Arbeitsrecht

Formerfordernisse für den Schuldbeitritt zu einer Vergütungsvereinbarung

Aktenzeichen  15 U 889/17 Rae

Datum:
25.10.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
JurBüro – 2018, 71
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 529 Abs. 1, § 540
RVG VV Nr. 3307, Nr. 7000 ff.
BGB § 147 Abs. 2, § 242, § 305c Abs. 1, § 611, § 612
RVG § 3a Abs. 1 S. 1, S. 2, § 10, § 34

 

Leitsatz

1. Für den Schuldbeitritt zu einer (laufenden) anwaltlichen Vergütungsvereinbarung ist nach § 3a I 1 RVG zu verlangen, dass die dort getroffenen rechtsgeschäftlichen Abreden zur vereinbarten Vergütung (pauschales Honorar, Zeithonorar, Vereinbarungen zum Gegenstandswert, zum Gebührensatz oder die Verbindung verschiedener dieser Elemente) auch in der (dauerhaft reproduzierbaren, vgl. § 126b BGB) Schuldbeitrittserklärung des Dritten enthalten sind oder auf diese Vereinbarungen in der Beitrittserklärung in transparenter Weise und in der Form des § 126b BGB Bezug genommen wird (zB indem die Vergütungsvereinbarung als Anlage zum Schuldbeitritt genommen wird) (im Anschluss an BGHZ 165, 43, 46 zu § 4 VerbrKrG).
2. Erfolgt ein Schuldbeitritt eines Dritten zu einem unmittelbar zuvor abgegebenen Schuldanerkenntnis des Mandanten gegenüber seinem Rechtsanwalt wegen konkret bezifferter aufgelaufener Vergütungsforderungen und verpflichtet sich der Dritte mit derselben Erklärung, auch für die laufenden, vertraglich vereinbarten Vergütungsforderungen des Rechtsanwalts neben dem Mandanten mit haften zu wollen, ist der Schuldbeitritt wegen der laufenden Vergütungsforderungen nicht von der anderen Vereinbarung iSv § 3a I 2 RVG deutlich abgesetzt.
3. Wird in einer Vergütungsvereinbarung geregelt, dass der Rechtsanwalt seine Auslagen nach VV 7000 ff. RVG abrechnet, so folgt daraus, dass der Mandant die Reisezeit nicht nach dem Stundenhonorar zu vergüten hat. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein Schuldbeitritt zu einer nach § 3a RVG vereinbarten Vergütung unterliegt ebenfalls den Formerfordernissen der Vergütungsvereinbarung(Anschluss an BGH BeckRS 2016, 11278). Daher ist ein Schuldbeitritt nur wirksam, wenn die in der Vergütungsvereinbarung getroffenen rechtsgeschäftlichen Abreden zur vereinbarten Vergütung auch in der Beitrittserklärung enthalten sind oder auf diese Vereinbarungen in der Beitrittserklärung in transparenter Weise Bezug genommen wird. (Rn. 51 – 57) (redaktioneller Leitsatz)
5. Eine Berufung auf die Formunwirksamkeit eines Schuldbeitritts zu einer Vergütungsvereinbarung ist treuwidrig, wenn der Beigetretene über längere Zeit die Vorteile aus der formunwirksamen Vereinbarung in Anspruch genommen hat und das Vertrauen des Rechtsanwalts auf die Wirksamkeit der Vereinbarung schutzwürdig ist.  (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

83 O 2232/16 2017-02-24 Endurteil LGLANDSHUT LG Landshut

Tenor

I. Auf die Berufung wird das Endurteil des Landgerichts vom 24.02.2017 (Az. 83 O 2232/16) in Ziffer 1 soweit es den dortigen Beklagten zu 2) (= Beklagter des Berufungsverfahrens) betrifft und im Kostenpunkt abgeändert.
Der Beklagte (= Beklagter zu 2 des erstinstanzlichen Urteils) wird verurteilt, an den Kläger 19.459,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5-%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.09.2016 zu bezahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die weitergehende Berufung und die Anschlussberufung werden zurückgewiesen.
II. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers im ersten Rechtszug trägt der Kläger 13% und die Beklagten gesamtschuldnerisch 87%; der Kläger trägt 27% der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) im ersten Rechtszug. Im Übrigen trägt jede Partei ihre Kosten selbst.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 34% und der Beklagte 66%.
III. Dieses Urteil sowie das in Ziffer I. genannte Urteil des LG Landshut, soweit dieses den dortigen Beklagten zu 2) betrifft, sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des danach vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht der jeweilige Gläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Zugunsten des Klägers wird die Revision nach Maßgabe der Urteilsgründe zugelassen.

Gründe

I.
Der Kläger verlangt vom Beklagten die Zahlung von laufendem Rechtsanwaltshonorar ab März 2016 aufgrund eines am 10.03.2016 erklärten Schuldbeitritts.
Der Kläger tauschte mit der am Berufungsverfahren nicht mehr beteiligten Beklagten zu 1) die in Anlage K 1 vorgelegte Vereinbarung vom 09.12.2014/02.03.2015 wegen des „Dauerberatungsvertrages mit Vergütungsvereinbarungen“ aus. Am 10.03.2016 vereinbarten der Kläger und die beiden (erstinstanzlich) Beklagten die „Ratenzahlungsvereinbarungen“ (Anlage K 18), in welcher der Beklagte in Ziffer 2 den „Schuldbeitritt zu den Forderungen gemäß Ziffer 1 sowie zu sämtlichen künftigen entstehenden Honorarforderungen “ erklärte. Weiter heißt es dort, „dem Schuldner ist bekannt, dass die Forderungen auf Honorarvereinbarungen beruhen, die von den gesetzlichen Vergütungsregelungen abweichen“.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 540 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des Urteils vom 24.02.2017 Bezug genommen. Am 01.03.2017 wurde über das Vermögen der früheren Beklagten zu 1) das Insolvenzverfahren eröffnet.
Das Landgericht gab der Klage mit Urteil vom 24.02.2017 weitgehend statt und verurteilte den Beklagten zur Zahlung der pauschalen Vergütung für den Zeitraum von März 2016 bis Dezember 2016 (sog. „Dauerberater“ in Höhe von 17.850,00 €) sowie zur Zahlung wegen weiterer anwaltlicher Tätigkeiten für einzelne Einzel-/Sonderprojekte auf der Grundlage der Vergütungsvereinbarung vom 09.12.2014/02.03.2015. Zur Begründung führte es aus, dass die Vergütungsvereinbarung zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) wirksam zustande gekommen sei und von dieser auch nicht mit Schreiben vom 19.09.2016 (Anlage K 37) wirksam außerordentlich und fristlos gekündigt werden konnte. Den Anspruch des Klägers auf Erstattung seiner vorgerichtlichen Mahnkosten wies das Landgericht ab (unter „B.“ der Urteilsgründe).
Dagegen wenden sich der Beklagte mit der Berufung und der Kläger mit der Anschlussberufung. Der Beklagte verfolgt weiter seinen Klageabweisungsantrag, während der Kläger im Wege der Klageerweiterung noch die Pauschalen für Januar und Februar 2017 (also bis zur Beendigung des Rechtsanwaltsvertrages durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens) verlangt. Weiter macht er seinen vom Landgericht abgewiesenen Anspruch auf Ersatz seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Landshut vom 24.02.2017 (Az. 83 O 2232/16) aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Landshut vom 24.02.2017 (Az. 83 O 2232/16) in Ziffer 2 aufzuheben und im Übrigen dahin abzuändern, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger weitere außergerichtliche Verfahrenskosten in Höhe von 1.190,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und den Beklagten weiter zu verurteilen, an den Kläger weitere 3.570,00 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.785,00 € seit dem 15.02.2017 und aus 1.785,00 € seit dem 15.03.2017 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung und Klageerweiterung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Vortrags im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 05.05.2017 (Bl. 167 d.A.) und vom 31.08.2017 (Bl. 213 d.A.) sowie auf die Schriftsätze des Klägers vom 10.08.2017 (Bl. 196 d.A.) und vom 12.09.2017 (Bl. 222 d.A.) Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat Erfolg, soweit der Beklagte zur Zahlung der Pauschalvergütung wegen des Zeitraums ab Oktober 2016 und weiterer über den gesetzlichen Gebühren liegender Rechtsanwaltsvergütung verurteilt wurde. Die zulässige Anschlussberufung bleibt ohne Erfolg. Das Verfahren wurde durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der früheren Beklagten zu 1) nicht unterbrochen, da die Beklagten wegen rückständiger Rechtsanwaltshonoraransprüche als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden und als solche einfache Streitgenossen sind.
A.
Der Kläger kann vom Beklagten aufgrund des Schuldbeitritts vom 10.03.2015 (Anlage K 18, dort Ziffer 2 Satz 1) die Zahlung der gesetzlichen Rechtsanwaltsvergütung in Höhe von 816,94 € (Anlage K 4; Verfahrensgebühr VV 3307) (dazu unten I. 1. und III.) sowie die Zahlung des Rechtsanwaltshonorars in Höhe von 6.148,02 € wegen der Sanierungsberatung (Anlage K 13; 48-16; EU Seite 7 ff) (dazu unten II. und III.) verlangen; in Höhe von 416,50 € war die zuletzt genannte Klageforderung abzuweisen.
I. Die gesetzliche Honorarforderung des Klägers nach RVG VV 3307 ist gegen die frühere Beklagte zu 1) in Höhe von 816,94 € (Anlage K 4, aus den Monaten April/Mai 2016) entstanden und werde vom EU (Seiten 5 und 20) zutreffend festgestellt.
1. Die Berufung wendet dagegen nur ein, dass der tatsächliche Zeitaufwand niedriger war (Schriftsatz vom 05.05.2017, Seite 11 = Bl. 177 d.A.). Hierauf kommt es aber nicht ab, da nach § 2 Abs. 2 der vom Kläger mit der Beklagten zu 1) geschlossenen Vergütungsvereinbarung bei gerichtlichen Angelegenheiten die höheren gesetzlichen Gebühren gelten sollen, soweit nicht eine besondere Vereinbarung getroffen wurde. Zu letzterem trägt der Beklagte nicht vor. Sollte die Vergütungsvereinbarung vom 09.12.2014/002.03.2015, wie es nach dem Vortrag des Beklagten der Fall sein soll, gar nicht erst geschlossen worden sein, wäre ohnehin die gesetzliche Vergütung geschuldet.
2. Soweit der Kläger von der Beklagten zu 1) auch die Zahlung von 1.639,46 € (45-16; K 35) wegen der Vertretung in einem anderen gerichtlichen Verfahren verlangt, handelt es sich um das über den gesetzlichen Gebühren liegende Zeithonorar, das nach der Vergütungsvereinbarung (Anlage K 1) abgerechnet wird (EU, Seite 6). Diese Position wird unten unter C. behandelt; entsprechendes gilt für die mit der Klage verfolgten Positionen in Höhe von 277,51 € und 138,75 €.
II. Der Kläger kann von der früheren Beklagten zu 1) weiter die Zahlung von 6.148,02 € (= 6.564,52 – 416,50 €) als gesetzliche BGB-Vergütung wegen des Sonderprojekts „Sanierungsberatung“ (K 5 in Höhe von 6.564,52 €) verlangen, das als Zeithonorar abgerechnet (K 13; EU, Seite 7 ff) wurde (§§ 611, 612 BGB; § 34 RVG).
1. Dem Kläger steht wegen der ins Auge gefassten Sanierung eine gesetzliche Vergütung nach §§ 611, 612 BGB, § 34 RVG zu.
Die mit der Klage dargestellte anwaltliche Tätigkeit umfasste auftragsgemäß zunächst nur die interne Beratung des Mandanten und diente der Klärung der tatsächlichen Grundlagen (vgl. die Darstellung im Schriftsatz vom 29.08.2016 Seite 13 ff (= Bl. 13 d.A.), Schriftsatz vom 15.12.2016, Seite 7 ff (= Bl. 85 d.A.) und die Zeitaufstellung in Anlage K 12). Zu einer weiteren Entfaltung der anwaltlichen Tätigkeit nach außen hin und zu einer systematischen Kontaktaufnahme mit den Gläubigern, die dann eine Geschäftsgebühr auslösen könnte, kam es nicht mehr.
2. Das Landgericht hat überzeugend einen entsprechenden Auftrag der früheren Beklagten zu 1) und den angefallenen Zeitaufwand festgestellt. Daran ist das Berufungsgericht nach § 529 Abs. 1 ZPO gebunden. Erörterungsbedürftig ist nur die Frage, ob auch der Zeitaufwand für die An- und Abfahrt zum auswärtigen Termin am 03.05.2016 mit dem vereinbarten Vergütungssatz und die Tätigkeit zweier Rechtsanwälte abgerechnet werden kann.
a) Der Beklagte macht insoweit im Berufungsverfahren nur noch geltend, dass bei der Besprechung am 03.05.2016 zwei Rechtsanwälte teilgenommen hätten und dort zu Unrecht auch die An- und Abfahrtszeiten (insgesamt einmal 5,25 Stunden für RA B. und einmal 4,75 Stunden für RA. S., insgesamt 10 Stunden) berechnet worden seien.
Der Kläger erklärte den unterschiedlichen Zeitanfall damit, dass RA S. nach dem Ende des Termins um 17:00 Uhr durch den städtischen Berufsverkehr unmittelbar nach Hause gefahren sei, während RA B. in die weiter entfernt gelegene Kanzlei zurück gefahren sei. Auch der Zeitaufwand des Rechtsanwalts für die An- und Abreise zu einem Termin sei nach der Rechtsprechung des OLG Hamm (Urt. vom 18.06.2002, Az. 28 U 3/02) vom Mandanten bei Vorliegen eines Zeithonorars zu vergüten.
b) Nach Auffassung des Senats ist der Zeitaufwand entsprechend den Anführungen des Klägers zur Dauer des Besprechungstermins am 03.05.2016 im Schriftsatz vom 15.12.2016, Seite 5 (= Bl. 53 d.A. „rund vier Stunden“) um zwei Stunden auf acht Stunden zu kürzen und die Vergütung um das Abwesenheitsgeld nach VV 7005 von 2 x 25 € zuzügl. USt. zu erhöhen.
aa) Soweit an der Besprechung zwei Rechtsanwälte aus der Kanzlei des Klägers teilnahmen, muss die Beklagte zu 1) auch deren Arbeitszeit entsprechend der Vergütungsvereinbarung bezahlen. Die Beklagte zu 1) hat der gemeinsamen Besprechung nicht widersprochen und auch nicht näher dargestellt, warum die Anwesenheit von Rechtsanwalt S., der auch mit ihren Angelegenheiten betraut war, nicht sinnvoll oder erforderlich gewesen sei.
bb) Den Zeitaufwand für die An- und Abreise der beiden Rechtsanwälte zum Termin am 03.05.2016 (insgesamt zwei Stunden) kürzt der Senat, da dies von der Vergütungsvereinbarung nicht gedeckt war. Welche Leistungen des Rechtsanwalts bei einer Zeithonorarvereinbarung nach dem Stundensatz zu vergüten sind, ist eine Frage der individuellen Vereinbarung und der individuellen Abrechnung. In der vom Kläger zitierten Entscheidung des OLG Hamm, die Fahrt- und Wartezeiten betrifft, wird dazu in tatsächlicher Hinsicht nichts weiter mitgeteilt.
(1) Den Überlegungen des OLG Hamm ist zuzustimmen, was die Unterscheidung nach Fahrt- und Wartezeiten betrifft. Findet sich der Rechtsanwalt auftragsgemäß an einem bestimmten Tag zu einer vereinbarten Uhrzeit an, bietet er damit auch seine anwaltlichen Leistungen an. Verzögert sich der Aufruf der Sache oder wird der Mandant von den Mitarbeitern der JVA erst verspätet vorgeführt, spricht viel dafür, dass es sich um zu bezahlende Arbeitszeit des Rechtsanwalts handelt.
Bei bloßen Reisezeiten ist dies weniger eindeutig, da es sich insoweit auch nicht um spezifisch anwaltliche Dienstleistungen geht. Soweit der Kläger im Anschluss an die Entscheidung des OLG Hamm meint, wer die Zeit eines Anwaltes in Anspruch nimmt, hält ihn davon ab, in dieser Zeit anderer gewinnbringender Tätigkeit (in der Kanzlei oder bei der Wahrnehmung von Terminen) nachzugehen, setzt dies die tatsächliche Feststellung voraus, dass der individuelle Rechtsanwalt jede Minute seiner Arbeitszeit gegenüber einem Mandanten abrechen könnte. Die Grundlagen für eine solche tatsächliche Vermutung, wie etwa die Struktur seiner Mandantschaft, die Organisation seiner Kanzlei etc., werden vom Kläger nicht vorgetragen. Jedenfalls träfe diese Vermutung nicht für Rechtsanwalt S. am Nachmittag des 03.05.2016 zu. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers fuhr dieser nach Ende der Besprechung nach Hause und erledigte ersichtlich keinerlei andere anwaltliche Tätigkeit mehr. Letztlich muss dieser Punkt im tatsächlichen nicht weiter aufgeklärt werden, da sich aus der Auslegung der Vergütungsvereinbarung ergibt, dass Reisezeiten nicht nach dem Stundensatz vergütet werden müssen.
(2) Die vertraglich vereinbarte Vergütung erfasst alle anwaltlichen Tätigkeiten des Klägers, auch solche Angelegenheiten, die eine Beratung nach § 34 RVG darstellen. Sachlich erfasst wird damit die gesamte anwaltliche Tätigkeit des Rechtsanwalts (§ 1 Abs. 1 RVG). Nach der gesetzlichen Regelung fällt für Geschäftsreisen eine „Auslage“ in Form von Tage- und Abwesenheitsgeld (VV 7005) an. Nach § 4 der Vergütungsvereinbarung (Anlage K 1) rechnet der Kläger seine Auslagen nach VV 7000 ff RVG ab. Die Vergütungsvereinbarung der Parteien übernimmt damit die gesetzliche Unterscheidung zwischen Gebühren und Auslagen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 RVG) und bestimmt nur anstelle oder neben der gesetzlichen „Gebühr“ eine zeitbasierte Honorarabrede. Im Umkehrschluss ist daraus zu entnehmen, dass Reisetätigkeit nicht nach dem Stundenhonorar vergütet werden muss.
c) Der Stundensatz von 200,00 € (netto) wurde wirksam zwischen dem Kläger und der Beklagten zu1) vereinbart. Daraus ergibt sich ein Honoraranspruch in Höhe von 6.148,02 € (= 6.564,52 – 400 x 1,19 + 50,00 € x 1,19).
III. Der Beklagte ist dieser (zur Zeit des Schuldbeitritts noch nicht abgerechneten) gesetzlichen Honorarschuld der Beklagten zu 1) mit seiner Erklärung vom 10.03.2015 (Anlage K 19) wirksam beigetreten und schuldet dem Kläger die Zahlung von 816,94 € und von 6.148,02 €.
1. Für den Schuldbeitritt des Beklagten zu dieser Honorarforderung gelten die allgemeinen Regeln des BGB. Die Erklärung eines Schuldbeitritts bedarf danach grundsätzlich keiner besonderen Form. Er unterliegt aber als Verpflichtungsgeschäft den Formerfordernissen, die für den Hauptvertrag gelten, soweit diese mit Rücksicht auf den Leistungsgegenstand des Schuldbeitritts aufgestellt sind (BGH, Urteil vom 31. Januar 1991 – III ZR 150/88, NJW 1991, 3095, 3098; vom 8. Dezember 1992 – XI ZR 96/92, BGHZ 121, 1, 3; vom 14. Juni 1996 – V ZR 85/95, NJW 1996, 2503, 2504; vom 21. April 1998 – IX ZR 258/97, BGHZ 138, 321, 327; zum Verbraucherkreditgesetz: BGH, Urteil vom 8. November 2005 – XI ZR 34/05, BGHZ 165, 43, 46 f; vom 24. Juli 2007 – XI ZR 208/06, ZIP 2007, 1850 Rn. 12 mwN).
Der Rechtsanwaltsvertrag unterliegt keiner gesetzlichen Form, so dass auch der Schuldbeitritt auf Seite des Mandanten wegen der sich daraus ergebenden gesetzlichen Vergütung formfrei möglich ist. Auch die Vereinbarung der Beratungsvergütung nach § 34 RVG ist formfrei möglich (§ 3a Abs. 1 Satz 4 RVG). Der Beklagte muss sich insoweit bei seinem Schuldbeitritt daran festhalten lassen, dass die (gesetzliche) BGB-Vergütung (formfrei, vgl. § 3a Abs. 1 Satz 4 RVG) vertraglich festgelegt wurde. Im Übrigen erscheint der vereinbarte Stundensatz im Münchner Bereich und angesichts der Schwierigkeit und des Umfangs der Materie angemessen (§ 612 BGB).
2. Der Schuldbeitritt ist auch zu künftigen Verbindlichkeiten des Hauptschuldners möglich. Er kann sich insbesondere auf ein Dauerschuldverhältnis oder auf künftige Forderungen beziehen, wenn diese hinreichend deutlich abgegrenzt werden können (Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., 2017, vor § 414 Rdnr. 2). Bestätigt wird dies mit der Regelung des § 765 Abs. 2 BGB.
Hier lag zwischen dem Kläger und der früheren Beklagten zu 1) eine dauernde Geschäftsbeziehung vor, aus der für die Beteiligten hinreichend erkennbar bestimmte (Honorar-)Forderungen entstehen konnten. Hinzu kommt, dass der Beklagte als Geschäftsführer und Gesellschafter der früheren Beklagten zu 1) über alle Tätigkeiten des Klägers im Bilde war und deren Anfall steuern konnte.
3. Der Schuldbeitritt des Beklagten ist auch nach den allgemeinen Bestimmungen nicht unwirksam. Er war insbesondere weder „überraschend“ (§ 305c Abs. 1 BGB) noch wurde er dem Beklagten „untergeschoben“ noch ist seine Wirksamkeit an §§ 307 ff BGB zu messen.
a) Der Schuldbeitritt des Beklagten erfolgte nicht überraschend (§ 305c Abs. 1 BGB); das Gegenteil ergibt sich schon aus der äußeren Gestaltung der Urkunde vom 10.03.2016 (Anlage K 18). Dort wird der Beklagte eingangs persönlich als „Schuldner“ genannt und leistet neben der GmbH eine eigene Unterschrift. Der Beklagte trägt zudem selbst in seinem Schriftsatz vom 31.08.2017, Seiten 6, 7 (= Bl. 218 fd.A.) vor, dass er vor dem 10.03.2015 vom Kläger wegen der Honorarrückstände um eine Bürgschaft seines Vaters gebeten wurde, was der Beklagte aber abgelehnt habe. Damit war ihm zugleich bewusst, dass er nunmehr selbst eine Sicherheit stellen musste; ob er dabei auf bestimmte Formulierungen im Text Einfluss nehmen konnte, spielt keine Rolle, da es auf den formelhaften Einredeverzicht des Beklagten in Ziffer 2 Satz 2 und 3 der Vereinbarung nicht ankommt.
b) Der Schuldbeitritt (Ziffer 2 Satz 1 der Erklärung vom 10.03.2016) wiederum unterliegt als Hauptleistung des Beklagten aus diesem (Haftungs-)Vertrag nicht der Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB), so dass es auf die Frage der AGB-Eigenschaft dieser Textstelle nicht weiter ankommt.
B.
Der Kläger kann vom Beklagten die Zahlung der ab März 2016 laufenden pauschalen Rechtsanwaltsvergütung bis einschließlich September 2016 in Höhe von 12.495,00 € brutto verlangen, da der Beklagte sich insoweit nicht mit Erfolg auf das Fehlen der Form des § 3a Abs. 1 RVG bei seinem Schuldbeitritt vom 10.03.2016 berufen kann.
I. Der Kläger steht allerdings aufgrund der Vergütungsvereinbarung vom 09.12.2014/02.03.2015 (Anlage K 1) ein Anspruch auf Zahlung der eine monatliche Pauschale in Höhe von 1.500,00 € nach §§ 1, 3 Abs. 1 der Vergütungsvereinbarung gegen die frühere Beklagte zu 1) bis einschließlich Februar 2017 zu.
1. Die Vergütungsvereinbarung zwischen dem Kläger und der früheren Beklagten zu 1) (Anlage K 1) kam in Textform (§ 3a Abs. 1 Satz 1 RVG) zustande.
a) Das (schriftliche) Angebot des Klägers vom 09.12.2014 (vgl. Anlage K 19) war noch annahmefähig, als es die Beklagten zu 1) am 02.03.2015 (Anlage K 19; Übersendung als pdf. Anhang) annahm (§ 146, 147 Abs. 2 BGB).
Anträge unter Abwendenden können nach § 147 Abs. 2 BGB bis zu einem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Nach den Umständen des Falles erwartete der Kläger aber keine rasche Antwort der Beklagten.
Der Antrag des Klägers auf Abschluss der Vergütungsvereinbarung sollte kein neues Vertragsverhältnis mit der Beklagten zu 1) begründen. Vielmehr sollte für die seit 2007 fortlaufend erbrachten anwaltlichen Dienstleistungen, die auch nach Abgabe des Antrags im Dezember 2014 unverändert weiter erbracht wurden, eine solide rechtliche Grundlage für die Abrechnung geschaffen werden. Entsprechend fragte der Kläger mit seiner E-Mail vom 08.01.2015 (Anlage K 26) wegen der noch ausstehenden Annahme sehr höflich nach und bat um Rücksendung des unterzeichneten Vertrages. Er erneuerte insoweit seinen Antrag, so dass sich die Frist des § 147 Abs. 2 BGB erst ab dem 09.01.2015 bestimmt. Die in der Rücksendung am 02.03.2015 liegende Annahme der Beklagten zu 1) erfolgte damit noch innerhalb eines Zeitraums, in dem der Kläger die Antwort der Beklagten offensichtlich erwartete.
b) Sollte der Antrag des Klägers am 02.03.2015 nach § 147 Abs. 2 BGB schon erloschen gewesen sein, stellt jedenfalls die „Annahme“ des Beklagten vom 02.03.2015 einen neuen Antrag auf Abschluss der Vergütungsvereinbarung dar, den der Kläger mit der E-Mail vom 06.03.2015 (K 20) mit seiner dort geäußerten Bitte um Übersendung des Originals schlüssig angenommen hat (§ 150 Abs. 1 BGB). Auch diese Erklärungen erfüllen die Textform, die Schriftform verlangt § 3a Abs. 1 Satz 1 RVG – anders als der Beklagte in seinem Schreiben vom 19.09.2016 (vorgelegt mit K 37) meint – nicht (mehr). Der Beklagte bestätigte den Vertrag sogar noch einmal, indem er am 08.03.2015 (Anlage K 27) den Vertragstext zusätzlich im Original dem Kläger übermittelte (vgl. auch § 144 BGB).
2. Die weiteren Voraussetzungen des § 3a Abs. 1 Satz 2 und 3 RVG an die anwaltliche Vergütungsvereinbarung sind mit der Vereinbarung in Anlage K 1 erfüllt.
a) Der „Dauerberatungsvertrag mit Vergütungsvereinbarungen“ vom 09.12.2014/02.03.2015 (Anlage K 1) muss allerdings den Anforderungen des § 3a RVG entsprechen. Gegenstand dieser Vereinbarung sind zumindest auch Tätigkeiten des Klägers, die eine Geschäftsgebühr nach VV 2300 auslösen können. Es liegt damit eine Vergütungsvereinbarung nach § 3a RVG und keine Entgeltvereinbarung nach § 3a Abs. 1 Satz 4 BGB in Verbindung mit § 34 RVG vor.
Nach § 1 Abs. 1 der Vereinbarung soll der Kläger die Beklagte zu 1) in sämtlichen außergerichtlichen zivilrechtlichen Fragestellungen „beraten und vertreten“, wie eine „ausgelagerte Rechtsabteilung“. Diese „laufende Rechtsberatung nach § 1“ wird nach § 3 Abs. 1 mit einer Pauschale abgerechnet; bei einem zeitlichen Mehraufwand als vier Stunden/Monat erfolgt wegen der darüber hinausgehenden Stunden eine Vergütung nach angefallener Zeit. Nach § 2 Abs. 1 gibt es daneben auch „Einzelprojekte“, die nicht unter das „operative Tagesgeschäft“ fallen. Diese werden separat berechnet; gleiches gilt für „jedwede gerichtliche Angelegenheit“. In § 7 wird zudem der Mandant nach § 3a RVG belehrt, was auch für die Anwendbarkeit des § 3a RVG spricht.
b) Die Anforderungen des § 3a RVG werden eingehalten, insbesondere ist sie von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung hinreichend abgesetzt ist (§ 3a Abs. 1 Satz 2 RVG).
Die Vereinbarung vom 09.12.2014/02.03.2015 wird in der Überschrift als „Vergütungsvereinbarungen“ bezeichnet; sie ist zulässigerweise mit der Auftragserteilung, insbesondere mit den pauschal zu erbringenden Rechtsanwaltsleistungen „gleich einer ausgelagerten Rechtsabteilung“ verbunden. Die § 2 Abs. 1 und 2 sowie § 3 der Vereinbarung sind notwendiger Bestandteil der gewollten Art der Abrechnung. Die Kündigungsregelung in § 5 betrifft zwar nicht unmittelbar die Vergütungsregelung, sondern den erteilten Rechtsanwaltsvertrag. Als integraler Teil der „Auftragserteilung“ darf diese Regelung aber mit der Vergütungsvereinbarung verbunden sein. Auch steht die vereinbarte Mandatsdauer mit der Vergütung in einer so engen Wechselwirkung, dass eine Auslagerung dieser Klausel in eine andere Urkunde weder dem Informationsinteresse des Mandanten noch der Transparenz der Vereinbarung dient. Zudem ist die Bestimmung zur Kündigung nach Schriftbild, Gliederung und Überschrift klar von der eigentlichen Vergütungsreglung in den §§ 2 bis 4 abgesetzt, so dass allen Anforderungen des § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG genügt ist. Schließlich kann auch eine Gerichtsstandsvereinbarung (§ 9 Abs. 3) in der Vergütungsvereinbarung erfolgen, da sie unmittelbar den Vergütungsanspruch betrifft.
3. Die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 19.09.2016 (Anlage K 37) beendete den Vertrag nicht. Ein Grund zur außerordentlichen Kündigung (§ 626 BGB) lag nicht vor, was das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Die Kündigung nach § 627 BGB wurde in § 5 Abs. 3 der Vereinbarung (Anlage K 1) ausgeschlossen. Der Beklagte trägt keine Tatsachen vor, aus denen sich die Unwirksamkeit dieser Bestimmung ergeben kann.
II. Der in Ziffer 2 Satz 1 der „Ratenzahlungsvereinbarung“ erfolgte Schuldbeitritt des Beklagten vom 10.03.2016 (Anlage K 18) zu laufenden und künftigen Vergütungsansprüchen des Klägers erfüllt allerdings nicht die Formanforderungen des § 3a Abs. 1 RVG und vermag daher in der Person des Beklagten grundsätzlich keine über der gesetzlichen Vergütung liegende Verbindlichkeit für die anwaltlichen Vergütungsforderungen des Klägers zu begründen.
1. Das Vorliegen der gesetzlichen Form ist zu prüfen, obwohl der Beklagte in § 2 Satz 2 und 3 der Ratenzahlungsvereinbarung (Anlage K 18) auf „jedwede Einwendungen und Einreden gegen die Forderungen“ verzichtet hat und diese „vorbehaltlos“ anerkannt hat. Die gesetzliche Form des § 3a Abs. 1 RVG stellt zwingendes Recht dar, auf dessen Einhaltung vorab nicht verzichtet werden kann.
2. Für den Schuldbeitritt zu einer nach § 3a RVG vereinbarten anwaltlichen Vergütung hat der BGH (Urt. vom 12.05.2016, IX ZR 208/15 = NJW-RR 2017, 124) zutreffend entschieden, dass die Formerfordernisse des § 3a Abs. 1 RVG grundsätzlich auch für einen Schuldbeitritt zur Vergütungsvereinbarung gelten. Soweit der Kläger daher vom Beklagten die Bezahlung der monatlichen Pauschale ab März 2016 (ohne Nachweis der gesetzlichen Vergütung, vgl. unten d) verlangt, müsste dieser auch der zugrundeliegenden Vergütungsvereinbarung in der gesetzlichen Form des § 3a RVG beigetreten sein. Insoweit ist fraglich, welche inhaltlichen Anforderungen nach § 3a Abs. 1 RVG an die in Textform abzugebende Erklärung des Beitretenden zu stellen sind.
a) Die Rechtsfrage, welche inhaltlichen Anforderungen die Formvorschrift des § 3a Abs. 1 RVG für den Schuldbeitritt verlangt, ist noch nicht abschließend geklärt.
Die Reichweite des Formerfordernisses wird – nach der genannten Entscheidung des BGH – bestimmt durch den Zweck, dem Beitretenden deutlich zu machen, dass er nicht nur der gesetzlichen Vergütungsschuld des Mandanten beitritt, sondern der davon abweichenden, vertraglich vereinbarten Vergütung. Ein eher am Wortlaut orientiertes Verständnis dieser Passage spräche dafür, dass es genügt, wenn die Erklärung über den Schuldbeitritt in Textform erfolgt und sich feststellen lässt, dass sich der Beitretende bewusst ist, einer vertraglich vereinbarten Vergütung beizutreten, die von der gesetzlichen Vergütung abweicht.
In dem der BGH-Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt war der Schuldbeitritt jedoch im Zusammenhang mit der von der Mandantin gleichzeitig geschlossenen Vergütungsvereinbarung erfolgt, so dass dem Beitretenden der Inhalt der vertraglich vereinbarten Vergütung nicht nur bekannt war, sondern von seiner Erklärung sogar mit umfasst wurde (worauf in Tz 10 ausdrücklich abgestellt wird). Abweichend vom durch den BGH entschiedenen Sachverhalt geht es vorliegend auch nicht um den Beitritt eines Dritten zu einem sachlich eng umrissenen Mandat, sondern um den Beitritt zu einem Dauermandat mit fester Laufzeit und einer damit verbundenen detaillierten, abgestuften Regelung über die (künftig) anfallende anwaltliche Vergütung.
b) Nach Auffassung des Senats sollte in der hier vorliegenden Konstellation ein schlichter, noch dazu an untergeordneter Stelle zu findender Hinweis, dass eine vom gesetzlichen Honorar abweichende Vergütungsvereinbarung vorliegt, nicht ausreichen, den Beitretenden an die zu einem früheren Zeitpunkt vereinbarte Vergütungsvereinbarung mit dem Schuldner zu binden.
aa) Die vertraglich übernommene Mithaftung für eine von einem Dritten vereinbarte Vergütungsschuld begründet diese Schuld auch in der Person des Mithaftenden. Die Erklärung über den Schuldbeitritt soll eine eigene Schuld des Beitretenden neben dem Schuldner begründen. Sie ist damit inhaltlich auf die ursprüngliche Schuld bezogen und nicht, wie bei einer Garantie oder Bürgschaft, als eigenes Rechtsgeschäft ausgestaltet. Die Erklärung des Schuldbeitritts muss daher nach allgemeinen Überlegungen auch die rechtsgeschäftlichen Abreden der Hauptschuld („essentialia negotii“) gedanklich mit umfassen, da deren Wirkungen unmittelbar auf den Beitretenden erstreckt werden. Konsequenterweise verlangt der BGH in seiner Rechtsprechung zum Schuldbeitritt zu einem Verbraucherdarlehensvertrag, dass die Schuldbeitrittserklärung nicht nur in Schriftform abzugeben ist, sondern auch alle zwingenden wesentlichen Kreditkonditionen und Regelungen des Verbraucherdarlehens – genauso wie bei den Willenserklärungen des Darlehensnehmers – enthalten muss (BGHZ 121, 1; 165, 43, 46 zu den Angaben nach § 4 VerbrKrG).
Für den Beitritt zu einer anwaltlichen Vergütungsvereinbarung ist danach zu verlangen, dass die dort getroffenen rechtgeschäftlichen Abreden zur vereinbarten Vergütung (also pauschales Honorar, Zeithonorar, Vereinbarungen zum Gegenstandswert, zum angemessenen Gebührensatz oder die Verbindung verschiedener dieser Elemente) auch in der (dauerhaft reproduzierbaren, vgl. § 126b BGB) Beitrittserklärung des Dritten enthalten sind oder auf diese Vereinbarungen in der Beitrittserklärung in transparenter Weise Bezug genommen wird (z.B. als Anlage zum Schuldbeitritt).
bb) Die Beitrittserklärung des Beklagten zu den (überwiegend künftig) anfallenden Vergütungsforderungen des Klägers gegen die frühere Beklagte zu 1) wird diesen (strengen) Anforderungen nicht gerecht.
Die Erklärung des Beklagten vom 10.03.2015 genügt den inhaltlichen Anforderungen an die in Textform abzugebende Willenserklärung nicht, da nur der Wille zu einem Schuldbeitritt in Textform abgegeben wird; die damit vom Beitretenden übernommene vertragliche Vergütungsregelung lässt sich dieser Urkunde aber nicht entnehmen und ist dort auch sonst inhaltlich nicht bestimmt. Die Vergütungsvereinbarung mit der früheren Beklagten zu 1) wurde ein Jahr vor dem Schuldbeitritt des Beklagten geschlossen und lag dem „Ratenzahlungsvertrag“ nicht bei. Auch der dort beigefügten Forderungsaufstellung (vorgelegt im Parallelverfahren 15 U 664/17 als Anlage K 1) lässt sich die zugrundeliegende vertragliche Abrede nicht zwingend entnehmen. Damit wäre mit der Erklärung vom 10.03.2016 schon die Textform des § 3a Abs. 1 Satz 1 RVG nicht erfüllt, da sich dieser Urkunde nichts dazu entnehmen lässt, nach welchen vertraglichen Maßstäben sich die vertraglich vereinbarte Rechtsanwaltsvergütung richten soll. Auch geht aus dem Hinweis auf die von der gesetzlichen Vergütung abweichende Vereinbarung in Ziffer 2 Satz 4 der Urkunde nicht eindeutig hervor, ob sich dies auf die aufgelaufenen Verbindlichkeiten oder auch auf die künftigen Verbindlichkeiten bezieht.
c) Aber auch nach den oben dargestellten großzügigeren Anforderungen an die Form des Schuldbeitritts zu einer Vergütungsvereinbarung sind die Voraussetzungen des § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG im vorliegenden Fall nicht gewahrt, da der Schuldbeitritt zur Vergütungsvereinbarung nicht von den übrigen rechtsgeschäftlichen Erklärungen des Beklagten „deutlich abgegrenzt“ ist und die Mithaftung für Vergütungsforderungen nicht als solche bezeichnet wird.
aa) Allerdings wäre nach diesem rechtlichen Maßstab das Erfordernis der Textform nach § 3a Abs. 1 Satz 1 RVG wohl schon erfüllt, da die isolierte Erklärung des Beklagten über den Schuldbeitritt in Ziffer 2 Satz 1 in Textform abgegeben wurde und in Ziffer 2 Satz 4 auf eine mögliche Abweichung von den gesetzlichen Gebühren hingewiesen wird. Diese Erklärung ist aber von der weiteren Erklärung des Beklagten zur Schuldübernahme wegen der Honorarrückstände der früheren Beklagten zu 1) nicht deutlich abgesetzt und auch nicht so bezeichnet.
bb) Die einschlägige Erklärung des Beklagten erfolgte in einer mit „Ratenzahlungsvereinbarung“ überschriebenen Urkunde, die in erster Linie ein Schuldanerkenntnis der Beklagten zu 1) wegen der bis dahin aufgelaufenen Zahlungsrückstände mit detaillierten Regelungen zu deren Rückführung enthält. Der Beitritt zu den laufenden und künftigen Honorarverbindlichkeiten der früheren Beklagten zu 1) erfolgte im selben Atemzug wie der Beitritt des Beklagten zum (abstrakten) Schuldanerkenntnis und findet sich ohne optische Hervorhebung im Fließtext eines acht Zeilen umfassenden Absatzes.
Diese beiden in Ziffer 2 Satz 1 enthaltenen Erklärungen des Beklagten sind auch rechtlich voneinander zu unterscheiden und bedingen sich nicht gegenseitig. Der Beklagte trat dort zunächst dem unmittelbar zuvor abgegebenen Schuldanerkenntnis der früheren Beklagten zu 1) bei (Satz 1 1. Teil) und verpflichtete sich zusätzlich, für die die laufenden, vertraglich vereinbarten Vergütungsforderungen des Klägers mit zu haften (Satz 1 2. Teil). Auf die mit der früheren Beklagten zu 1) geschlossene Vergütungsvereinbarung kommt es nur wegen der zweiten dort vom Beklagten abgegebenen Erklärung an. Eine Abgrenzung beider Regelungskomplexe ist in der Urkunde nicht angelegt.
Zudem fehlt der Urkunde vom 10.03.2016 eine Bezeichnung, aus der hervorgeht, dass sich der Beklagte auch wegen der laufenden und künftigen Honoraransprüche des Klägers die mit der Beklagten zu 1) geschlossene Vergütungsvereinbarung entgegenhalten lassen will; die gewählte Überschrift („Ratenzahlungsvereinbarungen“) betrifft nur die aufgelaufen (und in Ziffer 1 anerkannten) Verbindlichkeiten (nur dazu erfolgen auch die weiteren Vereinbarungen in Ziffern 4 bis 8), besagt aber nichts zur Handhabung der laufenden und künftigen Ansprüche des Klägers.
Damit sind aber die Anforderungen des auf den Schuldbeitritt entsprechend anzuwendenden § 3a RVG im vorliegenden Fall nicht eingehalten.
d) Ein gesetzliches Honorar in Höhe der Pauschale bzw. eine Vergütung nach § 34 RVG wegen der darin enthaltenen anwaltlichen Tätigkeit kann nicht festgestellt werden, da der Kläger seine Tätigkeit trotz eines gerichtlichen Hinweises (vgl. Verfügung vom 21,06.2017, Ziffer 5.4 = Bl. 191 d.A.) nicht dargestellt hat (Schriftsatz vom 10.08.2017, Seite 8 = Bl. 203 d.A.).
III. Der Kläger kann vom Beklagten gleichwohl die Zahlung der vereinbarten pauschalen Vergütung von März 2016 bis September 2016 verlangen (12.495,00 € = 7 x 1.785,00 €). Dem Beklagten ist es insoweit nach § 242 BGB verwehrt, sich auf die fehlende Form seines Schuldbeitritts zu berufen, da er als Geschäftsführer und Alleingesellschafter der früheren Beklagten zu 1) unter schwerwiegender Verletzung seiner Treuepflicht die zugrundeliegenden Leistungen des Klägers im Bewusstsein seines Schuldbeitritts abgerufen und verwendet hat.
1. Der Formmangel eines Rechtsgeschäfts ist nur ausnahmsweise wegen unzulässiger Rechtsausübung unbeachtlich. Formvorschriften dürfen im Interesse der Rechtssicherheit nicht aus bloßen Billigkeitserwägungen außer Acht gelassen werden. Ausnahmen sind deshalb nur zulässig, wenn es nach den Beziehungen der Parteien und den gesamten Umständen mit Treu und Glauben unvereinbar wäre, das Rechtsgeschäft am Formmangel scheitern zu lassen. Dabei sind aber strenge Maßstäbe anzulegen. Das Ergebnis darf die betroffene Partei nicht bloß hart treffen, sondern es muss schlechthin untragbar sein (z.B. BGH, Urteil vom 22.10.2015 – IX ZR 100/13, NJW 2016, 1391 Rn. 15 mwN). Von der Rechtsprechung sind bislang insbesondere zwei Fallgruppen als Ausnahmen anerkannt worden: die Fälle der – hier nicht vorliegenden – Existenzgefährdung des einen Teils und die Fälle einer besonders schweren Treuepflichtverletzung des anderen Teils (BGH, Urteil vom 20.09.1984 – III ZR 47/83, BGHZ 92, 164, 172; vom 13.10.2005 – III ZR 400/04, NJW 2005, 3633, 3636; vom 14.06.1996 – V ZR 85/95, NJW 1996, 2503, 2504; vom 24.04.1998 – V ZR 197/97, BGHZ 138, 339, 348 und vom 16.07.2004 – V ZR 222/03, NJW 2004, 3330, 3331 f; MüKoBGB/Einsele, 7. Aufl., § 125 Rdnr. 57 ff; Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl., § 125 Rdnr. 22, 27 ff; jeweils mwN).
Eine besonders schwere Treuepflichtverletzung kommt regelmäßig dann in Betracht, wenn eine Partei in schwerwiegender Weise gegen das Verbot des venire contra factum proprium verstoßen hat, etwa dadurch, dass sie die Erfüllung der von ihr übernommenen Verpflichtung verweigert, nachdem sie über längere Zeit die Vorteile aus der formunwirksamen Vereinbarung in Anspruch genommen hat (BGH, Urteile vom 14.06.1996 aaO und vom 16.07.2004 aaO; MüKoBGB/Einsele aaO Rdnr. 60; Palandt/Ellenberger aaO Rdnr. 30, 33).
2. So liegt es hier, soweit der Kläger nach dem Schuldbeitritt des Beklagten seine allgemeinen Rechtsberatungsleistungen („Dauerberater“) tatsächlich für die frühere Beklagte zu 1) bis September 2016 uneingeschränkt weiter erbracht hatte.
Die Beklagte zu 1) befand sich schon im März 2016 in einer schweren wirtschaftlichen Krise und allein die aufgelaufenen Honorarverbindlichkeiten waren auf über 40.000 € gestiegen (vgl. auch das Parallelverfahren 15 U 664/17). Dem Beklagten war in dieser Situation bewusst, dass der Kläger seine anwaltlichen Leistungen nur weiter erbringen würde, wenn ihm wegen der schon erfolgten und wegen der weiter entstehenden Honorarforderungen eine Sicherheit gestellt wird. Da der Beklagte nicht bereit war, die Bürgschaft eines Dritten zu stellen, hatte er selbst die persönliche Haftung übernommen. Ihm war damit bewusst, dass der Kläger das schon seit langem bestehende Vertragsverhältnis im Vertrauen auf seine Mithaftung fortsetzte. Soweit der Beklagte in seiner E-Mail vom 18.09.2017 (Anlage zum Protokoll vom 20.09.2017 = Bl. 229 d.A.) lapidar meint, ihm sei nicht nachvollziehbar, dass die Sicherheit „elementare Voraussetzung“ war, hilft ihm das nicht weiter. Aus dieser E-Mail ergibt sich das nachhaltige Sicherungsinteresse des Klägers, das dem Beklagten damals plastisch nahe gebracht wurde; letztlich räumt der Beklagte dort aber auch ein, dass die Sicherheit eine Voraussetzung für die weiteren Leistungen des Klägers war.
Der Beklagte hat in Kenntnis der Bedeutung seines Schuldbeitritts ab dem 10.03.2016 weiter unverändert die anwaltlichen Leistungen des Klägers eingefordert, wegen der in der Person der früheren Beklagten zu 1) kein werthaltiger Vergütungsanspruch mehr entstehen konnte. Dem Beklagten waren die wirtschaftlichen Hintergründe als Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten zu 1) bestens bekannt, zumal in diesen Zeitraum die Frage der Sanierung der Beklagten zu 1) intensiv besprochen wurde. Hinzu kommt, dass das anwaltliche Vertragsverhältnis mit einer Dauerberatungsleistung zum damaligen Zeitpunkt seit rund zehn Jahren bestand (vgl. den unstreitigen Tatbestand des EU, Seite 2 unten) und zwischen den Parteien eine gesteigerte Rücksichtnahmepflicht erwartet werden konnte.
Der Beklagte hatte schließlich als Alleingesellschafter der früheren Beklagten zu 1) an der weiteren reibungslosen Erbringung der Leistungen des Klägers ein ganz erhebliches eigenes wirtschaftliches Interesse, so dass er von der fortgesetzten Tätigkeit des Klägers mittelbar selbst profitierte.
3. Das Vertrauen des Klägers auf das Zustandekommen der wirksamen Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten ist insoweit auch schutzwürdig.
a) Die Partei, die an dem formnichtigen Rechtsgeschäft festhalten will, muss auf die Formgültigkeit vertraut haben. Daher ist § 242 BGB unanwendbar, wenn beide Parteien den Formmangel kannten. Auch grobfahrlässige Unkenntnis des Formmangels verdient keinen Schutz (Palandt/Ellenberger § 125 Rn. 25). Sofern beide Vertragsparteien den Formmangel nicht kannten, kann sich regelmäßig auch derjenige Vertragspartner auf die Formnichtigkeit des Rechtsgeschäfts berufen, der diese objektiv verursacht hat (MüKoBGB/Einsele § 125 Rn. 61 mwN).
b) Diese Grundsätze stehen der Berufung der Klägerin auf § 242 BGB nicht entgegen. Nach dem Vortrag der Parteien ist davon auszugehen, dass beide im März 2016 davon ausgingen, dass der Schuldbeitritt des Beklagten wirksam ist. Der Beklagte kann dem Kläger nicht entgegen halten, dass dieser als Rechtsanwalt selbst für die fehlende Einhaltung der Form verantwortlich wäre oder dass dem Kläger insoweit grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt.
Die rechtlichen Anforderungen an einen Schuldbeitritt zu einer vertraglichen Vergütungsabrede sind bis heute nur unzureichend in der Rechtsprechung geklärt; die oben zitierte Entscheidung des BGH erging erst nach Abschluss der streitigen Vereinbarung. Wie oben dargestellt, ist auch danach die Rechtslage offen, welche genauen Anforderungen sich aus § 3a RVG an den Schuldbeitritt ergeben. Der Kläger hat aber mit dem von ihm formulierten Text der Vereinbarung vom 10.03.2016 im Kern den gesetzlichen Formanforderungen entsprochen, indem er sich die Erklärung des Beklagten (sogar) in Schriftform hat geben lassen und diesen auf die von der gesetzlichen Vergütung ergebende Abweichung hingewiesen hat. Damit wurde den Formzwecken im vorliegenden Fall nachhaltig entsprochen. Zudem war der Beklagte als Alleingesellschafter und Geschäftsführer der früheren Beklagten zu 1) über die Tätigkeit des Klägers und die damit verbundene Art der Abrechnung immer im Bilde, zumal er selbst die zugrundeliegende Vergütungsvereinbarung (allerdings als Stellvertreter für die frühere Beklagte zu 1) abgeschlossen hatte.
c) Der Beklagte kann den Kläger auch nicht darauf verweisen, wegen der mit der Pauschale erbrachten anwaltlichen Tätigkeiten nachträglich nach RVG oder nach § 34 RVG abzurechnen.
Die vertraglich geschuldeten Tätigkeiten des Klägers wurden seit vielen Jahren zu einem wesentlichen Teil auf der Grundlage einer pauschalen Regelung („Dauerberater“) erbracht und als solche in Rechnung gestellt. Der Kläger hatte keinen Anlass, seine einzelnen auf dieser Grundlage erbrachten anwaltlichen Leistungen für eine spätere Abrechnung nach § 10 RVG zu dokumentieren oder sonst „gebührenrechtlich“ zu erfassen. Eine nachträgliche Aufarbeitung dieser Tätigkeit (nach Angelegenheiten, Gegenstandswert, Gebührenbemessung etc.) führt nach der Erfahrung des Senats, der seit vielen Jahren mit den anwaltsgebührenrechtlichen Fragen gut vertraut ist, zu einem unvertretbaren Zeit- und Arbeitsaufwand, der dem Kläger nicht zumutbar ist und vor dem er nach der formwirksamen Vergütungsvereinbarung mit der Beklagten zu 1) gerade bewahrt werden sollte.
4. Die schwerwiegende Treuepflichtverletzung des Beklagten entfällt jedoch in dem Zeitpunkt, als die Beklagte zu 1) den Dauerberatungsvertrag mit dem Kläger gekündigt und damit weitere anwaltliche Leistungen des Klägers offenkundig abgelehnt hatte. Insoweit zog der Beklagte weder für sich noch für die frühere Beklagte zu 1) für den Zeitraum nach der Kündigung weitere Vorteile aus seiner nicht der Form des § 3a RVG entsprechenden Mitverpflichtung. Allein das Vertragserfüllungsinteresse des Klägers gegenüber der früheren Beklagten zu 1) (§§ 611, 615 BGB) aus der Vergütungsvereinbarung des Jahres 2015 rechtfertigt es nicht, den Beklagten aus der nicht § 3a RVG genügenden Haftungsübernahme zu verpflichten.
C.
Die Klage war wegen der restlichen Vergütungsforderungen abzuweisen (Einzelobjekte: 277,51 € (K 6-8; Az. 56-15; EU, Seite 6: es liegt ein Gerichtsverfahren zugrunde); 1.639,46 € (45-16; K 36) wird als Zeithonorar abgerechnet (EU, Seite 6; Forderungsabwehr); Sonderprojekte: 138,75 € (Anlage K 10; 122-13; EU Seite 7) wird als Zeithonorar abgerechnet (Baumängel; selbst. Beweisverfahren; Vertretung), da insoweit kein Schuldbeitritt vorliegt, der in der Form des § 3a RVG erklärt wurde (siehe oben B. II.) und sich eine Haftung des Beklagten auch nicht auf § 242 BGB stützen lässt.
1. Wegen dieser anwaltlichen Tätigkeit steht dem Kläger das gesetzliche RVG-Honorar zu, das er aber erhalten hat. Insoweit ist auch die Mithaftung des Beklagten im Wege der Erfüllung erloschen (§ 422 Abs. 1 Satz 1 BGB).
2. Soweit das vereinbarte Zeithonorar des Klägers bei diesen Angelegenheiten über die gesetzlichen Gebühren hinausgeht, lässt sich eine Haftung des Beklagten nicht auf § 242 BGB stützen, da die vom Beklagten gezogenen Vorteile bereits in angemessener Weise bezahlt worden sind. Das wirtschaftliche Ergebnis des Formmangels trifft den Kläger insoweit nicht mehr „untragbar“. Hinzu kommt, dass ein Teil des dort abgerechneten Zeitaufwands schon vor dem 10.03.2016 angefallen war (siehe EU, Seite 6 „G. T. GmbH und Seite 7 „Stadt Hof“) und daher vom Kläger nicht im Vertrauen auf einen formgültigen Schuldbeitritt des Beklagten erbracht wurde.
D.
Der Kläger kann vom Beklagten die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten wegen der Mahnung vom 19.07.2016 (Anlage K 19) in Höhe von 1.190,00 € nicht verlangen. Der Kläger trägt schon nicht vor, dass sich der Beklagte vor dem 19.07.2016 im Verzug befunden hat, so dass ihm gegen den Beklagten kein Schadensersatz wegen Verzugs nach §§ 286, 249 BGB zusteht. Entsprechend war auch der Zinsanspruch gegenüber dem EU abzuändern.
I. Der Schuldbeitritt begründet eine eigene, nicht akzessorische Schuld des Dritten, die neben die des Schuldners tritt. Sie bemisst sich nach Inhalt und Umfang in der Sekunde ihrer Begründung nach der Haupt- oder Urschuld (BGH NJW 1996, 2156), geht aber ab diesem Zeitpunkt getrennte Wege und ist nur durch den Tilgungszusammenhang mit ihr verbunden (BGHZ 58, 251). Nach den Regelungen der Gesamtschuld hat der Verzug eines Schuldners nur Einzelwirkung (§ 425 Abs. 2 BGB).
Der Kläger trägt zwar zum Verzug der früheren Beklagten zu 1) vor, nicht aber zum Verzug des Beklagten. Die vorgelegten Rechnungen sind an die frühere Beklagte zu 1), nicht an den Beklagten gerichtet. Da der Beklagte, der als Geschäftsführer und Gesellschafter der früheren Beklagten zu 1) handelte, auch nach seinem Schuldbeitritt Verbraucher war (vgl. das Urteil vom heutigen Tage in der Sache 15 U 664/17; Palandt/Ellenberger, BGB, § 13 Rdnr. 3), käme er auch ohne eine entsprechende Belehrung nicht nach § 286 Abs. 3 BGB allein durch die Übersendung der Rechnung in Verzug.
II. Der Kläger kann vom Beklagten wegen der Klageforderung Zinsen ab Rechtshängigkeit (die Zustellung der Klage erfolgte am 19.09.2016) verlangen. Der Zinssatz ist aus § 288 Abs. 1 BGB zu entnehmen (i.V.m. § 291 BGB).
Ein früherer Verzugseintritt des Beklagten kann nicht festgestellt werden (§ 286 Abs. 1 BGB). Der E-Mail vom 19.07.2016 (Anlage K 19) lässt sich nicht eindeutig eine Mahnung des Beklagten wegen seiner Schuld aus dem Schuldbeitritt entnehmen; die dort in Bezug genommene Ratenzahlungsvereinbarung (Anlage K 18) spricht dafür, dass damit allein die frühere Beklagte zu 1) angesprochen werden sollte, da nur mit dieser der Ratenzahlungsplan vereinbart war.
E.
Zu den Nebenentscheidungen ist auszuführen:
I. Die Kostenentscheidung ergeht nach §§ 91, 92 ZPO, wobei wegen der veränderten Streitwerte zwischen den beiden Instanzen zu trennen war. Die frühere Beklagte zu 1) wird durch die Abänderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung nicht beschwert. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erging nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
II. Die Revision war zuzulassen, soweit es um die Frage geht, welche inhaltlichen Anforderungen die Vorschrift des § 3a Abs. 1 RVG an die Erklärung des Schuldbeitritts zu einer anwaltlichen Vergütungsforderung stellt. In der Rechtsprechung des BGH ist zwar geklärt, dass sie auf den Schuldbeitritt anzuwenden ist, offen und klärungsbedürftig erscheinen dem Senat aber die sich daraus ergebenden inhaltlichen Anforderungen. Die Revisionszulassung betrifft daher die Klageabweisung wegen der Pauschalhonorare ab Oktober 2016 (oben Gründe B. II. und III. 4.) und die Klageabweisung wegen der über den gesetzlichen Gebühren liegenden Zeithonorare (oben C). Eine Divergenz zur Entscheidung des OLG Hamm vom 18.06.2002 (Az. 28 U 3/02) liegt dagegen nicht vor (oben A. II. 2. b).
Soweit diese Entscheidung die Haftung des Beklagten auf § 242 BGB stützt, werden die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auf den Einzelfall angewandt.
III. Der Schriftsatz des Klägers vom 22.09.2017 (Bl. 232 d.A.) gab keinen Anlass, wieder in die mündliche Verhandlung einzutreten (§ 156 ZPO). Auf diesen wurde inhaltlich schon oben (A. II. 2.) eingegangen.


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