Arbeitsrecht

Gerichtliche Festsetzung der Sachverständigenvergütung – Gutachten zur Ermittlung von Wassermengen

Aktenzeichen  W 4 M 18.158

Datum:
3.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 2023
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
JVEG § 4, § 9

 

Leitsatz

Ist keine Honorargruppe unmittelbar einschlägig, ist die Leistung einer Honorargruppe nach billigem Ermessen zuzuordnen; dabei ist auf die außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze für Leistungen in diesem Bereich und vergleichbare Sachgebiete und Honorargruppen abzustellen. (Rn. 11 – 12) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Die Sachverständigenvergütung der … GmbH wird auf 8.106,36 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1. Die … GmbH (Beteiligte zu 1)) begehrt im Vergütungsfestsetzungsverfahren eine höhere Vergütung für das von ihr in den Klageverfahren W 4 K 15.359 bis W 4 K 15.361 erstellte Sachverständigengutachten vom 17. November 2017. Gegenstand des Gutachtens war vor allem die Ermittlung der Wassermengen im R. Mühlbach einerseits sowie im Flurgraben andererseits sowie die Fragen, ab welcher Wassermenge der R. Mühlbach das Gewässerbett verlässt und die westlich anliegenden Flächen überflutet. Zudem ging es in dem Gutachten um die Frage, wie die Einstellungen des Kontrollbauwerks aussehen müssen, damit gewährleistet ist, dass bis zu 100 l/sec. Wasser in den R. Mühlbach fließen können. Wegen des Gegenstands des Gutachtens im Einzelnen wird auf den Beschluss des Gerichts vom 3. August 2016 Bezug genommen.
Mit Rechnung vom 18. Januar 2018 machte die mit der Gutachtenserstellung beauftragte Beteiligte zu 1) eine Entschädigung von insgesamt 10.896,91 EUR geltend. Hinsichtlich der Rechnungsposten unter 1 wurde dabei ein Stundensatz von 105,00 EUR zugrunde gelegt. Wegen der sonstigen Rechnungsposten wird auf die Rechnung vom 18. Januar 2018 Bezug genommen.
Durch die Kostenbeamtin wurde die Entschädigung nach Prüfung der Abrechnungsunterlagen unter dem 29. Januar 2018 auf insgesamt 8.106,36 EUR festgesetzt. Hinsichtlich der Rechnungsposition 1 wurde dabei nach Honorargruppe 3 ein Stundensatz in Höhe von 75,00 EUR festgesetzt. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass die beantragte Honorargruppe 9 (Sachgebiet Nr. 17 Honorarabrechnungen von Architekten und Ingenieuren) im vorliegenden Fall nicht einschlägig sei. Das Gutachten sei vielmehr der Honorargruppe 3 zuzuordnen. So sei das frühere Sachgebiet „Wasserversorgung und Abwässer“ mit der Honorargruppe 3 vergütet worden. Dieses Sachgebiet sei nunmehr unter Nr. 4 der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG zu subsumieren. Dabei könne das vorliegende Gutachten sowohl dem Sachgebiet 4.1 (Planung) als auch der Nr. 4.2 (handwerkliche Ausführung) zugeordnet werden. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG erfolge die Zuordnung zu einer Honorargruppe, sofern die Leistung keinem Sachgebiet zugeordnet werden könne, nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze. Im vorliegenden Fall betrage die allgemein übliche Vergütung 75,00 EUR pro Stunde und sei folglich der Honorargruppe 3 zuzuordnen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Begründung der Kostenbeamtin vom 29. Januar 2018 Bezug genommen.
2. Am 7. Februar 2018 beantragte die Beteiligte zu 1) die Korrektur der Sachverständigenvergütung der Höhe nach, hilfsweise um gerichtliche Festsetzung. Die Eingruppierung in die Sachgebietsgruppe 4.1 oder 4.2 sei nicht nachvollziehbar. Die Leistungen, die für die Erstellung des Gutachtens zu erbringen gewesen seien, seien mindestens dem Sachgebiet 4.3 zuzuordnen. Diese Ziffer umfasse „Schadensfeststellung, Schadensursachenermittlung und -bewertung“; genau dies sei der wesentliche Teil der gutachterlichen Untersuchung gewesen. Mit dem klassischen Sachgebiet „Wasserversorgung und Abwässer“ könne keine relevante Übereinstimmung erkannt werden. Vorliegend habe sogar auf einen weiteren Experten der Hydrometrie verzichtet werden können, da der Unterzeichner selbst Diplom-Ingenieur mit dem Spezialgebiet „Wasserwirtschaft und Kulturtechnik“ sei, so dass der Abwägungshinweis, es handele sich bei den erbrachten Leistungen um „allgemeine Leistungen dieser Art“, schon deswegen unzutreffend sei. Aus Sicht der Beteiligten zu 1) sei für die Positionen unter Ziffer 1 der Rechnung vom 18. Januar 2018 daher jedenfalls eine Leistungsentschädigung nach Honorargruppe 5 in Höhe von 85,00 EUR pro Stunde anzusetzen.
Die Kostenbeamtin half der Erinnerung nicht ab und legte sie dem erkennenden Gericht zur Entscheidung vor. Wegen der Begründung wurde auf die Ausführungen im Rahmen der Vergütungsfestsetzung und die Vermerke zur Abrechnung verwiesen.
3. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsprozesskostenakten sowie die Gerichtsakten in den Verfahren W 4 K 15.359 bis W 4 K 15.361 Bezug genommen.
II.
Auf den gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Justizvergütungs- und -entschädi-gungsgesetzes (JVEG) zulässigen Antrag ist die Vergütung der Beteiligten zu 1) für ihr Sachverständigengutachten vom 17. November 2017 auf 8.106,36 EUR festzusetzen.
1. Eine höhere Festsetzung kommt vorliegend nicht in Frage, insbesondere hat die Beteiligte zu 1) keinen Anspruch auf Abrechnung nach der Honorargruppe 5. Das Gericht folgt vielmehr hinsichtlich der Zusammensetzung der Entschädigung und der maßgeblichen Einzelheiten der Begründung der Kostenbeamtin in deren Festsetzung vom 29. Januar 2018. Die im Erinnerungsverfahren vorgetragenen Tatsachen und Rechtsargumente führen zu keiner abweichenden rechtlichen Beurteilung. Ergänzend hierzu sind folgende Ausführungen veranlasst:
2. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG erhält ein Sachverständiger für jede Stunde ein Honorar abhängig von der jeweiligen Honorargruppe. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 JVEG bestimmt sich die Zuordnung der Leistung zu einer Honorargruppe entsprechend der Entscheidung über die Heranziehung nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG. Weiterhin regelt § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG, dass für eine Leistung, die auf einem Sachgebiet zu erbringen ist, welches in keiner Honorargruppe genannt wird, diese unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze einer Honorargruppe nach billigem Ermessen zuzuordnen ist. Nach § 9 Abs. 1 Satz 4 JVEG bemisst sich das Honorar für eine Leistung, die auf mehreren Sachgebieten zu erbringen ist und die Sachgebiete verschiedenen Honorargruppen zugeordnet sind, einheitlich für die gesamte erforderliche Zeit nach der höchsten dieser Honorargruppe, wobei jedoch Satz 3 entsprechend gilt, wenn dies mit Rücksicht auf den Schwerpunkt der Leistung zu einem unbilligen Ergebnis führen würde.
Unter Berücksichtigung dieser gesetzlichen Vorgaben bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen die Einordnung der Rechnungsposten unter Nr. 1 in die Honorargruppe 3, wie von der Kostenbeamtin vorgenommen.
An einer Zuordnung zu Nr. 17 der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG hat die Beteiligte zu 1) selbst nicht mehr festgehalten. Eine unmittelbar einschlägige Honorargruppe ist des Weiteren der Anlage 1 im vorliegenden Fall nicht zu entnehmen. Demgemäß hat die Kostenbeamtin zu Recht die Leistungen der Beteiligten zu 1) einer Honorargruppe nach billigem Ermessen zugeordnet. Im Rahmen dieses Ermessens hat die Kostenbeamtin zu Recht auf die außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze für Leistungen in diesem Bereich abgestellt. Einwände hiergegen hat die Beteiligte zu 1) nicht erhoben.
Darüber hinaus hat die Kostenbeamtin in rechtlich nicht zu beanstandender Weise als weiteren Ermessensfaktor vergleichbare Sachgebiete und Honorargruppen im Gefüge der in der Anlage 1 zu § 9 JVEG genannten Sachgebieten herangezogen. Das ehemals eigens aufgeführte Sachgebiet „Wasserversorgung und Abwässer“ kommt dabei dem zugrundeliegenden Sachgebiet des erstellten Gutachtens am nächsten. Ausweisleich des Willens des Gesetzgebers ist dieses Sachgebiet im Sachgebiet „Bauwesen“ aufgegangen (vgl. BT-Drs. 17/11471 (9), S. 356). Berücksichtigt man insoweit, dass die Ziffer 4 der Anlage 1 unter 4.1 „Planung“ und 4.2 „handwerklich-technische Ausführung“ in unterschiedliche Honorargruppen einteilt und es im vorliegenden Verfahren schwerpunktmäßig um die Feststellung bestimmter Wassermengen ging, und damit kein Schwerpunkt auf der Planung gemäß Ziffer 4.1 der Anlage 1 zu erkennen ist, so entspricht es vorliegend billigem Ermessen auf die Honorargruppe 3 abzustellen.
Darüber hinaus ging es in dem Gutachten entgegen des Vorbringens der Antragstellerin auch nicht um eine Schadensfeststellung, Ursachenermittlung oder -bewertung gemäß Ziffer 4.3 der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG. Denn eine Schadensermittlung ist vorliegend nicht Aufgabe des Gutachtens, sondern Aufgabe des Gerichts im Anschluss an die gutachterlichen Feststellungen gewesen. Im erstellten Gutachten ging es vielmehr primär um die Feststellung verschiedener Wassermengen im R. Mühlbach bzw. im Flurgraben.
Für die Posten unter Nr. 1 der Rechnung der Beteiligten zu 1) vom 18. Januar 2018 hat die Kostenbeamtin daher zu Recht entsprechend der Honorargruppe 3 einen Stundensatz in Höhe von 75,00 EUR pro Stunde festgesetzt.
Da gegen die sonstigen Festsetzungen der Kostenbeamtin keine Einwände erhoben wurden und Fehler insoweit auch nicht ersichtlich sind, war die Vergütung auf insgesamt 8.106,36 EUR festzusetzen.
3. Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).


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