Arbeitsrecht

Corona-Pflegebonus, Nichterscheinen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, unentschuldigt, Bundesfreiwilligendienstleistende im Rettungsdienst, Bundesfreiwilligendienst kein Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis, keine Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit nach ständiger Verwaltungspraxis, keine Willkür, kein atypischer Ausnahmefall

Aktenzeichen  W 8 K 20.1646

Datum:
10.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 15334
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 102
BayHO Art. 23
BayHO Art. 44
BayHO Art. 53
GG Art. 3
BFDG § 1 Abs. 2
BFDG § 2
Richtlinie über die Gewährung eines Bonus für Pflege- und Rettungskräfte in Bayern – Corona-Pflegebonusrichtlinie

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Bei verständiger Würdigung des Vorbringens der Klägerin (§ 88 VwGO) ist ihr Klagebegehren dahingehend auszulegen, dass sie die Aufhebung des ablehnenden Bescheides des Bayerischen Landesamtes für Pflege vom 7. Oktober 2020 und die Bewilligung eines Corona-Pflegebonus nach der Richtlinie über die Gewährung eines Bonus für Pflege- und Rettungskräfte in Bayern (Corona-Pflegebonusrichtlinie – CoBoR) vom 30. April 2020 in Höhe von 500,00 EUR begehrt. Die anwaltlich nicht vertretene Klägerin hat zwar keinen ausdrücklichen Antrag dahingehend gestellt, gleichwohl entspricht diese Auslegung erkennbar ihrem Willen und Klagebegehren.
Die so verstandene Klage, über die gemäß § 102 Abs. 2 VwGO in Abwesenheit der Klägerin verhandelt und entschieden werden konnte, ist als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 Hs. 2 Alt. 1 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid des Bayerischen Landesamtes für Pflege vom 7. Oktober 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Bewilligung eines Corona-Pflegebonus nach den CoBoR (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Im Einzelnen:
1. Über die Klage konnte verhandelt und entschieden werden, obwohl die Klägerin nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Die Klägerin hat die Ladung zur mündlichen Verhandlung ausweislich der in der Akte befindlichen Postzustellungsurkunde am 26. März 2021 und damit rechtzeitig (§ 102 Abs. 1 Satz 1 VwGO) erhalten. Die Ladung enthielt den Hinweis, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die Klägerin hat weder einen Terminsverlegungsantrag gestellt noch etwaige Verhinderungsgründe mitgeteilt, weshalb keine Verlegung des Termins – auch nicht von Amts wegen – angezeigt war.
2. Die Klage ist nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Bewilligung eines Corona-Pflegebonus nach den CoBoR in Höhe von 500,00 EUR.
Bei dem Corona-Pflegebonus in der vorliegenden Art handelt es sich – wie sich bereits aus Satz 2 der Vorbemerkung zu den CoBoR ergibt – um eine freiwillige Leistung des Freistaates Bayern, die nach Maßgabe dieser Richtlinie und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen des Freistaats Bayern als Billigkeitsleistung (Art. 53 BayHO) ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt wird. Eine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der beim Beklagten beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinie. Förderrichtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht. Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung ist deshalb entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist (vgl. konkret zum Corona-Pflegebonus nach der CoBoR etwa VG Würzburg, Ue.v. 15.3.2021 – W 8 K 20.1125, W 8 K 20.1261, W 8 K 20.1331, W 8 K 20.1567 – alle juris; U.v. 8.2.2021 – W 8 K 20.1567 – BeckRS 2021, 2886; VG München, Ue.v. 17.2.2021 – M 31 K 20.4944, M 31 K 20.4309, M 31 K 20.4504, M 31 K 20.5587 – juris; VG Regensburg, G.v. 20.1.2021 – RO 6 K 20.1523 – BeckRS 2021, 705; vgl. ferner HessVGH, B.v. 4.2.2021 – 10 B 2762/20 – juris Rn. 9 zu einer Corona-Soforthilfe sowie allgemein zu Zuwendungen vergleichbarer Art BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 26; vgl. auch ausführlich VG Würzburg, U.v. 25.5.2020 – W 8 K 19.1546 – juris sowie B.v. 18.6.2020 – W 8 E 20.736 – juris).
Dabei dürfen Förderrichtlinien wie die CoBoR nicht – wie Gesetze oder Verordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dienen nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (BayVGH, B.v. 18.5.2020 – 6 ZB 20.438 – juris). Da Richtlinien keine Rechtsnormen sind, unterliegen sie grundsätzlich keiner richterlichen Interpretation. Eine Überprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob aufgrund der einschlägigen Förderrichtlinien überhaupt eine Verteilung öffentlicher Mittel vorgenommen werden kann (Vorbehalt des Gesetzes) und bejahendenfalls, ob bei Anwendung der Richtlinien in Einzelfällen, in denen die begehrte Leistung versagt worden ist, der Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.1979 – 3 C 111/79 – BVerwGE 58, 45 – juris Rn 24). Aufgrund des freiwilligen Charakters einer Förderung und dem weiten Ermessen des Förderungsgebers bei der Aufstellung von Förderrichtlinien, ist eine entsprechende Nachprüfung der Förderrichtlinien demnach nur im Hinblick auf eine möglicherweise willkürliche Ungleichbehandlung potentieller Förderungsempfänger eröffnet, nicht aber in Form einer Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1/17 – Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr.119 – juris Rn. 15 ff. m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG; VG München, U.v. 28.8.2019 – M 31 K 19.203 – juris Rn. 15). Nach der Willkür-Formel des Bundesverfassungsgerichts (seit U.v. 23.10.1951 – 2 BvG 1/51 – BVerfGE 1, 14, 52 – juris Rn. 147; B.v. 19.101982 – 1 BvL 39,80 – BVerfGE 61, 138, 147 – juris Rn. 34) ist Willkür dann anzunehmen, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Ungleichbehandlung nicht finden lässt.
Bei der rechtlichen Beurteilung staatlicher Fördermaßnahmen, die wie hier nicht auf Rechtsnormen, sondern lediglich auf verwaltungsinternen ermessenslenkenden Vergaberichtlinien beruhen, kommt es damit nicht auf eine objektive Auslegung der Richtlinien an, sondern grundsätzlich nur darauf, wie die ministeriellen Vorgaben von der zuständigen Stelle tatsächlich verstanden und praktiziert worden sind (vgl. BayVGH, U.v. 10.12.2015 – 4 BV 15.1830 – juris Rn. 42 m.w.N.). Der Beklagte bestimmt im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens darüber, welche Ausgaben er dem Fördergegenstand zuordnet und wer konkret begünstigt werden soll. Außerdem obliegt ihm allein die Ausgestaltung des Förderverfahrens (vgl. auch VG München, U.v. 17.2.2021 – M 31 K 20.4309 – juris Rn. 30). Insoweit hat er auch die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2020 – 6 ZB 20.1652 – juris Rn. 9; B.v. 17.11.2010 – 4 ZB 10.1689 – juris Rn. 19 m.w.N.), so dass es allein darauf ankommt, wie die administrative Binnenvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt wurde.
Die Richtlinien setzen Maßstäbe für die Verteilung der staatlichen Hilfen und regeln insoweit die Ermessenshandhabung. Die Ermessensbindung reicht jedoch nur so weit wie die festgestellte tatsächliche ständige Verwaltungspraxis. Die gerichtliche Überprüfung erfolgt nur im Rahmen des § 114 VwGO. Das Gericht hat nicht die Befugnis zu einer eigenständigen oder gar erweiternden Auslegung der Richtlinien (vgl. SaarlOVG, B.v. 28.5.2018 – 2 A 480/17 – juris; OVG SH, U.v. 17.5.2018 – 3 LB 5/15 – juris; OVG NW, B.v. 29.5.2017 – 4 A 516/15 – juris; HessVGH, U.v. 28.6.2012 – 10 A 1481/11 – juris).
Ausgangspunkt ist die ständige Verwaltungspraxis in vergleichbaren Fällen, sofern sie nicht im Einzelfall aus anderen Gründen zu rechtswidrigen Ergebnissen führt. Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle muss bleiben (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 40 Rn. 42 ff.; Schenke/Ruthig in Kopp/Schenke, VwGO 26. Aufl. 2020, § 114 Rn. 41 ff.).
Nach den dargelegten Grundsätzen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung des begehrten Corona-Pflegebonus. Weder die Richtlinie selbst noch ihre Handhabung in ständiger Verwaltungspraxis des Beklagten sind vorliegend zu beanstanden.
Mangels gesetzlicher Anspruchsgrundlage – insbesondere ist § 150a SGB XI für den Corona-Pflegebonus des Beklagten nach den CoBoR nicht einschlägig – steht der Klägerin nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung zu. Bei der dem Gericht gemäß § 114 VwGO nur beschränkt möglichen Überprüfung der Ermessensentscheidung ist der ablehnende Bescheid vom 7. Oktober 2020 im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat insbesondere den Rahmen, der durch die haushaltsrechtliche Zweckbestimmung gezogen wurde, eingehalten, den erheblichen Sachverhalt vollständig und im Ergebnis zutreffend ermittelt und sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere das Willkürverbot und das Gebot des Vertrauensschutzes nicht verletzt.
Die Klägerin ist ausweislich ihrer Angaben bei der Antragstellung als Bundesfreiwilligendienstleistende im Rettungsdienst beim Bayerischen Roten Kreuz tätig und hat nach der vorgelegten Urkunde am 1. August 2020 die Prüfung zur Rettungssanitäterin nach der Bayerischen Rettungssanitäterverordnung (BayRettSanV) erfolgreich abgelegt.
Diese Tätigkeit führt nicht zu einer Anspruchsberechtigung der Klägerin auf Bewilligung eines Corona-Pflegebonus nach der ständigen Verwaltungspraxis des Beklagten aufgrund der CoBoR. Denn nach der unwidersprochenen Förderpraxis des Beklagten auf der Basis der CoBoR werden ehrenamtliche Tätigkeiten im Rahmen des Corona-Pflegebonus durchweg nicht gefördert, sondern nur professionelle Tätigkeiten innerhalb eines beruflichen Beschäftigungsverhältnisses. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte in vergleichbaren Fällen anders verfahren wäre, sind weder vorgebracht noch sonst ersichtlich.
Konkrete Förderfälle, in denen insbesondere auch Angehörige des Bundesfreiwilligendienstes den Corona-Pflegebonus erhalten hätten, sind dem Gericht nicht bekannt und wurden auch von der Klägerin konkret nicht benannt. Die Klägerin hat nicht aufgezeigt, dass in Fällen, die mit ihrem vergleichbar sind (insbesondere betreffend Ehrenamtliche wie Bundesfreiwilligendienstleistende im Rettungsdienst), der Corona-Pflegebonus gezahlt worden ist und dass ihr infolgedessen aufgrund der Gleichbehandlung ebenfalls ein Anspruch darauf zusteht. Vielmehr fehlen Anhaltspunkte, dass in der Förderpraxis Bundesfreiwilligendienstleistende als solche bewusst und der CoBoR folgend mit dem Corona-Pflegebonus bedacht worden sind (vgl. auch HessVGH, B.v. 4.2.2021 – 10 B 2762/20 – juris Rn. 11 und 14 zu einer Corona-Soforthilfe). Demgegenüber hat der Beklagte in anderen Fällen ebenfalls dargelegt, dass die Tätigkeit von Bundesfreiwilligendienstleistenden nicht zu einem Anspruch auf den Corona-Pflegebonus nach den CoBoR gemäß der ständigen Verwaltungspraxis führt (vgl. VG Würzburg, U.v. 29.3.2021 – W 8 K 20.1574 – juris Rn. 24 ff. – Bundesfreiwilligendienst im Krankenhaus; VG München, U.v. 23.3.2021 – M 31 K 20.4719 – juris Rn. 26 – Bundesfreiwilligendienst in Einrichtung für Menschen mit Behinderung).
Die Förderpraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinie stellt sich davon ausgehend wie folgt dar. Nach Nr. 2 CoBoR sind begünstigt im Sinne der Richtlinie Pflegende in Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken, stationären Alten-, Pflege- und Behinderteneinrichtungen sowie ambulanten Pflegediensten (Nr. 2 Satz 1). Ebenso begünstigt sind tatsächlich in der Pflege Tätige, deren ausgeübte berufliche Tätigkeit der Pflege entspricht und mit dieser vergleichbar ist (Nr. 2 Satz 2) sowie in stationären Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen alle Beschäftigten, die körperlich eng an und mit Menschen mit Behinderung arbeiten (Nr. 2 Satz 3) und daneben auch Rettungssanitäter, Rettungsassistenten, Notfallsanitäter und nichtärztliche Einsatzkräfte im Rettungsdienst (Nr. 2 Satz 4). Beispielhafte Aufzählungen der Begünstigten sind in den Anlagen 1, 2 und 3 zu den CoBoR näher ausgeführt (Nr. 2 Satz 5).
Maßgeblich für eine Förderung ist nach ständiger Verwaltungspraxis des Beklagten, dass der jeweilige Antragsteller an dem für die Förderung nach der CoBoR maßgeblichen Stichtag, dem 7. April 2020 (Nr. 2 Satz 7 CoBoR), in einer begünstigungsfähigen Einrichtung tätig war und kumulativ, dass die konkrete Tätigkeit nach Maßgabe der CoBoR im Sinne einer pflegerischen Tätigkeit förderfähig ist (vgl. etwa auch VG München, Ue.v. 17.2.2021 – M 31 K 20.5587, M 31 K 20.4504 – juris Rn. 25 ff. und VG Würzburg, Ue.v. 15.3.2021 – W 8 K 20.1115, W 8 K 20.1261 -juris Rn. 40). Im Bereich des Rettungsdienstes kommt es nach dem Vorbringen der Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung darauf an, ob der jeweilige Antragsteller / die jeweilige Antragstellerin am 7. April 2021 entweder als Rettungssanitäter/in, Rettungsassistent/in, Notfallsanitäter/in oder nichtärztliche Einsatzkraft in einem hauptamtlichen Beschäftigungs- bzw. Ausbildungsverhältnis im Rettungsdienstbereich tätig war.
Zum maßgeblichen Zeitpunkt am 7. April 2020 war die Klägerin als Bundesfreiwilligendienstleistende im Rettungsdienst beschäftigt. Der Beklagte hat schon in seiner Klageerwiderung vom 28. Januar 2021 und in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich ausgeführt, dass sich aus der CoBoR ergebe, dass der Corona-Pflegebonus eine berufliche Tätigkeit voraussetze. Nr. 2 Satz 6 CoBoR spreche von „Berufsgruppen“ und „Auszubildenden“. Nr. 2 Satz 8 CoBoR setze zudem eine Betroffenheit in der beruflichen Tätigkeit voraus. Nach der Zweckbestimmung der Richtlinie in Nr. 1 Satz 2 CoBoR werde mit dem Corona-Pflegebonus das überdurchschnittliche Engagement der in Bayern in der professionellen Pflege und im Rettungsdienst Tätigen gewürdigt und anerkannt. Diese gesonderte Wertschätzung solle nach Vorstellung des Richtlinienverfassers im Rettungsdienst ausschließlich den professionellen Rettungskräften, nicht hingegen ehrenamtlich Engagierten gelten. Personen, die den Bundesfreiwilligendienst ableisteten, bezeichne man als sogenannte „Freiwillige“. Gemäß § 2 Abs. 2 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes (BFDG) handele es sich dabei um Personen, die einen Freiwilligendienst ohne Erwerbsabsicht zur Förderung des Gemeinwohls erbrächten. Der Bundesfreiwilligendienst fördere das lebenslange Lernen und diene gerade nicht der erwerbswirtschaftlichen Grundsicherung oder Vermögensmehrung. Gemäß § 2 BFDG leisteten Freiwillige den Bundesfreiwilligendienst außerhalb einer Berufsausbildung. Das ehrenamtliche Engagement solle nicht geringgeschätzt werden. Es sei ein wertvoller gesamtgesellschaftlicher Beitrag. Jedoch ziele der Zweck der Richtlinie darauf ab, die Leistungen der in der professionellen Pflege und im Rettungsdienst Tätigen während der Corona-Pandemie besonders anzuerkennen. Die Tätigkeit beim Bundesfreiwilligendienst sei mangels beruflicher Tätigkeit nicht begünstigt.
Nach dieser Förderpraxis gehören Bundesfreiwilligendienstleistende unabhängig vom konkreten Einsatzbereich nicht zum begünstigten Personenkreis. Denn der Bundesfreiwilligendienst ist keine Tätigkeit im Rahmen eines beruflichen Beschäftigungsverhältnisses, sondern ist dem Ehrenamt zugeordnet. Der Bundesfreiwilligendienst stellt kein Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnis dar. Es handelt sich nach § 2 Nr. 2 Buchst. a) BFDG um einen freiwilligen Dienst ohne Erwerbsabsicht, außerhalb einer Berufsausbildung und damit nicht um ein Arbeitsverhältnis, sondern einen öffentlichen Dienst des Bundes eigener Art (vgl. zur arbeitsrechtlichen Einordnung: LAG Berlin-Brandenburg, U.v. 16.5.2019 – 26 Sa 1847/18 – juris Rn. 39; Ruge/Krömer/Pawlak/Rabe v. Pappenheim, Lexikon Arbeitsrecht im öffentlicher Dienst, 14. Auflage 2021, Wehr- und Bundesfreiwilligendienst, II. 2. Begriff und Geltungsbereich). Auch § 2 Nr. 4, § 3 Abs. 1 Satz 1 und § 17 BFDG zeigen, dass der Bundesfreiwilligendienst in der Regel ganztätig als überwiegend praktische Hilfstätigkeit in am Gemeinwohl orientierten Einrichtungen geleistet wird und für den Dienst nur unentgeltliche Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung bzw. anstelle dessen entsprechende Geldersatzleistungen sowie ein angemessenes Taschengeld gewährt werden. Mangels Arbeitsverhältnis besteht auch kein Anspruch auf Mindestlohn. Die Anstellung erfolgt gemäß § 8 BFDG aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung, die kein Arbeitsvertrag ist, sondern ein freiwilliges Engagement gegen Zahlung eines Taschengeldes begründet. Der Bundesfreiwilligendienst ist als freiwilliges Engagement unentgeltlich. Der Freiwillige engagiert sich gegen ein monatliches Taschengeld sowie Sachbezüge für das Allgemeinwohl (vgl. Brüning in Ruge/Krömer/Pawlak/Rabe von Pappenheim, Lexikon Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, 14. Aufl. 2021, Stichwort: Wehr- und Bundesfreiwilligendienst, II. Bundesfreiwilligendienst, Nr. 2, 3.1 und 3.2; VG Würzburg, U.v. 29.3.2021 – W 8 K 20.1574 – juris Rn. 30).
Die Klägerin war demnach als Bundesfreiwilligendienstleistende nicht hauptamtlich in einer nach den CoBoR begünstigten Stellung tätig und befand sich auch nicht in einem Ausbildungsverhältnis. Der Erwerb der Qualifikation als Rettungssanitäterin führt nicht zur Annahme eines nach ständiger Praxis förderfähigen Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses. Ausweislich der vorgelegten Urkunde wurde die Qualifikation am 1. August 2020 und damit nach dem nach den CoBoR und der Förderpraxis des Beklagten maßgeblichen Stichtag des 7. April 2020 erworben. Die Beklagtenvertreterin hat in der mündlichen Verhandlung zudem nachvollziehbar dargelegt, dass im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes im Rettungsdienst Qualifikationen erworben würden, welche dann zum Ablegen der Prüfung als Rettungssanitäter/in berechtigten. Die Prüfung erfolgt mithin nicht innerhalb eines förderfähigen Ausbildungsverhältnisses, sondern innerhalb des Bundesfreiwilligendienstes. Der Beklagte hat zudem weiter dargelegt, dass die Bezugnahme auf nichtärztliche Einsatzkräfte wiederum eine hauptamtliche Tätigkeit voraussetze und beispielsweise die Fahrer der Rettungswägen umfasse, sodass auch vor diesem Hintergrund keine Förderfähigkeit der Tätigkeit als Bundesfreiwilligendienstleistende nach der ständigen Verwaltungspraxis gegeben ist. Im Übrigen seien auch Personen, die im maßgeblichen Zeitpunkt (7. April 2020) bereits eine Qualifikation zum Rettungssanitäter erworben hätten, nicht anspruchsberechtigt, wenn sie nicht hauptsondern ehrenamtlich im Rettungsdienst tätig seien.
Die richtliniengeleitete Verwaltungspraxis mit der Beschränkung des Corona-Pflegebonus auf professionelle Tätigkeiten unter Ausschluss der ehrenamtlichen Tätigkeiten von der Förderung begegnet im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere orientiert sich die Verwaltungspraxis mit dem Ausschluss des Bundesfreiwilligendienstes vom Corona-Pflegebonus in ermessensfehlerfreier Weise an sachlich vertretbaren Maßstäben und überschreitet nicht die Grenzen des Willkürverbotes (vgl. im Ergebnis auch: VG Würzburg, U.v. 29.3.2021 – W 8 K 20.1574 – juris Rn. 31 ff.; VG München, U.v. 23.3.2021 – M 31 K 20.4719 – juris Rn. 29 ff.).
Denn es ist allein Sache des Zuwendungsgebers, die Modalitäten einer Förderung festzulegen, seine Richtlinien auszulegen und den Förderzweck zu bestimmen (vgl. BayVGH, B. v. 14.9.2020 – 6 ZB 20.1652 – juris m.w.N.) und seine Förderpraxis nach seinen Vorstellungen entsprechend auszurichten. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet eine gleichmäßige Verwaltungspraxis. Dazu gehört das Verbot einer nicht durch sachliche Unterschiede gerechtfertigten Differenzierung zwischen verschiedenen Sachverhalten bei der Förderung (BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 32). Geboten ist so eine bayernweit gleichmäßige und willkürfreie Mittelverteilung. Nicht erlaubt ist eine uneinheitliche und damit objektiv willkürliche Förderpraxis (vgl. BayVGH, U.v. 25.7.2013 – 4 B 13.727 – DVBl 2013, 1402). Dabei steht dem Richtliniengeber frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden. Die Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt mithin nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten (vgl. VG Köln, G.v. 17.8.2015 – 16 K 6804/14 – juris m.w.N.; siehe auch VG Würzburg, U.v. 25.5.2020 – W 8 K 19.1546 – juris Rn. 48 m.w.N.).
Dem Gericht ist eine erweiternde Auslegung versagt. Auch beim Corona-Pflegebonus kommt es nicht darauf an, ob es zu der festgestellten Verwaltungspraxis Alternativen gäbe und auch die ehrenamtliche Tätigkeit etwa als Bundesfreiwilligendienstleistende/r im Rettungsdienst hätte gefördert werden können. Willkür ist bereits dann zu verneinen, wenn sich der Beklagte bei der Festlegung der Förderfälle von sachlichen Erwägungen hat leiten lassen. Dies ist wie ausgeführt hier der Fall, weil die Unterscheidung zwischen beruflicher und ehrenamtlicher Tätigkeit vertretbar und angesichts der Weite der ehrenamtlichen Tätigkeit nachvollziehbar ist (vgl. etwa VG Würzburg, U.v. 29.3.2021 – W 8 K 20.1574 – juris Rn. 31 ff., VG München, U.v. 17.2.2021 – M 31 K 20.4944 – juris Rn. 39, M 31 K 20.4504 – juris Rn. 34; M 31 K 20.5587 – juris Rn. 33, vgl. auch schon VG Würzburg, U.v. 8.2.2021 – W 8 K 20.1567 – BeckRS 2021, 2886).
Für den Schluss auf eine willkürliche Fassung oder Handhabung der Förderrichtlinien bestehen keine triftigen Anhaltspunkte. Nach Nr. 1 Satz 2 CoBoR wird mit der Gewährung des Corona-Pflegebonus das überdurchschnittliche Engagement der in Bayern in der professionellen Pflege und im Rettungsdienst und in den stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe Tätigen nicht zuletzt im Hinblick auf die aktuelle Corona-Pandemie auch für die Zukunft besonders gewürdigt und anerkannt. Das LfP hat – wie schon ausgeführt – ausführlich dargelegt, dass diese gesonderte Wertschätzung nach Nr. 1 Satz 2 CoBoR nach Vorstellung des Verfassers der Richtlinie ausschließlich den in der professionellen Pflege bzw. hauptamtlich im Rettungsdienst Tätigen und nicht den ehrenamtlich Engagierten gelten solle. Dass die Förderung auf eine professionelle Tätigkeit und damit auf ein berufliches Beschäftigungsverhältnis abstellt und ehrenamtlich Tätige von der Förderung ausschließt, ist nicht sachwidrig, sondern ein vertretbarer Grund.
Denn für die streitgegenständliche Begünstigung kommt es nicht auf ein erhöhtes Infektionsrisiko an. Der Corona-Pflegebonus ist gerade keine Gefahrenzulage aufgrund eines erhöhten Risikos pflegender Personen, sich mit dem Corona-Virus zu infizieren, und wurde in ständiger Praxis auch nicht als Gefahrenbonus verstanden. Liegen sachgerechte Kriterien wie hier vor, ist es jedenfalls nicht willkürlich, wenn der Beklagte bei seiner Abgrenzung des begünstigten Personenkreises im Einzelfall zwischen ehrenamtlicher und beruflicher Tätigkeit unterscheidet und nicht maßgeblich auf ein konkretes Kontaktverhältnis und/oder eine Gefährdungssituation oder sonstige besondere Belastungssituation abstellt bzw. nicht jede Person begünstigt, die Corona-Patienten betreut und versorgt hat oder sonst in irgendeiner Form unter Umständen einem höheren Risiko einer Infektion mit dem Sars-CoV-2 Virus ausgesetzt war (VG München, U.v. 17.2.2021 – M 31 K 20.4944 – Juris Rn. 37, vgl. auch schon VG Würzburg, U.v. 8.2.2021 – W 8 K 20.1567 – juris Rn. 36; VG Würzburg, U.v. 15.3.2021 – W 8 K 20.1125 – juris Rn. 35).
Das Gericht verkennt nicht und stellt der Klägerin ausdrücklich nicht in Abrede, dass sie als Bundesfreiwilligendienstleistende im Rettungsdienst Kontakt zu Corona-Patienten hatte und die professionellen Rettungskräfte tatkräftig unterstützt sowie auch selbst Corona-Patienten betreut und versorgt hat. Gleichwohl führt dies allein aber gerade nicht zu einer Anspruchsberechtigung im Hinblick auf den Corona-Pflegebonus.
Nach alledem sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die CoBoR- und/oder die Förderpraxis ermessensfehlerhaft oder willkürlich wären. Vielmehr erfolgt durch die Unterscheidung zwischen professionellen und ehrenamtlichen Tätigkeiten – wie schon ausgeführt – eine Gleichbehandlung mit allen anderen Bundesfreiwilligendienstleistenden in parallelen Fallgestaltungen nach sachgerechten Kriterien. Die Klägerin wird nicht anders behandelt als andere Bundesfreiwilligendienstleistende oder Ehrenamtliche, die ebenfalls keinen Anspruch auf den Corona-Pflegebonus haben. Infolgedessen liegt auch keine Ungleichbehandlung, sondern eine Gleichbehandlung zu vergleichbaren Förderfällen vor.
Ergänzend ist anzumerken, dass die Klägerin – selbst bei einer versehentlichen rechtswidrigen Förderung anderer Personen im Bundesfreiwilligendienst – keine Gleichbehandlung „im Unrecht“ für sich beanspruchen könnte (vgl. statt vieler BVerwG, U.v. 26.2.1993 – 8 C 20/92 – BVerwGE 92, 153 – juris Rn. 14 m.w.N.). Denn die Klägerin kann nicht verlangen, dass der gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebundene Beklagte gegenüber ihr gewissermaßen seinen Fehler wiederholt und entsprechend eine rechtwidrige Bewilligung der Förderung ausspricht. Vielmehr wird umgekehrt hinsichtlich der rechtswidrig Begünstigten ein Rücknahmeverfahren einzuleiten sein.
Vor diesem Hintergrund ist auch kein atypischer Ausnahmefall gegeben, der eine abweichende Entscheidung des Beklagten hätte gebieten müssen (vgl. OVG NW, B.v. 29.5.2017 – 4 A 516/15 – juris), weil der konkrete Sachverhalt keine außergewöhnlichen Umstände aufweist, die von den Richtlinien und der darauf basierenden Förderpraxis nicht erfasst werden und von solchem Gewicht sind, dass sie eine Abweichung von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge erfordern.
Anhaltspunkte dafür, dass gerade bei der Klägerin ein derart atypischer Fall vorliegt, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr betrifft die Nichtförderung der ehrenamtlichen Tätigkeit im Bundesfreiwilligendienst keine atypische Besonderheit, die eine abweichende Behandlung gebietet, sondern betrifft eine gängige Praxis in einer typischen Fallkonstellation, die nach Ausgestaltung der Förderpraxis und des praktizierten Förderverfahrens gerade nicht gefördert werden sollte.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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