Arbeitsrecht

Berücksichtigung der Versorgungsbezüge – Berechnung des Ruhegehalts

Aktenzeichen  AN 16 K 17.02720

Datum:
12.9.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 27749
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BeamtVG § 12, § 85, § 69k
Richtlinie 2000/78/EG Art. 2 Abs. 2a, Art. 6 Abs. 2

 

Leitsatz

§ 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BeamtVG aF – wonach die nach Vollendung des siebzehnten Lebensjahres verbrachte Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung (Fachschul-, Hochschul- und praktische Ausbildung, Vorbereitungsdienst, übliche Prüfungszeit) als ruhegehaltsfähige Dienstzeit berücksichtigt werden kann – steht in Einklang mit der Richtlinie 2000/78/EG. Die in § 12 Abs. 1 S. 1 BeamtVG aF normierte Einschränkung auf Zeiten nach Vollendung des siebzehnten Lebensjahres stellt eine nach Art. 6 Abs. 2 Richtlinie 2000/78/EG gerechtfertigte unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters dar. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zulässige Klage, über die die Kammer mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Bescheid vom 16. Dezember 2016 und der Widerspruchsbescheid vom 30. November 2017 der Beklagten erweisen sich als rechtmäßig und verletzen den Kläger schon deshalb nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Festsetzung seiner Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung seiner absolvierten Ausbildungszeit vom … September 1977 bis … Mai 1978 als ruhegehaltsfähige Dienstzeit (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Ein dahingehender Anspruch des Klägers scheitert vorliegend bereits daran, dass die von der Beklagten unberücksichtigt gelassene Ausbildungszeit vom … September 1977 bis … Mai 1978 Zeiten betrifft, die vor der Vollendung des siebzehnten Lebensjahres des Klägers liegen und diese schon aus diesem Grund nicht als ruhegehaltsfähige Dienstzeit anerkannt werden können.
Maßgebliche Rechtsvorschrift für das Begehren des Klägers ist vorliegend § 12 Abs. 1 Satz 1 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 150), zuletzt geändert durch Art. 4 Nr. 7 des Gesetzes zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung im Bund und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 15. März 2012 (BGBl. I S. 462) (im Nachfolgenden: § 12 BeamtVG a. F.).
Keine Anwendung findet demgegenüber § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 150), zuletzt geändert durch Art. 3 Nr. 6 lit. a) des Gesetzes zur Änderung des Versorgungsrücklagegesetzes und weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 5. Januar 2017 (BGBl. I S. 17), weil insoweit bereits die Übergangsregelung in § 69k BeamtVG ausdrücklich klarstellt, dass für Versorgungsfälle, die vor dem 11. Januar 2017 eingetreten sind, § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in der bis zum 10. Januar 2017 geltenden Fassung anzuwenden ist. Dies trifft auf den Kläger zu, weil die Beklagte diesen mit Ablauf des 30. Dezember 2016 in den Ruhestand versetzte und entspricht letztlich auch dem Grundsatz, dass im Beamtenversorgungsrecht grundsätzlich das bei Eintritt des Versorgungsfalles geltende Recht anzuwenden ist (vgl. BVerwG U.v. 25.8.2011 – 2 C 22/10 – juris Rn.8; B.v. 6.5.2014 – 2 B 90/13 – juris Rn. 6).
Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a. F. kann die nach Vollendung des siebzehnten Lebensjahres verbrachte Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung (Fachschul-, Hochschul- und praktische Ausbildung, Vorbereitungsdienst, übliche Prüfungszeit) als ruhegehaltsfähige Dienstzeit berücksichtigt werden. Die Zeiten, deren Berücksichtigung der am … 1961 geborene Kläger begehrt, liegen jedoch ersichtlich vor der Vollendung seines siebzehnten Lebensjahres, so dass bereits aus diesem Grund eine entsprechende Berücksichtigung ausscheiden muss.
2. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger angeführten Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (im Nachfolgenden: Richtlinie 2000/78/EG). § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG a. F. steht in Einklang mit der Richtlinie 2000/78/EG mit der Folge, dass es vorliegend nicht – wie der Kläger meint – zu einem Anwendungsvorrang des Unionsrechts (zum Begriff näher Streinz in Streinz EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 4 EUV Rn. 37) und demnach zu einer Nichtanwendung der Einschränkung in § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a. F., dass nur Zeiten nach Vollendung des siebzehnten Lebensjahres zu berücksichtigen sind, kommt. Die in § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a. F. normierte Einschränkung auf Zeiten nach Vollendung des siebzehnten Lebensjahres stellt eine nach Art. 6 Abs. 2 Richtlinie 2000/78/EG gerechtfertigte unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters dar.
a) Zwar ist der Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG vorliegend gemäß deren Art. 3 Abs. 1 lit. c) eröffnet. Nach Art. 3 Abs. 1 lit. c) Richtlinie 2000/78/EG gilt die Richtlinie für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Entlassungsbedingungen und des Arbeitsentgelts. Bei der beamtenrechtlichen Versorgung handelt es sich um Arbeitsentgelt in diesem Sinne, weil es sich um eine künftige Geldzahlung des Dienstherrn an den Beamten als unmittelbare Folge des Beschäftigungsverhältnisses darstellt (vgl. zum Begriff des Arbeitsentgelts Art. 157 Abs. 2 AEUV sowie EuGH U.v. 29.11.2001 – Griesmar, C 366/99 – juris Rn. 27 ff.; U.v. 21.1.2015 – Felber, C-529/13 – NVwZ 2015, 798 Rn. 23).
b) Ebenfalls stellt die in § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a. F. enthaltene, an das Lebensalter anknüpfende beschränkte Berücksichtigungsfähigkeit von Ausbildungszeiten dem Grunde nach eine verbotene unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit. a) Richtlinie 2000/78/EG dar. Danach ist von einer unmittelbaren Diskriminierung auszugehen, wenn eine Person wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe – zu denen auch das Alter zählt – in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Dies ist bei der streitgegenständlichen Regelung der Fall, denn sie führt schließlich dazu, dass Personen, die ihre Ausbildung (teilweise) vor Vollendung des siebzehnten Lebensjahres absolviert haben, bei der Berechnung ihrer Versorgung weniger günstig behandelt werden, als Personen, die – bei im Übrigen gleicher beruflicher Vita – ihre Ausbildung erst nach Vollendung des siebzehnten Lebensjahres begonnen haben. Die Unterscheidung knüpft mithin unmittelbar an das Alter an.
c) Allerdings ist die Festsetzung der Altersgrenze in § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a. F. vorliegend ausgehend von der Regelung des Art. 6 Abs. 2 Richtlinie 2000/78/EG gerechtfertigt, so dass sie im Ergebnis keine Diskriminierung wegen des Alters darstellt. Ob daneben auch von einer Rechtfertigung nach Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG ausgegangen werden kann, bedarf insoweit keiner Entscheidung.
Nach Art. 6 Abs. 2 Richtlinie 2000/78/EG können die Mitgliedstaaten ungeachtet des Art. 2 Abs. 2 vorsehen, dass bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit die Festsetzung von Altersgrenzen als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen bzw. Kategorien von Beschäftigten und die Verwendung im Rahmen dieser Systeme von Alterskriterien für versicherungsmathematische Berechnungen keine Diskriminierung wegen des Alters darstellt, solange dies nicht zu Diskriminierungen wegen des Geschlechts führt. Diese Voraussetzungen sind ausgehend nachfolgender Erwägungen erfüllt.
aa) Zunächst ist festzustellen, dass es sich bei den Regelungen des BeamtVG um ein betriebliches System der sozialen Sicherheit, das die Risiken von Alter oder Invalidität abdeckt, handelt. Nachdem die Richtlinie 2000/78/EG selbst keine Begriffsbestimmung diesbezüglich enthält, ist eine Orientierung an anderen europarechtlichen Vorschriften geboten. Art. 2 Abs. 1 lit. f) der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufassung) definiert „betriebliche Systeme der sozialen Sicherheit“ als Systeme, die nicht durch die Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit geregelt werden und deren Zweck darin besteht, den abhängig Beschäftigten und Selbstständigen in einem Unternehmen oder einer Unternehmensgruppe, in einem Wirtschaftszweig oder den Angehörigen eines Berufes oder einer Berufsgruppe Leistungen zu gewähren, die als Zusatzleistungen oder Ersatzleistungen die gesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit ergänzen oder an ihre Stelle treten, unabhängig davon, ob der Beitritt zu diesen Systemen Pflicht ist oder nicht. Das BeamtVG erfüllt diese Voraussetzungen, denn es tritt aufgrund der Befreiung von der gesetzlichen Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI an die Stelle der gesetzlichen Rentenversicherung und deckt darüber hinaus die Risiken von Alter etwa durch die Regelung zur Gewährung eines Ruhegehaltes (vgl. § 2 Nr. 1, § 4 Abs. 2 BeamtVG) ab (so auch EuGH U.v. 16.6.2016 – Lesar, C 159/15 – NVwZ 2016, 1699 Rn. 27; VG Düsseldorf U.v. 24.10.2018 – 13 K 14201/17 – nicht veröffentlicht; zum gleichen Ergebnis kommend auch VG Düsseldorf GB v. 12.7.2017 – 23 K 1448/15 – juris Rn. 27; VG Würzburg U.v. 12.6.2018 – W 12 K 17.718 – nicht veröffentlicht, die insoweit allerdings auf die Begriffsdefinition „Sondersystem für Beamte“ in Art. 1 lit. d) der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit abstellen).
bb) Weiterhin ist die Kammer überzeugt, dass die Festsetzung der Altersgrenze in § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a. F. eine Voraussetzung für den Bezug von Altersrente im Sinne des Art. 6 Abs. 2 Richtlinie 2000/78/EG darstellt.
(1) Eine Altersgrenze kann nach Art. 6 Abs. 2 Richtlinie 2000/78/EG alternativ als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente festgesetzt werden. Der Rechtfertigungstatbestand unterscheidet seinem klaren Wortlaut nach deutlich zwischen Mitgliedschaft und Bezug von Altersrente. Bereits hieraus wird deutlich, dass der Rechtfertigungstatbestand nicht voraussetzt, dass der Bezug von Altersrente in seiner Gesamtheit vom Alter abhängig sein muss, d.h. die nationale Regelung den unmittelbaren Zugang zur beamtenrechtlichen Versorgung im Sinne eines „Alles-oder-Nichts-Prinzips“ regeln muss (so auch VG Düsseldorf GB v. 12.7.2016 – 23 K 1448/15 – juris; U.v. 24.10.2018 – 13 K 14201/17 – nicht veröffentlicht; VG Würzburg U.v. 12.6.2018 – W 1 K 17.718 – nicht veröffentlicht; a. A. VGH BW U.v. 17.12.2015 – 4 S 1211/14 – juris Rn. 63; VG Saarland U.v. 8.3.2018 – 2 K 455/17 – juris Rn. 29 ff.). Denn bei einem derartigen Verständnis bedürfte es der zweiten Alternative der Regelung („oder den Bezug von Altersrente“) nicht und es wäre die Beschränkung auf die Mitgliedschaft im Sinne der ersten Alternative der Regelung ausreichend gewesen. Ein entsprechendes umfassendes Verständnis ergibt sich darüber hinaus auch aus einer Gesamtschau des Art. 6 Abs. 2 Richtlinie 2000/78/EG, der auch die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen zulässt.
Ausgehend hiervon regelt § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a. F. zwar keine Altersgrenze dahingehend, ab wann man Mitglied der Beamtenversorgung im Sinne des BeamtVG werden kann. Wohl aber stellt die streitgegenständliche Regelung eine Voraussetzung des Bezugs von Altersrente im Sinne der zweiten Alternative des Rechtfertigungstatbestandes dar. Denn der Bezug von Altersrente betrifft nicht nur die Frage des „ob“, sondern auch des „wie“ und erfasst damit ohne weiteres auch die Höhe des Bezugs. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a. F. wirkt sich auf die Höhe des Ruhegehaltes aus, weil hierdurch nur Zeiten nach Vollendung des siebzehnten Lebensjahres bei der Ermittlung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit Berücksichtigung finden. Die ruhegehaltsfähige Dienstzeit wiederum wirkt sich unmittelbar auf die Höhe des Ruhegehaltes aus (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG).
(2) Anders als der Kläger meint, steht auch die von den Beteiligten vielfach zitierte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), die zur österreichischen Beamtenversorgung ergangen ist (EuGH U.v. 16.6.2016 – Lesar, C-159/15 – NVwZ 2016, 1699), einer solchen Auslegung nicht entgegen, sondern spricht vielmehr für sie. Der Entscheidung kann eine (einschränkende) Auslegung des Art. 6 Abs. 2 Richtlinie 2000/78/EG, dass eine Altersgrenze nur zulässig ist, wenn mit dieser (auch) der unmittelbare Zugang zur Beamtenversorgung geregelt wird, nicht entnommen werden. Vielmehr führte der EuGH aus:
„Folglich ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass (…) Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die die Anrechnung von Lehr- und Beschäftigungszeiten, die ein Beamter vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegt hat, für die Gewährung eines Ruhegehaltsanspruchs und die Berechnung der Höhe seines Ruhegehalts ausschließt, nicht entgegenstehen, (…).“
Damit greift auch der EuGH ausdrücklich die Möglichkeit der Festsetzung einer Altersgrenze, die Auswirkungen auf die Berechnung der Höhe des Ruhegehaltes hat, auf und erachtet eine derartige Reglung als zulässig. Um eine solche Regelung geht es jedoch gerade auch im vorliegenden Verfahren. Eine Konnexität zur grundsätzlichen Gewährung des Ruhegehaltsanspruchs macht auch der EuGH in seiner Entscheidung zur Überzeugung der Kammer nicht zur Voraussetzung der Festsetzung einer entsprechenden Altersgrenze. Hierfür spricht letztlich auch ein Vergleich der deutschen Regelung mit der österreichischen Regelung des § 54 Pensionsgesetz 1965 (PG 1965), die Gegenstand der Entscheidung des EuGH war. Nach § 54 Abs. 2 lit. a) PG 1965 ist von der Anrechnung als Ruhegenußvordienstzeit die Zeit, die der Beamte vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegt hat, ausgeschlossen. Ruhegenußvordienstzeiten definiert § 53 Abs. 1 PG 1965 als Zeiten, soweit sie vor dem Tag liegen, von dem an die ruhegenußfähige Bundesdienstzeit rechnet. Die ruhegenußfähige Bundesdienstzeit wiederum ist die Zeit, die der Beamte im bestehenden öffentlich-rechtlichen Bundesdienstverhältnis vom Tag des Dienstantritts bis zum Tag des Ausscheidens aus dem Dienststand zurückgelegt hat. Bereits hier wird deutlich, dass die österreichische Regelung jedenfalls im Kern mit derjenigen des deutschen Beamtenversorgungsrechts vergleichbar ist. Denn ein entsprechender Ausschluss ist auch Regelungsgegenstand von § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F., der festlegt, dass vor Erreichen der Altersgrenze absolvierte Ausbildungszeiten nicht ruhegehaltsfähig sind. Damit ist die Entscheidung des EuGH als gewichtiges Indiz für die von der Kammer getroffene Entscheidung zu bewerten. Nicht entnommen werden kann den österreichischen Vorschriften dagegen, dass ein österreichischer Beamter grundsätzlich erst ab Vollendung des 18. Lebensjahres einen Ruhegenußanspruch erwerben kann. Soweit Unterschiede zwischen dem österreichischen und dem deutschen Beamtenversorgungsrecht bestehen, sind diese ersichtlich nicht maßgeblich für die Bewertung der Rechtfertigung nach Art. 6 Abs. 2 Richtlinie 2000/78/EG. Im Übrigen sei noch darauf hingewiesen, dass die Regelungen in Deutschland sogar eher günstiger als in Österreich sind, da hier Ansprüche auf die gesetzliche Rente i. S. d. Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) bestehen bleiben und nur gemäß § 55 BeamtVG angerechnet werden.
(3) Lediglich ergänzend sei noch angemerkt, dass auch die nunmehrige Streichung der Altersgrenze durch Art. 3 Nr. 6 lit. a) des Gesetzes zur Änderung des Versorgungsrücklagegesetzes und weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 5. Januar 2017 (BGBl. I S. 17) zu keiner anderen Bewertung führen kann, denn Streitgegenstand bildet vorliegend allein § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a. F.. Im Übrigen lassen – anders als der Kläger meint – auch die Ausführungen der Bundesregierung in der Begründung ihres Gesetzesentwurfs zur Änderung des Versorgungsrücklagegesetzes und weiterer dienstrechtlicher Vorschriften (BT-Drs. 18/9532) keineswegs den Schluss zu, dass diese von einer Unionsrechtswidrigkeit der bis dato geltenden, hier maßgeblichen Regelung ausgeht. Denn dort wird lediglich ergänzend ausgeführt, dass die Änderung der Rechtssicherheit dient, da sie geeignet ist, den Vorgaben des Unionsrechts hinsichtlich der Vermeidung einer Altersdiskriminierung zu entsprechen (BT-Drs. 18/9532, S. 38). Durch die Streichung der Altersgrenze wurde damit letztlich eine Regelung geschaffen, die schon keine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters mehr darstellt; eine Altersdiskriminierung wird mithin bereits von vorneherein vermieden. Die strittige Frage der Rechtfertigung, die letztlich zur angesprochenen Rechtsunsicherheit geführt hat, und über die es vorliegend zu entscheiden galt, stellt sich damit künftig nicht mehr.
3. Da dem Kläger somit ein Anspruch auf Neufestsetzung seiner Versorgungsbezüge nicht zusteht, ist die Klage auch im Hinblick auf die begehrte Nachzahlung rückständiger Versorgungsbezüge einschließlich deren Verzinsung unbegründet.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 161 Abs. 2, § 154 Abs. 2 VwGO.
5. Eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit trifft das Gericht nicht, weil es davon ausgeht, dass die Beklagte vor Rechtskraft der Entscheidung nicht vollstreckt.

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