Arbeitsrecht

Erfolglose Kostenerinnerung bei Abtrennung eines Verfahrensteils

Aktenzeichen  W 3 M 16.31346

Datum:
15.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 18686
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RVG § 15 Abs. 2, § 30
VwGO § 117 Abs. 5, § 151, § 165

 

Leitsatz

1. Der Anspruch auf eine volle Verfahrensgebühr entsteht, sobald der Prozessbevollmächtigte eine unter die Verfahrensgebühr fallende Tätigkeit ausgeübt hat, d.h. spätestens mit Einreichung der Klage. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Aus dem Grundsatz der Einmaligkeit folgt, dass bei einer Abtrennung von Verfahrensteilen eine bereits entstandene Verfahrensgebühr anteilig zu bemessen ist. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 1. August 2016 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt der Erinnerungsführer. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Das zugrunde liegende Verfahren W 3 K 16.30588 wurde von dem Verfahren W 3 K 16.30224 abgetrennt, in welchem vollumfänglich gegen einen ablehnenden Bescheid des Bundesamtes vom 15. Februar 2016 geklagt wurde. Das Bundesamt hatte nach nochmaliger Prüfung der Angelegenheit mit Bescheid vom 10. Mai 2016 der Klägerin ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Äthiopien zuerkannt. Aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärung wurde das Verfahren W 3 K 16.30588 mit Beschluss vom 24. Mai 2016 eingestellt und der Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Auf Antrag des Klägerbevollmächtigten vom 27. Juni 2016 setzte die Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts Würzburg mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 1. August 2016 die außergerichtlichen Aufwendungen auf 164,18 EUR fest. Dabei wurde ein Gegenstandswert gemäß § 30 Abs. 1 RVG in Höhe von 5.000,00 EUR zugrunde gelegt, hieraus eine 1,3 fache Verfahrensgebühr in Höhe von 393,90 EUR sowie eine Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 EUR berücksichtigt; zuzüglich Mehrwertsteuer ergab sich ein Betrag von 492,54 EUR, der vom Klägerbevollmächtigten beantragt worden war. Dieser Betrag wurde gedrittelt, da ein Obsiegen lediglich für ein Drittel des Gesamtanspruchs angenommen wurde.
Hiergegen beantragte der Klägerbevollmächtigte mit Schreiben vom 14. August 2016 die Entscheidung des Gerichts. Eine Kostenquotelung könne im Kostenfestsetzungsverfahren nicht erfolgen, vielmehr sei diese Gegenstand der Hauptsacheentscheidung. Eine Abänderung des gesetzlich bestimmten Gegenstandswerts sei im Kostenverfahren nicht möglich.
Die Kostenbeamtin half der Erinnerung nicht ab und legte diese dem Gericht zur Entscheidung vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Das Gericht entscheidet über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 1. August 2016 in der Besetzung, in der die zugrunde liegende Kostenentscheidung getroffen wurde (BayVGH, B.v. 19.01.2017 – 24 C 06.2426 – BayVBl. 2018, 417); somit ist vorliegend die Berichterstatterin für die Entscheidung über die Kostenerinnerung zuständig.
Die gemäß §§ 165, 151 VwGO zulässige Erinnerung ist nicht begründet.
Die Kostenbeamtin hat in ihrer Vorlage an das Gericht vom 23. August 2016 Folgendes ausgeführt:
„Zum Vortrag des Klägerbevollmächtigten ist darauf hinzuweisen, dass die Berechnung der Verfahrensgebühr aus dem in § 30 RVG gesetzlich bestimmten Gegenstandswert in Höhe von 5.000,00 EUR vorgenommen wurde, eine Abänderung im Kostenfestsetzungsverfahren ist nicht erfolgt. Allerdings wurden die aus dem vollen Gegenstandswert ermittelte Verfahrensgebühr und auch die Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen entsprechend dem Obsiegensanteil der Klägerin gekürzt festgesetzt.
Bei der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG handelt es sich um eine Pauschalgebühr, die die gesamte Tätigkeit des Anwalts vom Erhalt des Auftrags bis zu dessen Erledigung abgelten soll. Dabei kommt es wesentlich auf den Umfang des Auftrags an, den der Rechtsanwalt von seiner Mandantschaft erhalten hat (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 43. Aufl., RdNr. 11 zu § 15 RVG). Gem. § 15 Abs. 2 RVG kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern, dabei ist grundsätzlich der Wert des Streitgegenstandes zum Zeitpunkt des Entstehens der Gebühren maßgeblich, der spätere Verlauf des Rechtsstreits, also auch eine spätere Abtrennung, ist grundsätzlich unerheblich (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 43. Aufl., RdNr. 50 zu Nr. 3100 VV RVG). Dieser Grundsatz der Einmaligkeit bewirkt, dass bei einer Trennung in mehrere Verfahren nicht erneut eine Verfahrensgebühr, berechnet aus Einzelstreitwerten, entstehen kann (vgl. BayVGH, B. v. 30. Januar 2007, Az. 25 C 07.161). Der Anspruch auf eine volle Verfahrensgebühr entsteht also, sobald der Prozessbevollmächtigte eine unter die Verfahrensgebühr fallende Tätigkeit ausgeübt hat, d.h. spätestens mit Einreichung der Klage.
Vorliegend entstand die Verfahrensgebühr vor der Abtrennung des Verfahrens W 3 K 16.30588 vom Verfahren W 3 K 16.30224 aus einem Gegenstandswert i.H.v. 5.000,00 EUR (vgl. § 30 Satz 1 Halbsatz 1 RVG). Aus dem Grundsatz der Einmaligkeit hergeleitet ist folglich die bereits entstandene Verfahrensgebühr anteilig zu bemessen (vgl. BayVGH, B. v. 30. Januar 2007, Az. 25 C 07.161, sowie VG Würzburg, B. v. 03.09.2014, Az. W 3 M 14.642 und B. v. 27.10.2014, Az. W 1 M 14.30378).
Nach Einstellung des abgetrennten Verfahrens wurden die Kosten mit Beschluss vom 24. Mai 2016 der unterlegenen Partei, nämlich der Beklagten, auferlegt. Eine quotenmäßig festgesetzte Aufteilung der Verfahrenskosten hätte nur erfolgen können, wenn das Gericht im ursprünglichen Verfahren W 3 K 16.30224 (ohne Abtrennung) über den gesamten Klagegegenstand entschieden hätte und folglich die Kosten verhältnismäßig geteilt hätte (§ 155 Abs. 1 VwGO). Dies ist jedoch nicht geschehen. Der Tatsache, dass eine Abtrennung erfolgte, war somit dadurch Rechnung zu tragen, dass die beantragten Aufwendungen entsprechend dem Obsiegensanteil, bzw. entsprechend der Gewichtung im Hinblick auf das ursprünglich beantragte Klagebegehren festzusetzen sind. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 10. Mai 2016 für die Klägerin ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG hinsichtlich Äthiopien zuerkannt, was von der Gewichtung einem Drittel des vollen Klagegegenstands entspricht (vgl. BayVGH v. 9.9.2013 – Az: 9 B 10.30261; VG Würzburg, U.v. 25.10.2013 – W 2 K 11.30372). Entsprechend wurde die anteilige Festsetzung der außergerichtlichen Aufwendungen im Kostenfestsetzungsbeschluss vorgenommen.
Die o. g. Ausführungen zur Verfahrensgebühr gelten auch für die bereits vor der Abtrennung entstandene Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von insgesamt 20,00 EUR. Letztere entstand ebenfalls bereits im ursprünglichen Verfahren W 3 K 16.30224, also im Verfahrensstadium vor der Abtrennung. Nach der Abtrennung ist diese Pauschale nicht jeweils erneut entstanden, da es sich nach wie vor um dieselbe Angelegenheit handelte, für die die Pauschale insgesamt nur einmal gefordert werden kann (vgl. hierzu Anmerkung zu Nr. 7002 VV RVG sowie VG Würzburg vom 14.06.2006, Az.: W 7 K 06.30018 und vom 22.11.2006, W 7 K 04.1306).“
Das Gericht folgt den zutreffenden Ausführungen in der Nichtabhilfeentscheidung und sieht insoweit von einer Darstellung seiner Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO analog).
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.


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