Arbeitsrecht

Kostenentscheidung nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen

Aktenzeichen  20 B 16.2441

Datum:
24.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 7817
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 92 Abs. 3, § 160, § 161 Abs. 2 S. 1
BayVwVfG Art. 43 Abs. 2

 

Leitsatz

Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluss, wobei der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen ist (§ 161 Abs. 2 S. 1 VwGO). Die Regelung des § 160 VwGO ist dabei nicht entsprechend anzuwenden, wenn die Beteiligten – wie hier – ausdrücklich eine Kostenentscheidung nach billigem Ermessen wünschen. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 2 K 13.424 2015-04-29 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 29. April 2015, Az. W 2 K 13.424 ist wirkungslos geworden.
III. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Der Streitwert wird in beiden Rechtszügen auf 911,79 Euro festgesetzt.

Gründe

Infolge der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg 29. April 2015, Az. W 2 K 13.424 ist damit wirkungslos geworden (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO).
Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht, außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluss, wobei der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen ist (§ 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Die Regelung des § 160 VwGO ist im vorliegenden Falle nicht entsprechend anzuwenden, weil die Beteiligten ausdrücklich eine Kostenentscheidung nach billigem Ermessen wünschen (vgl. zur analogen Anwendung des § 160 VwGO auf außergerichtliche Vergleiche, wenn die Beteiligten keine Regelung über die Kosten getroffen haben, Olbertz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, § 160 Rn. 11, 13; Hartung in Posser/Wolff, Beck´scher Online-Kommentar VwGO, Stand 1.4.2015, § 160 Rn. 6; Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 160 Rn. 7 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, § 160 Rn. 3). Die analoge Anwendung des § 160 VwGO auf außergerichtliche Vergleiche ohne Kostenregelung ist ausgeschlossen, wenn sie nicht der Interessenlage bzw. dem mutmaßlichen Willen der Beteiligten entspricht (Hartung a.a.O.; BVerwG, B.v. 15.11.1965 – III C 147.63 – juris [Leitsatz]).
Billigem Ermessen entspricht es hier jedoch, die Kosten gegeneinander aufzuheben, weil nach dem Stand des Berufungsverfahrens im Zeitpunkt der Erledigungserklärungen keine Prognose über das Obsiegen oder Unterliegen der Beteiligten geroffen werden kann. Insbesondere entspricht es nicht dem Zweck einer Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, noch umfangreiche Überlegungen zur Sach- und Rechtslage anzustellen. Offen bleibt daher, ob die Geschossflächen des Gebäudekomplexes der ehemaligen Fertigungshalle auf dem klägerischen Grundstück, welche nach dem außergerichtlichen Vergleich nunmehr nicht veranlagt werden, für die Vorauszahlung auf den Verbesserungsbeitrag hätten veranlagt werden dürfen, wovon das Verwaltungsgericht ausgegangen ist. Hierzu ist jedoch anzumerken, dass ein wirksamer Verzicht zum Erlöschen der Baugenehmigung durch Erledigung auf andere Weise im Sinne des Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG führt (BayVGH, B.v. 11.4.2006 – 15 ZB 06.424 – juris Rn. 4; B.v. 20.2.2003 – 15 B 00.1363 – NVwZ-RR 2003, 726/728, juris Rn. 31; BVerwG, U.v. 15.12.1989 – 4 C 36.86 – juris zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung). Damit entfällt unter beitragsrechtlichen Gesichtspunkten die genehmigte, nach typisierender Betrachtung einen Anschlussbedarf auslösende Nutzung und damit die sachliche Beitragspflicht, ohne dass es noch auf die tatsächliche und dauerhafte Nutzungsaufgabe oder auf einen eventuellen Bestandsschutz ankommt. Für einen wirksamen Verzicht auf die Baugenehmigung ist mangels gesetzlicher Regelung keine besondere Form erforderlich. Er braucht auch nicht ausdrücklich erklärt zu werden, vielmehr genügt schlüssiges Handeln, etwa durch die dauerhafte Aufgabe der genehmigten Nutzung (Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 53 Rn. 33; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Oktober 2016, § 35 Rn. 179 m.w.N.). Allerdings lässt ein bloßes Nichtweiterführen der Nutzung bei fortbestehender Nutzungstauglichkeit der baulichen Anlagen ohne zusätzliche Anhaltspunkte noch nicht auf einen dauerhaften Verzichtswillen schließen (Söfker a.a.O. m.w.N.; HessVGH, B.v. 25.4.2016 – 5 A 2904/15.Z – NVwZ-RR 2017, 177/179). Ob im vorliegenden Falle von einem wirksamen Verzicht auf die erteilten Baugenehmigungen auszugehen war, muss im Ergebnis ebenso offen bleiben wie die Frage, ob beziehungsweise inwieweit die von dem Kläger erhobenen Einwendungen gegen die Wirksamkeit der VES-EWS 2011 der Beklagten durchgreifen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 2 Satz 1, 52 Abs. 1, 3 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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