Arbeitsrecht

Freistellung von Vermögenswerten bei der Bemessung von Ausbildungsförderung

Aktenzeichen  12 C 17.2421

Datum:
15.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 1657
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BAföG § 25 Abs. 6, § 27 Abs. 1, Abs. 2, § 28 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 4, § 29 Abs. 3
EStG §§ 33 ff.
AltZertG § 5

 

Leitsatz

1 Abweichend von § 28 Abs. 2, Abs. 4 BAföG können nach § 29 Abs. 3 BAföG in Ausnahmefällen auch Vermögenseinbußen berücksichtigt werden, die nach der Antragstellung eintreten (vgl. VG Schwerin BeckRS 2015, 46208. (Rn. 19) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Nach § 29 Abs. 3 BAföG können analog § 25 Abs. 6 S. 2 BAföG auch selbstgetragene Krankheitskosten berücksichtigt werden, sofern sie sich als außergewöhnliche Belastungen iSv §§ 33 ff. EStG darstellen (vgl. VG Schwerin BeckRS 2015, 46208). (Rn. 19) (red. LS Clemens Kurzidem)
3 Wird bereits das angesparte Kapital einer privaten Rentenversicherung nach § 29 Abs. 3 BAföG anrechnungsfrei gestellt, weil der Rückkaufwert zum Zeitpunkt der Antragstellung unterhalb der bereits gezahlten Beiträge liegt, scheidet die gleichzeitige Freistellung der gezahlten Beiträge aus. Dies gilt ebenso, wenn es sich um eine Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht handelt, die die Voraussetzungen des § 5 AltZertG nicht erfüllt. (Rn. 20) (red. LS Clemens Kurzidem)
4 BAföG-Nachzahlungen können auch dann nicht nach § 29 Abs. 3 BAföG anrechnungsfrei gestellt werden, wenn sie aufgrund rechtswidriger Vorenthaltung durch das zuständige Ausbildungsförderungsamt erfolgt sind (vgl. VGH BW BeckRS 9998, 31058). War der Auszubildende jedoch aufgrund der ausgebliebenen Förderung gezwungen, seinen Lebensunterhalt durch Aufnahme von Darlehen zu decken, finden die Darlehensschulden – sofern bei Antragstellung noch vorhanden – nach § 28 Abs. 3 S. 1 BAföG als Abzugsbetrag Berücksichtigung. (Rn. 23) (red. LS Clemens Kurzidem)

Verfahrensgang

RN 9 K 16.959 2017-11-08 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

Die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung wird zurückgewiesen.

Gründe

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Beschwerde die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung für ihre auf die Bewilligung von Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe für den Zeitraum April 2016 bis März 2017 unter Anrechnungsfreistellung vorhandenen Vermögens zur Vermeidung unbilliger Härten gerichtete Klage weiter.
I.
Seit dem Sommersemester 2013 absolviert sie ein Masterstudium der Fachrichtung Informatik an der Universität Passau. Am 12. Januar 2016 beantragte sie beim beklagten Studentenwerk Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum April 2016 bis März 2017. Diesen Antrag lehnte das Studentenwerk für den Zeitraum April 2016 bis September 2016 ab, da das der Klägerin anzurechnende Einkommen und Vermögen den ermittelten Gesamtbedarf überstieg. Für den weiteren Zeitraum Oktober 2016 bis März 2017 wurde ihr Ausbildungsförderung in Höhe von 157,- € monatlich bewilligt. Mit ihrem hiergegen am 21. März 2016 erhobenen Widerspruch trug die Klägerin vor, dass der Bescheid inhaltliche und rechnerische Fehler aufweise. So habe das Studentenwerk auf ihr Vermögen entgegen dem gestellten Härteantrag keinen Freibetrag gewährt. Insbesondere sei Vermögen in Höhe von 1.025,- € anrechnungsfrei zu stellen, da es auf Schmerzensgeldzahlungen beruhe. Ebenfalls anrechnungsfrei bleiben müsse ein Betrag in Höhe von 274,- €, der für die Beschaffung von Brennstoffen verwendet worden sei. Ferner habe das Studentenwerk die Jahresprämie in Höhe von 286,60 € für eine private Rentenversicherung nicht anrechnungsfrei gestellt. Die entsprechenden Beitragszahlungen seien erforderlich, da die Klägerin aufgrund ihrer Erkrankung ihr Studium nur innerhalb einer deutlich verlängerten Studienzeit durchführen und voraussichtlich nicht bis zum Erreichen des Rentenalters berufstätig sein könne. Weiter sei ein Härtefreibetrag in Höhe von mindestens 100,- € für gesundheitsbezogene Ausgaben zu gewähren, die im Zusammenhang mit der Behandlung bzw. Abmilderung ihrer Behinderung stünden. Schließlich sei ein weiterer Freibetrag aufgrund studienbedingter Fahrt- und Übernachtungskosten anrechnungsfrei zu stellen.
In der Folge erhob die Klägerin am 22. Juni 2016 Untätigkeitsklage und stellte zugleich einen Eilantrag, dessen Erlass das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 10. August 2016 ablehnte. Zur Begründung wurde über das Widerspruchsvorbringen hinaus darauf verwiesen, dass das beklagte Studentenwerk im 1. Quartal 2015 aufgrund eines anderweitigen Klageverfahrens geleistete BAföG-Nachzahlungen zu Unrecht dem anrechenbaren Vermögen zurechnen würde. Die Klägerin sei seit April 2016 dazu gezwungen, ihr Vermögen für ihr Studium zu verwerten und habe bereits ein Darlehen aus dem Härtefonds der Universität Passau beantragen müssen.
Das beklagte Studentenwerk gab dem Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 7. Juli 2016 teilweise statt und änderte mit weiterem Bescheid vom 8. Juli 2016 den Bescheid vom 17. März 2016 dahingehend ab, dass nunmehr für den Bewilligungszeitraum Oktober 2016 bis März 2017 Ausbildungsförderung in Höhe von 249,- € festgesetzt wurde. Dem lag die Berücksichtigung eines Freibetrags nach § 25 Abs. 6 BAföG von 148,33 € monatlich sowie eines Vermögens in Höhe von 9.741,50 € zugrunde. Weiter wurden Schmerzensgeldzahlungen in Höhe von 1.000,- € nach § 29 Abs. 3 BAföG anrechnungsfrei gestellt und gesundheitsbezogene Ausgaben in Höhe von 90,- € berücksichtigt. Demgegenüber hätten die geltend gemachten Brennstoffkosten sowie die Beitragszahlungen für die Rentenversicherung nicht von der Anrechnung ausgenommen werden können. Dies gelte ebenfalls für die angeführten studienbedingten Fahrt- und Übernachtungskosten, da überhaupt nicht klar sei, ob und in welcher konkreten Höhe sie anfallen würden. Im Übrigen seien im Zusammenhang mit Seminaren, Forschungsexkursionen und Recherchearbeiten entstehende Kosten bereits im BAföG-Satz berücksichtigt. Hinsichtlich der BAföG-Nachzahlungen sei festzuhalten, dass deren Auszahlung mehr als ein Jahr vor der aktuellen Antragstellung liege. In der Zwischenzeit sei ein neuer Studiengang aufgenommen und ein neuer Ausbildungsabschnitt begonnen worden. Es erscheine daher zumutbar, den den Freibetrag übersteigenden Vermögenswert für die Ausbildung einzusetzen, sodass auch die BAföG-Nachzahlungen nicht anrechnungsfrei gestellt werden könnten.
Mit der Fortführung der Klage nach Verbescheidung des Widerspruchs beantragte die Klägerin Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung, deren Bewilligung das Verwaltungsgericht mit dem nunmehr streitbefangenen Beschluss vom 8. November 2017 angesichts mangelnder Erfolgsaussichten ablehnte. Das beklagte Studentenwerk habe die Freistellung von Vermögen nach § 29 Abs. 3 BAföG nicht zu Unrecht versagt. So bilde zunächst die Beschaffung von Brennstoffen keinen Fall einer unbilligen Härte. Heizkosten, egal in welcher Form, seien im Bedarfssatz im Rahmen der Aufwendungen für die Unterkunft bereits berücksichtigt. Darüber hinaus sei der Klägerin auch für die Beitragszahlungen zu ihrer privaten Rentenversicherung kein Freibetrag nach § 29 Abs. 3 BAföG zu gewähren. Der Rentenvertrag vermittle ihr nämlich neben der Rentenzahlung auch ein Kapitalwahlrecht und unterscheide sich damit von einer sog. Riesterrente. Die Anrechnungsfreistellung aufgrund unbilliger Härte komme nach § 29 Abs. 3 BAföG indes nur bei Altersvorsorgeverträgen in Betracht, die die Voraussetzungen des § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes erfüllten. Hinzu komme, dass das Studentenwerk im Bescheid vom 17. März 2016 und 8. Juli 2016 davon abgesehen habe, den Rückkaufwert des Rentenversicherungsvertrages in Höhe von 3.744,64 € dem Vermögen der Klägerin nach § 27 Abs. 1 BAföG zuzurechnen, obgleich es sich vorliegend nicht um eine rein verrentete Sparform handele, die nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 BAföG dem Vermögensbegriff nicht unterfalle. Durch die Freistellung eines weiteren Teils des Vermögens nach § 29 Abs. 3 BAföG für die Zahlung der Rentenversicherungsbeiträge würde die Klägerin folglich doppelt begünstigt. Keine weitere Vermögensfreistellung könne auch insoweit erfolgen, als die Klägerin die Teilnahme an einer Prüfung in Erlangen beabsichtige. Keinen Bedenken begegne weiterhin, dass das beklagte Studentenwerk davon abgesehen habe, insgesamt 7.776,- € nachgezahlte Ausbildungsförderungsleistungen anrechnungsfrei zu stellen. Die Herkunft des Vermögens sei grundsätzlich für die Frage von dessen Anrechnung unerheblich. BAföG-Nachzahlungen unterlägen nur dann der Anrechnungsfreistellung, wenn sie auf einer rechtswidrigen Vorenthaltung der Ausbildungsförderung von Seiten des Amtes für Ausbildungsförderung beruhten, jedoch dann nicht, wenn der Auszubildende seinerseits in der Lage gewesen sei, die Vorenthaltung der Ausbildungsförderung ohne nennenswerte Verschuldung zu überbrücken. Die Klägerin habe demgegenüber nicht hinreichend dargelegt, dass sie Schulden habe machen müssen, um den Zeitraum bis zur rückwirkenden Leistung der BAföG-Mittel zu überbrücken. Die Inanspruchnahme von Mitteln des Härtefonds der Universität Passau in Höhe von 400,- € erweise sich gegenüber den Nachzahlungen von insgesamt 7.776,- € als untergeordneter Betrag. Die Gewährung eines Härtefreibetrags in Höhe der BAföG-Nachzahlungen erscheine auch nicht deshalb angezeigt, weil das Fehlen von Ausbildungsförderung Verzögerungen beim Studienverlauf und damit ein Überschreiten der Förderungshöchstdauer zur Folge gehabt hätte. Denn der vorliegend streitgegenständliche Förderzeitraum betreffe mit dem Masterstudium Informatik einen neuen Ausbildungsabschnitt. Das vorangegangene Bachelorstudium habe sich auch nicht, soweit ersichtlich, aufgrund des Ausbleibens von Ausbildungsförderung verzögert. Schließlich könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass zwischen den BAföG-Nachzahlungen und dem jetzigen Förderantrag ein erheblicher Zeitabstand von fast eineinhalb Jahren liege, sodass eine Abschichtung des Vermögens der Klägerin nicht mehr möglich sei.
Mit ihrer gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde verfolgt die Klägerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe weiter. Zur Begründung trägt sie vor, nach der UN-Behindertenrechtskonvention müsse beim Vollzug des BAföG die Behinderung eines Auszubildenden Berücksichtigung finden. Insbesondere dürften die durch eine Behinderung entstehenden Zusatzkosten während der Ausbildung nicht außer Acht gelassen werden. Demgegenüber würden die Pauschalisierungen und Typisierungen des auf „normale“ Auszubildende zugeschnittenen Ausbildungsförderungsrechts behinderungsbedingte Mehrausgaben nicht berücksichtigen. Demzufolge müssten insbesondere zusätzliche Freibeträge auf das Vermögen zur Abfederung unbilliger Härten gewährt werden. Derartige Freibeträge habe das beklagte Studentenwerk der Klägerin jedoch trotz der offenen Formulierung der Verwaltungsvorschrift zu § 29 Abs. 3 BAföG versagt.
Die Aufnahme vollverzinster Bankkredite zur Finanzierung teils behinderungsbedingter Mehrbedarfe sei für die Klägerin nicht in Betracht gekommen, da sie bereits aus dem Bachelorstudium mit einem regulären BAföG-Darlehen in Höhe von 10.000,- € belastet sei und sie ferner davon ausgehe, aufgrund ihrer Behinderung nur einer eingeschränkten Tätigkeit mit entsprechend geringeren Verdienstmöglichkeiten nachgehen zu können.
Hinsichtlich der privaten Rentenversicherung sei auszuführen, dass diese seit März 2003 bestehe und erst in 2018 der Rückkaufswert erstmals die eingezahlten Beiträge überschritten habe. Angesichts der steuerlichen Begünstigung dieses „Altvertrags“ sei ihr mehrfach davon abgeraten worden, den Vertrag aufzulösen.
Auch beim Bausparvertrag handele es sich um einen sog. Altvertrag aus dem November 2006. Das angesparte Kapital müsse nicht zwingend für wohnwirtschaftliche Zwecke verwendet werden. Darüber hinaus habe sie den Bausparvertrag Ende September 2016 an ihre Schwester verpfändet.
Was Bankguthaben betreffe, hätten diese seit dem Weiterförderungsantrag vom Dezember 2014 innerhalb eines Jahres um etwa 4.000,- € zugenommen, was aus „dazwischen erfolgten Nachzahlungen“ herrühre. So seien Anfang 2015 BAföG-Nachzahlungen in Höhe von insgesamt 7.776,- € sowie im Dezember 2015 eine Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 1.000,- € eingegangen. Ferner habe die Klägerin noch im Jahr 2014 ein Preisgeld in Höhe von 5.000,- € der Stiftung Lebensspur e.V. für ihren beachtenswerten Lebensweg erhalten. Dieses Preisgeld habe gerade nicht zur Bestreitung des gewöhnlichen Lebensunterhalts, sondern der Finanzierung persönlicher Projekte dienen sollen. Weiter sei am 13. Mai 2015 rückständiger Unterhalt des Vaters in Höhe von 1.050,- € aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs eingegangen.
Von den genannten Vermögenswerten sei die kapitalbildende Rentenversicherung von der Vermögensanrechnung unstreitig freizustellen, da der Rückkaufwert unter dem Betrag der eingezahlten Beiträge gelegen habe. Als unstreitig habe sich zuletzt auch die Freistellung der Schmerzensgeldzahlung erwiesen. Dass hinsichtlich des Bausparvertrags indes lediglich 10% der angesparten Summe freigestellt, das Kapital im Übrigen voll angerechnet worden sei, stelle eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu anderen Vorsorgeformen dar, insbesondere zur kapitalbildenden Rentenversicherung, bei der keine Anrechnung erfolgt sei, obwohl bei einer Verwertung ein Verlust gegenüber den eingezahlten Beiträgen aufgetreten wäre.
Bei den für die Teilnahme an einer Veranstaltung „IT-Sicherheit“ in Erlangen geltend gemachten Kosten sei anzumerken, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts es sich um eine zusätzliche Veranstaltung gehandelt habe, die nicht Teil des eigentlichen Studiums in Passau gewesen sei. Anfallende Kosten könnten daher nicht Bestandteil der Regelförderung sein, sondern stellten einen Mehrbedarf dar. Entgegen der ursprünglichen Planung sei die Prüfung nunmehr am 12. August 2017 heimatnäher an der Universität Regensburg abgelegt worden; für die Teilnahme seien etwa 50,- € Fahrtgeld angefallen.
Was die Nichtfreistellung der nachgezahlten BAföG-Leistungen betreffe sei anzumerken, dass, wie sich bereits aus der Verfahrensakte RN 9 K 12.699 ergebe, diese zu einer Verlängerung der Studienzeit geführt hätten. Weiter sei das beklagte Studentenwerk im damaligen Verfahren zur Zahlung von Zinsen für ein kfw-BAföG-Darlehen verurteilt worden, was belege, dass sehr wohl Fremdfinanzierungsmittel in Anspruch genommen worden seien. Infolge der Angst vor Überschuldung sei das KfW-Darlehen in den Auszahlungsbeträgen begrenzt worden. Die Rückzahlung des Darlehens sei bereits während der Laufzeit erfolgt, sodass das Darlehenskonto bereits am 31. Mai 2013 wieder ausgeglichen gewesen sei. Während des laufenden BAföG-Prozesses habe die Klägerin ferner Wohngeld bezogen, was nach der BAföG-Bewilligung zu einer Rückforderung geführt habe. Was private Darlehen betreffe, so habe sich die Klägerin von ihrer Mutter und ihrer Oma insgesamt 2.500,- € geliehen. Darüber hinaus habe sie ihre Schwester im Laufe des gesamten bisherigen Studiums finanziell unterstützt, ohne dass sich der genaue Betrag rekonstruieren ließe. Insgesamt sei der überwiegende Teil der BAföG-Nachzahlungen für die genannten Ausgaben und zur Schuldentilgung verwendet worden. Das Darlehen aus dem Härtefonds der Universität Passau in Höhe von 400,- € habe dem Lebensunterhalt im Sommersemester 2016 gedient. Seitens einer weiteren Stiftung sei ein Darlehen in Höhe von 200,- € sowie eine Spende in Höhe von 150,- € gewährt worden.
Ausgehend von der finanziellen Notlage sowie der gesundheitsbedingten Einschränkungen sei weiterhin von einer Studienzeitverlängerung auszugehen. Zwar habe die Universität Passau einer Verlängerung der Höchststudiendauer nochmals bis März 2019 zugestimmt. Mangels entsprechend erworbener ECTS-Punkte sei jedoch davon auszugehen, dass nach diesem Zeitpunkt die Masterprüfung als erstmals nicht bestanden gewertet werden müsse, sodass eine Gefährdung des Studienabschlusses drohe. Angesichts des auslaufenden Unterhaltsanspruchs gegenüber dem Vater sei es daher dringend notwendig, Rücklagen zu bilden.
Das beklagte Studentenwerk tritt der Beschwerde unter Verweis auf den für zutreffend erachteten verwaltungsgerichtlichen Beschluss entgegen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Klägerin bleibt auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Beschwerdeverfahren ohne Erfolg. Ihrer Klage fehlen gemessen am spezifisch prozesskostenhilferechtlichen Maßstab (vgl. hierzu aus neuerer Zeit BVerfG, B.v. 18.9.2017 – 2 BvR 451/17 u.a. – NVwZ 2018, 319) die erforderlichen Erfolgsaussichten. Hierzu kann zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst nach § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die für zutreffend erachteten Gründe des angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Beschlusses verwiesen werden.
Ergänzend ist zum Beschwerdevorbringen der Klägerin Folgendes anzumerken:
1. Soweit sie zunächst die fehlende Berücksichtigung eines weiteren Freibetrags aufgrund der durch ihre Behinderung entstehenden Zusatzkosten bei der Vermögensanrechnung rügt, die auch aufgrund der Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention geboten sei, kann sie damit nicht durchdringen. Zwar besteht grundsätzlich die Möglichkeit, abweichend von § 28 Abs. 2 und Abs. 4 BAföG, wonach auf den Vermögenswert zum Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen ist und Veränderungen zwischen Antragstellung und Ende des Bewilligungszeitraums unberücksichtigt bleiben, im Rahmen von § 29 Abs. 3 BAföG auch Vermögensverluste zu berücksichtigen, die ohne Einflussnahme des Auszubildenden nach der Antragstellung eintreten (vgl. VG Schwerin, U.v. 5.1.2015 – 6 A 1693/11 – BeckRS 2015, 46208; Rothe/Blanke, Bundesausbildungsförderungsgesetz, § 29 Rn. 17.4). Ferner können analog der Regelung des § 25 Abs. 6 Satz 2 BAföG bei der Anrechnungsfreistellung nach § 29 Abs. 3 BAföG auch selbstgetragene Krankheitskosten berücksichtigt werden, sofern sie sich als außergewöhnliche Belastungen im Sinne von §§ 33 bis 33b Einkommensteuergesetz (EStG) darstellen (vgl. hierzu ausführlich VG Schwerin, U.v. 5.1.2015 – 6 A 1693/11 – BeckRS 2015, 46208). Dass der Klägerin indes im Zeitraum zwischen der Antragstellung im Januar 2016 und dem Ende des Bewilligungszeitraums im März 2017 krankheits- bzw. behinderungsbedingte Mehraufwendungen, die von der Krankenversicherung nicht erstattet wurden, entstanden sind, hat sie nicht vorgetragen. Soweit sie auf die von ihrer Krankenversicherung nicht erstatteten Kosten für medizinische Einlegesohlen verweist, sind diese im September 2015 und damit außerhalb des vorliegend streitgegenständlichen Zeitraums entstanden.
2. Auch die begehrte Anrechnungsfreistellung der Beiträge zur privaten Rentenversicherung (mit Kapitalwahlrecht) hat das Verwaltungsgericht zutreffend zurückgewiesen. Denn insoweit hat das beklagte Studentenwerk bereits das bislang angesparte Kapital nach § 29 Abs. 3 BAföG (vgl. hierzu Ziffer 29.3.2 lit. h BAföG-VwV) anrechnungsfrei gestellt, da der Rückkaufwert der Versicherung zum Zeitpunkt der Antragstellung unterhalb der gezahlten Beiträge der Klägerin gelegen hat. Zugleich hat es gem. Ziffer 29.3.2 lit. g BAföG-VwV die von der Klägerin geleisteten Beiträge nicht anrechnungsfrei gestellt, da es sich bei der Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht nicht um einen Altersvorsorgevertrag handelt, der die Voraussetzungen des § 5 AltZertG erfüllt. Würde man neben dem angesparten Kapital nunmehr auch, wie es die Klägerin beansprucht, die Beiträge zur privaten Rentenversicherung anrechnungsfrei stellen, läge eine Doppelberücksichtigung vor. Die Beiträge können daher nicht vermögensmindern angesetzt werden.
3. Nicht zu beanstanden ist weiterhin die Berücksichtigung des Bausparvertrags der Klägerin mit 90% der angesparten Summe als Vermögen. Der Abschlag von 10% entspricht dabei den bei einer (vorzeitigen) Verwertung des Bausparguthabens eintretenden Verlusten (vgl. hierzu Ziffer 28.3.4 BAföG-VwV). Anhaltspunkte dafür, dass das Bausparguthaben zur Vermeidung unbilliger Härten nach § 29 Abs. 3 BAföG anrechnungsfrei gestellt werden sollte, liegen nicht vor. Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe den Bausparvertrag Ende September 2016 an ihre Schwester verpfändet, kann dieser Umstand bereits nach § 28 Abs. 4 BAföG als eine zwischen Antragstellung und Ende des Bewilligungszeitraums eingetretene Veränderung nicht berücksichtigt werden.
4. Ebenfalls nach Antragstellung im Januar 2016 und damit für den streitgegenständlichen Förderzeitraum nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG nicht als bestehende Schulden und Lasten zu berücksichtigen sind das Darlehen von 400,- € aus dem Härtefonds der Universität Passau gemäß Darlehensvertrag vom 25. Mai 2016 sowie das Darlehen der D.-P.-Stiftung in Höhe von 200,- € vom August 2016. Außerhalb des Förderzeitraums entstanden sind weiterhin die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für die Teilnahme an einer auswärtigen Prüfung, die am 12. August 2017 stattgefunden hat. Bereits rund ein Jahr vor Antragstellung erfolgte die Wohngeldrückforderung in Höhe von 948,- €. Dass die Klägerin diese Schuld bis zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht beglichen hat, ist weder vorgetragen worden noch sonst aus den Akten ersichtlich. Mithin ergibt sich auch hieraus kein nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG zu berücksichtigender Abzugsbetrag.
5. Schließlich hat das Verwaltungsgericht zutreffend die Freistellung von BAföG-Nachzahlungen in Höhe von rd. 7.700,- €, die rund eineinhalb Jahre vor Antragstellung erfolgten, nach § 29 Abs. 3 BAföG abgelehnt. Denn ungeachtet des Umstands, dass aufgrund des zeitlichen Abstands zwischen der Nachzahlung sowie der Antragstellung nicht mehr festgestellt werden kann, dass im Januar 2016 vorhandenes Vermögen konkret Bestandteil dieser Nachzahlung ist (vgl. hierzu VG München, U.v. 29.4.2010 – M 15 K 08.2558 – BeckRS 2010, 35803), kommt eine Anrechnungsfreistellung nach § 29 Abs. 3 BAföG für BAföG-Nachzahlungen auch dann nicht in Betracht, wenn sie aufgrund rechtswidriger Vorenthaltung durch das zuständige Ausbildungsförderungsamt erfolgte (vgl. hierzu Baden-Württembergischer Verwaltungsgerichtshof, B.v. 24.3.2000 – 7 S 14/00 – juris, Rn. 4 f.; ferner Hartmann in Rothe/ Blanke, Bundesausbildungsförderungsgesetz, Stand April 2016, § 29 Rn. 17.5). War der Auszubildende infolge der ausgebliebenen Ausbildungsförderungsleistungen gezwungen, seinen Lebensunterhalt durch Aufnahme von Darlehen zu decken, finden die Schulden – sofern bei der aktuellen Antragstellung noch vorhanden – nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG als Abzugsbetrag Berücksichtigung. Entsprechende Schulden zum Antragszeitpunkt im Januar 2016 hat die Klägerin indes nicht dargelegt. Soweit sie zur Finanzierung ihres Unterhalts vor der BAföG-Nachzahlung auf Fremdmittel zurückgegriffen hat, hatte sie diese Schulden nach ihren eigenen Angaben bereits zum 31. Mai 2013 wieder getilgt. Darlehensverbindlichkeiten aus der Leistung von Ausbildungsförderung selbst sind nach § 28 Abs. 3 Satz 2 BAföG im Zusammenhang mit der Vermögensberechnung nicht berücksichtigungsfähig. Für Schulden in Höhe von 2.500,- € gegenüber ihrer Mutter und Großmutter hat die Klägerin schließlich keinerlei Nachweise erbracht. Eine (teilweise) Anrechnungsfreistellung der BAföG-Nachzahlungen kommt damit ebenfalls nicht in Betracht.
Der Klage auf Leistung von Ausbildungsförderung über die im Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2016 bewilligten Mittel hinaus kommen mithin für den streitgegenständlichen Förderzeitraum keine für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe hinreichenden Erfolgsaussichten zu.
6. Eine Kostenentscheidung war vorliegend entbehrlich, da Gerichtskosten in Angelegenheiten des Ausbildungsförderungsrechts nach § 188 Satz 2, 1 VwGO nicht erhoben und Kosten im Rahmen der Prozesskostenhilfebeschwerde nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet werden.
Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.


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