Arbeitsrecht

Gebühren in Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO und § 80 Abs. 7 VwGO nur einmal erstattungsfähig

Aktenzeichen  M 15 M 18.33732

Datum:
25.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 50307
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, Abs. 7, § 151, § 165
RVG § 15 Abs. 1, § 16 Nr. 5

 

Leitsatz

1. Bei einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung im Ausgangs- und dem folgenden Abänderungsverfahren handelt es sich kostenrechtlich um eine Tätigkeit des Rechtsanwalts in “derselben Angelegenheit”, für die die Vergütung nur einmal gefordert werden kann (Rn. 14). (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Verlagerung oder Aufteilung der insgesamt nur einmal zu verlangenden Vergütung in das nachfolgende Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO ist nicht möglich (Rn. 17). (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Kostengrundentscheidung im Abänderungsverfahren legitimiert allein die Geltendmachung solcher Kosten, die erst und nur im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO entstanden sind  (Rn. 17). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. September 2018 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Verwaltungsgerichts München vom 20. September 2018.
Mit Beschlüssen des Gerichts gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vom 26. Juli 2017 (M 15 S 17.37287) und gemäß § 80 Abs. 7 VwGO vom 28. Juni 2018 (M 15 S7 18.32513) lehnte das Verwaltungsgericht München den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (M 15 K 17.37239) gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 30. März 2017 ab (Nr. I) und erlegte dem Antragsteller in Nr. II des Tenors die Kosten des Verfahrens auf. Mit Beschluss vom 6. September 2018 (M 15 S7 18.33282) gab das Gericht dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage schließlich statt und erlegte unter Nr. II. des Tenors die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin auf.
Der Kostenfestsetzungsantrag der Bevollmächtigten des Antragstellers vom 14. September 2018 über 334,75 EUR wurde mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. September 2018 abgelehnt.
Am 1. Oktober 2018 beantragten die Bevollmächtigten des Antragstellers die Entscheidung des Gerichts.
Zur Begründung stützten sie sich im Wesentlichen auf die Ausführungen einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 25. Juni 2018 (Az. W 2 M 18. 30718 – juris).
Die Urkundsbeamtin half dem Antrag nicht ab und legte ihn mit Schreiben vom 4. Oktober 2018 dem Gericht zur Entscheidung vor.
Die Antragsgegnerin beantragte,
die Erinnerung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem und in den übrigen o.g. Verfahren Bezug genommen.
II.
Die Erinnerung hat keinen Erfolg.
Über die Erinnerung entscheidet das Gericht in der Besetzung, in der die zugrundeliegende Kostenentscheidung getroffen wurde, hier also durch den Einzelrichter nach § 76 Abs. 4 Satz 1 AsylG.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig.
Die zu erstattenden Kosten eines Prozessbeteiligten setzt der Urkundsbeamte des Gerichts gemäß § 164 VwGO auf Antrag fest. Gemäß § 165 S. 1 VwGO i.V.m. § 151 VwGO können die Beteiligten die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten.
Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Die einem Rechtsanwalt gem. § 162 Abs. 2 VwGO für seine Tätigkeit zustehende Vergütung (Gebühren und Auslagen) bemisst sich nach Maßgabe des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). Soweit dort nichts anderes bestimmt ist, entgelten nach § 15 Abs. 1 RVG die Gebühren die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung “der Angelegenheit”. In “derselben Angelegenheit” kann er die Gebühren gem. § 15 Abs. 2 RVG dabei nur einmal fordern. Diese Norm wird u.a. durch § 16 Nr. 5 RVG dahingehend konkretisiert, dass es sich – wie vorliegend – bei einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung im Ausgangs- und dem folgenden Abänderungsverfahren kostenrechtlich um eine Tätigkeit des Rechtsanwalts in “derselben Angelegenheit” handelt; eine Ausnahme hiervon ist nicht vorgesehen.
Ist demnach – wie vorliegend – ein und derselbe Rechtsanwalt für das Ausgangs- und das Abänderungsverfahren bestellt worden, schließen es die §§ 15 Abs. 2, 16 Nr. 5 RVG aus, dessen bereits im Ausgangsverfahren entstandene Gebühren (z. B. Verfahrensgebühr, Auslagenpauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen) im Abänderungsverfahren nochmals zu erstatten. Denn es handelt sich kostenrechtlich bei beiden Verfahren um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG, für die Vergütung nur einmal gefordert werden kann (vgl. ebenso z.B. BayVGH, B.v. 26.1.2012 – 9 C 11.3040 – juris; OVG NRW, B.v. 13.7.2018 – 13 B 275/18.A – juris; VGH BW, B.v. 8.11.2011 – 8 S 1247/11 – juris).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass im Ausgangs- und Abänderungsverfahren unterschiedliche Kostengrundentscheidungen ergangen sind. Der von den Bevollmächtigten des Antragstellers zitierten Ansicht, hiervon ausgehend könne jeder Beteiligte aus der ihm günstigen Kostenentscheidung vom jeweiligen Gegner Kostenerstattung bis zur Höhe der ihm insgesamt – einmalig – in beiden Verfahren erwachsenden Kosten verlangen (vgl. insoweit z.B. OVG NRW, B.v. 12.10.2018 – 11 B 1482/15. – juris; VG Würzburg, B.v. 25.6.2018 – W 2 M 18.30718 – juris m.w.N.), kann nicht gefolgt werden.
Eine Verlagerung oder Aufteilung der insgesamt nur einmal zu verlangenden Vergütung in das nachfolgende Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO ist weder nach den gesetzlichen Bestimmungen des Kostenrechts vorgesehen, noch wäre sie in der Sache gerechtfertigt. Anderenfalls würde die im Ausgangsverfahren ergangene Kostengrundentscheidung insofern unterlaufen, als die in diesem Verfahren angefallenen Kosten letztlich auf die – im Ausgangsverfahren obsiegende – Antragsgegnerin abgewälzt werden könnten. Dies wäre deshalb nicht gerechtfertigt, weil es sich beim Abänderungsverfahren gerade nicht um ein Beschwerdeverfahren handelt, das auf die Korrektur einer (vermeintlich) fehlerhaften Ausgangsentscheidung gerichtet wäre. Deshalb gilt nach der gesetzlichen Intention von §§ 15 Abs. 2, 16 Nr. 5 RVG der im nachfolgenden Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO anfallende Arbeitsaufwand ungeachtet des Ausgangs dieses Verfahrens als mit der Vergütung für das Ausgangsverfahren abgegolten. Die Kostengrundentscheidung im Abänderungsverfahren legitimiert allein die Geltendmachung solcher Kosten, die erst und nur im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO entstanden sind (OVG NRW, B.v. 13.7.2018 – 13 B 275/18.A – juris). Solche weiteren anwaltlichen Kosten wurden vom Antragsteller aber nicht geltend gemacht.
Das führt auch nicht vor dem Hintergrund zu einem unbilligen Ergebnis, dass ein im Ausgangsverfahren obsiegender Beteiligter die Vergütung seines Rechtsanwalts erstattet bekommt, während dies für einen im Abänderungsverfahren obsiegenden Beteiligten nur gilt, soweit er im Ausgangsverfahren anwaltlich noch nicht (oder anderweitig) vertreten war. Eine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Ungleichbehandlung liegt darin nicht. Die unterschiedliche Behandlung findet ihren sachlichen Grund in dem § 162 VwGO zu Grunde liegenden Prinzip des Kostenrechts, dass erstattungsfähige Kosten durch das jeweilige gerichtliche Verfahren verursacht sein müssen (vgl. VG Berlin, B.v. 31.10.2012 – 35 KE 32.12, 334 L 222.11 A – juris).
Die Erinnerung des Antragstellers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).
Die Entscheidung ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar (vgl. Nds. OVG, B.v. 19.6.2018 – 10 OA 176/18 – juris).


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