Arbeitsrecht

Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen

Aktenzeichen  L 10 AL 116/16

Datum:
15.2.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 118963
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB III § 143 Abs. 3
SGB IV § 7 Abs. 1, § 23 Abs. 1
SGB VI § 170 Abs. 1 Nr. 2b

 

Leitsatz

Bei einer Kündigungsschutzklage werden Beitragsansprüche zur Sozialversicherung ausnahmsweise erst mit Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens fällig, auch wenn zwischenzeitlich die Arbeitsentgeltansprüche des Beschäftigten bereits verfallen sind. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

S 8 AL 246/14 2016-02-17 Urt SGNUERNBERG SG Nürnberg

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.02.2016 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 21.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2013 wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die form- und fristgerechte Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG) und in der Sache begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid vom 21.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2013 ist rechtmäßig. Die Klägerin wird hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt. Sie ist zur Erstattung der Rentenversicherungsbeiträge verpflichtet, die anlässlich der Zahlung von Alg für S. im Zeitraum vom 01.04.2003 bis 21.09.2004 in Höhe von 10.963,88 € durch die Beklagten zu entrichten waren.
Der Arbeitgeber hat – insoweit ist abzustellen auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Fälligkeit des streitgegenständlichen Ersatzanspruches – der Bundesagentur die im Falle des § 143 Abs. 3 geleisteten Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung zu ersetzen, soweit er für dieselbe Zeit Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung des Arbeitnehmers zu entrichten hat (§ 335 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Er wird insoweit von seiner Verpflichtung befreit, Beiträge an die Kranken- und Rentenversicherung zu entrichten (335 Abs. 3 Satz 2 SGB III).
Die Voraussetzungen dieses Ersatzanspruchs sind erfüllt. Die Beklagte hat im Zeitraum vom 01.04.2003 bis 21.09.2004 an S. auf der Grundlage des § 143 Abs. 3 Satz 1 SGB III Alg gezahlt, obwohl dessen Anspruch wegen eines zeitgleich bestehenden Anspruches auf Arbeitsentgelt, der durch die Klägerin aber nicht erfüllt wurde, gemäß § 143 Abs. 1 SGB III dem Grunde nach geruht hatte. Anlässlich dieser Zahlung von Alg hatte einerseits die Beklagte die Beiträge an den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen (§ 3 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 170 Abs. 1 Nr. 2b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB VI). Andererseits war auch die Klägerin für diesen Zeitraum aufgrund der Fortdauer des Arbeitsverhältnisses (und damit des beitragsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses iSd § 7 Abs. 1 SGB IV) verpflichtet, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung des S. zu zahlen (§ 1 Satz 1 Nr. 1, § 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI iVm § 28d Satz 1, § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV). In diesem Zusammenhang ist unerheblich, ob wegen der Säumnis sowohl der Beklagten als auch des S., die Arbeitsentgeltansprüche auf Annahmeverzugslohn für den Zeitraum 01.04.2003 bis 21.09.2004 gerichtlich geltend zu machen, diese aufgrund tarifvertraglicher Ausschlussfristen später wieder entfallen sind. Derartige tarifliche Ausschlussfristen muss sich die Beklagte zwar auch im Rahmen eines auf sie gemäß § 115 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) übergegangenen Arbeitsentgeltanspruches entgegenhalten lassen (st. Rspr. vgl. hierzu grundlegend: BAG, Urteil vom 24.05.1973 – 5 AZR 21/73 – DB 1973, 1752). Der hier streitige Anspruch nach § 335 Abs. 3 SGB III bezieht sich jedoch nur auf die für das Alg abgeführten Beiträge, und mit der Verweisung auf § 143 Abs. 3 Satz 1 SGB III stellt § 335 Abs. 3 Satz 1 SGB III lediglich darauf ab, dass ein Arbeitsentgeltanspruch für die Zeit der Gewährung des Alg entstanden war nicht aber, dass dieser noch durchsetzbar sein muss.
Die Beitragspflicht der Klägerin war mit der Fälligkeit des Arbeitsentgelts entstanden, wobei die Beitragszahlung erst mit dem Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens fällig geworden ist.
(Renten-)Versicherungspflichtig sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt (…) beschäftigt sind (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 SGB VI), wobei die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (§ 22 Abs. 1 Halbsatz 1 SGB IV). Die Beiträge waren hierbei jeweils zur Hälfte von S. als Versichertem und der Klägerin als Arbeitgeberin zu tragen (§ 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI). Zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages an die Einzugsstelle war die Klägerin als Arbeitgeberin verpflichtet (§ 28d Satz 1, § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV), wobei sie gegenüber S. den von ihm zu tragenden Anteil lediglich im Wege des Lohnabzugs geltend machen konnte (§ 28g Satz 2 SGB IV).
In der hier streitigen Zeit – so das Ergebnis des Kündigungsschutzprozesses, den S. gegen die Klägerin in Bezug auf die ordentliche Kündigung vom 20.12.2002 geführt hatte (Urteil des LAG A-Stadt vom 15.01.2008 – 2 Sa 34/07) – dauerte das Arbeitsverhältnis gegen Entgelt und damit das Beschäftigungsverhältnis iSd § 7 Abs. 1 SGB IV zwischen der Klägerin und ihrem Arbeitnehmer S. trotz der Kündigung fort. Auch während eines Kündigungsschutzprozesses wird das Arbeitsentgelt zu den gewöhnlichen Zahltagen fällig, wenn sich der Arbeitgeber bezüglich der Arbeitsleistung in Annahmeverzug befindet, woran vorliegend unter Beachtung der Rechtsprechung des BAG kein Zweifel besteht, soweit wie hier im Regelfall die Erhebung der Kündigungsschutzklage als Angebot der Arbeitsleistung ausreicht (vgl. BAG, Urteil vom 19.01.1999 – 9 AZR 679/97 – BAGE 90, 329ff mwN). Mit der Fälligkeit des Arbeitsentgelts entstand dann – jedenfalls während eines Kündigungsschutzverfahrens – auch die Beitragspflicht. Ein Annahmeverzug des Arbeitgebers ändert nichts am Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses, denn dies rechtfertigt sich bereits aus der Schutzfunktion der Versicherungspflicht. Ein Arbeitnehmer soll möglichst für die Dauer seines Arbeitslebens gegen die Risiken von Krankheit, Arbeitslosigkeit, Invalidität, Alter und Tod geschützt werden, und dieses Bedürfnis wird nicht allein dadurch geringer, dass der Arbeitgeber während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses die Arbeitskraft des Arbeitnehmers nicht in Anspruch nimmt. Die im Streit stehenden Beitragsansprüche sind aber nicht nur (iS des § 22 SGB IV) entstanden, sondern auch gemäß § 23 Abs. 1 SGB IV fällig geworden und zwar abweichend von dieser Vorschrift nicht laufend mit dem Anspruch auf Arbeitsentgelt, sondern erst mit Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens (vgl. BSG, Urteil vom 25.09.1981 – 12 RK 58/80 – BSGE 52, 152ff).
Das BSG hat mit seiner Entscheidung vom 25.09.1981 einen Fälligkeitstatbestand sui generis im Wege richterlicher Rechtsfortbildung geschaffen, um den Besonderheiten der Beitragspflicht und Beitragsentrichtung während eines Kündigungsschutzprozesses und den sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Versicherungspflicht gerecht zu werden, sofern ein Weiterbeschäftigungsanspruch während des Kündigungsschutzprozesses gegenüber dem Arbeitgeber nicht durchzusetzen ist, zeitgleich aber eine Versicherungspflicht (in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung) durch den Bezug von Entgeltersatzleistungen begründet wird.
Den Überlegungen des BSG lag hierbei im Wesentlichen zugrunde, die Besonderheit eines Kündigungsschutzprozesses liege darin, dass es bei einem Streit um die Wirksamkeit einer Kündigung zugleich um Bestand und Dauer des Arbeitsverhältnisses (Beschäftigungsverhältnisses) gehe und, da dieses wiederum die Grundlage der Versicherungspflicht sei, um das Bestehen oder Nichtbestehen von Versicherungspflicht schlechthin. Wegen der ausschließlichen Zuständigkeit der Arbeitsgerichte und der Unsicherheit, die sich aus der Befugnis der Arbeitsvertragsparteien ergebe, sich über den Streitgegenstand ohne Rücksicht auf die wahre Rechtslage zu vergleichen, könne diese Frage auch von den Einzugsstellen nicht selbst entschieden oder im sozialgerichtlichen Verfahren geklärt werden. Das hindere zwar objektiv nicht das Entstehen von Versicherungspflicht während der Dauer des Annahmeverzuges; den Einzugsstellen fehle aber vor der Erledigung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens je nach Lage des Falles und nach dem Stand des Verfahrens uU die für die Erhebung einer Beitragsforderung notwendige Klarheit darüber, ob Versicherungspflicht besteht und deshalb Beiträge erhoben werden können. Dennoch die Beiträge als fällig anzusehen, würde nicht nur den Arbeitgeber unangemessen belasten und im Ergebnis zu einer auf die Dauer des Kündigungsschutzprozesses ausgedehnten Beitragspflicht führen, sondern auch eine nicht zu rechtfertigende Mehrbelastung von Verwaltung und Gerichten nach sich ziehen, ohne dass dadurch der Arbeitnehmer wirksamer geschützt würde. Es sei auch eine andere Entscheidung nicht wegen der während eines Kündigungsschutzverfahrens bestehenden Unklarheit über das Bestehen eines Versicherungsschutzes und den Umfang der Versicherungsansprüche geboten. Die notwendige Klarheit über das Bestehen von Versicherungsverhältnissen lasse sich nicht dadurch herbeiführen, dass die Beiträge während des Kündigungsschutzprozesses weitergezahlt würden; denn diese Beiträge könnten nur vorläufig wirksam sein, sie wären zurückzuerstatten, sobald sich herausstellte, dass ein Beschäftigungsverhältnis nicht bestanden habe. Solche nur vorläufig wirksamen Beiträge würden den Versicherten nicht schützen, sondern ihn eher zu der unzutreffenden Auffassung verleiten, dass er durch diese Beiträge in jedem Fall versichert sei. Das könnte dazu führen, dass er es versäumt, sich freiwillig weiter zu versichern, so dass er bei einem für ihn ungünstigen Ausgang des Kündigungsschutzprozesses dann ohne jeden Versicherungsschutz wäre. Die – gerade im Sozialversicherungsrecht notwendige – Klarheit über den Versicherungsschutz sei somit nur dadurch zu erreichen, dass für die Zeiten, für die das Arbeitsverhältnis streitig sei – und zwar bis zur endgültigen Erledigung des Verfahrens -, Beitragsansprüche grundsätzlich nicht ohne weiteres fällig würden (BSG, Urteil vom 25.09.1981 aaO mw Argumenten).
Soweit die Klägerin dagegen einwendet, dies stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des BAG zur Verjährung des Annahmeverzugslohnes, ist nicht nachvollziehbar dargelegt, worin dieser Widerspruch bestehen soll, nachdem vorliegend Beitragsansprüche streitig sind, die unabhängig vom Fortbestand und einer Durchsetzbarkeit der Arbeitsentgeltansprüche zu beurteilen sind und allein deren Entstehen voraussetzen. Darüber hinaus führt auch die Bezugnahme der Klägerin auf die Rechtsprechung zur „Verjährung von Beitragsansprüchen“ (BSG, Urteil vom 17.12.2015 – B 2 U 2/14 R) zu keiner anderen Betrachtungsweise. Diese Entscheidung behandelt lediglich die Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge, so dass in der Entscheidung dort die Fragen des Bestandes eines Pflichtversicherungsverhältnisses und der Klarheit über den Versicherungsschutz keine tragenden Aspekte dargestellt haben, die aber wesentliche Grundlage für die Überlegungen waren, die zur Entscheidung des BSG vom 25.09.1981 für die besondere Situation des Versicherungsschutzes und die Fälligkeit der Beiträge während eines Kündigungsschutzverfahrens geführt haben. Die Sachverhaltskonstellationen sind somit nicht im Ansatz vergleichbar und daher einer analogen Betrachtungsweise nicht zugänglich.
An der Pflicht der Klägerin, die mit dem rechtskräftigen Abschluss des arbeitsgerichtlichen Verfahrens 2 Sa 34/07 fällig gewordenen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für den Zeitraum vom 01.04.2003 bis 21.09.2004 zu tragen, hat sich allein durch den Verfall des Arbeitsentgeltanspruches des S. auch nichts geändert.
Die Klägerin geht fehl in der Annahme, die Beitragsansprüche seien mit den Arbeitsentgeltansprüchen in einer Weise verknüpft, dass sie dasselbe Schicksal teilen würden. Auch hierzu hat bereits das BSG in einer Entscheidung (Urteil vom 22.06.1994 – 10 RAr 3/93 – SozR 3-4100 § 160 Nr. 1) ausgeführt, dass ein nachträgliches (ex nunc) Erlöschen des Lohnanspruchs durch Ablauf einer tariflichen Ausschlussfrist – wie hier vorliegend – keinen Einfluss auf den darauf beruhenden Beitragsanspruch hat. Ein Fortfall der Beitragspflicht in dieser Fallkonstellation ist weder gesetzlich geregelt noch lässt er sich dem Gesetzeszweck oder der Rechtsprechung des BSG entnehmen.
Dem liegt die Überlegung zugrunde, ein Arbeitgeber könnte zuvor entrichtete Beiträge wieder zurückfordern, wenn nach Ablauf einer tariflichen Ausschlussfrist neben der Lohnforderung auch die Beitragspflicht entfiele, da er anderenfalls gegenüber einem säumigen Arbeitgeber benachteiligt würde. Erstattungsfähig sind jedoch nur zu Unrecht d.h. ohne Rechtsgrund entrichtete Beiträge (§ 26 Abs. 2 SGB IV), wobei dies aus dem Gedanken folgt, dass abgewickelte Versicherungsverhältnisse nachträglich nicht geändert werden dürfen (vgl. BSG, Urteil vom 26.06.1980 – 5 RKn 5/78 – SozR 2600 § 121 Nr. 3). Der Ablauf einer tariflichen Ausschlussfrist führt aber nicht dazu, dass auf das Entgelt zum Zeitpunkt der Beitragszahlung kein Anspruch bestand, sondern lässt lediglich einen zunächst entstandenen Lohnanspruch nachträglich erlöschen. Entfiele hierdurch auch die Beitragspflicht, so wäre ein säumiger Arbeitgeber nach Ablauf der tariflichen Ausschlussfrist nicht mehr verpflichtet Beiträge zu entrichten, wohingegen ein pünktlich zahlender Arbeitgeber bereits entrichtete Beiträge nicht zurückverlangen könnte. Dies wäre mit dem Schutzzweck der Sozialversicherung nicht vereinbar und würde für die betroffenen Versicherten zu offensichtlich unbilligen Ergebnissen führen, wenn ein Arbeitgeber sich dadurch beitragsrechtliche Vorteile verschaffen könnte, dass er geschuldetes Arbeitsentgelt bei Fälligkeit nicht auszahlt. Diese Erwägungen gelten in gleichem Maße bei nachträglichem Wegfall eines zuvor fällig gewordenen Entgeltanspruchs. Schließlich verbietet sich ein Erstrecken der tariflichen Ausschlussfrist auf Beitragsforderungen auch deshalb, weil Vereinbarungen der Tarifparteien über das Schicksal der Beitragsforderung nach ihrem Entstehen unzulässig sind. Beitragsforderungen sind gesetzliche Ansprüche des öffentlichen Rechts, über die die Tarifvertragsparteien nicht disponieren können (vgl. hierzu eingehend: BSG, Urteil vom 22.06.1994 aaO mwN und Argumenten).
Die Beitragsansprüche der Beklagten sind auch noch nicht verjährt, denn Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Ausgehend von einer Fälligkeit der von der Klägerin zu ersetzenden Beiträge im Anschluss an die Rechtskraft des Urteiles des LAG A-Stadt vom 15.01.2008 im Jahr 2008 wären die Beitragsansprüche erst mit Ablauf des Jahres 2012 am 01.01.2013 verjährt. Den Ablauf dieser Verjährungsfrist hat die Beklagte aber gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 SGB X durch den Bescheid vom 21.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2013 gehemmt, den sie zur Durchsetzung streitgegenständlichen Forderung erlassen hat.
Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Hemmung auch nicht sechs Monate nach Erhebung des Widerspruches geendet, denn das Ende der Hemmung tritt erst nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes ein (§ 52 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 SGB X), die angesichts des hier streitigen Verfahrens offenkundig noch nichteingetreten ist, oder sechs Monate nach einer anderweitigen Erledigung des Verwaltungsaktes (§ 52 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 SGB X). Auch für letztes gibt es keine Anhaltspunkte, denn allein das Säumnis der Beklagten, die Erteilung eines Widerspruchsbescheides zügig zu betreiben, führt nicht zu einer endgültigen Erledigung des angefochtenen Verwaltungsaktes, die allein eine Beseitigung der Hemmungswirkungen rechtfertigen kann (vgl. Becker in Hauck/Noftz, SGB, Stand Mai 15, § 52 SGB X Rn.47).
Auch die Höhe des von der Beklagten geltend gemachten Ersatzanspruches ist zumindest im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das der Beitragsberechnung für die Sozialversicherungsbeiträge zugrunde zu legende Entgelt ergibt sich für die Rentenversicherung aus § 166 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI und beträgt 80 v.H. des der Bemessung des Arbeitslosengeldes zugrundeliegenden Arbeitsentgeltes. Ausgehend von einem wöchentlichen ungerundeten Bemessungsentgelt von 912,13 € ergibt sich ein kalendertägliches Entgelt von 104,24 € (= 912,13 € : 7 x 80 v.H.), so dass sich für 540 Leistungstage beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 56.289,60 € (= 540 Tage x 104,24 € kalendertäglich) errechnen. Ausgehend von diesen beitragspflichtigen Einnahmen und einem Beitragssatz 19,50% (Rentenversicherung) ergibt sich ein Erstattungsbetrag von 10.976,47 €, hinter dem die Forderung der Beklagten zurückbleibt (10.963,88 €), weil sie zugunsten der Klägerin für das Beitragsjahr 2003 lediglich von dem der Alg- Bewilligung zugrundeliegenden gerundeten Bemessungsentgelt ausgegangen war.
Nach alledem war auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG und folgt aus dem Unterliegen der Klägerin.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.


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