Arbeitsrecht

Erfolglose Klage auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 AGG

Aktenzeichen  3 ZB 16.1133

Datum:
22.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 1034
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AGG § 15
BayBG Art. 23 Abs. 1 S. 2
SGB IX aF § 82 S. 3
BayLlbG Art. 9 Abs. 2 S. 2, Art. 17 Abs. 1 S. 1
VwGO § 166
ZPO § 114

 

Leitsatz

1 Die Ausbildung in der Fachlaufbahn Gewerbeaufsicht muss als Tarifbeschäftigter absolviert. werden (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2 Wesentliche Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahme von der Höchstaltersgrenze gem. Art. 23 Abs. 1 S. 2 BayBG ist, dass die Einstellung trotz Erreichens bzw. Überschreitens der Höchstaltersgrenze einem besonderen dienstlichen bzw. dringenden öffentlichen Interesse Rechnung trägt, etwa um im Interesse der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes die Einstellung hoch qualifizierter Bewerber zu ermöglichen. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 5 K 16.512 2016-04-13 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwältin Dr. G. S. für einen Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 13. April 2016, M 5 K 16.512, wird abgelehnt.

Gründe

I.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 AGG mit der Begründung abgelehnt, der Kläger habe nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen, weil alles dafür spreche, dass ihm die Eignung wegen Überschreitens der Altersgrenze fehle (§ 82 Satz 3 SGB IX a.F.). Es fehle an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen nachteiliger Behandlung und Behinderung. Eine Einstellung für die ausgeschriebene Stelle eines Gewerbeaufsichtsbeamten der vierten Qualifikationsebene sei nicht unter Fortsetzung des bereits bestehenden Beamtenverhältnisses möglich, denn die Ausschreibung sehe zunächst eine Ausbildung in einem Arbeitsverhältnis vor mit einer – nach erfolgreicher Ausbildung erfolgenden – Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Probe. Ein solches Arbeitsverhältnis könne der Kläger nicht in einem Beamtenverhältnis der zweiten Qualifikationsebene in einer anderen Laufbahn (Polizei und Verfassungsschutz) absolvieren. Erst recht sei es im vorgegebenen rechtlichen Rahmen nicht möglich, dem Kläger als Polizeiobermeister (BesGr. A 8) unter Überspringen der regelmäßig zu durchlaufenden Ämter (Art. 17 Abs. 1 Satz 1 LlbG) ein Amt der Besoldungsgruppe A 13 in der Laufbahn Naturwissenschaft und Technik zu übertragen. Der Kläger könne dieses Amt nur nach Beendigung des bestehenden Beamtenverhältnisses unter Neubegründung eines Beamtenverhältnisses der vierten Qualifikationsebene erhalten. Hierbei sei die Altersgrenze des Art. 23 Abs. 1 BayBG zu beachten.
Dagegen wendet der Kläger ein, ihm könne die fachliche Eignung nicht abgesprochen werden, weil er vor seinem Eintritt in den Polizeidienst ein Bauingenieur-Studium absolviert und abgeschlossen habe. Die Begründung, dass von einem Vorstellungsgespräch im Hinblick auf sein Alter Abstand genommen worden sei, sei nicht in der ablehnenden E-Mail vom 26. Juni 2015 enthalten, sondern erst nachträglich gegeben worden. Dass dieses tatsächlich für die getroffene Entscheidung ausschlaggebend gewesen sei, werde mit Nichtwissen bestritten. Art. 23 Abs. 1 Satz 2 BayBG lasse Ausnahmen von der Höchstaltersgrenze zu. Eine solche komme hier in Betracht, weil der Kläger seit Jahren als Lebenszeitbeamter für den Beklagten tätig sei. Die zur Begründung der Höchstaltersgrenze angeführten Gründe gälten im Fall des Klägers daher nicht, sodass – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts – sehr wohl eine Kausalität zwischen Behinderung und Ablehnung der Bewerbung bestehe. Die Frage, ob der Begriff der fachlichen Eignung auch das Lebensalter umfasse, sei auch von grundsätzlicher Bedeutung.
II.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
Nach Art. 9 Abs. 2 Satz 2 LlbG ist ein Wechsel zwischen den Fachlaufbahnen ausgeschlossen, wenn für die neue Fachlaufbahn oder den neuen fachlichen Schwerpunkt eine bestimmte Vorbildung, Ausbildung oder Prüfung durch besondere Rechtsvorschrift vorgeschrieben oder nach ihrer Eigenart zwingend erforderlich ist. Das ist hier der Fall. Nach der Verordnung über den fachlichen Schwerpunkt Gewerbeaufsicht (vom 12.11.2014 GVBl. S. 496; FachV-GA) setzt die Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe voraus, dass die entsprechende Ausbildung erfolgreich abgeschlossen worden ist (§ 2 Abs. 1, § 20 Abs. 2 FachV-GA). Diese Ausbildung kann nicht als aktiver Lebenszeitpolizeibeamter betrieben werden, sondern muss – da ein Vorbereitungsdienst nicht vorgesehen ist – als Tarifbeschäftigter absolviert werden. Auch der Hinweis des Klägers auf Art. 23 Abs. 1 Satz 2 BayBG führt nicht weiter. Einen Anspruch auf Ausnahmebewilligung macht er selbst schon nicht substantiiert geltend. Ein solcher ist hier auch ersichtlich ausgeschlossen. Denn wesentliche Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahme von der Höchstaltersgrenze ist, dass die Einstellung trotz Erreichens bzw. Überschreitens der Höchstaltersgrenze einem besonderen dienstlichen bzw. dringenden öffentlichen Interesse Rechnung trägt, etwa um im Interesse der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes die Einstellung hoch qualifizierter Bewerber zu ermöglichen. Ein solches Interesse fehlt hier schon wegen des großen Angebots an qualifizierten Bewerbern (§ 2 Abs. 4 FachV-GA). Liegen damit die Voraussetzungen für eine spätere Übernahme als Gewerbeaufsichtsbeamter auf Probe offenkundig nicht vor, geht der gesetzgeberische Zweck des § 82 Satz 2 SGB IX a.F. (jetzt § 165 SGB IX) ins Leere (OVG NW, B.v. 4.8.2014 – 6 E 916/13 – juris Rn. 10). Da zwischen der Behinderung des Klägers und seiner vermeintlichen Benachteiligung im Bewerbungsverfahren kein Kausalzusammenhang besteht – anderes trägt der Kläger nicht vor; das Bestreiten mit Nichtwissen ist in Verfahren, die dem Amtsermittlungsgrundsatz folgen, unbeachtlich – kann sich auch die vom Kläger für grundsätzlich bedeutsam erachtete Frage, ob der Begriff der fachlichen Eignung auch das Lebensalter umfasse, nicht in entscheidungserheblicher Weise stellen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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