum damaligen Zeitpunkt bestehenden „Ist-Zustand“ prägenden Umstand dargestellt. „Statusverfahren“ meine nach allgemeinem Verständnis nicht nur das gerichtliche, sondern eben auch das außergerichtliche Verfahren nach § 97 AktG. Bestünden (sogar) beim Vorstand Zweifel über die Rechtmäßigkeit der Zusammensetzung des Aufsichtsrats, dürfe die Eintragung der SE die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung derselben nicht vereiteln. Ungewissheit i. S. d. § 98 Abs. 1 AktG liege aber nicht nur dann vor, wenn der Vorstand sich selbst nicht sicher sei, nach welchen Vorschriften der Aufsichtsrat zusammenzusetzen sei, sondern auch, wenn der Vorstand sich zwar seiner eigenen Auffassung gewiss sei, jedoch damit rechne, dass im zeitlichen Nachgang zu seiner Bekanntmachung eine nach § 98 Abs. 2 AktG antragsberechtigte Person eine gerichtliche Entscheidung beantragen werde, also die konkrete Möglichkeit zukünftiger Streitigkeiten bestehe. Setzten sich Vorstand und Antragsberechtigter bereits ernsthaft über die Rechtmäßigkeit der Zusammensetzung des Aufsichtsrats außergerichtlich auseinander, liege sodann Streit i. S. d. § 98 Abs. 1 AktG vor. Auch in den Fällen, in denen zwar nicht beim Vorstand, aber bei einem anderen Beteiligten Zweifel an der Gesetzmäßigkeit der Aufsichtsratszusammensetzung bestünden, über die bereits außergerichtlich gestritten werde bzw. konkrete Anhaltspunkte für einen derartigen zukünftigen Streit vorlägen, müsse das Recht auf Einleitung eines Statusverfahrens bestehen bleiben. Allen genannten Konstellationen sei gemeinsam, dass die aktuelle Aufsichtsratszusammensetzung bereits in Frage gestellt und der Weg für die Einleitung eines Statusverfahrens geebnet worden sei. Die bestehenden und bereits nach außen getragenen Zweifel über die Gesetzmäßigkeit der aktuellen Zusammensetzung des Aufsichtsrats dürften unter dem Aspekt der Vermeidung einer „Flucht aus der Mitbestimmung“ nicht durch die Eintragung in eine SE festgezurrt werden.
Es sei zwar zutreffend, dass im Hinblick auf eine an Sinn und Zweck des SEBG orientierten Auslegung in Konstellationen, in denen eine Beteiligungsvereinbarung geschlossen worden sei, insbesondere auch der Grundsatz des Vorrangs der Verhandlungslösung, der in § 1 Abs. 2 SEBG zum Ausdruck komme, berücksichtigt werden müsse. Hieraus könne entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht jedoch nicht gefolgert werden, dass ein Abstellen auf den „Soll-Zustand“ (unter den genannten Voraussetzungen) die Verhandlungsautonomie der Parteien über Gebühr einschränken würde. Bereits im Erwägungsgrund 18 der RL 2001/86/EG heiße es diesbezüglich „Die vor der Gründung von SE bestehenden Rechte der Arbeitnehmer sollten deshalb Ausgangspunkt auch für die Gestaltung ihrer Beteiligungsrechte in der SE (Vorher-Nachher-Prinzip) sein.“ Wenn die Gestaltung der Beteiligungsrechte aber vorrangig durch den Abschluss von Beteiligungsvereinbarungen erfolge, dann müsse auch das Vorher-Nachher-Prinzip entsprechend gelten. Eine grundsätzliche Verdrängung des Vorher-Nachher-Prinzips durch den Vorrang der Verhandlungslösung könne nicht erkannt werden. Im Hinblick auf die Wahrung der Verhandlungsautonomie sei zu berücksichtigen, dass vorliegend lediglich von einer Teilnichtigkeit der Beteiligungsvereinbarung ausschließlich betreffend die Regelung bezüglich der Arbeitnehmerbeteiligung ausgegangen werde. Warum stattdessen von einer Gesamtnichtigkeit der Beteiligungsvereinbarung, die neben der Aufsichtsratsbesetzung auch noch zahlreiche weitere Punkte – insbesondere zum SE-Betriebsrat – regele, ausgegangen werden solle, sei auch vor dem Hintergrund des § 15 Abs. 5 SEBG nicht ersichtlich, zumal dies auch der in der Beteiligungsvereinbarung vorhandenen salvatorischen Klausel (Ziff. 30 der Mitbestimmungsvereinbarung) zuwiderlaufen würde. Die Regelungen zum SE-Betriebsrat seien inhaltlich nicht mit der Regelung zur Mitbestimmung im Aufsichtsrat verknüpft, so dass eine klare Trennung erfolgen könne.
Zusammenfassend bleibe festzuhalten, dass die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch auf Fallkonstellationen mit abgeschlossener Beteiligungsvereinbarung und im Zeitpunkt der Umwandlung noch nicht eingeleitetem gerichtlichen Statusverfahren übertragen werden könne, sofern zu diesem Zeitpunkt die rechtswidrige Zusammensetzung des Aufsichtsrats unter den Voraussetzungen der §§ 97 ff. AktG bereits hätte geltend gemacht werden können. Vorliegend könne der Senat eben dies – Bestehen eines prozessualen Rechts auf Mitbestimmung im Zeitpunkt der Umwandlung – aus mehreren Gründen nicht abschließend beurteilen, so dass die Sache zur weiteren Behandlung und erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückzugeben sei.
Feststellungen in Bezug auf die tatsächlichen Umstände im Zeitpunkt der Umwandlung habe das Landgericht nicht getroffen. Etwaige unstreitige berücksichtigungsfähige Tatsachen lägen nicht vor. So habe zwar die Antragsgegnerin unbestritten vorgetragen, dass der Antragsteller seinerzeit nicht Aktionär gewesen sei, sondern erst im Jahr 2017 die Aktien erworben habe, doch ergebe sich dies weder aus dem festgestellten Sachverhalt noch aus den Anlagen. Sollte der Antragsteller im Zeitpunkt der Umwandlung tatsächlich noch nicht Aktionär der Antragsgegnerin gewesen sein, erscheine es äußerst fraglich, ob bereits im Jahr 2012 zwischen den Beteiligten Streit bestanden habe. Ob sonst Streit oder Ungewissheit i. S. d. § 98 Abs. 1 AktG bestanden habe, erscheine ebenfalls zweifelhaft, könne jedoch mangels Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden. Sollte im Zeitpunkt der Umwandlung tatsächlich kein Streit bzw. jedenfalls Ungewissheit über die richtige Zusammensetzung des Aufsichtsrats bestanden haben, hätte zu diesem Zeitpunkt auch nicht die Möglichkeit eines Statusverfahrens bestanden.
Sofern ein Statusverfahren schon damals hätte eingeleitet werden können, sei offen, ob bei der Antragsgegnerin tatsächlich eine Mitbestimmung nach dem Mitbestimmungsgesetz bzw. Drittelbeteiligungsgesetz hätte erfolgen müssen. Hinsichtlich des Geschäftsberichts für das Jahr 2012, der eine Arbeitnehmerzahl von über 2.000 im Durchschnitt des Jahres 2012 ausgewiesen habe, bleibe offen, ob es sich hierbei um die Mitarbeiter im Gesamtkonzern, in den deutschen Gesellschaften oder tatsächlich nur bei der Antragsgegnerin, also der ursprünglichen Aktiengesellschaft, handele. Wie viele Mitarbeiter (zum 31. Mai 2012) unmittelbar bei der AG angestellt gewesen seien, sei dem Senat nicht bekannt. Ohne entsprechende Feststellungen könne keine Prognose getroffen werden. Sollte im maßgeblichen Prognosezeitraum der Schwellenwert von 2.000 Arbeitnehmern nicht erreicht sein, wären überdies Feststellungen zu § 1 DrittelbG erforderlich. Es könne derzeit insbesondere nicht abschließend beurteilt werden, ob es sich tatsächlich um eine Altgesellschaft in Form einer arbeitnehmerlosen Holding handele oder ob die Arbeitnehmer etwaiger Tochtergesellschaften zugerechnet werden müssten.
Die Rechtsbeschwerde sei wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die zu entscheidende Rechtsfrage sei höchstrichterlich bisher nicht geklärt und in der Literatur sehr umstritten. Das Landgericht Berlin habe sich im Beschluss vom 1. April 2019 (Az. 102 O 120/17 AktG) in einer vergleichbaren Konstellation zwar für die Maßgeblichkeit des „Ist-Zustands“ ausgesprochen, eine Entscheidung der Beschwerdeinstanz stehe jedoch noch aus (KG, 14 W 45/19). Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV komme nach der hier vertretenen Auffassung zur Anknüpfung an den „Ist “ oder „Soll-Zustand“ hingegen nicht in Betracht, so dass sich weitere Ausführungen zum Verhältnis zwischen Rechtsbeschwerde und Vorabentscheidungsverfahren sowie zur Statthaftigkeit des Vorlageverfahrens erübrigten.
Gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts, dem eine Rechtsbehelfsbelehrungbeigefügt war und der dem Antragsteller am 4. April 2020 und der Antragsgegnerin am 6. April 2020 zugestellt wurde, hat keiner der Beteiligten Rechtsbeschwerde eingelegt.
Nach Rückleitung der Akten an das Landgericht hat dieses den Beteiligten Gelegenheit gegeben, zu der Frage der Möglichkeit der Einleitung eines Statusverfahrens im Zeitpunkt der Umwandlung wie auch zu den materiellen Fragestellungen entsprechend dem Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 26. März 2020 vorzutragen.
Hierzu hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 13. August 2020 vorgetragen, dass weder zum Zeitpunkt des Abschlusses der Beteiligungsvereinbarung vom 16. November 2012 noch zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Hauptversammlung am 18. Dezember 2012 und auch nicht zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Umwandlung durch Eintragung in das Handelsregister am 28. Februar 2013 ein Streit oder eine Ungewissheit in Bezug auf die Aufsichtsratszusammensetzung bestanden habe. Weder der Antragsteller noch sonstige Personen seien bis zum Eingang des Schreibens des Antragstellers vom 20. September 2017 in Bezug auf die streitgegenständliche Fragestellung an sie herangetreten. Anhaltspunkte, dass nach § 98 Abs. 2 AktG antragsberechtigte Personen eine gerichtliche Entscheidung beantragen würden, hätten bis zu diesem Zeitpunkt ebenfalls nicht vorgelegen. Auf Seiten des Vorstands der Antragsgegnerin habe während der Zeit der Umwandlung keine Ungewissheit über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats bestanden. Er habe zu keinem Zeitpunkt einen Anlass gesehen, dies in dem Umwandlungsbericht als streitig oder ungewiss einzustufen und hiernach weitere Ausführungen zu machen. Daher habe er auch zu keinem Zeitpunkt einen Anlass gesehen, nach § 97 Abs. 1 AktG vorzugehen. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass der Antragsteller bereits während des Zeitraums der Umwandlung in die SE eine Aktionärsstellung bei der Antragsgegnerin innegehabt habe.
Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 1. September 2020 darauf hingewiesen, dass – nicht zuletzt aufgrund zwingender unionsrechtlicher Vorgaben – bei der Umwandlung in eine SE im Rahmen der gebotenen Vorher-Nachher-Betrachtung (§ 21 Abs. 6, § 35 Abs. 1 SEBG) nicht an den tatsächlich praktizierten und möglicherweise rechtswidrigen „Ist-Zustand“, sondern an den rechtlich gebotenen „Soll-Zustand“ anzuknüpfen sei, so dass er die bei Umwandlung geschlossene Beteiligungsvereinbarung für unwirksam und auch den derzeitigen Aufsichtsrat der Antragsgegnerin für fehlerhaft zusammengesetzt halte. Es habe bereits im Zeitraum der Umwandlung in eine SE ein mitbestimmter Aufsichtsrat gebildet werden müssen. Das Oberlandesgericht München habe in Anknüpfung an die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23. Juli 2019 überzeugend dargelegt, dass – bei unterstellter Maßgeblichkeit des Ist-Zustands – eine „Prägung“ dieses Ist-Zustands im Zeitpunkt der Umwandlung nicht nur durch ein bereits eingeleitetes Statusverfahren erfolgen könne, sondern auch dadurch, dass bereits zum damaligen Zeitpunkt nach den konkreten Gegebenheiten ein gerichtliches Statusverfahren hätte eingeleitet werden können. Die Begründetheit seines Antrags folge nicht aus der grundsätzlichen Maßgeblichkeit des Soll-Zustands, sondern aus der Prägung des damaligen Ist-Zustands durch die damalige Möglichkeit der Einleitung eines Statusverfahrens. Sein Antrag sei aber selbstverständlich auch dann begründet, wenn zwar die genannten Voraussetzungen einer „Prägung“ des damaligen IstZustands nicht vorlägen, aber gemäß seiner aufrechterhaltenen Rechtsmeinung im Rahmen der § 21 Abs. 6, § 35 Abs. 1 SEBG grundsätzlich auf den Soll-Zustand des Aufsichtsrats abzustellen wäre. Der Bundesgerichtshof habe sich dieser Frage weder angeschlossen noch sie verworfen. Dies gelte auch für das Oberlandesgericht München, das sich mit der Frage einer Anknüpfung an den Soll-Zustand nicht näher auseinandergesetzt habe, sich aber für die grundsätzliche Anknüpfung an den Sollzustand zumindest offen gezeigt habe.
Es habe zum damaligen Zeitpunkt zwar keinen Streit gegeben, an dem er selbst in irgendeiner Form beteiligt gewesen sei. Ob es Streit unter Beteiligung anderer antragsberechtigter Personen (§ 98 Abs. 1 AktG) als ihm selbst gegeben habe, insbesondere Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Vorstand und antragsbefugten Organen der Betriebsverfassung, entziehe sich seiner Kenntnis. Es habe jedoch Ungewissheit über die rechtmäßige Zusammensetzung des Aufsichtsrats gegeben, die den damaligen „Ist-Zustand“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geprägt habe. Das Tatbestandsmerkmal der Ungewissheit schaffe dem Vorstand die Möglichkeit, bei eigenen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Zusammensetzung des Aufsichtsrats ein Statusverfahren einzuleiten, ohne zuvor das Entstehen eines konkreten „Streits“ abwarten zu müssen. Komme es – wie im vorliegenden Fall – nicht auf das gegenwärtige Vorliegen der Antragsvoraussetzungen an, sondern auf das Vorliegen zu einem historischen Zeitpunkt und die Frage, ob sie diesen historischen Zustand mitgeprägt haben, sei das Merkmal der Ungewissheit notwendigerweise anders auszulegen. Die „damalige Ungewissheit“ im Rahmen der Begründetheit sei daher – anders als die „gegenwärtige Ungewissheit“ im Rahmen der Zulässigkeit – nicht anhand der inneren Überzeugung des damaligen Vorstands zu ermitteln, sondern anhand objektiver Kriterien. Ungewissheit liege bereits dann vor, wenn die rechtmäßige Zusammensetzung des Aufsichtsrats bereits zum damaligen Zeitpunkt rechtliche Fragen aufgeworfen habe, mit denen sich ein sorgfaltsgemäß agierender Vorstand hätte befassen müssen und die folglich bei ihm zu einer „Ungewissheit“ hätten führen können und müssen. Bei abstrakter Betrachtung habe der damalige Vorstand der Antragsgegnerin durchaus Anlass gehabt, bereits im Zeitpunkt der Umwandlung die Rechtmäßigkeit der damaligen Aufsichtsratsbesetzung kritisch zu hinterfragen und insoweit „Ungewissheit“ zu empfinden. Es sei nämlich bereits zum damaligen Zeitpunkt ein weiteres Unternehmenswachstum absehbar gewesen. Hilfsweise hätte der Antragsgegnerin aufgegeben werden müssen zu erläutern, warum sich der damalige Vorstand hinsichtlich der rechtmäßigen Zusammensetzung des Aufsichtsrats gewiss gewesen sei. Dies könne ihr jedenfalls im Hinblick auf die gebotene Einbeziehung von Leiharbeitnehmern nicht gelingen.
Für den Fall, dass eine Prägung des „Ist-Zustands“ durch die damalige Einleitung eines Statusverfahrens verneint werde, werde ausdrücklich an der Rechtsauffassung festgehalten, dass im Rahmen des § 21 Abs. 6, § 35 Abs. 1 SEBG auf den „SollZustand“ im Zeitpunkt der Umwandlung abzustellen sei. Die Beteiligungsvereinbarung bei der Antragsgegnerin sei gemäß § 134 BGB i. V. m. § 15 Abs. 5, § 21 Abs. 6 SEBG unwirksam. Jedenfalls müsse eine richtlinienkonforme Auslegung der § 15 Abs. 5, § 21 Abs. 6 SEBG zwingend dazu führen, dass eine Beteiligungsvereinbarung nur dann wirksam sei, wenn sie mindestens das gleiche Ausmaß an Mitbestimmung vorsehe, das in der formwechselnden Gesellschaft vor der Umwandlung in die SE gesetzlich vorgeschrieben gewesen sei; einfrieren lasse sich demgemäß nur der „Soll-Zustand“ und nicht der „Ist-Zustand“. Dies ergebe sich aus dem 18. Erwägungsgrund der SEBeteiligungsrichtlinie und folge außerdem auch aus Art. 4 Abs. 4 dieser Richtlinie. Mangels wirksamer Beteiligungsvereinbarung richte sich die Mitbestimmung gemäß § 34 Abs. 1 i. V. m. § 22 Abs. 1 Nr. 2 SEGB nach der gesetzlichen Auffanglösung. Der erstinstanzlich gestellte und im Beschwerdeverfahren erneuerte Hilfsantrag, die entscheidungserheblichen Fragen zur Auslegung von Art. 4 Abs. 4 und Anhang III (Anmerkung des Senats: Teil 3 des Anhangs) der RL 2001/86/EG sowie des in diesen Bestimmungen zum Ausdruck kommenden Vorher-Nachher-Prinzips (vgl. Erwägungsgrund 18 der Richtlinie) dem Gerichtshof der Europäischen Union im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art. 267 AEUV vorzulegen, werde ausdrücklich aufrechterhalten.
Im Zeitpunkt der Umwandlung sei die Antragsgegnerin zur Bildung eines paritätisch mitbestimmten Aufsichtsrats nach Maßgabe des Mitbestimmungsgesetzes verpflichtet gewesen. Im Mai 2012 sei die Gesellschaft auf Wachstumskurs gewesen und habe absehen können, dass die Schwelle von 2.000 Mitarbeitern jedenfalls in Kürze überschritten sein würde. Nach den im Geschäftsbericht 2012 publizierten Zahlen sei die Mitarbeiterzahl von 2.000 bereits im Jahr 2011 überschritten gewesen (2.044 Arbeitnehmer zum 31. Dezember 2011). Da die Antragsgegnerin ihre Geschäftsaktivitäten fast ausschließlich aus Deutschland heraus betreibe, sei davon auszugehen, dass sie fast alle ihre Arbeitnehmer (auch in Konzerngesellschaften) im Inland beschäftige und auch im maßgeblichen Referenzzeitraum beschäftigt habe. Es dürfe daher nicht darauf ankommen, ob die in ausländischen Tochtergesellschaften beschäftigten Arbeitnehmer der Antragsgegnerin für die Berechnung des Schwellenwerts von 2.000 Arbeitnehmern gemäß § 1 Abs. 1 MitbestG mitzuzählen seien.
Mit Schriftsatz vom 23. September 2020 hat die Antragsgegnerin ihren Vortrag dahin ergänzt, dass weder der Antragsteller noch sonstige Personen im Rahmen der Hauptversammlungen der Antragsgegnerin seit 2012 die streitgegenständlichen Fragestellungen thematisiert hätten. Der Vorstand habe auch nicht damit gerechnet, dass nach seiner Bekanntmachung eine nach § 98 Abs. 2 AktG antragsberechtigte Person eine gerichtliche Entscheidung beantragen werde. Insgesamt sei er im Zuge der Umwandlung in die SE davon ausgegangen und habe davon ausgehen dürfen, über einen ordnungsgemäß eingerichteten Aufsichtsrat zu verfügen, so dass auf der Grundlage der Beteiligungsvereinbarung auch die Zusammensetzung des Aufsichtsrats in der SE wirksam habe geregelt werden können. Eine Ungewissheit, wie sie das Oberlandesgericht München in seiner Entscheidung näher darlege, liege hiernach ebenso nicht vor. Die weitere Auslegung des Antragstellers zum Begriff der Ungewissheit gehe fehl und finde insbesondere keine Stütze in der Entscheidung des Oberlandesgerichts München.
Mit Beschluss vom 2. Dezember 2020, der dem Antragsteller am 12. Dezember 2020 zugestellt worden ist, hat das Landgericht den Antrag auf Feststellung der Verpflichtung zur Bildung eines zur Hälfte aus Vertretern der Arbeitnehmer zusammengesetzten Aufsichtsrats bei der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, es sei als Gericht erster Instanz an die Auffassung des Oberlandesgerichts aufgrund der § 99 Abs. 1 AktG, § 69 Abs. 1 Satz 4 FamFG gebunden. Der Antragsteller selbst sei zum Zeitpunkt der Umwandlung nicht antragsbefugt gewesen, da er die Aktien erst nach der Umwandlung erworben habe. Zum Zeitpunkt der Eintragung der durch Umwandlung gegründeten SE in das Handelsregister sei keine Bekanntmachung nach § 97 Abs. 1 AktG durch den Vorstand erfolgt. Ein Statusverfahren sei nicht eingeleitet gewesen. Streit im Sinne einer ernsthaften außergerichtlichen Auseinandersetzung über die Rechtmäßigkeit der Zusammensetzung des Aufsichtsrats habe nicht bestanden, weil kein entsprechender Schriftwechsel zwischen den Beteiligten vorgelegen habe. Aber auch Ungewissheit i. S. d. § 98 Abs. 1 AktG könne nicht bejaht werden. Konkrete Anhaltspunkte für die Einleitung eines Statusverfahrens hätten nicht bestanden. Im Zeitpunkt der Umwandlung habe sich nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragsgegnerin niemand an den Vorstand gewandt und darauf hingewiesen, der Aufsichtsrat könne fehlerhaft zusammengesetzt sein. Der Hinweis darauf, ein sorgfältig handelnder Vorstand hätte sich mit der Zahl der Beschäftigten befassen und damit eine Ungewissheit empfinden müssen, rechtfertige keine andere Beurteilung. Der Vorstand sei nicht zu einer laufenden Überprüfung verpflichtet; er müsse jedoch Hinweisen nachgehen und sich der Anwendbarkeit der Mitbestimmungsgesetze vergewissern. Es sei nach dem Vortrag der Beteiligten nicht erkennbar gewesen, dass es Hinweise an den Vorstand auf eine fehlerhafte Zusammensetzung des Aufsichtsrats gegeben habe. Vor allem aber könne der Begriff der „Unsicherheit“ im Sinne des § 98 Abs. 1 AktG nicht in dem vom Antragsteller gewünschten Sinne ausgelegt werden, es käme auf die subjektive Sicht dergestalt an, der Vorstand hätte erkennen können, dass es eine Ungewissheit gebe. Mögliche Zweifel an der Richtigkeit der Zusammensetzung des Aufsichtsrats müssten vielmehr nach außen getragen worden sein (OLG München, Beschluss vom 26.3.2020, Az. 31 Wx 279/18, S. 13). Solche Fehler des Vorstands, die der Antragsteller annehme, könnten allenfalls eine Schadensersatzpflicht aus § 93 Abs. 2 Satz 1 AktG nach sich ziehen, nicht aber dazu führen, dass auf dieser Basis ein Statusverfahren durchgeführt werden müsste. Es müsse nicht entschieden werden, ob sich der Vorstand pflichtwidrig verhalten habe oder nicht. Weil zum Zeitpunkt der Umwandlung kein Anlass für die Durchführung des Statusverfahrens bestanden habe, könne auch nicht von der Unwirksamkeit der Beteiligungsvereinbarung gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 15 Abs. 5, § 21 Abs. 6 SEBG ausgegangen werden. Zum Zeitpunkt der Umwandlung habe kein Anlass für die Durchführung eines Statusverfahrens bestanden.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller mit an das Landgericht gerichtetem Schriftsatz vom 12. Januar 2021, der dort per Telefax am selben Tag eingegangen ist, als Rechtsanwalt in eigener Sache (vgl. den Schriftsatz vom 28. Dezember 2019) Beschwerde eingelegt.
Zur Begründung hat er vorgebracht, er habe nach Rücksprache mit einem Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof von einer Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts München abgesehen, da ihn die Entscheidung im Tenor nicht beschwert habe und „zur Beschleunigung“. Sollte das Beschwerdegericht an seiner prozessual/restriktiven Rechtsauffassung festhalten, werde beantragt, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs sei der Soll-Zustand bei einer Umwandlung zur SE maßgeblich. Der Beschluss des Landgerichts sei, wie derjenige des Oberlandesgerichts, unrichtig, da davon ausgegangen werde, dass ein prozessuales Recht auf Durchführung eines Statusverfahrens im Zeitpunkt der Umwandlung habe bestehen müssen, wenn es nach Umwandlung realisiert werden solle. Dem sei jedoch nicht so.
Im Übrigen wiederholt der Antragsteller sein Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 1. September 2020 dahin, dass es Ungewissheit über die rechtmäßige Zusammensetzung des Aufsichtsrats gegeben habe, die den damaligen „Ist-Zustand“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geprägt habe sowie, dass an der Rechtsauffassung festgehalten werde, dass im Rahmen des § 21 Abs. 6, § 35 Abs. 1 SEBG auf den „Soll-Zustand“ im Zeitpunkt der Umwandlung abzustellen sei.
Mit Beschluss vom 31. März 2021 hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Bayerischen Obersten Landesgericht vorgelegt.
Die Antragsgegnerin ist angehört worden. Sie hat vorgebracht, die Beschwerde sei bereits unzulässig, da der Antragsteller gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 26. März 2020 keine Rechtsbeschwerde eingelegt habe. Die Beschwerde sei auch unbegründet. Der Aufsichtsrat sei ordnungsgemäß besetzt. Das Landgericht habe die erforderlichen Tatsachenfeststellungen vorgenommen und abschließend festgestellt. Die nunmehr eingelegte Beschwerde stelle diese Tatsachenfeststellungen nicht in Frage. Der Umwandlungsprozess habe zudem nur auf der Grundlage einer umfassenden und transparenten Dokumentation erfolgen können; weder Aktionäre noch Arbeitnehmer hätten Zweifel an der Wirksamkeit der Zusammensetzung des Aufsichtsrats vorgebracht. Für eine Nichtigkeit der Vereinbarung gemäß § 134 BGB gebe es keine Anhaltspunkte. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Beschwerde ist nach § 99 Abs. 3 Satz 2 AktG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Zuständigkeit des Bayerischen Obersten Landesgerichts ergibt sich aus § 99 Abs. 3 Sätze 5 und 6 AktG i. V. m. § 3 Nr. 2 BayDelV, § 14 Abs. 2 BayGZVJu in der seit dem 1. Mai 2020 geltenden Fassung.
a) Die angegriffene Entscheidung ist in einem Statusverfahren nach § 96 Abs. 4 und §§ 97 bis 99 AktG ergangen, die aufgrund der Generalverweisung des Art. 9 Abs. 1 Buchst. c) der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (SE-VO, ABl. L 294 v. 10. November 2001, S. 1) auch für die SE gelten und – jedenfalls in Fällen, in denen vor der Umwandlung keine Vereinbarung über die Mitbestimmung geschlossen wurde – die gerichtliche Klärung der Frage umfassen, ob bei einer Gesellschaft überhaupt ein mitbestimmter Aufsichtsrat zu bilden ist. Hierfür spricht insbesondere der Wille des Gesetzgebers, wie er in § 17 Abs. 4 Satz 1 SEAG zum Ausdruck kommt. Dort ist geregelt, dass „auch“ der SE-Betriebsrat für Verfahren entsprechend den §§ 98, 99 oder 104 AktG antragsbefugt ist. Dann muss aber daraus geschlossen werden, dass das Statusverfahren statthaft ist, weil andernfalls die Antragsberechtigung des Betriebsrats der SE keinen Sinn machen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juli 2019, II ZB 20/18, NJW-RR 2019, 1254 Rn. 32; OLG Stuttgart, Beschluss vom 27. August 2018, 21 W 29/18, juris Rn. 15; LG Berlin, Beschluss vom 1. April 2019, 102 O 120/17 AktG, juris Rn. 32; LG München I, Beschluss vom 16. Juni 2018, 38 O 15760/17, ZIP 2018, 1546 [juris Rn. 12]; LG Frankfurt, Beschluss vom 23. November 2017, 05 O 63/17, ZIP 2018, 932 [juris Rn. 10]; LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 8. Februar 2010, 1 HKO 8471/09, ZIP 2010, 372 [juris Rn. 10]; Habersack in Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, 4. Aufl. 2018, § 34 SEBG Rn. 30; Hohenstatt/Müller-Bonanni in Habersack/Drinhausen, SE-Recht, 2. Aufl. 2016, § 18 SEBG Rn. 20 und § 36 SEBG Rn. 16; Behme, EWiR 2018, 333, auch auf Art. 10 SE-VO abstellend).
Ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist, weil vorliegend eine Mitbestimmungsvereinbarung vorliegt, ist gemäß § 17a Abs. 5 GVG im Rahmen der Beschwerde nicht zu prüfen. Die Rüge der Unzulässigkeit des Rechtswegs ist von keinem der Verfahrensbeteiligten erhoben worden. Demgemäß kann hier offenbleiben, ob bei Vorliegen einer Beteiligungsvereinbarung die Gerichte für Arbeitssachen nach Maßgabe der § 2a Abs. 1 Nr. 3e, §§ 80 ff. ArbGG nur für Streitigkeiten über die Wahl der Arbeitnehmervertreter in das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan und nicht für die vorgelagerte Frage der grundsätzlich richtigen Zusammensetzung des Aufsichtsrats bei der dualistischstrukturierten SE zuständig sind, wie dies das Oberlandesgericht München im Wege eines obiter dictum in der Entscheidung vom 26. März 2020, 31 Wx 279/18 (juris Rn. 23 ff.) bejaht hat (vgl. auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 11. August 2020, 20 W 9/20, ZIP 2020, 2286 in Abweichung von LAG Stuttgart, Beschluss vom 19. Juni 2017, 19 Ta 10/17, juris; LG Berlin, Beschluss vom 1. April 2019, 102 O 120/17 AktG, juris Rn. 30 ff.; LG München I, Beschluss vom 16. Juni 2018, 38 O 15760/17, ZIP 2018, 1546 [juris Rn. 12 am Ende]; Habersack in Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 34 SEBG Rn. 30; Hohenstatt/Müller-Bonanni in Habersack/Drinhausen, SE-Recht, § 36 SEBG Rn. 15; Seibt, EWiR 2020, 649) oder ob der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten grundsätzlich auch für eine Streitigkeit wie die vorliegende eröffnet ist, da es sich bei einer solchen Beteiligungsvereinbarung um eine „Kollektivvereinbarung sui generis“ handele und ein Statusverfahren nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. c) SE-VO i. V. m. § 98 AktG schon deshalb ausscheide, weil die Zivilgerichte in einem solchen Verfahren nicht die Wirksamkeit einer für die Unternehmensmitbestimmung maßgebenden Beteiligungsvereinbarung nach dem SEBG prüfen könnten; diese Prüfung sei vielmehr mit § 2 Abs. 1 Nr. 3e ArbGG ausschließlich den Gerichten für Arbeitssachen zugewiesen (BAG, EuGH-Vorlage vom 18. August 2020, 1 ABR 43/18 [A], ZIP 2020, 2396 [juris Rn. 19]).
b) Der Antragsteller ist beschwerdebefugt. Nach § 99 Abs. 4 Satz 3 AktG steht die Beschwerde jedem nach § 98 Abs. 2 AktG Antragsberechtigten zu. Der Antragsteller ist nach § 98 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AktG als Antragsberechtigter anzusehen. Der Umstand, dass der Antragsteller – wie auch die Antragsgegnerin – keine Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 26. März 2020 eingelegt hat, betrifft nicht die Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Beschwerde.
c) Die Beschwerde ist fristgerecht (§ 63 Abs. 1 FamFG i. V. m. § 99 Abs. 4 Satz 4 AktG) bei dem Landgericht (§ 64 Abs. 1 Satz 1 FamFG) eingelegt und durch einen Anwalt unterzeichnet worden (§ 99 Abs. 3 Satz 4 AktG).
d) Die Beschwerde, die abweichend von § 65 Abs. 3 FamFG nach § 99 Abs. 3 Satz 3 AktG nur auf die Verletzung des Rechts gestützt werden kann, enthält die nach § 64 Abs. 2 Satz 3 FamFG erforderlichen Angaben.
2. Die Beschwerde ist unbegründet. Das Landgericht hat den zulässigen Antrag zu Recht als unbegründet zurückgewiesen. Das Landgericht hat seiner Entscheidung ohne Rechtsfehler zugrunde gelegt, dass sich die im Statusverfahren festzulegende Zusammensetzung des Aufsichtsrats der Antragsgegnerin im Streitfall nicht nach der in der Gründungsgesellschaft gesetzlich gebotenen Mitbestimmung, dem „Soll-Zustand“, bestimmt, sondern nach der in der Gründungsgesellschaft tatsächlich praktizierten Mitbestimmung, mithin nach dem „Ist-Zustand“; es ist weiter auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum „Ist-Zustand“ ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin ordnungsgemäß besetzt ist und kein paritätisch gebildeter Aufsichtsrat nach den Vorgaben des Mitbestimmungsgesetzes gebildet werden musste.
a) Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Organen einer SE richtet sich gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 SEBG allein nach diesem Gesetz. Durch das SEBeteiligungsgesetz ist die zeitgleich mit der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 erlassene RL 2001/86/EG des Rates zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer (SEErgänzungsrichtlinie) in deutsches Recht umgesetzt worden. Nach Art. 13 Abs. 2 der SE-Ergänzungsrichtlinie finden einzelstaatliche Rechtsvorschriften in Bezug auf die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Gesellschaftsorganen, die nicht zur Umsetzung der Richtlinie dienen, keine Anwendung auf Gesellschaften in der Rechtsform der SE. Die Bestimmungen des Mitbestimmungs- und des Drittelbeteiligungsgesetzes sind auf die SE zudem deshalb nicht unmittelbar anwendbar, weil sie nicht zu den in § 1 Abs. 1 Nr. 1 MitbestG und § 1 DrittelbG abschließend aufgelisteten Gesellschaftsformen zählt (BGH NJW-RR 2019, 1254 Rn. 24).
b) Nach dem SE-Beteiligungsgesetz besteht eine Mitbestimmung der Arbeitnehmer durch eine Beteiligung in Organen der SE nur dann, wenn zwischen den Leitungen der Gründungsgesellschaften und dem gemäß § 5 SEBG zusammengesetzten besonderen Verhandlungsgremium eine Vereinbarung getroffen wurde, die die Mitbestimmung vorsieht (§ 21 Abs. 3 bis 6 SEBG), oder wenn die Voraussetzungen der Mitbestimmung kraft Gesetzes gemäß §§ 34 ff. SEBG vorliegen (BGH NJW-RR 2019, 1254 Rn. 25).
c) Es hält rechtlicher Nachprüfung stand, dass das Landgericht in dem angegriffenen Beschluss ausgeführt hat, es sei gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 FamFG an die der aufhebenden Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts München zugrundeliegende Rechtsauffassung gebunden, wonach vorliegend sowohl bei Anwendung der Auffangregelung über die Mitbestimmung kraft Gesetzes (§§ 34 ff. SEBG) als auch in einer Konstellation, in der eine Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer im Sinne des § 21 SEBG geschlossen worden sei, auf die in der Gründungsgesellschaft gesetzlich gebotene Mitbestimmung abzustellen sei, wenn entweder, wie hier nicht, vor der Eintragung der durch Umwandlung gegründeten SE in das Handelsregister ein gerichtliches Statusverfahren eingeleitet worden sei, oder, wenn und soweit ein solches jedenfalls hätte eingeleitet werden können, wobei dazu schon zum damaligen Zeitpunkt entweder eine Bekanntmachung nach § 97 Abs. 1 AktG oder aber Streit oder Ungewissheit im Sinne des § 98 Abs. 1 AktG bestanden haben müsse. Das Oberlandesgericht hat die Maßgeblichkeit des „Ist-Zustands“ nicht lediglich unterstellt, wie der Antragsteller meint, sondern die vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 23. Juli 2019 zum Az. II ZB 20/18 offengelassene Frage über die Maßgeblichkeit des „Soll-Zustands“ oder des „IstZustands“ dahingehend unter Zulassung der Rechtsbeschwerde entschieden, dass im Streitfall auf den „Ist-Zustand“ abzustellen sei. Es hat den „Ist-Zustand“ abweichend vom Landgericht definiert und deshalb die Sache zur Aufklärung dieses „Ist-Zustands“ in die erste Instanz zurückverwiesen.
Auch das Bayerische Oberste Landesgericht ist als Beschwerdegericht an diese vom Oberlandesgericht München nicht nur als obiter dictum niedergelegte, sondern tragende (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 1954, IV ZB 48/54, BGHZ 15, 122; Sternal in Keidel, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 69 Rn. 28; Fischer in Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Aufl. 2018, § 69 Rn. 93) Rechtsauffassung gebunden. Die Aufhebung der zum damaligen Zeitpunkt angegriffenen Entscheidung des Landgerichts vom 16. Juli 2018 durch das Oberlandesgericht München beruht auf dieser Rechtsauffassung (vgl. hierzu OLG Zweibrücken, Beschluss vom 16. März 2011, 3 W 28/11, juris Rn. 6; BayObLG, Beschluss vom 17. März 1988, Breg 3 Z 33/88, BayObLGZ 1988, 86 [juris Rn. 17 am Ende]).
Wird in einem Verfahren wie hier nach einer Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht gegen die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts erneut Beschwerde eingelegt, ist auch das Beschwerdegericht an seine frühere Entscheidung gebunden (BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2019, XII ZB 276/19, NJW 2020, 1227 Rn. 10 f.; Urt. v. 23. Juni 1992, XI ZR 227/91, NJW 1992, 2831 [juris]; BGHZ 15, 122; OLG Hamm, Beschluss vom 26. Mai 1970, 15 W 26/70, NJW 1970, 2118; Obermann in BeckOK, FamFG, 38. Ed. Stand: 1. April 2021, § 69 Rn. 19 und 41; Sternal in Keidel, FamFG, § 69 Rn. 30; Borth/Grandel in Musielak/Borth, FamFG, 6. Aufl. 2018, § 69 Rn. 6; Fischer in Münchener Kommentar zum FamFG, § 69 Rn. 93; Haußleiter in Haußleiter, FamFG, 2. Aufl. 2017, § 69 Rn. 3). Ausnahmen von der Bindung des Beschwerdegerichts bei erneuter Befassung bestehen zwar dann, wenn sich der Sachverhalt seitdem geändert hat (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 26. Mai 1970, 15 W 26/70 a. a. O.; vgl. Sternal in Keidel, FamFG, a. a. O. Rn. 30; Fischer in Münchener Kommentar zum FamFG, § 69 Rn. 93), das Beschwerdegericht nach Erlass des Zurückverweisungsbeschlusses inzwischen entscheidungserheblich seine Rechtsprechung geändert hat, bei einer zwischenzeitlich mit Rückwirkung in Kraft getretenen gesetzlichen Regelung, welche die Beschwerdeinstanzen nicht unberücksichtigt lassen dürfen, oder bei einer vorrangig zu beachtenden höchstrichterlichen Entscheidung, Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bzw. des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. Sternal in Keidel, FamFG, a. a. O.; Fischer in Münchener Kommentar zum FamFG, § 69 Rn. 93). Keine der genannten Ausnahmen greift hier jedoch ein. Auch der Vorlagebeschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 18. August 2020 (1 ABR 43/18 [A], ZIP 2020, 2396 [juris]) enthält insoweit keine Sachentscheidung. Die Befolgung des Prinzips der Bindungswirkung im Instanzenzug (§ 69 Abs. 1 Satz 4 FamFG) ist daher auch dann zu beachten, wenn es um die Bindung des Beschwerdegerichts an seine eigene Rechtsauffassung geht, die es der Aufhebung der mit der (ersten) Beschwerde angegriffenen Entscheidung zugrunde gelegt hatte. Diese Bindungswirkung an die frühere Entscheidung gehört zu den „unverrückbaren Grundlagen des Verfahrens, die von Amts wegen beachtet werden müssen“ (vgl. BGH NJW 1992, 2831 [juris Rn. 16 und 20]; BGHZ 15, 122).
Dass aufgrund einer Änderung der gerichtlichen Zuständigkeitsverteilung während des laufenden Verfahrens nunmehr das Bayerische Oberste Landesgericht anstelle des Oberlandesgerichts München die Funktion des Beschwerdegerichts ausübt, ändert daran nichts. Entscheidend für die Bindungswirkung ist die Funktion als Beschwerdegericht im vorliegenden Verfahren und nicht die Identität des Spruchkörpers.
d) Das Landgericht hat auch rechtsfehlerfrei festgestellt, dass – unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts München – hier nicht auf den „rechtlich gebotenen Soll-Zustand“ abzustellen sei, da vor der Eintragung der durch Umwandlung gegründeten SE in das Handelsregister weder eine Bekanntmachung nach § 97 Abs. 1 AktG existiert noch Streit oder Ungewissheit im Sinne des § 98 Abs. 1 AktG bestanden habe, so dass sich die im vorliegenden Statusverfahren festzulegende Zusammensetzung des Aufsichtsrats der Antragsgegnerin nicht danach bestimmt, wie der Aufsichtsrat vor der Umwandlung nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften richtigerweise zusammenzusetzen gewesen ist. Vielmehr kommt es wegen der verfahrensrechtlichen Besonderheiten hier für das Mitbestimmungsstatut der SE im Ergebnis allein auf die in der Gründungsgesellschaft tatsächlich praktizierte Mitbestimmung an, die keine solche Mitbestimmung der Arbeitnehmer vorgesehen hat.
aa) Es liegt kein Rechtsfehler darin, dass das Landgericht festgestellt hat, der Antragsteller sei zum Umwandlungszeitpunkt noch nicht antragsbefugt gewesen, weil er die Aktien erst nach der Umwandlung erworben habe. Damit kann der Antragsteller zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht als Berechtigter nach § 98 Abs. 2 Nr. 3 AktG mit der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin (außergerichtlich) über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats gestritten haben, wie das Landgericht ebenfalls rechtsfehlerfrei ausgeführt hat.
bb) Zum Umwandlungszeitpunkt waren nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landgerichts auch weder ein gerichtliches Statusverfahren nach § 98 Abs. 1 AktG eingeleitet noch war eine Bekanntmachung nach § 97 Abs. 1 AktG über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats veröffentlicht.
cc) Das Landgericht hat auch ohne Rechtsfehler festgestellt, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt kein „Streit“ nach § 98 Abs. 1 AktG in dem Sinne bestanden habe, dass sich der Vorstand und ein nach § 98 Abs. 2 AktG – anderer – Antragsberechtigter bereits ernsthaft über die Rechtmäßigkeit der Zusammensetzung des Aufsichtsrats außergerichtlich auseinandergesetzt hätten bzw. konkrete Anhaltspunkte für einen derartigen zukünftigen Streit bestanden hätten, weil kein entsprechender Schriftwechsel zwischen den Beteiligten vorliege.
dd) Schließlich ist es nicht zu beanstanden, dass das Landgericht mangels konkreter Anhaltspunkte für die Einleitung eines Statusverfahrens sowie im Hinblick darauf, dass sich nach dem nicht bestrittenen Vortrag der Antragsgegnerin niemand an den Vorstand gewandt und darauf hingewiesen habe, der Aufsichtsrat könne fehlerhaft zusammengesetzt sein, zu dem Ergebnis gelangt ist, dass auch keine „Ungewissheit“ im Sinne des § 98 Abs. 1 AktG bestanden habe. Zur Begründung hat das Landgericht wiederum unter Verweis auf die nach § 99 Abs. 1 AktG, § 69 Abs. 1 Satz 4 FamFG bestehende Bindungswirkung der Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 26. März 2020 rechtsfehlerfrei auf die dort niedergelegte tragende Rechtsauffassung abgestellt, wonach Ungewissheit in diesem Sinn dann vorliege, wenn entweder der Vorstand sich selbst nicht sicher sei, nach welchen Vorschriften der Aufsichtsrat zusammenzusetzen sei, oder aber dann, wenn der Vorstand sich zwar seiner eigenen Auffassung gewiss sei, jedoch damit rechne, dass im zeitlichen Nachgang zu seiner Bekanntmachung eine nach § 98 Abs. 2 AktG antragsberechtigte Person eine gerichtliche Entscheidung beantragen werde, so dass die „konkrete Möglichkeit zukünftiger Streitigkeiten“ bestehe (vgl. auch die vom Oberlandesgericht München [juris Rn. 50 f.] in diesem Zusammenhang in Bezug genommenen Kommentarstellen Habersack in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Aufl. 2019, § 98 Rn. 5 und Koch in Hüffer/Koch, Aktiengesetz, 15. Aufl. 2021, § 98 Rn. 3, wonach der Vorstand bei Bestehen der konkreten Möglichkeit künftiger Streitigkeiten von vornherein auf eine Bekanntmachung verzichten und eine gerichtliche Entscheidung beantragen könne). In einer solchen Situation sei, so das Landgericht fehlerfrei im Anschluss an die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts weiter, die aktuelle Aufsichtsratszusammensetzung „bereits in Frage gestellt“ und der Weg für die Einleitung eines Statusverfahrens geebnet; „bestehende“ und „bereits nach außen getragene Zweifel“ über die Gesetzmäßigkeit der aktuellen Zusammensetzung des Aufsichtsrats dürften nicht durch die Eintragung in eine SE festgezurrt werden (OLG München, Beschluss vom 26. März 2020, 31 Wx 279/18, juris Rn. 53). Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass eine derartige „Ungewissheit“ nicht bestanden habe.
ee) Soweit der Antragsteller meint, das Merkmal der „Ungewissheit“ sei notwendigerweise anders auszulegen, nämlich nicht anhand der inneren Überzeugung des damaligen Vorstands, sondern anhand objektiver Kriterien, so dass das Merkmal bereits dann vorliege, wenn die rechtmäßige Zusammensetzung des Aufsichtsrats bereits zum damaligen Zeitpunkt rechtliche Fragen aufgeworfen habe, mit denen sich ein sorgfaltsgemäß agierender Vorstand hätte befassen müssen und die folglich bei ihm zu einer „Ungewissheit“ hätten führen können und müssen, kann er hiermit im Rahmen der Beschwerde nicht durchdringen. Entsprechendes gilt für die Rüge des Antragstellers, die vom Oberlandesgericht München im Beschluss vom 26. März 2020 geäußerte Rechtsauffassung sei unrichtig, da auf den „Soll-Zustand“ abzustellen sei, ohne dass zum Zeitpunkt der Umwandlung die vom Oberlandesgericht München geforderten und bezeichneten „tatsächlichen“ (vgl. BGH NJW-RR 2019, 1254 Rn. 35) Umstände, die den damals bestehenden „Ist-Zustand“ maßgeblich geprägt haben, vorgelegen haben müssten.
Denn das Bayerische Oberste Landesgericht ist als Beschwerdegericht auch insoweit an die vom Oberlandesgericht München nicht nur als obiter dictum niedergelegte, tragende Rechtsauffassung gebunden.
e) Weil im maßgeblichen Zeitraum nach den fehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts kein Anlass für die Durchführung des Statusverfahrens bestand, ist das Landgericht im Hinblick auf die Bindungswirkung der Entscheidung vom 26. März 2020 auch fehlerfrei zu der Auffassung gelangt, dass die Beteiligungsvereinbarung nicht gemäß § 134 BGB i. V. m. § 15 Abs. 5, § 21 Abs. 6 SEBG (insgesamt oder teilweise) nichtig ist.
Soweit das Oberlandesgericht München in seinem Beschluss vom 26. März 2020 von einer (etwaigen) Teilnichtigkeit der Beteiligungsvereinbarung spricht (juris Rn. 64), meint dies ersichtlich nur den Fall, dass – die Verpflichtung zur Bildung eines paritätisch gebildeten Aufsichtsrats nach den Maßgaben des Mitbestimmungsrechts insoweit lediglich unterstellt – bereits im Zeitpunkt der Umwandlung die aktuelle Aufsichtsratszusammensetzung in Frage gestellt und der Weg für die Einleitung eines Statusverfahrens geebnet war. Nach den fehlerfreien Feststellungen des Landgerichts in dem angegriffenen Beschluss ist diese Voraussetzung jedoch nicht erfüllt.
Wegen der Bindungswirkung der Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 26. März 2020, in der sich das Beschwerdegericht im ersten Rechtsgang mit der Bedeutung der vom Antragsteller ins Feld geführten unionsrechtlichen Bestimmungen auseinandergesetzt und eine Pflicht zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union ausdrücklich verneint hat (vgl. juris Rn. 91), kann der Antragsteller auch nicht mit der Argumentation durchdringen, aus Art. 4 Abs. 4 der SE-Ergänzungsrichtlinie und im Lichte des 18. Erwägungsgrundes dieser Richtlinie folge, dass es im Falle der Umwandlung mit Beteiligungsvereinbarung stets auf den „Soll-Zustand“ ankomme und unionsrechtskonform damit nur eine Auslegung des § 15 Abs. 5, § 21 Abs. 6 SEBG sei, die zur Unwirksamkeit der Beteiligungsvereinbarung führe.
3. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts vom 2. Dezember 2020 zurückzuweisen. Es ist lediglich der Tenor dieser Entscheidung dahingehend klarzustellen, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats der Antragsgegnerin zurückgewiesen wird.
Mit dem Entscheidungsausspruch, der Antrag auf Feststellung der Verpflichtung zur Bildung eines „zur Hälfte“ aus Vertretern der Arbeitnehmer zusammengesetzten Aufsichtsrates bei der Antragsgegnerin werde zurückgewiesen, ist nicht die Frage offengeblieben, ob eine Verpflichtung zur Bildung eines zu einem anderen Anteil aus Vertretern der Arbeitnehmer zusammengesetzten Aufsichtsrates bei der Antragsgegnerin bestanden habe. Vielmehr ist der Antrag insgesamt zurückgewiesen worden. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus den Gründen des Beschlusses und ist von den Beteiligten nicht anders verstanden worden. Das Landgericht hat es lediglich versäumt, den Tenor entsprechend klar zu fassen, sei es durch eine ausdrückliche Erwähnung auch der Drittelbeteiligung nach dem Drittelbeteiligungsgesetz neben der paritätischen Besetzung nach dem Mitbestimmungsgesetz, sei es durch schlichte Zurückweisung des Antrags im Tenor.
Das Beschwerdegericht ist befugt, den Tenor des angefochtenen Beschlusses gemäß § 42 Abs. 1 FamFG i. V. m. § 99 Abs. 1 AktG berichtigend klarzustellen, solange die Sache vor ihm anhängig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2016, XII ZB 345/16, NJW 2017, 1239 Rn. 12; Beschluss vom 28. Juni 2006, XII ZB 9/04, NJW-RR 2006, 1628 Rn. 18; Meyer-Holz in Keidel, FamFG, § 42 Rn. 31).
4. Es entspricht nicht der Billigkeit, die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens ausnahmsweise dem Antragsteller nach § 99 Abs. 6 Satz 1 AktG aufzuerlegen. Die Voraussetzungen der Norm, die auch im Beschwerdeverfahren anzuwenden ist (BayObLG, Beschluss vom 29. März 2021, 101 ZBR 1/21, juris Rn. 42; OLG Stuttgart, Beschluss vom 8. Oktober 2018, 20 W 21/18, juris Rn. 13 m w. N.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 25. Mai 2018, 21 W 32/18, ZIP 2018, 1175 [juris Rn. 32], allerdings abweichend zu § 25 Abs. 3 GNotKG; Spindler in BeckOGK, AktG § 99 Rn. 25; Koch in Hüffer/Koch, AktG, § 99 Rn. 12; vgl. auch BGH, Beschluss vom 23. Juli 2019, II ZB 20/18, juris Rn. 39 [insoweit in NJW-RR 2019, 1254 nicht wiedergegeben] im Rechtsbeschwerdeverfahren, wonach die Antragsgegnerin die Gerichtskosten nach § 23 Nr. 10 GNotKG zu tragen habe), liegen nicht vor. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 99 Abs. 6 Satz 2 AktG).
5. Die nach § 79 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 und 2 GNotKG i. V. m. Nr. 13610 KV GNotKG erforderliche Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 75 GNotKG (vgl. Sommerfeldt in Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 4. Aufl. 2021, § 75 GNotKG zur Verweisung des § 17 Abs. 4 SEAG auf die §§ 98, 99 AktG; Wilsch in Korintenberg, GNotKG, 21. Aufl. 2020, § 75 Rn. 2). Eine – von der Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts abweichende – Bestimmung des Geschäftswerts nach § 36 Abs. 1 GNotKG ist mangels konkreter Anhaltspunkte für dessen Bemessung (vgl. zu den Parametern: Wilsch a. a. O. Rn. 5) nicht möglich.
6. Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG die Rechtsbeschwerde zuzulassen ist, liegen nicht vor. Die Zulassungsgründe der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, wegen Grundsatzbedeutung oder zur Fortbildung des Rechts im Hinblick auf die Frage, ob vorliegend nach dem nationalen Recht nicht auf den „Ist-Zustand“, sondern vielmehr auf den „SollZustand“ abzustellen ist, sowie hinsichtlich Auslegung und Reichweite des Art. 4 Abs. 4 der RL 2001/86/EG und des 18. Erwägungsgrunds dieser Richtlinie sind nicht gegeben, da die insoweit aufgeworfenen Rechtsfragen nicht entscheidungserheblich sind. Auch die Wertung, dass das Rechtsbeschwerdegericht im Streitfall den Europäischen Gerichtshof wegen bestehender Bindungswirkung selbst dann nicht anrufen könne, wenn es die in der Entscheidung des Oberlandesgerichts niedergelegten, tragenden Gründe, worauf für die Beurteilung des vor der Umwandlung gegebenen Anknüpfungstatbestandes abzustellen sei, für fehlerhaft hielte, rechtfertigt die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht.
a) Eine Sache hat dann grundsätzliche Bedeutung (§ 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG), wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, d. h. allgemein von Bedeutung ist (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2020, VIII ZR 315/19, juris Rn. 9 m. w. N.). Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache aber auch dann zu, wenn andere Auswirkungen der Sache das Allgemeininteresse in besonderem Maße berühren und eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern oder wenn eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV in Betracht kommt; Letzteres ist dann der Fall, wenn es um die Auslegung von Gemeinschaftsrecht geht (BVerfG, Beschluss vom 2. Februar 2017, 2 BvR 787/16, juris Rn. 34; Beschluss vom 8. Oktober 2015, 1 BvR 1320/14, juris Rn. 13; Beschluss vom 31. Mai 1990, 2 BvL 12/88, 2 BvL 13/88, 2 BvR 1436/87, BVerfGE 82, 159/196 [juris Rn. 145]; BGH, Beschluss vom 14. Mai 2020, I ZR 142/19, juris; Krüger in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 543 Rn. 6).
Wegen der Bindungswirkung der Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 26. März 2020 würde hier in einem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht die Rechtsfrage aufgeworfen werden, ob im Geltungsbereich des SEBG an den „SollZustand“ anzuknüpfen ist, ebenso nicht die Rechtsfrage nach abstrakten Maßstäben, die im Falle der Maßgeblichkeit des „Ist-Zustands“ diesen prägen. Aus demselben Grund bestünde auch nicht die Notwendigkeit, eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen. Dass das Rechtsbeschwerdegericht die Sache in einer Konstellation wie der vorliegenden aus prozessualen Gründen nicht mehr dem Europäischen Gerichtshof vorlegen kann, da die Frage der Auslegung und Reichweite des Unionsrechts zum Zeitpunkt seiner Entscheidung wegen der Bindungswirkung der Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht mehr entscheidungserheblich ist, beruht auf gefestigter höchstrichterlicher und obergerichtlicher Rechtsprechung sowie einhelliger Kommentarliteratur zum Bestehen und der Reichweite der Bindungswirkung einer zurückverweisenden Beschwerdeentscheidung, so dass die Frage nicht klärungsbedürftig und damit ebenso nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist.
aa) Zwar kommt der Frage, ob sich die Zusammensetzung des Aufsichtsrats der SE in einer Konstellation wie der vorliegenden danach richtet, wie der Aufsichtsrat vor der Umwandlung nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften richtigerweise zusammenzusetzen war, für eine Vielzahl von Fällen grundlegende Bedeutung zu. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (st. Rspr. seit EuGH, Urt. vom 6. Oktober 1982, C-283/81 – C.I.L.F.I.T., NJW 1983, 1257 [juris Rn. 21]; vgl. EuGH, Urt. v. 6. Dezember 2005, C-461/03 – Gaston Schul Douane-Expediteur, juris Rn. 16; Urt. v. 15. September 2005, C495/03 – Intermodal Transports, juris Rn. 33) muss ein nationales letztinstanzliches Gericht überdies seiner Vorlagepflicht nachkommen, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, das Gericht hat festgestellt, dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende unionsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war (acte éclairé) oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (acte clair) (vgl. BVerfG, Beschl. 14. Januar 2021, 1 BvR 2853/19, NJW 2021, 1005 Rn. 10 f. m. w. N.; Beschluss vom 3. März 2014, 1 BvR 2534/10, NJW 2014, 1796 Rn. 25 ff.). Diese Grundsätze gelten auch für Art. 267 Abs. 3 AEUV (BVerfG NJW 2021, 1005 Rn. 11).
bb) Vorliegend ist jedoch die Frage, worauf für die Beurteilung des vor der Umwandlung gegebenen Anknüpfungszustands abzustellen ist („Ist-Zustand“ oder „Soll-Zustand“) wegen der Bindungswirkung der Entscheidung des Oberlandesgerichts München bereits entschieden und damit in dem mittlerweile eingetretenen Verfahrensstadium nicht mehr entscheidungserheblich, somit nicht von grundsätzlicher Bedeutung i. S. d. § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG.
cc) Auch ist die Frage, wie Art. 4 Abs. 4 der RL 2001/86/EG unter Berücksichtigung des 18. Erwägungsgrunds dieser Richtlinie auszulegen ist, nicht entscheidungserheblich, da eine Prüfung der Rechtsfragen zur Auslegung und Reichweite des Unionsrechts durch das Rechtsbeschwerdegericht wegen der Bindungswirkung der Entscheidung des Oberlandesgerichts München nicht zu erfolgen hat.
(1) Entscheidungserheblich ist eine Vorlagefrage, wenn das Ergebnis des Rechtsstreits vor dem nationalen Gericht von der Beantwortung der Frage durch den Europäischen Gerichtshof abhängig ist oder dies im Zeitpunkt der Vorlage jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann. Mangels Entscheidungserheblichkeit unzulässig sind Vorabentscheidungsverfahren zu allgemeinen oder rein hypothetischen Fragen (vgl. EuGH, Urt. v. 2. September 2021, C-790/19 – LG und MH (Autoblanchiment), juris Rn. 37 m. w. N.). Die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit obliegt allein dem nationalen Gericht (vgl. EuGH, Urt. v. 2. September 2021, C-790/19 – LG und MH (Autoblanchiment), juris Rn. 36 m. w. N.). Von Entscheidungserheblichkeit ist auszugehen, wenn die jeweilige Norm des Unionsrechts bzw. die Beantwortung der Frage nach ihrer Auslegung oder Gültigkeit für die nachfolgende Entscheidung des vorlegenden Gerichts notwendig bzw. „tragend“ ist (Leible in Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, 3. Aufl. 2020, Teil IV. Vorabentscheidungsverfahren Rn. 16; Middeke in Rengeling/Middeke/Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der Europäischen Union, 3. Aufl. 2014, § 10 Das Vorabentscheidungsverfahren Rn. 47; Höpfner in Franzen/Gallner/Oetker, Kommentar zum europäischen Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2020, AEUV Art. 267 Rn. 24).
(2) Hier kommt es wegen der Bindungswirkung der Entscheidung des Oberlandesgerichts München für die jetzige Entscheidung nicht auf die vom Antragsteller – insbesondere unter Hinweis auf die unionsrechtlichen Bestimmungen – aufgeworfene Rechtsfrage an, ob in einer Konstellation wie der vorliegenden stets auf den „Soll-Zustand“ abzustellen sei bzw. ein den vor der Umwandlung bestehenden „Ist-Zustand“ mitprägender tatsächlicher Umstand bereits darin zu sehen sei, dass sich ein sorgfältig agierender Vorstand mit den aufgeworfenen rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der rechtmäßigen Zusammensetzung des Aufsichtsrats befassen und diese folglich bei ihm zu einer „Ungewissheit“ hätte führen können und müssen. Gelangt die Sache nach Aufhebung und Zurückverweisung der ersten landgerichtlichen Entscheidung, erneuter Beschwerde und anschließender Rechtsbeschwerde in die Rechtsbeschwerdeinstanz, so gilt die Bindung auch für das Rechtsbeschwerdegericht (vgl. BGH NJW 2020, 1227 Rn. 11; NJW 1992, 2831 [juris Rn. 16 und 20]; BGHZ 15, 122). Die Rechtsbeschwerde könnte somit von vornherein nicht mit Erfolg darauf gestützt werden, dass die dem zurückverweisenden und damit auch dem zweiten Beschluss des Landgerichts zugrunde liegende Rechtsauffassung unrichtig sei (vgl. BGHZ 15, 122). Dass die Bindungswirkung vorliegend zu bejahen ist, steht im Einklang mit ober- und höchstrichterlicher Rechtsprechung. Damit kann – auf der Grundlage gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Bindungswirkung einer zurückverweisenden Entscheidung – für das Rechtsbeschwerdegericht weder die Frage entscheidungserheblich sein, ob hier nach nationalem Recht nicht doch auf den „Soll-Zustand“ abzustellen sei, noch hätte eine Prüfung dahingehend zu erfolgen, ob dieses Ergebnis aus den vom Antragsteller genannten unionsrechtlichen Bestimmungen abzuleiten und die Sache dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen sei.
(3) Zwar ist die vorliegende Konstellation dadurch gekennzeichnet, dass das Beschwerdegericht bei seiner ersten Entscheidung die Rechtsbeschwerde zugelassen hat und daher nicht zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof verpflichtet war und dass das Rechtsbeschwerdegericht nun an diese Entscheidung gebunden ist, obwohl es – bei Einlegung einer Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts – als letztinstanzliches Hauptsachegericht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union hätte verpflichtet sein können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 2017, 2 BvR 1131/16, NJW-RR 2018, 305 Rn. 25 ff.; EuGH, Urt. v. 9. September 2015, C-72/14 – X und van Dijk, juris Rn. 55; – C.I.L.F.I.T., juris Rn. 16; BGH, Urt. v. 17. Januar 2019, III ZR 209/17, NJW-RR 2019, 528 Rn. 76). Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in einer Konstellation wie der vorliegenden, in der keiner der Beteiligten Rechtsbeschwerde gegen die zurückverweisende Entscheidung des Oberlandesgerichts München eingelegt hat, schließt damit zwangsläufig die Entscheidung ein, dass die vom Antragsteller angetragenen Fragen des Unionsrechts auch vom Rechtsbeschwerdegericht nicht mehr dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt werden könnten. Allerdings folgt hieraus nicht, dass es sich im Streitfall um klärungsbedürftige Rechtsfragen handelte, die aufgeworfenen Fragen sind vielmehr lediglich rein hypothetischer Natur. Eine andere Bewertung ergibt sich im Streitfall nicht daraus, dass den höchstrichterlichen Entscheidungen zur Bindungswirkung einer zurückverweisenden ersten Beschwerdeentscheidung keine Fallkonstellationen zugrunde gelegen haben, bei denen eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union im Raum gestanden hätte. Eine Ausnahme von der Bindungswirkung kann nur bei einer zwischenzeitlich ergangenen und damit vorrangig zu berücksichtigenden Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union angenommen werden. Eine solche existiert jedoch derzeit nicht. Könnte demgegenüber das Erfordernis der Beachtung der Bindungswirkung dadurch umgangen werden, dass die tragenden Gründe einer zurückverweisenden Entscheidung eines Beschwerdegerichts bereits dann nicht zu beachten wären, weil zu der durch die Bindungswirkung geklärten Rechtsfrage – die Bindungswirkung hinweggedacht – eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof in Betracht käme, bedeutete dies, die Bindungswirkung auszuhebeln und leerlaufen zu lassen. Der Antragsteller stand auch nicht schutzlos, denn er war durch die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts offensichtlich beschwert und hätte Rechtsbeschwerde einlegen können. Dass er hierbei einem Irrtum unterlegen und sich auf den unverbindlichen Rat eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts verlassen haben mag, führt zu keiner abweichenden Bewertung, schon weil die Frage der grundsätzlichen Bedeutung nicht einzelfallbezogenen Billigkeitserwägungen zugänglich ist.
b) Der Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts (§ 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 FamFG) setzt voraus, dass der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (BGH, Beschluss vom 9. März 2011, IV ZB 16/10, FamRZ 2011, 1224 Rn. 5 m. w. N.). Hierzu besteht nur dann Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002, V ZB 16/02, BGHZ 151, 221 [juris Rn. 6]). Hierunter fallen vor allem Entscheidungen zu neuen Rechtsmaterien, aber auch solche in Rechtsgebieten, die einem dynamischen Entwicklungsprozess unterliegen, wie etwa das Wettbewerbsrecht, das Immaterialgüterrecht und das Gesellschaftsrecht (vgl. Krüger in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 543 Rn. 11).
aa) Hier sind weder die Frage, ob auf den „Soll-Zustand“ abzustellen ist, noch die Auslegung und Reichweite der vom Antragsteller ins Feld geführten unionsrechtlichen Bestimmungen entscheidungserheblich. Der Fall gibt somit keine Veranlassung, Leitsätze zu diesen Fragen aufzustellen.
bb) Dass die Sache wegen der zu befolgenden Bindungswirkung nicht mehr dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt werden kann, begründet kein Bedürfnis nach einer richtungsweisenden Orientierungshilfe für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte. Es wird auf die Ausführungen zu 6. a) cc) Bezug genommen.
c) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 FamFG) ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zunächst in den Fällen einer Divergenz geboten (vgl. BT-Drs. 14/4722, S. 67, 104; vgl. BGHZ 151, 221 [juris Rn. 8]). Die Entscheidung des Senats, die wesentlich darauf beruht, dass er an die tragenden Gründe des Oberlandesgerichts als Beschwerdegericht gebunden ist, beantwortet aber nicht ein und dieselbe Rechtsfrage anders als andere ober- oder höchstrichterliche Rechtsprechung, stellt also keinen Rechtssatz auf, der von einem die Vergleichsentscheidungen tragenden Rechtssatz abweicht (vgl. BGH a. a. O.).
Auch im Übrigen sind die Voraussetzungen des Zulassungsgrunds der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht gegeben.
7. Eine Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV an den Gerichtshof der Europäischen Union ist nicht veranlasst. Wegen der Bindungswirkung der Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 26. März 2020 ist die Frage, wie Art. 4 Abs. 4 der RL 2001/86/EG unter Beachtung des 18.
Erwägungsgrunds dieser Richtlinie auszulegen ist, vorliegend nicht entscheidungserheblich.


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