Arbeitsrecht

Erfolglose Erinnerung: Quotelung nach der Gewichtung der einzelnen Teile der Klage

Aktenzeichen  W 3 M 18.30961

Datum:
14.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 7001
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 151, § 165
RVG § 15 Abs. 2, § 30

 

Leitsatz

Der spätere Verlauf des Rechtsstreits (hier: eine spätere Abtrennung) ist für die Berechnung der auf § 30 RVG beruhenden Verfahrensgebühr grundsätzlich unerheblich. Damit kann bei einer Trennung eines Verfahrens in mehrere Verfahren nicht erneut eine Verfahrensgebühr, berechnet aus Einzelstreitwerten, entstehen. Aus dem Grundsatz der Einmaligkeit ist vielmehr die bereits entstandene Verfahrensgebühr anteilig zu berechnen.  (Rn. 15 – 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9. April 2018 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Mit Bescheid vom 31. August 2017 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylfolgeantrag der Klägerin – die Erinnerungsführerin im vorliegenden Verfahren – als unzulässig ab; zugleich wurde der Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 17. Juli 2014 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG abgelehnt.
Gegen den Bescheid vom 31. August 2017 wandte sich die Klägerin mit ihrer Klage vom 12. September 2017 im Verfahren W 3 K 17.33311, in welchem sie beantragte, die Beklagte unter vollumfänglicher Aufhebung ihres Bescheides vom 31. August 2017 zu verpflichten, der Klägerin (der Erinnerungsführerin im vorliegenden Verfahren) die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, ihr subsidiären Schutz zu gewähren und festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG vorliegen.
Aufgrund eines Hinweises des Gerichts vom 15. November 2017 hinsichtlich der voraussichtlichen Unzulässigkeit des Verpflichtungsteils der Klage nahm der Bevollmächtigte der Klägerin die Klage zurück, soweit mit dieser die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung des Flüchtlingsstatus, des subsidiären Schutzes und nationaler Abschiebungsverbote begehrt wurde.
Mit Beschluss vom 26. Januar 2018 trennte das Gericht vom Verfahren W 3 K 17.33311 das Begehren der Klägerin, die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, ihr subsidiären Schutz zu gewähren und festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG vorliegen, ab, führte dieses Begehren unter dem neuen Aktenzeichen W 3 K 18.30111 fort, stellte das Verfahren W 3 K 18.30111 ein und erlegte die Kosten des Verfahrens W 3 K 18.30111 der Klägerin auf.
Mit Urteil vom 26. Januar 2018 hob das Gericht im Verfahren W 3 K 17.33311 den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 31. August 2017 auf und erlegte der Beklagten die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens auf.
Mit Schreiben vom 19. März 2018 ließ die Klägerin beantragen, ihre außergerichtlichen Kosten auf 925,23 EUR festzusetzen, dies aus einem Gegenstandswert von 5.000,00 EUR.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9. April 2018 setzte die Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts Würzburg die außergerichtlichen Aufwendungen der Klägerin auf 462,62 EUR fest und bestimmte, dass entsprechend dem Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 26. Januar 2018 die Beklagte den festgesetzten Betrag zu tragen habe. Die Urkundsbeamtin errechnete den festgesetzten Betrag auf der Grundlage des Antrags der Klägerin vom 19. März 2018, setzte hiervon jedoch lediglich die Hälfte als zu erstattende Aufwendungen fest. Dies begründete sie damit, die Gebühren seien bereits vor der Abtrennung des Verfahrens W 3 K 18.30111 entstanden und seien daher aus den Gesamtgegenstandswert in Höhe von 5.000,00 EUR zu berechnen. Im abgetrennten Verfahren habe die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen, im Ausgangsverfahren die Beklagte. Da Verpflichtungs- und Anfechtungsteil der Klage jeweils mit der Hälfte des ursprünglichen Streitgegenstands zu bewerten seien, hätten die auf der Grundlage des vollen Gegenstandswerts ermittelten Gebühren lediglich zu diesem Anteil festgesetzt werden können. Dies gelte auch für die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, die ebenfalls im Verfahrensstadium vor der Abtrennung entstanden sei.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit einem Antrag auf Entscheidung des Gerichts vom 17. April 2018, den sie damit begründen ließ, der Gegenstandswert in asylrechtlichen Streitigkeiten betrage regelmäßig 5.000,00 EUR. Die Gewährung von Asyl nach dem Grundgesetz einerseits und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft andererseits lösten keinen erkennbaren Sachunterschied mehr aus. Aus diesem Grunde führe die hier erfolgte Rücknahme des Antrags auf Anerkennung als Asylberechtigte nicht zu einer Änderung des Streitwerts des verbleibenden Verfahrens.
Die Kostenbeamtin half mit Schreiben vom 18. Mai 2018 der Erinnerung nicht ab und legte sie dem Gericht zur Entscheidung vor. Sie wies in diesem Zusammenhang darauf hin, anders als von der Klägerin dargestellt betreffe der abgetrennte Verfahrensteil W 3 K 18.30111 den Verpflichtungsteil der Klage, der Anfechtungsteil der Klage sei im Verfahren W 3 K 17.33311 verblieben.
Im Übrigen wird auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten und der Gerichtsakten W 3 K 17.33311 und W 3 K 18.30111 Bezug genommen.
II.
Das Gericht entscheidet über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9. April 2018 in der Besetzung, in der die zugrundeliegende Kostenentscheidung getroffen wurde (BayVGH, B.v. 19.1.2017 – 24 C 06.2426 – BayVBl. 2018, 417); somit ist vorliegend der Einzelrichter für die Entscheidung über die Kostenerinnerung zuständig.
Die gemäß § 165, § 151 VwGO zulässige Erinnerung ist nicht begründet.
Zu Recht hat die Kostenbeamtin auf der Grundlage eines Gegenstandswerts von 5.000,00 EUR die außergerichtlichen Aufwendungen der Klägerin mit 925,23 EUR für den gesamten Klagegegenstand, bestehend aus Anfechtungs- und Verpflichtungsteil, berechnet und für den im Verfahren W 3 K 17.33311 verbliebenen Anfechtungsteil dieses Verfahrensgegenstandes einen Anteil von ein Halb aus 925,23 EUR, nämlich 462,62 EUR als zu erstattende Aufwendungen festgesetzt.
Die Berechnung der Verfahrensgebühr basiert auf dem in § 30 RVG gesetzlich bestimmten Gegenstandswert in Höhe von 5.000,00 EUR. Dieser bezieht sich auf Klageverfahren, in welchen unter Aufhebung der entgegenstehenden Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die Asylanerkennung nach Art. 16a GG einschließlich der Gewährung von Flüchtlingsschutz nach § 3 AsylG, subsidiärer Schutz nach § 4 AsylG und Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthG begehrt wird (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl. 2018, § 30 RVG Rn. 1 und Rn. 2).
Bei der hierauf beruhenden Verfahrensgebühr und der Terminsgebühr handelt es sich um eine Pauschalgebühr, die die gesamte Tätigkeit des Anwalts vom Erhalt des Auftrags bis zu dessen Erledigung abgelten soll (Hartmann, a.a.O., § 15 RVG Rn. 11). Gemäß § 15 Abs. 2 RVG kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern, dabei ist grundsätzlich der Wert des Streitgegenstandes bis zum Zeitpunkt des Entstehens der Gebühren maßgeblich. Der spätere Verlauf des Rechtsstreits, also auch eine spätere Abtrennung, ist grundsätzlich unerheblich. (Hartmann, a.a.O., Nr. 3100 VVRVG Rn. 50). Damit kann bei einer Trennung eines Verfahrens in mehrere Verfahren nicht erneut eine Verfahrensgebühr, berechnet aus Einzelstreitwerten, entstehen (BayVGH, B.v. 30.1.2007 – 25 C 07.161 – juris).
Im vorliegenden Fall sind die geltend gemachten Gebühren vor der Abtrennung des Verfahrens W 3 K 18.30111 vom Verfahren W 3 K 17.33311 aus einem Gegenstandswert in Höhe von 5.000,00 EUR (vgl. § 30 Satz 1, 1. Halbsatz RVG) entstanden. Aus dem Grundsatz der Einmaligkeit ist folglich die bereits entstandene Verfahrensgebühr anteilig zugemessen (BayVGH, B.v. 30.1.2007 – 25 C 07.161 – juris).
Nach dem Urteil im Verfahren W 3 K 17.33311 vom 26. Januar 2018 hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen. Eine quotenmäßig festgesetzte Aufteilung der Verfahrenskosten hätte nur erfolgen können, wenn das Gericht im ursprünglichen Verfahren W 3 K 17.33311 (ohne Abtrennung) über den gesamten Klagegegenstand – Anfechtungsteil und Verpflichtungsteil – entschieden hätte und folglich die Kosten verhältnismäßig geteilt hätte (§ 155 Abs. 1 VwGO). Dies ist jedoch nicht geschehen. Der Tatsache, dass eine Abtrennung erfolgt ist, war dadurch Rechnung zu tragen, dass die beantragten Aufwendungen entsprechend dem Obsiegensanteil bzw. entsprechend der Gewichtung im Hinblick auf das ursprünglich beantragte Klagebegehren festzusetzen sind. Zu Recht hat die Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts Würzburg den Verpflichtungsteil und den Anfechtungsteil der Klage jeweils mit der Hälfte des Gegenstandswerts bewertet. Entsprechend wurde die anteilige Festsetzung der außergerichtlichen Aufwendungen im Kostenfestsetzungsbeschluss vorgenommen.
Dies gilt auch für die bereits vor der Abtrennung entstandene Pauschale für die Post- und Telekommunikationsleistungen in Höhe von insgesamt 20,00 EUR.
Fehl geht dagegen der Bevollmächtigte der Klägerin mit seiner Argumentation, es sei lediglich ein Teil des Verpflichtungsantrags, nämlich derjenige auf die Gewährung politischen Asyls nach Art. 16a GG, abgetrennt und eingestellt worden. Dies trifft nicht zu und hierauf wurde der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 22. Mai 2018 aufmerksam gemacht, ohne dass dieser hierauf in irgendeiner Art und Weise reagiert hätte.
Damit war die Erinnerung mit der Kostenfolge aus § 154 VwGO, § 83b AsylG zurückzuweisen.


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