Arbeitsrecht

Gebühren in Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO und § 80 Abs. 7 VwGO nur einmal erstattungsfähig

Aktenzeichen  M 1 M 19.50087

Datum:
19.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 35831
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RVG § 15 Abs. 2 S. 1, § 16 Nr. 5
VwGO § 80 Abs. 5, Abs. 7, § 151, § 165

 

Leitsatz

1. Verfahren auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO und Abänderungsverfahren gemäß § 80 Abs. 7 VwGO stellen gebührenrechtlich dieselbe Angelegenheit dar (Rn. 12). (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO stellt keine besondere Art des Rechtsmittelverfahrens dar, sondern ist ein gegenüber dem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO selbständiges neues Verfahren; die Kostengrundentscheidung des Beschlusses nach § 80 Abs. 5 VwGO bleibt von der Entscheidung nach § 80 Abs. 7 VwGO unberührt (Rn. 13 – 14). (redaktioneller Leitsatz)
3. Für den Bevollmächtigten des Antragstellers besteht kein Wahlrecht, die Kosten nicht schon im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO, sondern erst nach dem Obsiegen im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO gegen den dort Unterlegenen geltend zu machen (Rn. 15). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16. Januar 2019 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt der Antragsteller. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich mit seiner Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss.
Mit Beschluss vom 26. November … hatte das Bayerische Verwaltungsgericht München im Verfahren M 1 S7 15.50841 das Verfahren eingestellt und die Kosten der Antragsgegnerin auferlegt.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16. Januar … (M 1 S7 15.50841) wurde entschieden, dass der Antrag des Antragstellerbevollmächtigten auf Kostenerstattung abgelehnt werde. Begründet wurde dies damit, dass das Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO und das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebührenrechtlich eine Einheit bilden. Der Rechtsanwalt könne die Gebühren nach § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG nur einmal fordern.
Mit dem am 4. Februar 2019 bei Gericht eingegangenen Schreiben beantragte der Bevollmächtigte die Entscheidung des Gerichts.
Die festzusetzenden Gebühren seien nur einmal im § 80 Abs. 7-Verfahren entstanden und auch nur einmal erstattungsfähig.
Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Schreiben vom 13. Februar … erwiderte die Antragsgegnerin, dass die Vergütung des Antragstellerbevollmächtigten bereits dem Grunde nach nicht erstattungsfähig sei. Kostenmäßig handle es sich um dieselbe Angelegenheit wie das Ausgangsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem und im Verfahren M 1 S7 15.50841 verwiesen.
II.
Die Kostenerinnerung ist zulässig, insbesondere wurde sie innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Kostenfestsetzungsbeschlusses erhoben (§§ 165, 151 VwGO).
Zur Entscheidung über die vorliegende Kostenerinnerung ist im Rahmen einer Annexzuständigkeit der auch für die Hauptsache zuständige Einzelrichter berufen (vgl. BayVGH, B.v. 3.12.2003 – 1 N 01.1845).
Die Erinnerung ist unbegründet. Die Urkundsbeamtin hat zutreffend eine Festsetzung der von dem Bevollmächtigten des Antragstellers geltend gemachten Kosten für das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO abgelehnt. Der Erstattung der geltend gemachten Kosten stehen §§ 15 Abs. 2, 16 Nr. 5 RVG entgegen.
Nach § 16 Nr. 5 RVG stellen das Verfahren auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und jedes Verfahren über deren Abänderung oder Aufhebung gebührenrechtlich dieselbe Angelegenheit dar (vgl. BayVGH, B.v. 26.01.2012 – 9 C 11.3040 – juris Rn. 13). Wirtschaftlicher Hintergrund dieser Regelung ist der Umstand, dass der Rechtsanwalt in Abänderungs- und Aufhebungsangelegenheiten im Hinblick auf Verfahren, in denen er vorher bereits tätig war, in der Regel keine besondere Einarbeitungszeit benötigt, sondern vielmehr ohne weiteres auf seine frühere Arbeit zurückgreifen kann (vgl. BayVGH, B.v. 24.4.2007 – 22 M 07.40006 – juris). Gebühren dürfen in derselben Angelegenheit gemäß § 15 Abs. 2 RVG nur einmal gefordert werden. Das Abänderungsverfahren gemäß § 80 Abs. 7 VwGO ist im Verhältnis zum Ausgangsverfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kein gesonderter Rechtszug im Sinne dieser Vorschrift. Das Gericht entscheidet im Abänderungsverfahren nicht als Rechtsmittelgericht über den früheren Beschluss nach § 80 Abs. 5 VwGO, sondern als Gericht des ersten Rechtszugs. Das stellt § 16 Nr. 5 RVG als speziellere Regelung nunmehr auch vergütungsrechtlich klar. Eine Verfahrensgebühr ist im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO somit nicht (erneut) entstanden, nachdem sie schon im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO entstanden war. Ist der Rechtsanwalt – wie im vorliegenden Fall – in beiden Verfahren tätig geworden, entstehen seine Gebühren für diesen Rechtszug bereits im Ausgangsverfahren und sind im Abänderungsverfahren nicht erstattungsfähig (vgl. VGH Baden-Württemberg, B.v. 8.11.2011 – 8 S 1247/11 – juris; VG München, B.v. 19.7.18 – M 8 M 18.51372; VG München, B.v. 22.7.2015 – M 22 M 15.50672).
Da das Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO nicht eine besondere Art des Rechtsmittelverfahrens darstellt, sondern ein gegenüber dem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO selbständiges neues Verfahren ist, dessen Gegenstand nicht die Überprüfung der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO, sondern die Neuregelung der Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts für die Zukunft in einem von dem ergangenen Beschluss abweichenden Sinn ist, bleibt davon auch die Kostengrundentscheidung des Beschlusses nach § 80 Abs. 5 VwGO unberührt (vgl. BayVGH, B.v. 1.8.2007 – 14 CS 07.670 – juris, Rn. 15; VG Sigmaringen, B.v. 30.3.2011 – 5 K 3036/10 – juris m.w.N.).
Die von dem Bevollmächtigten des Antragstellers geltend gemachten Gebühren sind nach Maßgabe dessen bereits im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO angefallen und können nur in diesem abgerechnet werden. Sie können demnach nicht erst im anschließenden Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO anfallen und dort geltend gemacht werden. Die Kostenentscheidung des Beschlusses vom 26. November 2015 bezieht sich nur auf das Abänderungsverfahren und lässt die Kostenentscheidung des § 80 Abs. 5 VwGO-Beschlusses von 4. Mai 2015 unberührt. Ohne Einfluss auf dieses Ergebnis bleibt auch, ob dem Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 VwGO eine stattgebende oder eine ablehnende Entscheidung mit entsprechender Kostenfolge im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorausgegangen ist. Dies führt auch nicht vor dem Hintergrund zu einem unbilligen Ergebnis, dass ein in einem Ausgangsverfahren obsiegender Beteiligter die Vergütung seines Rechtsanwalts erstattet bekommt, während dies für einen im Abänderungsverfahren obsiegenden Beteiligten nur gilt, soweit er im Ausgangsverfahren anwaltlich noch nicht (oder anderweitig) vertreten war. Eine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Ungleichbehandlung liegt darin nicht. Die unterschiedliche Behandlung findet ihren sachlichen Grund in dem § 162 VwGO zu Grunde liegenden Prinzip des Kostenrechts, dass erstattungsfähige Kosten durch das jeweilige gerichtliche Verfahren verursacht sein müssen (vgl. VG Berlin, B.v. 31.10.2012 – 35 KE 32.12, 34 L 222.11A – juris; VG München, B.v. 1.2.2016 – M 25 M 16.50045).
Es handelt sich also kostenrechtlich um dieselbe Angelegenheit. Allein der Umstand, dass der Bevollmächtigte anwaltlich versichert, er werde aus der dem Beschluss nach § 80 Abs. 5 VwGO zugrunde liegenden Kostenentscheidung keine Kosten geltend machen, ändert an diesem Umstand nichts. Ein Wahlrecht, die Kosten erst nach dem Obsiegen im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO gegen den dort Unterlegenen geltend zu machen, besteht nicht.
Nach alledem war die Erinnerung zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 VwGO. Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 66 Abs. 8 Satz 1 GKG, hier auch aufgrund § 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG; vgl. hierzu auch VGH BW, B.v. 28.2.2017 – A 2 S 271/17 – juris Rn. 3).


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