Arbeitsrecht

Personalvertretungsrechtliche Allzuständigkeit

Aktenzeichen  4 E 315/21 We

Datum:
28.6.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG Weimar 4. Kammer
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 2 Abs 2 PersVG TH 2019
§ 45 Abs 4 PersVG TH 2019
§ 69 Abs 1 S 1 PersVG TH 2019
§ 69a Abs 1 PersVG TH 2019
§ 72 Abs 5 PersVG TH 2019
… mehr
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

1. Der Personalrat ist gemäß den §§ 2 Abs. 2, 69 Abs. 1 Satz 1, 69a Abs. 1 Thüringer Personalvertretungsgesetz (juris: PersVG TH 2019) bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen zu beteiligen (wie hier Rehak, PersV 2020, 84, 86; differenzierend: von Roetteken, jurisPR-ArbR 12/2021 Anm. 6; a.A.: VG Meiningen, Beschluss vom 6. August 2020 – 6 PO 617/20 –, Gorf/Braun, ThürVBl. 2021, 1 ff.; offen gelassen: OVG Weimar, Beschluss vom 19. Mai 2021 – 5 PO 617/20 –).(Rn.40)

2. Der Thüringer Gesetzgeber hat im Wortlaut des Thüringer Gesetzes vom 28. Mai 2019 zur Anpassung personalvertretungsrechtlicher Vorschriften (GVBl. S. 123), u.a. in den neu gefassten §§ 2 Abs. 2, 69 Abs. 2 ThürPersVG (juris: PersVG TH 2019) sowie in den §§ 45 Abs. 4, 69 Abs. 2, 72 Abs. 5 Satz 2 ThürPersVG (juris: PersVG TH 2019), nach Sinn und Zweck der einschlägigen Vorschriften und durch den bewussten Bezug auf das Schleswig-Holsteinische Mitbestimmungsgesetz seinen klaren Willen bekundet, eine umfassende Allzuständigkeit der Personalvertretungen in Thüringen einzuführen. Dies entspricht der Gesetzgebungsgeschichte und dem überwiegenden Gesamtbild der parlamentarischen Materialien. Der Beispielkatalog in § 73 Abs. 1 – 3 ThürPersVG (juris: PersVG TH 2019) hat nur Bedeutung für den Umfang der Befugnisse der Einigungsstelle nach § 72 Abs. 5 ThürPersVG (volle/eingeschränkte Mitbestimmung: juris: PersVG TH 2019).(Rn.42)
(Rn.45)

3. Der Personalrat ist also immer zu beteiligen, hier entschieden u.a. für die Verlängerung der Probezeit.(Rn.70)

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 10. Februar 2021 gegen die Entlassungsverfügung vom 5. Februar 2021 wird wiederhergestellt.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 9.594,09 € festgesetzt.

Gründe

Der dem am 9. März 2021 beim beschließenden Gericht gestellte Antrag, mit dem der Antragsteller – seit 29. Oktober 2015 Polizeimeister im Beamtenverhältnis auf Probe (mittlerer Polizeivollzugsdienst, Besoldungsgruppe A 7 ThürBesO) – vorliegend beantragt,
die aufschiebende Wirkung seines am 10. Februar 2021 eingelegten Widerspruchs gegen die Entlassungsverfügung der Thüringer Landespolizeidirektion vom 5. Februar 2021 wiederherzustellen,
hat Erfolg.
Die Entscheidung ergeht ungeachtet der bereits erteilten Zustimmung der Beteiligten zu einer Entscheidung durch den Berichterstatter nach § 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO nach pflichtgemäßem Ermessen des Berichterstatters unter Berücksichtigung der Bedeutung der Angelegenheit vorliegend durch die Kammer (vgl. Peters, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. § 87a Rn. 32 m.w.N.).
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe vom 5. Februar 2021 ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO statthaft und auch sonst zulässig.
Der Antrag ist begründet.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen einen für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakt ganz oder teilweise wiederherstellen. Im Rahmen der vom Gericht zu treffenden Abwägung des öffentlichen Vollziehungsinteresses mit dem individuellen Aufschubinteresse ist vorrangig auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzustellen. Danach überwiegt das öffentliche Interesse am Sofortvollzug regelmäßig dann, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig ist. Andererseits ist ein überwiegendes Interesse des Betroffenen an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung anzunehmen, wenn der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Sind die Erfolgsaussichten im Rahmen summarischer Prüfung nicht hinreichend eindeutig einzuschätzen oder insgesamt offen, ist auch oder ausschließlich das Ergebnis der Abwägung sonstiger öffentlicher und privater Belange für die Gewährung vorläufigen Rechtschutzes maßgeblich.
Die sofortige Vollziehung in Ziffer 2 der streitgegenständlichen Entlassungsverfügung ist rechtsfehlerfrei angeordnet. Die formellen und materiellen Voraussetzungen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 VwGO liegen vor. Insbesondere genügt die Begründung den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Begründung ist nicht nur pauschal und floskelhaft. Der Antragsgegner legt seine maßgeblichen Erwägungen für die Anordnung des Sofortvollzugs hinreichend dar. Sowohl die Ausführungen zur Dringlichkeit aus personalwirtschaftlichen und haushaltsrechtlichen Gesichtspunkten im Zusammenhang mit der Wiederbesetzung der Planstelle als auch das öffentliche Interesse an uneingeschränkt geeigneten Beamten auf Lebenszeit zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung genügen den Begründungserfordernissen des § 80 Abs. 3 VwGO. Diese Erwägungen sind inhaltlich nicht zu beanstanden und tragen den Sofortvollzug.
In der Sache fällt die Interessenabwägung indes zum derzeitigen Verfahrensstand zu Gunsten des Antragstellers und damit zu Lasten des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung aus. Die angegriffene Entlassungsverfügung der Landespolizeidirektion (LPD) vom 5. Februar 2021 erweist sich bei der im vorliegenden Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage unter Berücksichtigung der erheblichen Bedeutung für den Antragsteller mit hinreichender Sicherheit als rechtswidrig.
Rechtsgrundlage für die angefochtene Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wegen Nichtbewährung in der Probezeit im mittleren Polizeivollzugsdienst sind die §§ 21 Nr. 1, 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 10 Satz 1 BeamtStG in Verbindung mit § 33 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2ThürLaufbG und §§ 97, 100 ThürBG i.V.m. § 19 ThürBG.
Es erscheint bereits fraglich, ob die angegriffene Entlassungsverfügung schon formell rechtswidrig sein könnte.
Der Bezirkspersonalrat (BPR), zuständig nach § 82 Abs. 1 Thüringer Personalvertretungsgesetz (ThürPersVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2020 (GVBl. S. 1, zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. Juni 2020, GVBl. S. 277), wurde nach der Anhörung des Antragstellers mit Schreiben vom 3. November 2020 (und Schreiben der LPD vom 2. November 2020) mit dem Vorlageschreiben der LPD vom 3. Dezember 2020 gemäß §§ 2 Abs. 2, 69 Abs. 1 Satz 1 beteiligt. Gemäß § 69a Abs. 2 ThürPersVG ist die zuständige Personalvertretung umfassend und sachlich zutreffend über die mitwirkungspflichtige Maßnahme zu unterrichten; die Dienststellenleitung hat der Personalvertretung alle entscheidenden Gesichtspunkte darzulegen, die für die Bewertung des Sachverhaltes und die Entscheidung der Vertretung maßgeblich sein können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 1995 – 6 P 22.92 –). Daran dürfte es fehlen.
Ein personalvertretungsrechtlicher Rechtsfehler folgt noch nicht daraus, dass die Dienststellenleitung der LPD im Rahmen des Beteiligungsverfahrens beim BPR auch auf § 73 Abs. 2 Nr. 10 ThürPersVG Bezug genommen hat. Zwar ist – wie nachfolgend darzulegen ist – § 73 Abs. 2 Nr. 10 ThürPersVG für die Mitbestimmungspflicht der streitgegenständlichen Maßnahme nicht konstitutiv. Dies begründet aber noch keine fehlerhafte Unterrichtung im Sinne von § 69a Abs. 2 ThürPersVG. Denn das Zitat kann als unbedenklicher Hinweis auf den eingeschränkten Umfang der Befugnisse der Einigungsstelle nach § 72 Abs. 5 Satz 2 und 3 ThürPersVG auf Empfehlungen verstanden werden.
Der BPR dürfte aber entgegen § 69a Abs. 2 ThürPersVG nicht rechtsfehlerfrei über den Entlassungssachverhalt unterrichtet worden sein. Denn in dem Vorlageschreiben der LPD vom 3. Dezember 2020 wurde dem BPR dargelegt, dass die ursprünglich mit Ablauf des 28. Oktober 2018 endende Probezeit des Antragstellers anfänglich wegen seiner noch nicht feststehenden gesundheitlichen Eignung, später auch wegen Zweifeln an seiner fachlichen Eignung, Befähigung und Leistung mehrfach, – durchgängig und ununterbrochen – zuletzt bis zum 28. Oktober 2020 durch entsprechende dienstrechtliche Verfügungen der LPD verlängert worden sei. Auf der Grundlage dieser Informationen musste der BPR im Zeitpunkt seiner personalvertretungsrechtlichen Positionierung am 15. Dezember 2020 zur Entlassung davon ausgehen, dass die Probezeit des Antragstellers über Oktober 2018 hinaus aufgrund rechtsfehlerfreier, wirksamer Verlängerungen – also ohne Unterbrechungen bzw. zeitliche Lücken – bis Ende Oktober 2020 andauerte und dass die LPD innerhalb dieser ordnungsgemäß verlängerten Probezeit die Nichtbewährung des Antragstellers in gesundheitlicher und fachlicher Hinsicht (rechtsfehlerfrei) festgestellt hat.
Tatsächlich entsprachen die – für eine personalvertretungsrechtlich rechtsfehlerfreie Entscheidung des BPR unabdingbaren – Angaben der Dienststellenleitung zur – ununterbrochenen – Dauer der Probezeit und zu den Grundlagen für die Nichtbewährungsfeststellung innerhalb der Probezeit voraussichtlich aus mehreren Gründen nicht den wirklichen rechtlichen Gegebenheiten im Zeitpunkt der Befassung der Personalvertretung Mitte Dezember 2020.
Im Einzelnen: Die dreijährige Probezeit des Antragstellers endete ursprünglich mit Ablauf des 28. Oktober 2018. Zu diesem Zeitpunkt bestanden Zweifel an der Bewährung des Antragstellers namentlich in gesundheitlicher Hinsicht im Zusammenhang mit umfangreichen Fehlzeiten und Übergewicht. Seine Probezeit wurde wegen noch nicht feststehender gesundheitlicher Eignung mit der ersten Verlängerungsverfügung der LPD vom 1. November 2018 (zugestellt am 28. November 2018) bis zum Ablauf des 28. April 2019 verlängert, mit der zweiten Verfügung vom 14. Juni 2019 (zugestellt am 27. Juni 2019) bis 28. Oktober 2019, mit der dritten Verfügung vom 29. November 2019 (zugestellt am 3. Dezember 2019) bis 28. April 2020 und zuletzt mit der vierten Verfügung vom 7. Juli 2020 (Ausgang am 10. Juli 2020) bis 28. Oktober 2020, nunmehr u.a. auch wegen fachlicher Bewährungszweifel.
Der Antragsteller hat gegen die Verfügungen der LPD zur jeweils halbjährlichen Verlängerung seiner Probezeit vom 14. Juni 2019 (Verlängerung bis 28. Oktober 2019) und vom 29. November 2019 (Verlängerung bis 28. April 2020) mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 28. Juni 2019 bzw. 10. Dezember 2019 jeweils fristgemäß und ordnungsgemäß Widerspruch erhoben. Die LPD hat für die beiden Verlängerungen der Probezeit im Zeitraum 29. April 2019 bis 28. April 2020 keine sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 VwGO angeordnet. Demzufolge entfalten die Widersprüche gegen die beiden Verlängerungen (derzeit) aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 1 VwGO mit der Folge, dass Vollziehungsmaßnahmen wie die nachfolgenden Verlängerungen, die Feststellung der Nichtbewährung und insbesondere auch die streitgegenständliche Entlassungsverfügung als Vollzugsmaßnahmen bzw. wegen der insoweit bestehenden Tatbestandswirkung nicht statthaft sind (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 26. Aufl., § 80 Rn. 22, 31 f., 50 m.w.N. zur Rspr. des BVerwG, i.E. str.). Die Kammer hat im Rahmen eines Antragsverfahrens zu einer angefochtenen Entlassungsverfügung, der eine Verlängerung der Probezeit ohne Anordnung der sofortigen Vollziehung zugrunde lag, bereits mit Beschluss vom 25. März 2019 – 4 E 321/19 We –, Seite 3 f. des Beschlussumdrucks) u.a. ausgeführt:
„…Dieser für die streitgegenständliche Entlassungsverfügung Rechtswirkungen entfaltende Verlängerungsbescheid vom 5. Januar 2017 ist Gegenstand des noch anhängigen Klageverfahrens 4 K 452/17 We. Mangels Anordnung der sofortigen Vollziehung des in dem Klageverfahren streitgegenständlichen Verlängerungsbescheides kommt der dortigen Klage aufschiebende Wirkung zu (§ 80 Abs. 1 VwGO). Dies hat wiederum zur Folge, dass der Antragsgegner gehindert war, Folgerungen tatsächlicher und rechtlicher Art aus der verlängerten Probezeit zu ziehen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. April 2010 – OVG 4 B 66.09 –, Juris Rn. 43; OVG Lüneburg, Urteil vom 24. April 2007 – 5 LB 37/07 –, Juris Rn. 61). Damit beruht die Entlassungsverfügung jedenfalls teilweise auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage, da sie auch auf Erkenntnisse gestützt wird, die im Zeitraum der verlängerten Probezeit liegen. … Das Klageverfahren hat sich nicht dadurch erledigt, dass der Zeitraum, auf denen sich die streitige Probezeitverlängerung bezieht, zwischenzeitlich abgelaufen ist. Vor dem Hintergrund, dass der Verlängerungsbescheid noch Rechtswirkung für die vorliegende Entlassungsverfügung entfaltet, hat es sich gerade nicht erledigt und dementsprechend wirkt auch die aufschiebende Wirkung der noch anhängigen Klage mit den aufgezeigten Rechtsfolgen fort…“.
Ob auch die Vollziehung der ersten Verlängerungsverfügung der LPD vom 1. November 2018, zugestellt am 28. November 2018, durch aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO gehemmt ist, erscheint zwar fraglich: Der Antragsteller hat gegen diese Verlängerung ggf. – falls man die Formulierung „…wogegen insgesamt Widerspruch erhoben… [wird]“ so auslegen könnte – erst mit Schreiben vom 22. Mai 2019 Widerspruch erhoben, wenn überhaupt also nicht fristgemäß nach § 70 VwGO. Ein solchermaßen verspäteter Widerspruch dürfte keine aufschiebende Wirkung i.S.v. § 80 Abs. 1 VwGO entfalten, weil die erste Verlängerung dann erkennbar bestandskräftig ist (Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Rn. 50 und Fn. 95 m.w.N.). Letztlich können diese Fragen aber dahingestellt bleiben. Denn auch eine – angenommen – bestandskräftige bzw. uneingeschränkt wirksame Verlängerung der Probezeit bis April 2019 ändert an der fehlenden Vollziehbarkeit der beiden Folgeverlängerungen für die Zeit 29. April 2019 bis 28. April 2020 und an den sich daraus für eine rechtsfehlerfreie personalvertretungsrechtliche Beteiligung ergebenden nachteiligen Auswirkungen nichts.
Außerdem lässt sich entgegen der vom Antragsgegner in der Entlassungsverfügung vom 5. Februar 2021, Seite 17, vertretenen Auffassung bei verständiger Auslegung entsprechend §§ 133, 157 BGB aus dem Umstand, dass der Antragsteller gegen die letzte – vierte – Verlängerung der LPD vom 7. Juli 2020 (Verlängerung bis 28. Oktober 2020) keinen Widerspruch eingelegt hat und (nur) diese Verfügung bestandskräftig geworden ist, ebenso wenig wie aus der „unterbliebenen“ Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO oder aus sonstigen Äußerungen des Antragstellers entnehmen, dass der Antragsteller seine beiden vorhergehenden Widersprüche gegen die zweite und dritte Verlängerung „nicht weiter verfolgen“ wollte oder dass sich seine Widersprüche „erledigt“ hätten. Dies könnte allenfalls dann zu erwägen sein, wenn sich die vierte Verlängerung nach dem Muster eines klar formulierten Zweitbescheides auch zu den beiden vorangegangenen Verlängerungen verhalten und diese Verlängerungen in ihr „Regelungsprogramm“ im Sinne einer Art „Kettenverlängerung“ aufgenommen hätte. Dafür gibt die vierte Verlängerungsverfügung vom 7. Juli 2020 freilich nichts her. Auch die diesbezüglichen Ermessenserwägungen lassen ein solches Regelungsziel nicht erkennen. Damit beschränkt sich diese Verfügung – wie die Vorgängerverlängerungen – schlicht darauf, die Probezeit „um weitere sechs Monate zu verlängern“, beginnend ab dem 29. April 2020; die Vorgängerverlängerungen bleiben insoweit unberührt.
Für diese Auslegung sprechen im Übrigen allgemeine beamtenrechtliche Grundsätze, die die Kammer in dem oben angeführten Beschluss vom 25. März 2019 (a.a.O., wie vor, Seite 3 f.) formuliert hat:
„…Zunächst stellt das Gericht klar, dass lediglich Erkenntnisse aus der laufbahnrechtlichen und nicht auch aus der lediglich statusrechtlichen Probezeit für die Bewährungsfeststellung herangezogen werden dürfen. Erkenntnisse nach deren Ablauf bleiben außer Betracht, selbst wenn der Status als Beamter auf Probe noch fortbesteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Mai 1990 – 2 C 35/88 -, juris Rn. 19). Insofern kommt der Frage, ob die laufbahnrechtliche Probezeit rechtmäßig verlängert wurde, eine entscheidende Bedeutung zu. Wäre keine rechtmäßige Verlängerung der Probezeit erfolgt, müssten die nach Ablauf der regulären laufbahnrechtlichen Probezeit gewonnenen Erkenntnisse außer Betracht bleiben und die Entlassungsverfügung würde zu einem nicht unerheblichen Teil auf eine nicht verwertbaren Sachverhalt beruhen.
Der Antragsgegner hat die Entlassung des Antragstellers auch auf Erkenntnisse während der verlängerten Probezeit gestützt. So heißt es in dem Bescheid auf Seite 3 unter Ziffer 2.:
“Ihre Nichtbewährung wurde abschließend festgestellt.
Die Feststellung Ihrer Bewährung wurde unter Würdigung der Kriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistungen, sachgerecht während der gesamten Dauer der Probezeit vom 01.01.2014 bis 31.12.2018 beurteilt: …”
Dies entspricht § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG, wonach ein Beamter auf Probe entlassen werden kann, wenn er sich in der Probezeit nicht bewährt hat. Wäre der Verlängerungsbescheid als rechtswidrig aufzuheben, handelte es sich bei der Dienstzeit des Antragstellers während des Zeitraums, auf den sich der Verlängerungsbescheid vom 5. Januar 2017 bezieht, nicht mehr um eine Probezeit i.S.d. § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG. Das Verhalten des Antragstellers in dieser Zeit könnte damit auch nicht mehr Grundlage für das Urteil über seine Nichtbewährung sein und die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wäre wegen Verkennung des maßgeblichen Bewährungszeitraumes rechtswidrig (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 21. Januar 2016 – 4 S 1082/14 –, juris, Rn. 33 m.w.N.)…“.
Im Ergebnis der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche gegen die vorangegangenen Verlängerungen für den Zeitraum 29. April 2019 bis 28. April 2020 hat die – bestandskräftig gewordene – vierte Verlängerung zum gegenwärtigen Verfahrensstand zu einer Art isolierter Prozess geführt. Allein diese sich jedenfalls derzeit ergebende isolierte „Probezeit-Insel“ ist nach Sinn und Zweck der Probezeit und unter Berücksichtigung der laufbahnrechtlichen Systematik und der gesetzlichen Voraussetzungen zur Feststellung der Nichtbewährung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt geeignet, eine mit Ablauf des 28. April 2019 bereits endgültig abgelaufene Probezeit wieder „aufleben“ zu lassen bzw. eine mehrmonatige formelle „Lücke“ in der Probezeit zu überbrücken. Solange die aufschiebende Wirkung der Widersprüche gegen die zweite und dritte Verlängerung andauert, bewirkt dies vielmehr – umgekehrt wie vom Antragsgegner angenommen – schon jetzt die Funktionslosigkeit der vierten Verlängerung; spätestens dann, wenn die Widersprüche oder entsprechende Klagen bestands- oder rechtskräftig zur Aufhebung der zweiten und/oder dritten Verlängerung führen sollten, beispielsweise bei der zweiten Verlängerung wegen einer rechtsfehlerhaften Beteiligung der Personalvertretung (dazu unten), würde die bestandskräftige vierte Verlängerung endgültig ihre Wirksamkeit im Sinne von § 43 Abs. 2 ThürVwVfG verlieren.
Die Beteiligung des BPR dürfte also insoweit voraussichtlich rechtswidrig und die Entlassungsverfügung infolgedessen derzeit formell rechtswidrig sein.
Ob der Antragsgegner für die angefochtene zweite und dritte Verlängerung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO noch nachträglich Sofortvollzug anordnen könnte – aktenkundig ist dies bislang nicht – und welche Auswirkungen dies auf den Lauf der Probezeit und die Feststellung der Nichtbewährung innerhalb der Probezeit hätte, kann der Klärung in anderen Verfahren vorbehalten bleiben.
Allerdings ist in diesem Zusammenhang vorsorglich anzumerken, dass nach Aktenlage viel dafür spricht, dass alle aktenkundigen Probezeitverlängerungen, gleich ob bestandskräftig oder nicht, in materiell-rechtlicher Hinsicht unter Berücksichtigung der erheblichen Fehlzeiten und des deutlichen Übergewichts des Antragstellers und der erkennbaren fachlichen Eignungszweifel wohl allesamt dem Grunde nach rechtmäßig erfolgt sein dürften.
All die vorstehend angesprochenen Fragen können aber ebenso wie die formelle Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Entlassungsverfügung dahingestellt bleiben, weil sich im maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung die Entlassungsverfügung als materiell rechtswidrig darstellt.
Eine zentrale tatbestandliche Voraussetzung für eine rechts- und ermessensfehlerfreie Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wegen fachlicher und gesundheitlicher Nichtbewährung nach den §§ 21 Nr. 1, 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 10 Satz 1 BeamtStG in Verbindung mit § 33 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2, Abs. 4 ThürLaufbG ist eine jeweils rechtsfehlerfrei verlängerte durchgängige Probezeit, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, nach Ablauf der ggf. verlängerten Probezeit in angemessener Zeit über die fachliche und gesundheitliche Eignung eines Beamten rechts- und ermessensfehlerfrei zu entscheiden (vgl. im Einzelnen der Beschluss der Kammer vom 25. März 2019 – 4 E 321/19 We –, Seite 3 f. des Beschlussumdrucks m.w.N.).
Diese Voraussetzung gilt entsprechend für den maßgeblichen – ebenfalls rechtsfehlerfrei zu bestimmenden – Beurteilungszeitraum der letzten dienstlichen Probezeitbeurteilung nach § 49 Abs. 1 ThürLaufbG i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 4, Abs. 4 Thüringer Beurteilungsverordnung (ThürBeurtVO) vom 1. März 2020 (GVBl. S. 64), die ihrerseits die tragende Grundlage für die Feststellung der fachlichen Nichtbewährung eines Beamten innerhalb der Probezeit im Sinne von § 23 Abs. 3 Nr. 2 BeamtStG darstellt.
Dies wiederum setzt jeweils voraus, dass die maßgeblichen Verlängerungen der regulären Probezeit über 28. Oktober 2018 hinaus ihrerseits nicht – wie hier die zweite bis vierte Verlängerungsverfügung, ggf. auch die erste Verlängerung (dazu im Einzelnen oben) – durch aufschiebende Wirkung entsprechender Widersprüche gemäß § 80 Abs. 1 VwGO in der Vollziehung gehindert sind; der Antragsgegner hat für die Verlängerungen der Probezeit jeweils keine sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet. Die Auswirkungen dieser Umstände auf die Feststellung der Nichtbewährung (und mittelbar auf die dienstliche Beurteilung) können im Einzelnen dahingestellt bleiben ebenso wie eine mögliche Abhilfe, etwa evtl. durch eine nachträgliche (vielleicht rückwirkende) Anordnung der sofortigen Vollziehung (vgl. dazu auch die eingangs gemachten Ausführungen und den Beschluss der Kammer vom 25. März 2019 – 4 E 321/19 We –).
Denn außerdem ist unabdingbar, dass die in Rede stehenden Probezeitverlängerungen jeweils formell und materiell rechtmäßig angeordnet worden sind. Gleiches gilt für die letzte Probezeit-Beurteilung zur Feststellung der fachlichen Nichtbewährung des Antragstellers. Nur dann kann im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO davon ausgegangen werden, dass die jeweiligen Widersprüche keinen Erfolg haben.
Insbesondere der Widerspruch mit anwaltlichem Schreiben vom 28. Juni 2018 gegen die zweite Verfügung der LPD vom 14. Juni 2019 zur Verlängerung der Probezeit des Antragstellers bis zum 28. Oktober 2019 hat aller Voraussicht nach Erfolg. Denn die Verfügung vom 14. Juni 2019 stellt sich schon im Rahmen summarischer Prüfung zwar angesichts der vom Antragsgegner nachvollziehbar aufgezeigten Bewährungszweifel wohl nicht als materiell rechtswidrig, wohl aber als formell rechtswidrig dar.
Die Beteiligten wurden auf besondere personalvertretungsrechtliche Gesichtspunkte mit gerichtlicher Verfügung vom 28. Mai 2021 (Blatt. 134 der Gerichtsakte) hingewiesen, insbesondere auf die Möglichkeit einer umfassenden Allzuständigkeit des Personalrats. Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat sich die gerichtlichen Erwägungen zur Mitbestimmung zu Eigen gemacht unter Vorlage seiner Stellungnahme im gerichtlichen Verfahren beim Thüringer Oberverwaltungsgericht (Beschluss vom 19. Mai 2021 – 5 PO 617/20 –, im Nachgang zu dem Beschluss des VG Meiningen vom 6. August 2020 – 3 E 707/20 –) sowie parlamentarischer Unterlagen der Regierungsfraktionen, namentlich deren Klarstellung vom 21. Juli 2020 zum Umgang mit dem ThürPersVG (siehe Blatt 155 der Gerichtsakte). Der Antragsgegner ist einer Mitbestimmung bei Verfügungen zur Verlängerung der Probezeit und allgemein einer umfassenden Allzuständigkeit des zuständigen Personalrats mit Schriftsätzen vom 28. Mai, vom 9. Juni und vom 18. Juni 2021 entgegengetreten, auch unter Vorlage eines Erlasses des TMIK vom 9. November 2020 zu personalvertretungsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Verlängerung der Probezeit (Blatt. 142 der Gerichtsakte). Dabei hat sich der Antragsgegner argumentativ dem Beschluss des VG Meiningen vom 6. August 2020 – 6 PO 617/20 – angeschlossen und u.a. den aktuellen Beschluss des BVerwG vom 15. Oktober 2018 – 5 P 9/17 – wegen fehlender Unberührtsheitsklauseln für unbeachtlich erklärt.
Auch unter Berücksichtigung der Erwiderung des Antragsgegners erweist sich die zweite Verlängerung der Probezeit mit Verfügung vom 14. Juni 2018 als mitbestimmungspflichtig (zur Übergangsbestimmung des § 95 Abs. 3 ThürPersVG siehe unten). Die erforderliche Mitbestimmung ist bislang unterblieben. Gleiches dürfte in Bezug auf die dienstliche Beurteilung vom 30. Oktober 2020 zur Feststellung der Nichtbewährung des Antragstellers gelten. Diese Beurteilung weist als Beurteilungszeitraum die Zeit vom 29. Oktober 2015 bis zum 28. Oktober 2020 aus, die der mehrfach verlängerten Probezeit des Antragstellers entspricht.
Gemäß §§ 2 Abs. 2, 69 Abs. 1 Satz 1, 69a Abs. 1 ThürPersVG bestimmt der zuständige Personalrat nach Maßgabe der §§ 68 bis 78 ThürPersVG mit bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und innerdienstlichen Maßnahmen der Dienststelle (vgl. 6 ThürPersVG) für die im Sinne des § 4 ThürPersVG in der Dienststelle Beschäftigten. Dementsprechend ist der BPR im Rahmen seiner instanziellen Zuständigkeit nach § 82 Abs. 1 ThürPersVG berechtigt, an allen innerdienstlichen Maßnahmen des Dienststellenleiters der Landespolizeidirektion mitzuwirken. Dieses Mitbestimmungsrecht beansprucht uneingeschränkte Geltung.
Es ist daher nicht fraglich, ob der zuständige Personalrat zu beteiligen ist oder nicht. Er ist immer zu beteiligen (so auch Plenarprotokoll 6/146 vom 9. Mai 2019, Seite 12657 und vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Oktober 2018 – 5 P 9/17 –, zitiert nach Juris Rn. 9 ff.; a.A.: VG Meiningen, Beschluss vom 6. August 2020 – 3 E 707/20 –, zitiert nach Juris, Rn. 18 ff, 23.; offen gelassen: OVG Weimar, Beschluss vom 19. Mai 2021 – 5 PO 617/20 –, Seite 13 des Beschlussumdrucks; im Schrifttum wie hier z.B. Rehak, PersV 2020, 84, 86; a.A.: Gorf/Braun, ThürVBl. 2021, 1, 4, 5, nach Fußnote 1 auch das TMIK; differenzierend: von Roetteken, jurisPR-ArbR 12/2021 Anm. 6). Zu klären ist im Einzelfall lediglich, ob der Personalrat bzw. genauer die Einigungsstelle ein volles oder eingeschränktes Mitbestimmungsrecht hat (so auch Plenarprotokoll des Thüringer Landtags 6/146 vom 9. Mai 2019, Seite 12657). Vorliegend hat die Einigungsstelle in Personalangelegenheiten der Beamten nach § 72 Abs. 5 Satz 2 und 3 (i.V.m. dem deklaratorischen § 73 Abs. 2 ThürPersVG) – hier bei Verlängerung der Probezeit (und Probezeitbeurteilung) – ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht, sie kann also nur Empfehlungen aussprechen.
Das umfassende Mitbestimmungsrecht folgt aus Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck sowie Gesetzgebungsgeschichte des ThürPersVG. Im Einzelnen:
Bereits der Wortlaut der §§ 2 Abs. 2, 45 Abs. 4, 68 Abs. 2 Satz 1, 69 Abs. 1 Satz 1, 69 Abs. 2, 69 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 bis 6, 69a Abs. 1, 72 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2, 73 Abs. 2, 75 Abs. 1, 77 (nach Streichung des vormaligen Absatzes 2), 82a Abs. 4 Satz 1 ThürPersVG weist sehr deutlich in Richtung eines umfassenden, weitgehend uneingeschränkten Mitbestimmungsrechts im Sinne einer echten Allzuständigkeit. Danach bestimmt der Personalrat mit bei „allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen“. Die Universalität der Zuständigkeit des Personalrats zeigt sich schon daran, dass die Zuständigkeit des Personalrats für alle innerdienstlichen Maßnahmen im Gesetz doppelt festgeschrieben wird. Zum einen wird die Allzuständigkeit als übergeordnetes besonderes Gesetzesziel in § 2 Abs. 2 ThürPersVG formuliert (so auch Rehak, PersV 2020, 84), und zum anderen als Konkretisierung in den §§ 69 Abs. 1 Satz 1, 69a Abs. 1 und 75 Abs. 1 ThürPersVG nochmals bekräftigt. Dabei bringt bereits das Wort „allen“ die Allzuständigkeit unmissverständlich zum Ausdruck. Der Gesetzeswortlaut bringt sie aber zusätzlich unmissverständlich zum Ausdruck in der erkennbar auf umfassende Zuständigkeit ausgerichteten Aufzählung „personell, sozial, organisatorisch“, um die Allzuständigkeit gegen etwaige interpretatorische Einschränkungsversuche abzusichern. Der Gesetzeswortlaut rundet dies durch die Auffangformulierung „sonstige innerdienstliche Maßnahmen“ ab. Diese Formulierung stellt höchstvorsorglich nochmals umfassend klar, dass die Allzuständigkeit auch wirklich alle erdenklichen innerdienstlichen Angelegenheiten umfasst und in der personalwirtschaftlichen oder innerdienstlichen Praxis nicht unterlaufen oder umgangen wird.
Dass der Umfang der Mitbestimmung im Sinne der dort definierten umfassenden Allzuständigkeit – im Gleichklang mit § 2 Abs. 2 – in § 69 zentral und abschließend geregelt wird, belegt der Gesetzeswortlaut zum einen in der Überschrift des § 69 „Umfang der Mitbestimmung“; demgegenüber wird beispielsweise in § 73 der in § 69 definierte (umfassende) Umfang der Mitbestimmung als Allzuständigkeit sowohl in der dortigen Überschrift „Mitbestimmung in personellen, sozialen und organisatorischen Angelegenheiten“ als auch in den Regelungen vollumfänglich vorausgesetzt und ohne inhaltliche Änderungen hingenommen, zumal sich – wie unten näher ausgeführt wird – die Regelungsfunktion des § 73 ThürPersVG ohnehin nur auf den Geltungsbereich der eingeschränkten Mitbestimmung und die Befugnisse der Einigungsstelle (insoweit nur Empfehlungen) bezieht – und nicht auf den Umfang der Mitbestimmung. Zum anderen gehören zum Textbefund des § 69 ein abschließender Katalog an Ausschlusstatbeständen und Teil- Einschränkungen in § 69 Abs. 1 Satz 2 und in Abs. 5 und 6 bzw. Antrag 3 und 4 ThürPersVG. Nur für die Fallgruppen in Abs. 5 und 6 schließt der Gesetzeswortlaut die Mitbestimmung ausdrücklich und vollständig aus; konkret gilt dies für innerdienstliche Weisungen, für Personalangelegenheiten leitender Beamte ab Besoldungsgruppe A 16 ThürBesO und für politische Beamten nach § 30 BeamtStG, außerdem beim Erlass von Rechtsvorschriften, bei Organisationsentscheidungen und in Fällen, in denen nach gesetzlichen Bestimmungen die Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und Berufsverbände zu beteiligen sind. Entsprechendes gilt für die Teil-Einschränkungen der Mitbestimmung bei den Fallgruppen in § 69 Abs. 3 und 4 ThürPersVG, indem dort ausdrücklich Antrags- und Zustimmungserfordernisse vorgegeben werden. Sonstige allgemeine Ausschlüsse und Einschränkungen der Mitbestimmung dem Grunde nach regelt der Text des ThürPersVG nicht; lediglich für spezielle Beschäftigtengruppen und besondere Verwaltungszweige finden sich in den §§ 88 ff. einzelne weitere Abweichungen und Fachausnahmen; ansonsten könnte man § 77 ThürPersVG als Ausnahme deuten, sofern man die Weiterleitung von Personalanforderungen als „Maßnahme“ einordnet.
Auf der Ebene des Gesetzeswortlauts zeigt Absatz 2 anschaulich, dass § 69 ThürPersVG die Allzuständigkeit des Personalrats, also den „Umfang der Mitbestimmung“, umfassend und abschließend definiert. Danach kann der Personalrat seine Zustimmung durch Vereinbarung mit der Dienststelle für bestimmte Einzelfälle oder Gruppen von Fällen vorab erteilen. Absatz 2 als innovative Neuerung im ThürPersVG nach dem Vorbild des § 51 Abs. 3 Schleswig-Holsteinisches Mitbestimmungsgesetz ermöglicht aus Gründen zweckmäßiger und praktischer Handhabung der Sache nach eine Art von „vereinbartem Ausschluss“ der gesetzlichen Allzuständigkeit des Personalrates; man kann hierzu ergänzen, dass es je nach Größe einer Dienststelle eine entsprechend hohe Anzahl an Mitbestimmungsfälle geben kann, die die Inanspruchnahme dieses Instruments nach Absatz 2 geradezu erfordert, um die Personalvertretungen ungeachtet ihrer personellen Stärkung durch erheblich ausgebaute Freistellungstaffeln (dazu nachfolgend) nicht kapazitäts- und arbeitsmäßig zu überfordern. So ergänzt Absatz 2 mit seinem besonderen Mechanismus den Katalog der Ausschlusstatbestände in § 69 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 bis 6 ThürPersVG (entgegen Rehak, PersV 2020, 84, 91 passt Abs. 2 in den Kontext des § 69 gut).
Zum relevanten Normtextbefund gehören die Bestimmungen in § 72 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 ThürPersVG zur Einigungsstelle mit dem daran anknüpfenden, rein akzessorischen „Beispielkatalog“ in § 73 ThürPersVG. § 72 Abs. 5 Satz 1 enthält in seinen Nummern 1 bis 16 einen scharf definierten Katalog an Mitbestimmungsfällen; in diesen Fällen ist der Beschluss der Einigungsstelle im Grundsatz bindend, kann aber ausnahmsweise nach § 74 ThürPersVG aufgehoben werden. Nach § 72 Abs. 5 Satz 2 beschließt die Einigungsstelle „in den übrigen Fällen…“ nur eine Empfehlung an die oberste Dienstbehörde. Diese „übrigen Fälle“ werden in § 72 Abs. 5 Satz 3 konkretisiert; dabei handelt es sich um personelle, aber auch um „organisatorische und wirtschaftliche Angelegenheiten“, bei denen die unverzichtbare parlamentarisch-demokratische Legitimation (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1995 – 2 BvF 1/92 –) den Grad der Entscheidungsbefugnis der Einigungsstelle von Verfassungs wegen auf Empfehlungen begrenzt. An den Wortlaut des Satzes 3 anknüpfend zeigt sich die regulatorische Bedeutung der „Beispielkataloge“ in § 73 ThürPersVG einschließlich der vom VG Meiningen zur Einschränkung des „Umfangs der Mitbestimmung“ (so die Überschrift des § 69) im Sinne einer echten Allzuständigkeit in Anspruch genommenen „Insbesondere“-Formulierung. Der Wortlaut des § 73 ThürPersVG zeigt zum einen in seiner Überschrift „Mitbestimmung in personellen, organisatorischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten“ keinen Bezug auf den „Umfang“ der Mitbestimmung, will diese also gar nicht regeln geschweige denn erheblich einschränken. Zum anderen lässt auch die Verweisung auf „…gemäß § 72 Abs. 5 Satz 2 und 3 eingeschränkt mitzubestimmen…“ jeweils in den Absätzen 1 bis 3 des § 73 eindeutig erkennen, dass sich der Regelungsinhalt des § 73 inhaltlich in deklaratorischen, beispielhaften Hinweisen zum Geltungsbereich der eingeschränkten Mitbestimmung, dem Empfehlungsbereich der Einigungsstelle, erschöpft, und zwar in den o.g. „übrigen Fällen“ nach § 72 Abs. 5 Satz 2 und 3 – im Gegensatz zur im Gesetz so nicht ausdrücklich bezeichneten (dies merkt Rehak zutreffend an, PersV 2020, 84, 91) „vollen Mitbestimmung“ nach § 72 Abs. 5 Satz 1 ThürPersVG. Mit anderen Worten hat § 73 ThürPersVG eine ausschließlich ergänzende Bedeutung im Kontext der Art der Mitbestimmung (voll/eingeschränkt). Er ist insoweit als „Anhängsel“ zu § 72 Abs. 5 Satz 2 und 3 eigentlich entbehrlich, wie Rehak richtig feststellt (a.a.O., 89). Zusammengefasst: Bereits der Wortlaut gibt – im engen Zusammenspiel mit gleichlaufenden systematischen und teleologischen Gesichtspunkten im Verhältnis zwischen § 72 Abs. 5 und § 73 – zu erkennen, dass § 73 entgegen VG Meiningen und Gorf/Braun (beide wie vor) nicht den „Umfang der Mitbestimmung“ berührt – dies ist § 69 vorbehalten –, sondern nur Beispiele („insbesondere“) zum Geltungsbereich der eingeschränkten Mitbestimmung aufzählt. Folglich ist Gorf/Braun (a.a.O., 4 vor Abschnitt 3.) und dem ihnen folgenden VG Meiningen nachdrücklich zu widersprechen, wenn sie zu „…dieser Regelungssystematik“ anmerken, dass „…mit der Einführung einer umfassenden Mitbestimmung den Dienststellen und Personalvertretungen Beispielssachverhalte an die Hand gegeben werden, damit diese Erfahrungen sammeln können, ob ein Sachverhalt mitbestimmungspflichtig ist“. Vielmehr belegen Wortlaut, Systematik und Normzweck, dass § 73 neben § 72 Abs. 5 Satz 2 und 3 entbehrlich ist und – wenn überhaupt – lediglich auf der Ebene der eingeschränkten Mitbestimmung eine gewisse Bedeutung hat, letztlich also nur für die Spruchpraxis der Einigungsstellen eine Rolle spielt. Der Umfang der Mitbestimmung als umfassende Allzuständigkeit ist in § 69 ThürPersVG abschließend definiert und bleibt entgegen VG Meiningen und Gorf/Braun von § 73 unberührt. – Ungenau ist in diesem Zusammenhang auch die Anmerkung von Gorf/Braun (a.a.O., 4), wonach in § 73 ThürPersVG Angelegenheiten der eingeschränkten Mitbestimmung „gemäß den Vorgaben des BVerfG“ zur unverzichtbaren parlamentarisch-demokratischen Legitimation aufgezählt würden. Tatsächlich setzt § 73 keinerlei verfassungsrechtliche Vorgaben um. § 73 ist mit Rehak (a.a.O.) entbehrlich. Zudem stellt bereits § 72 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 mit der umfassenden Formulierung „in den übrigen Fällen“ als Gegenpol zu Satz 1 die bundesverfassungsgerichtlichen Vorgaben der Entscheidung des BVerfG vom 24. Mai 1995, a.a.O.) sicher und setzt sie ordnungsgemäß im ThürPersVG um.
Ein ergänzendes Argument im Normtextbefund ergibt sich auch aus der Neufassung des § 77 ThürPersVG zu Anhörungsfällen. Dadurch entfällt inzident der frühere Absatz 2. Er sah die Anhörung vor Durchführung von Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von Diensträumen und vor grundlegenden Änderungen von Arbeitsverfahren und -abläufen vor. Diese Fälle finden sich in den Beispielkatalogen des § 73 nicht. Wäre die Auslegung des § 73 des VG Meiningen in seiner Entscheidung vom 6. August 2020 (a.a.O.) zutreffend, wäre in o.g. Fallgruppen jegliche Mitbestimmung bzw. Mitwirkung der Personalvertretungen ersatzlos entfallen, da die vom VG Meiningen angenommenen Kriterien gemäß der Rechtsprechung des BVerwG im Beschluss vom 24. Juni 2014 (a.a.O.) – „nach Art und Bedeutung vergleichbar“ insoweit nicht greifen. Im Ergebnis würde die Auslegung des VG Meiningen eine Verschlechterung des Mitbestimmungsniveaus bewirken, die vom Gesetzgeber offensichtlich nicht gewollt ist.
Zusätzlich zu den erläuterten Wortlautbefunden lassen Gesetzessystematik, Sinn und Zweck und die Entstehungsgeschichte des Gesetzes vom 28. Mai 2019 (GVBl. S. 123), namentlich zu den §§ 2 Abs. 2, 45, 68 Abs. 2, 69 Abs. 1 und Abs. 2, 69a ff., 72 Abs. 5 Satz 1 und 2 ThürPersVG, keinen anderen Schluss zu, als dass die Personalvertretungen immer an allen personellen, sozialen, organisatorischen und innerdienstlichen Maßnahmen zu beteiligen sind (soweit keine Ausnahmen nach § 69 Abs. 1 Satz 2 bis 6 ThürPersVG bzw. für den Polizeidienst gemäß § 90 ThürPersVG einschlägig sind oder schon keine „Maßnahme“ im Sinne von § 69 Abs. 1 Satz 1, letzter Halbsatz ThürPersVG vorliegt). Dies folgt unter gesetzessystematischen Gesichtspunkten aus dem Zusammenspiel des zentralen Gesetzesziels der Allzuständigkeit nach § 2 Abs. 2 ThürPersVG mit § 69 Abs. 1 Satz 1 ThürPersVG und aus der – wie eingangs dargelegt – Monopolisierung des umfassenden „Umfangs der Mitbestimmung“ und der wenigen Ausnahmen in § 69 ThürPersVG.
Darüber hinaus ergibt sich in gesetzessystematischer Hinsicht die umfassende Allzuständigkeit des Personalrates im Umkehrschluss auch aus § 69 Abs. 2 ThürPersVG, bestätigt durch Sinn und Zweck unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte (vgl. Begründung zu § 69 Abs. 2, Seite 23, in: Änderungsantrag der Regierungsfraktionen vom 14. Februar 2019, Anlage zum Ergebnis- und Beschlussprotokoll der 61. Sitzung des Innen- und Kommunalausschusses vom 21. März 2019 [im Folgenden: Begründung, Anlage zum Ergebnis- und Beschlussprotokoll] – im Entwurf der Landesregierung vom 18. April 2018 war eine vergleichbare Regelung noch nicht enthalten, Landtags-Drucksache 6/7555). Absatz 2 will eine flexible, den Bedürfnissen der Praxis gerecht werdende Möglichkeit zur Erledigung von Routineaufgaben schaffen. Eine so konzipierte konsensuale Option zur Einschränkung der Allzuständigkeit wäre naturgemäß überflüssig bzw. funktionslos, wenn sich die „Allzuständigkeit“, würde man mit dem VG Meiningen und Gorf/Braun die Formulierung „insbesondere“ gegen den Sprachsinn wie „ausschließlich“ lesen, dann entsprechend der alten Rechtslage und dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Landesregierung (Landtags-Drucksache 6/5575) im Wesentlichen auf die bisherigen alt überkommenen Mitbestimmungsfälle in den Beispielkatalogen des § 73 ThürPersVG beschränken würde. Absatz 2 macht nur Sinn, um eine ggf. mögliche Überbeanspruchung der Personalvertretungen durch eine ggf. allzu große Anzahl von Beteiligungsfällen aufgrund einer echten Allzuständigkeit zu vermeiden, indem Dienststelle und Personalvertretung ein innovatives Instrument nach dem Vorbild des § 51 Abs. 3 Schleswig-Holsteinisches Mitbestimmungsgesetz an die Hand gegeben wird. Höhlt man indes mit dem VG Meiningen die „Allzuständigkeit“ weitgehend aus, so dass – wie nach altem Recht – im Grundsatz nur Mitbestimmungsfälle nach dem Beispielkatalog des § 73 ThürPersVG übrigbleiben, bedürfte es der praxisbezogenen Einschränkungsoption des § 69 Abs. 2 ThürPersVG nicht; diese Klausel wäre sogar entgegen dem erklärten Willen des parlamentarisch-demokratischen Gesetzgebers geeignet, die mit der Lesart des VG Meiningen nur geringen personalvertretungsrechtlichen Befugnisse der Personalvertretungen im Gegenteil noch weiter zu schwächen.
Aus der inhaltsgleichen Übernahme der korrespondierenden Schleswig-Holsteinischer Bestimmung in § 69 Abs. 2 ThürPersVG ergibt sich im Übrigen im Zusammenspiel mit der Entstehungsgeschichte ein weiteres Argument für eine umfassende Allzuständigkeit nach dem ThürPersVG. Denn aus den Gesetzgebungsmaterialien geht klar hervor, dass sich der Thüringer Gesetzgeber an der umfassenden Allzuständigkeit nach dem Schleswig-Holsteinischen Mitbestimmungsgesetz „…stark orientiert“ hat; auch heißt es in der Plenardebatte vom 9. Mai 2019 weiter, dass sich die umfassende Allzuständigkeit „…in der Verwaltungspraxis etabliert und sich bewährt [hat] und das im Übrigen nicht nur in Schleswig-Holstein. Der Freistaat Thüringen reiht sich nunmehr in diese Liste ein und das ist gut so…“ (vgl. u.a. Plenarprotokoll vom 9. Mai 2019, Seite 12662, 12659, 12661 – Abgeordnete Kräuter und Adams; vgl. auch n.ö. Ausschussprotokolle).
Ebenso unterstreicht die Begründung zu § 68 Abs. 2, Anlage zum Ergebnis- und Beschlussprotokoll, Seite 21, den umfassenden Beteiligungsanspruch. Dieser korrespondiert mit der weitreichenden Unterrichtungspflicht. Soweit in der Begründung von einer „gewissen Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines Beteiligungsrechts“ die Rede ist und, der Personalrat sei kein allgemeines Kontrollorgan, bezieht sich dies auf den Maßnahmenbegriff nach § 2 (Begründung zu § 69, wie vor, Seite 22) sowie auf die Ausnahmen von der Allzuständigkeit in § 69 Abs. 1 Satz 2 bis Abs. 6.
Mit den vorstehenden grammatischen und teleologischen Argumenten stimmen Sinn und Zweck der Mitbestimmungsvorschriften ebenso wie die Entstehungsgeschichte überein. Sie zeigen zweifelsfrei, dass der parlamentarisch-demokratische Gesetzgeber eine „…umfassende Zuständigkeit des Personalrats bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und innerdienstlichen Maßnahmen“ festgelegen wollte. Dies ergibt sich aus der diametralen Abkehr der Beschlussfassung des Innen- und Kommunalausschusses im parlamentarischen Verfahren von dem bezüglich Mitbestimmung kaum ergiebigen Gesetzentwurf der Landesregierung und dessen Ergänzung durch die Allzuständigkeit (vgl. Landtags-Drucksache 6/5575 vom 18. April 2018, Plenarprotokoll vom 26. April 2018, Seiten 9961 ff., 9964, 9968 f. und insbesondere Plenarprotokoll vom 9. Mai 2019, Seite 12651 ff., 12652, 12659). Der Landtag hat nach einer sehr umfänglichen Anhörung von mehr als insgesamt 70 Gewerkschaften, Berufsverbänden, Sachverständigen, Institutionen und Vertretungen, u.a. der kommunalen Spitzenverbände, und nach eingehender Erörterung und Beratung in den parlamentarischen Gremien (nach „harter Beratung“, vgl. Plenarprotokoll vom 9. Mai 2019, Seite 12656 – Abgeordnete Lehmann) und im Innen- und Kommunalausschuss, den Regierungsentwurf substanziell geändert und eine umfassende Mitbestimmung der Personalvertretungen gewollt (im Einzelnen Ergebnis- und Beschlussprotokoll der öffentlichen 68. Sitzung des Innen- und Kommunalausschusses vom 21. März 2019 mit der Begründung zu den §§ 2 Abs. 2, 45 Abs. 4, 68 Abs. 2, 69, 69a ff. sowie seine Beschlussempfehlung für den Landtag vom 2. Mai 2019, Landtags-Drucksache 6/7173; vgl. dazu auch Plenarprotokoll vom 9. Mai 2019, Seite 12651). Vor diesem Hintergrund bleibt kein Zweifel, dass der Gesetzgeber eine umfassende Allzuständigkeit der Personalvertretungen wollte und offensichtlich nicht das überkommene geringe Mitbestimmungsniveau der Beispielkataloge des § 73 ThürPersVG beibehalten wollte. So spricht u.a. die Begründung zu § 2 Abs. 2 von „…umfassender Allzuständigkeit des Personalrats bei allen … Maßnahmen“ (Ergebnisprotokoll vom 21. März 2019, Seite 18). Im Gleichklang dazu lässt die Begründung zu § 69 Abs. 1 Satz 1, Anlage zum Ergebnis- und Beschlussprotokoll, Seite 22 die vom Gesetzgeber gewollte echte Allzuständigkeit erkennen. Ebenso betonen die Begründungen jeweils zu den §§ 71, 73 Abs. 1, 74, 75, 77 (Streichung des früheren Absatzes 2), 82a Abs. 4 Satz 1, 89 (Aufhebung der früheren Nummer 2), 91 (Aufhebung) die „…gesetzlich verankerte Allzuständigkeit“ bzw. die „Allzuständigkeit“ (Anlage zum Ergebnis- und Beschlussprotokoll, a.a.O., Seiten 25, 28, 29, 30, 31, 32). Im Übrigen spiegelt sich der gesetzgeberische Wille zu einer substanziellen Stärkung der Mitbestimmung der Personalvertretungen durch Einführung einer umfassenden Allzuständigkeit als eines der zentralen parlamentarischen Regelungsziele – in Übereinstimmung mit Gesetzeswortlaut, Systematik und Sinn und Zweck (dazu oben) – im Rahmen der historischen Auslegung des ThürPersVG nicht nur in der o.g. Begründung zu den neuen Bestimmungen des ThürPersVG (Anlage zum Ergebnis- und Beschlussprotokoll vom 21. März 2019, wie vor) wider, sondern ergänzend in den anschaulich-plakativen und sehr eindeutigen Erklärungen der federführenden Abgeordneten der Regierungsfraktionen in der 2. Plenarsitzung. Anzuführen sind beispielhaft die Formulierungen des Abgeordneten Kräuter (Die Linke): „drei wesentliche Änderungen“, „wesentliche Stärkung der Rechte der Personalratsmitglieder geht zugleich mit einer Aufgabenmehrung einher“ (vgl. Plenarprotokoll vom 9. Mai 2019, Seite 12652 und 12653), ferner Aussagen der Abgeordneten Lehmann (SPD): „Erweiterung der Mitbestimmung…, …an diesem Punkt haben die regierungstragenden Fraktionen die grundlegendsten Änderungen vorgenommen“, „…in Zukunft nicht mehr die Frage…, ob der Personalrat zu beteiligen ist oder nicht. Er ist immer zu beteiligen“ (vgl. Plenarprotokoll vom 9. Mai 2019, Seite 12652 und 12653) sowie die Bekundungen des Abgeordneten Adams (Bündnis 90/Die Grünen): „Der Vorschlag der Landesregierung war schon gut, ging aber nicht weit genug“, „…mit diesem Gesetz stark an Schleswig-Holstein orientiert“, „Mitbestimmung in allen personellen … Angelegenheiten eingeführt … Das ist der wirklich revolutionäre Schritt“, „großartiger Tag für den öffentlichen Dienst“ (vgl. Plenarprotokoll vom 9. Mai 2019, Seite 12659f.). Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass auch die parlamentarische Opposition die zur Debatte stehende Gesetzesvorlage der Landesregierung in der Fassung der Beschlussempfehlung der Regierungsfraktionen, die zum jetzigen ThürPersVG geführt hat, im Sinne einer umfassenden Allzuständigkeit der Personalvertretungen verstanden hat; so heißt es etwa beim Abgeordneten Holbe (CDU): „Die sogenannte Allzuständigkeit des Personalrats, die neu eingeführt wird, schränkt natürlich den Handlungsspielraum eines Dienststellenleiters erheblich ein…“ (Plenarprotokoll wie vor, Seite 12653) und beim Abgeordneten Henke (AfD): „…Allzuständigkeit des Personalrats …wird der Dienststellenleiter zukünftig bei jeder Maßnahme gezwungen sein, Überlegungen anzustellen, ob eine Beteiligung des Personalrats notwendig ist“, „…Vielzahl von Beteiligungsverfahren“ und „erheblicher Verwaltungsmehraufwand“ (vgl. Plenarprotokoll wie vor, Seite 12659). Das heißt, der gesamte Thüringer Landtag hat die Gesetzesvorlage im Sinne einer umfassenden echten Allzuständigkeit verstanden. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass auch der zuständige Innenstaatssekretär Götze von einer umfassenden, echten Allzuständigkeit des Personalrats ausgegangen ist. So spricht der Innenstaatssekretär u.a. von einer „maßgeblichen Stärkung“ der Rechte der Personalvertretungen“ und davon, dass mit der Einführung der Mitbestimmung der Personalvertretungen in allen personellen, sozialen, organisatorischen und innerdienstlichen Maßnahmen die „…Beteiligungsrechte der Personalvertretungen auf ein Höchstmaß gestärkt [werden] und das Thüringer Personalvertretungsgesetz zu einem der modernsten Personalvertretungsgesetze in Deutschland fortentwickelt“ wird (vgl. Plenarprotokoll vom 9. Mai 2019, a.a.O., Seite 12666 und Stellungnahme des Antragsteller-Bevollmächtigten vom 8. Oktober 2020 im OVG-Verfahren – 5 PO 617/20 –, Blatt 149, 153 der Gerichtsakte).
Ergänzend zeigt sich die umfassend angelegte Allzuständigkeit des Personalrats im Wortlaut des § 45 Abs. 4 ThürPersVG, auch unter systematischen Gesichtspunkten und nach Sinn und Zweck. Absatz 4 korrespondiert als notwendige Folgeregelung mit der Vervielfachung der Aufgaben der Personalräte. Er erweitert die Freistellungsstaffeln für Mitglieder des Personalrats erheblich, und zwar im Vergleich zur früheren Rechtslage nach § 45 ThürPersVG i.d.F. der Bekanntmachung vom 13. Januar 2012 (GVBl. S. 1) und zum Entwurf der Landesregierung vom 18. April 2018, der kaum Zuständigkeiten des Personalrats ausbaute und auch die Staffeln unberührt ließ (Landtags-Drucksache 6/5575). In der Begründung zu § 45 Abs. 4 heißt es (vgl. Ergebnis- und Beschlussprotokoll des Innen- und Kommunalausschusses vom 21. März 2019, Seite 19): „Mit der Neufassung des § 45 Abs. 4 wird die Staffel für die Freistellung der Mitglieder des Personalrats an die des Betriebsverfassungsgesetzes … angepasst. Die durch dieses Gesetz erreichte wesentliche Stärkung [Anm.: Hervorhebung durch die Kammer] der Rechte der Personalratsmitglieder geht zugleich mit einer Aufgabenmehrung einher, so dass mit der Verbesserung der Freistellungsstaffel eine sachgerechte Wahrnehmung der dem Personalrat obliegenden Aufgaben sichergestellt wird“ (ähnlich: Abgeordneter Kräuter in der 2. Plenarberatung, Plenarprotokoll vom 9. Mai 2019, Seite 12652). Der Gesetzgeber wollte also die neue umfassende Allzuständigkeit durch einen entsprechend erweiterten Freistellungsumfang ausgleichen.
Alles in allem bedeutet das: Der Gesetzgeber hat im Wortlaut des Thüringer Personalvertretungsgesetzes, insbesondere in den §§ 2 Abs. 2, 45 Abs. 4, 68 Abs. 2 Satz 1, 69 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 1 Satz 2 bis Abs. 6, 72 Abs. 5 Satz 2 und 3 mit § 73, 77, 82a ThürPersVG, eine echte und umfassende Allzuständigkeit der Personalvertretungen implementiert, die auch den Namen verdient. Dies wird auch in der Gesetzessystematik, den Normzwecken und der Gesetzgebungsgeschichte klar erkennbar (dazu oben). Der parlamentarische Gesetzgeber wollte offensichtlich keine inhaltlich ausgehöhlte, nur so äußerlich etikettierte „Allzuständigkeit“, die den Namen nicht verdient und in Wirklichkeit nicht oder kaum über das Mitbestimmungsniveau nach bisherigem Personalvertretungsrecht hinausgeht.
Die gegenläufige Interpretation des VG Meiningen im Beschluss vom 6. August 2020 (a.a.O., Rn. 18 ff.) bewirkt indes ebenso wie die Position von Gorf/Braun (a.a.O.) eine so gerade nicht gewollte, nahezu vollständige Entwertung und Aushöhlung der „Allzuständigkeit“ des Personalrats. Folgt man dem Beschluss vom 6. August 2020 unter Bezug auf den älteren Beschluss des BVerwG vom 24. Juni 2014 – 6 P 1/14 – (zitiert nach Juris) zu § 79 PersVG RP, würden Zuständigkeiten des Personalrats jedenfalls im Wesentlichen nur in den in den Beispielkatalogen des § 73 ThürPersVG aufgezählten Fällen bestehen. Es bleibt nach VG Meiningen ebenso wie nach der strengen Auslegung des BVerwG im o.g. Beschluss unklar, welche Mitbestimmungsfälle „nach Art und Bedeutung“ überhaupt den „Beispielen“ des § 73 vergleichbar sein könnten und ob es überhaupt solche Fälle gibt; selbst für § 12 BeamtStG wäre dies fraglich.
Diese Rechtsprechung begründet so eine erhebliche, aber unnötige Rechtsunsicherheit für alle Dienststellen, Personalvertretungen, Beschäftigten und Beamte dergestalt, dass dazu (so auch Gorf/Braun, a.a.O.) die Dienststellen und Vertretungen „Erfahrungen sammeln“ sollen. Demgegenüber gewährleisten die §§ 2 Abs. 2, 69, 45 Abs. 4 ThürPersVG in der hier vertretenen Auslegung ein hohes Maß an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für Dienststellenleitungen und Personalvertretungen, indem der Personalrat eben „…immer zu beteiligen“ ist (vgl. Plenarprotokoll a.a.O., Seite 12657). Dieses besonders hohe Maß an Rechtssicherheit und Verlässlichkeit wird von der Gegenansicht der Sache nach rechtsstaatlich bedenklich ausgehebelt. Der „Beispielskatalog“ in § 73 Abs. 2 ThürPersVG gibt gerade nicht den angeblichen „Halt und Verlässlichkeit“, wie Gorf und Braun meinen, wenn der klare Wortlaut des § 69 ThürPersVG durch apokryphe, ungeschriebene Kriterien („nach Art und Bedeutung vergleichbar“) aufgeweicht und so die Allzuständigkeit des Personalrates der Sache nach überwiegend entwertet und „ausgehöhlt“ wird. Zumal der Personalrat dadurch entgegen § 45 Abs. 4 ThürPersVG sozusagen auch „arbeitslos“ würde.
Das VG Meiningen begründet die weitgehende Entwertung der „Allzuständigkeit“ damit, dass die Allzuständigkeit eine „Begrenzung“ durch den Beispielkatalog des § 73 ThürPersVG finde (a.a.O., Rn. 18 f.). Das VG verweist insoweit auf die Rechtsprechung des früher zuständigen 6. Senats des BVerwG (Beschluss vom 24. Juni 2014, wie vor) und macht sich diese Rechtsprechung vollumfänglich zu Eigen (a.a.O., Rn. 19). Weiter meint es, die Rechtslage nach dem novellierten ThürPersVG sei weder mit der des Schleswig-Holsteinischen Mitbestimmungsgesetzes noch mit dem Bremischen Personalvertretungsgesetz vergleichbar (a.a.O., Rn. 20 und Rn. 22), die „Auflistungen“ des § 73 ThürPersVG seien nicht „enumerativ gefasst“, sondern hätten ausweislich der Formulierung „insbesondere“ nur „exemplarischen Charakter“ (a.a.O., Rn. 21). Im Rahmen des exemplarischen Beispielkatalogs seien die vom BVerwG formulierten Kriterien „nach Art und Bedeutung mit dem Katalog vergleichbar“ maßgeblich (a.a.O., Rn. 24). Schließlich stützt sich das VG Meiningen in seiner weiteren Argumentation entscheidend (und ausschließlich) auf die Begründung des Innen- und Kommunalausschusses zu § 73, die insoweit die o.g. Entscheidung des BVerwG aus 2014 aufgreift und inkorporiert (vgl. Ergebnis- und Beschlussprotokoll vom 21. März 2019, Seite 28). Daraus folgert das VG Meiningen, indem der Thüringer Gesetzgeber weder auf den Beispielkatalog nach Schleswig-Holsteiner Muster verzichtet noch Unberührtsheitsklauseln nach Bremer Vorbild übernommen habe, dafür aber den Beschluss des BVerwG aus 2014 „genau gekannt“ und über die Begründung zu § 73 (a.a.O., Seite 28) an die Rechtsprechung des BVerwG „bewusst“ angeknüpft habe, müsse die Formulierung „insbesondere“ im Beispielkatalog des § 73 ThürPersVG dann auch entsprechend der Entscheidung des BVerwG von 2014 ausgelegt werden. Zumal sich der Abgeordnete Kräuter in der 2. Plenardebatte vom 9. Mai 2019 (Plenarprotokoll, wie vor, Seiten 12662, 12663 zu § 73) die Begründung zu § 73 auf Seite 28 des Ergebnisprotokolls vom 21. März 2019 uneingeschränkt zu Eigen gemacht habe (aber vgl. auch den ausdrücklichen Bezug auf das Schleswig-Holsteinische Vorbild bei dem Abgeordneten Kräuter, Plenarprotokoll, wie vor, Seite 12662, linke Spalte, dazu bereits oben zu § 69 Abs. 2 ThürPersVG).
Dieser Argumentation des VG Meiningen im Beschluss vom 6. August 2020 – 3 E 707/20 – (zitiert nach Juris, Rn. 18 ff.) und ebenso der Ansicht von Gorf/Braun vermag das beschließende Gericht nicht zu folgen:
Dem Beschluss vom 6. August 2020 dürfte zumindest im Ausgangspunkt beizupflichten sein, dass sich das ThürPersVG von dem Schleswig-Holsteiner und dem Bremer Mitbestimmungs- bzw. Personalvertretungsgesetz insoweit unterscheidet, als sich in § 73 ThürPersVG „Beispielkataloge“ finden, aber keine „Bremer“ Unberührtsheitsklauseln. Ebenso stellt der Beschluss für sich genommen korrekt fest, dass sich die Begründung zu § 73 ThürPersVG (vgl. Ergebnisprotokoll vom 21. März 2019, Seite 28) ausdrücklich u.a. auch auf den Beschluss des BVerwG vom 24. Juni 2014 – 6 P 1/14 – zu § 79 PersVG RP bezieht. Gleiches gilt für einen – freilich recht kleinen – Redebeitrag des Abgeordneten Kräuter (Die Linke) in der 2. Plenardebatte zum Personalvertretungsgesetz (Plenarprotokoll vom 9. Mai 2019, Seite 12662)
Demgegenüber kann den Schlussfolgerungen und der „Weginterpretation“ der Allzuständigkeit der Personalvertretungen im Beschluss vom 6. August 2020 nicht gefolgt werden. Das beschließende Gericht sieht sich methodisch und rechtsstaatlich nach Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 47 Abs. 4 der Verfassung des Freistaats Thüringen nicht dazu befugt, sich über den klaren Gesetzeswortlaut, Gesetzessystematik und Normzwecke der §§ 2 Abs. 2, 45 Abs. 4, 68 Abs. 2 Satz 1, 69 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 bis 6, 72 Abs. 5 Satz 2 und 3 mit § 73, 74, 75, 77, 82a Abs. 4 ThürPersVG hinwegzusetzen. Auch die Gesetzgebungsgeschichte bekundet – ungeachtet einer nicht zu bestreitenden Widersprüchlichkeit (dazu nachfolgend) – eindrucksvoll den Willen des Gesetzgebers, für Thüringen eine umfassende Allzuständigkeit des Personalrats nach dem Vorbild des Schleswig-Holsteinischen Mitbestimmungsgesetzes zu implementieren. Nach rechtsstaatlichen Auslegungsmethoden darf die in Wortlaut und Gesamtkonzeption gesetzestechnisch eindeutig verankerte echte Allzuständigkeit nicht allein unter Hinweis auf nur eine einzige punktuelle Begründungspassage zu § 73 (Anlage zum Ergebnis- und Beschlussprotokoll) ausgehöhlt werden, indem die Formulierung „insbesondere“ in den Beispielkatalogen des § 73 ThürPersVG gegen ihren natürlichen Sprachsinn „beispielhaft“, „namentlich“ bzw. „nicht abschließend“ gegen den erklärten Willen des Gesetzgebers in ihr Gegenteil verkehrt und als „ausschließlich“ gedeutet wird. Obwohl § 73 eigentlich entbehrlich ist und wenn überhaupt nur im Kontext mit den Befugnissen der Einigungsstelle nach § 72 Abs. 5 Satz 2 und 3 eine gewisse Bedeutung für die Art der Mitbestimmung (eingeschränkt versus voll nach § 72 Abs. 5 Satz 1) hat, soll der jeweilige Beispielkatalog in § 73 ThürPersVG (so der Beschluss vom 6. August 2020, a.a.O.) wieder/weiterhin für die Ebene des „Umfang der Mitbestimmung“ relevant sein und insoweit im Grundsatz abschließend und verbindlich wie nach bisherigem Recht (vgl. §§ 74, 75 ThürPersVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Januar 2012, GVBl. S. 1, mit späteren Änderungen) werden. Dies lediglich vage „ergänzt“ durch ungeschriebene Mitbestimmungskriterien, die der Entscheidung des BVerwG vom 24. Juni 2014 – 6 P 1/14 – zu §§ 78, 79 PersVG RP – entnommen werden sollen. Außerhalb des Beispielkatalogs kann eine Mitbestimmung mit dem VG Meiningen theoretisch dann in Betracht kommen, wenn eine innerdienstliche „Maßnahme“ nach § 2 ThürPersVG „nach Art und Bedeutung mit den Beispielkatalogen des § 73 ThürPersVG vergleichbar“ wäre. Ob und ggf. welche weiteren Mitbestimmungsfälle es nach diesen erkennbar strengen Maßstäben des BVerwG gibt, dazu verhält sich die Entscheidung vom 6. August 2020 nicht; sie schließt nur organisatorische Änderungen wie die Einrichtung einer Innenrevision als nicht vergleichbar von der Mitbestimmung aus. Von einer „Allzuständigkeit“ des Personalrats, die den Namen verdient und die der Thüringer Gesetzgeber vor Augen hatte, bleibt so nahezu nichts übrig.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus der im Beschluss des VG Meiningen vom 6. August 2020 angeführten Formulierung „nach Maßgabe der §§ 69a bis 78“, die sich in verschiedenen Bestimmungen des ThürPersVG findet. Die Bedeutung dieser lapidaren, inhaltlich nichtssagenden „Maßgabe“ erschöpft sich in einem nachrichtlichen Hinweis auf die dem § 69 nachfolgenden Vorschriften der §§ 69a bis 78 ThürPersVG. Sie geht über eine offensichtliche Selbstverständlichkeit nicht hinaus und ist nicht mehr als eine Lesehilfe. Im Übrigen kann die „Maßgabe“-Formulierung auch deshalb keine Bedeutung für die Allzuständigkeit haben, weil sie wie dargelegt § 73 ohnehin nur die Art der Mitbestimmung betrifft, hingegen nicht den Umfang.
Dem Beschluss vom 6. August 2020 ist ferner entgegenzuhalten, dass sich der aktuelle Wortlaut des Thüringer Personalvertretungsgesetzes von dem Text der §§ 73 ff., insbesondere der §§ 78, 79 des Rheinland-Pfälzischen Personalvertretungsgesetzes (PersVG RP) in der seinerzeit bis Ende August 2014 geltenden Fassung vom 24. November 2000 – Gegenstand der maßgeblich herangezogenen Entscheidung des BVerwG vom 24. Juni 2014 (a.a.O.) – inhaltlich in wesentlichen Punkten unterscheidet. Auch Gorf/Braun, a.a.O., sprechen die wesentlichen Unterschiede zwischen beiden Gesetzen nicht an. Sieht man von der nur vordergründig ähnlichen, punktuellen Übereinstimmung zwischen der „insbesondere“-Formulierung in § 73 Abs. 2 ThürPersVG (dazu bereits oben) und dem Beispielkatalog in § 79 Abs. 2 PersVG RP ab – zu der nicht vertretbaren Auslegung als „ausschließlich“ siehe bereits oben –, fehlen im PersVG RP – im Vergleich zum ThürPersVG – beispielsweise eine zentrale Regelung über den – so auch überschriebenen – „Umfang der Mitbestimmung“ im Sinne von § 69 ThürPersVG, auch wenn so ähnlich wie auch in den §§ 2 Abs. 2, 69 Abs. 1 Satz 1 auch in § 73 PersVG RP eine Allzuständigkeit in „allen“ innerdienstlichen Angelegenheit vorgesehen ist. Im Unterschied dazu enthält § 69 Abs. 2 ThürPersVG aber die konsensuale Derogationsklausel nach Schleswig-Holsteiner Vorbild (vgl. § 51 Abs. 3 Schl.-Holst. Mitbestimmungsgesetz), einen dezidierten Ausnahmekatalog in § 69 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 bis 6 ThürPersVG (vgl. lediglich § 73 Abs. 2 PersVG RP). Erkennbar unterschiedlich vom PersVG RP ist auch der entbehrliche, bloß deklaratorische Charakter der Beispielkataloge des § 73 ThürPersVG, zumal sie nur für die Art der Mitbestimmung (hier eingeschränkt) relevant sind. Insgesamt bestehen damit wesentliche inhaltliche Unterschiede zwischen der textlichen und gesetzessystematischen Konzeption des ThürPersVG und der des PersVG RP 2014, die eine schematische Heranziehung der Rechtsprechungsgrundsätze der o.g. BVerwG-Entscheidung aus 2014 für die Auslegung der Bestimmungen des ThürPersVG verbieten. Mangels Übertragbarkeit kann der in der Entscheidung des VG Meiningen vom 6. August 2020 (a.a.O., Rn. 25) geltend gemachte Umstand, der Thüringer Gesetzgeber habe weder „auf den Beispielkatalog verzichtet“ noch „Unberührtsheitsklauseln“ in das ThürPersVG eingeführt, die Entwertung der Allzuständigkeit nicht rechtfertigen. Denn der Thüringer Gesetzgeber ist rechtlich nicht gehindert, mit anderen gesetzestechnischen Mitteln als beispielsweise der Rheinland-Pfälzische, Schleswig-Holsteinische oder Bremer Gesetzgeber, also etwa ohne Unberührtsheitsklauseln, die vom Thüringer Gesetzgeber offensichtlich gewollte echte umfassende Allzuständigkeit im Gesetzeswortlaut des ThürPersVG erfolgreich zu implementieren. Dies wurde im Einzelnen bereits oben ausgeführt.
Soweit sich die Begründung zu § 73 (Anlage zum Ergebnis- und Beschlussprotokoll vom 21. März 2019, Seite 28) auf eine ältere bundesgerichtliche Entscheidung aus 2014 zu einem inhaltlich abweichenden Landesgesetz bezieht, kann dies für das aktuelle ThürPersVG keine Geltung oder „Präjudizwirkung“ beanspruchen. Die in Bezug genommene Entscheidung des BVerwG vom 24. Juni 2014 – 6 P 1/14 – ist nicht zum novellierten ThürPersVG ergangen, sondern zu dem textlich und inhaltlich wesentlich unterschiedlichen PersVG RP. Schon von daher erscheint die Begründung zu § 73 (wie vor) mit ihrem Bezug auf die Entscheidung aus 2014 sachlich verfehlt. Zumal die zitierte Entscheidung des BVerwG aus 2014 auch für sich genommen erheblichen methodischen Zweifeln begegnet. So stuft etwa von Roetteken (a.a.O., Abschnitt C.) diese Entscheidung des BVerwG als „eher fernliegend“ ein und weist mit Recht darauf hin, dass das BVerwG den natürlichen Wortsinn der Formulierung „insbesondere“ in sein Gegenteil verkehrt, indem es daraus gegen Wortlaut und Sprachsinn eine Art abschließende Ausschlussklausel herauslesen will (dazu bereits oben), die im Ergebnis die „Allzuständigkeit“ nach dem PersVG RP zur faktischen Bedeutungslosigkeit verdammt. Dies erscheint schon für das PersVG RP sehr bedenklich und erst recht für das textlich unterschiedliche ThürPersVG.
Nicht unerwähnt bleiben soll der Umstand, dass die Entscheidung vom 24. Juni 2014 – 6 P 1/14 – von dem jetzt nicht mehr zuständigen 6. Senats des BVerwG erlassen worden ist. Insoweit ist es nicht nachvollziehbar, weshalb die Begründung zu § 73 – und ebenso der Beschluss vom 6. August 2020 – nicht auf die neue Rechtsprechung des BVerwG im Beschluss vom 15. Oktober 2018 – 5 P 9/17 – durch den nunmehr zuständigen 5. Senat eingeht, der methodisch sehr überzeugend argumentiert, die Auslegung u.a. des ThürPersVG betont offen lässt und so die Tendenz erkennen lässt, dass das BVerwG an der alten, methodisch bedenklichen Auslegung der „Insbesondere-Formulierung“ zu den Beispielkatalogen in § 79 PersVG RP künftig voraussichtlich nicht festhalten dürfte.
All diese Erwägungen schließen es zur Überzeugung des beschließenden Gerichts aus, der Entscheidung des BVerwG aus 2014 bzw. der Begründung zu § 73 eine Gesetzeswortlaut und Normzwecke verdrängende Bedeutung für die Auslegung des Umfangs der Mitbestimmung nach dem ThürPersVG beizumessen und die vom Gesetzgeber umfassend gewollte Mitbestimmung contra legem zu entwerten.
Entgegen der Ansicht von von Roetteken (jurisPR-ArbR 12/2021 Anm.6, Abschnitt C. und D.). lässt sich schon nach dem Wortlaut bzw. den relevanten Textbefunden des ThürPersVG eben nicht „…gut die Auffassung vertreten, der Gesetzgeber habe über diese Rechtsprechung [des BVerwG im Beschluss vom 24. Juni 2014 – 6 P 1/14 –] nicht hinausgehen wollen“. Erst recht nicht lässt sich die Position des VG Meiningen oder die von Gorf/Braun „gut vertreten“, wenn man die grammatischen, systematischen, teleologischen und historischen Gesichtspunkte, namentlich die als zentrales parlamentarisch-demokratisches Anliegen des Thüringer Landtages gewollte Einführung der Schleswig-Holsteiner Allzuständigkeit für Thüringen in den Blick nimmt. Daher ist es untunlich, die Allzuständigkeit nach dem 2019 novellierten ThürPersVG zu entwerten und in das ThürPersVG ein „plakatives, letztlich jedoch nur unverbindliches Bekenntnis“ (von Roetteken, a.a.O., Abschnitt D.) zu einer tatsächlich inhaltlich (fast) vollständig entleerten „Allzuständigkeit“ hineinzudeuten. Damit würde dem demokratischen Gesetzgeber zu Unrecht eine „Schein-Gesetzgebung“ untergeschoben.
Nicht zu bestreiten ist ein Widerspruch einerseits zwischen der isolierten Begründungspassage zu § 73 (a.a.O., Seite 28), die eher in Richtung Entwertung der Allzuständigkeit tendiert (so VG Meiningen und Gorf/Braun, beide a.a.O.), und andererseits der besonders personalvertretungsfreundlichen und allzuständigkeitsaffinen Gesamtkonzeption und den zentralen Regelungszielen des Innen- und Kommunalausschusses in seiner Begründung zu den Änderungen des Gesetzentwurfs der Landesregierung sowie der im Wesentlichen gleichlautenden Aussagen der Abgeordneten der drei Regierungsfraktionen in der 2. Plenarberatung vom 9. Mai 2019 (vgl. Plenarprotokoll vom 9. Mai 2019 wie vor, beispielsweise auf den Seiten 12652, 12 657, 12659 die bereits zitierten Bekundungen der Abgeordneten Kräuter, Lehmann und Adams „…wesentliche Stärkung der Rechts der Personalratsmitglieder“, „Der Personalrat ist immer zu beteiligen“ sowie „revolutionärer Schritt…“). Dieser Widerspruch betrifft freilich wie dargelegt nicht die Ebene des Gesetzeswortlauts, der Gesetzessystematik und der Normzwecke, sondern ausschließlich die Ebene gesetzgeberischer Erwägungen. Dieser alleinige „Erwägungswiderspruch“ ist zu Gunsten einer Auslegung der §§ 2 Abs. 2, 69 ThürPersVG im Sinne einer echten und umfassenden Allzuständigkeit des Personalrats aufzulösen. Bei einer eingehenden Abwägung der widerstreitenden Gesichtspunkte spricht für dieses Auslegungsergebnis erstens das deutliche Übergewicht der personalvertretungsfreundlichen, allzuständigkeitsaffinen Erwägungen der parlamentarischen Gremien bzw. des Landtages, auch der Opposition und der Landesregierung, und der zentralen gesetzgeberischen Ziele, u.a. die echte Allzuständigkeit, die auch in der bewussten parlamentarischen Orientierung an der Allzuständigkeit nach dem Schleswig-Holsteinischen Mitbestimmungsgesetz (vgl. § 51 Abs. 3 des Gesetzes) zum Ausdruck kommt. Zweitens sprechen die ausdrücklichen textlichen Festlegungen im Gesetzeswortlaut des ThürPersVG dafür, namentlich in den §§ 2 Abs. 2, 69 Abs. 1 Satz 1, des § 45 Abs. 4, des § 69 Abs. 2 und des § 72 Abs. 5 Satz 2 und 3 ThürPersVG, zumal sie sich vom PersVG RP in wesentlichen Punkten unterscheiden, was einer Übertragung der Grundsätze im Beschluss des BVerwG vom 24. Juni 2014 – 6 P 1/14 – zum PersVG RP auf das Thüringer Gesetz entgegensteht (wie oben). Drittens sprechen die aus den Gesetzesmaterialien (Begründung und Plenarprotokoll) ersichtlichen Normzwecke der §§ 45 Abs. 4, 69 Abs. 2 ThürPersVG und die Gesetzessystematik des § 72 Abs. 5 Satz 2 und 3 mit § 73 für eine umfassende Allzuständigkeit. Viertens spricht gegen eine de facto gesetzesändernde Heranziehung der Begründung zu § 73 (vgl. Anlage zum Ergebnis- und Beschlussprotokoll des Innen- und Kommunalausschusses vom 21. März 2019, Seite 28) auch die innere Unstimmigkeit der Begründungspassage zu § 73; so wird einerseits im ersten Absatz noch festgestellt, dass § 73 „…die Regelung im Sinne der Allzuständigkeit geöffnet…“ hat, um andererseits mit ihrem isolierten Bezug auf den Beschluss des BVerwG aus 2014 in den drei weiteren Absätzen unreflektiert und zusammenhanglos auf die Auslegungskriterien der – textlich nicht passenden – BVerwG-Entscheidung zu sprechen zu kommen.
Damit erweist sich diese Begründungspassage auf Seite 28 sowohl für sich genommen als auch in der Gesamtschau des Gesetzes und seiner Gründe als sachwidriger, verunglückter Fremdkörper in einer prägenden allzuständigkeitsfreundlichen Gesamtkonzeption der Gesetzesvorlage zur Änderung des ThürPersVG, dem als eine Art „Büroversehen“ für die Auslegung des ThürPersVG keine maßgebliche Bedeutung beigemessen werden kann. Prägend und vorherrschend sind der Gesetzeswortlaut und die parlamentarischen Erwägungen (vgl. das Ergebnisprotokoll der 68. Sitzung des Innen- und Kommunalausschusses im Übrigen und das Plenarprotokoll wie vor) zur Abkehr vom deutlich schlechteren Mitbestimmungsniveau nach altem Recht durch Einführung einer umfassenden Allzuständigkeit des Personalrats nach Schleswig-Holsteinischem Vorbild.
Nur zur Klarstellung: Es spricht nichts dafür, dass der Gesetzgeber mit der Bezugnahme auf die Entscheidung des BVerwG vom 24. Juni 2014 (a.a.O.) in der Begründung zu § 73 (Ergebnis- und Beschlussprotokoll, Seite 28) die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bedeutung von Beispielkatalogen „genau gekannt“ und an diese Rechtsprechung „bewusst angeknüpft“ habe (so VG Meiningen a.a.O. Rn. 25). Denn diese Begründungspassage (a.a.O., Seite 28) passt offensichtlich wie oben ausgeführt überhaupt nicht in die Gesamtkonzeption des Gesetzentwurfs. Insbesondere ist es fernliegend, dass der Gesetzgeber seine eigenen zentralen Zielstellungen – namentlich die Allzuständigkeit – selbst von sich aus „bewusst“ hintreiben wollte; weder dem Gesetzeswortlaut noch den Gesetzesmaterialien oder sonstigen Umständen sind auch nur ansatzweise Anhaltspunkte für eine derartige Möglichkeit zu entnehmen. Auch eine angebliche „genaue“ Kenntnis ist im vorgenannten Beschluss nicht begründet. Nach Lage der Dinge war dem Gesetzgeber gerade nicht klar, welche Auswirkungen ein Bezug auf die Entscheidung des BVerwG aus 2014 haben könnte. Daher ist die Begründung Seite 28 ein sachwidriger Fremdkörper, der auch im Gesetz keinen Anhalt findet und die Gefahr birgt, die zentralen gesetzgeberischen Ziele des parlamentarisch-demokratischen Gesetzgebers durch eine rechtstechnische Spitzfindigkeit zu vereiteln. Die Begründung Seite 28 muss somit als „Büroversehen“ außer Betracht bleiben. Gleiches gilt für den entsprechenden Bezug im Redebeitrag des Abgeordneten Kräuter (Plenarprotokoll Seite 12662), erkennbar nur ein Zitat aus der Begründung.
Dieses allzuständigkeitsbejahende Gesamtbild von Text, Systematik, Normzwecken und parlamentarisch-demokratischen Erwägungen des Gesetzgebers wird nicht durch eine untergeordnete Passage im parlamentarischen Redebeitrag des Abgeordneten Kräuter in der 2. Plenardebatte (vgl. Plenarprotokoll vom 9. Mai 2019, Seite 12662) in Frage gestellt, auf die das VG Meiningen in dem Beschluss vom 6. August 2020 (a.a.O., Rn. 27) hinweist. Auch diese Widersprüchlichkeit im Redebeitrag ist geringfügig. Sie besitzt aus denselben Gründen wie bei der Begründungspassage zu § 73 als Fremdkörper bzw. Büroversehen kein entscheidendes Gewicht für die Auslegung des ThürPersVG. Die Passage stellt in den sehr umfänglichen Ausführungen des Abgeordneten Kräuter (Plenarprotokoll, wie vor, Seiten 12650 – 12 653, 12660 – 12663) einen erkennbar untergeordneten Anteil dar; die Bekundungen des Abgeordneten Kräuter lassen in ihrer Gesamtheit – in Übereinstimmung mit den Abgeordneten Lehmann und Adams und dem Innenstaatssekretärs (alle a.a.O.) – keinen Zweifel, dass auch dieser Abgeordnete uneingeschränkt eine umfassende Allzuständigkeit des Personalrats entsprechend der Konzeption des Gesetzentwurfs vor Augen hatte. So widerspricht er u.a. den Bedenken der kommunalen Spitzenverbände und argumentiert mit den Vorzügen der Allzuständigkeit nach dem Vorbild des Schleswig-Holsteinischen Mitbestimmungsgesetzes (vgl. Plenarprotokoll vom 9. Mai 2019, a.a.O., Seite 12661 – die umfassende Allzuständigkeit nach dem Schleswig-Holsteinischen Gesetz als solche steht außer Zweifel). Auch betont der Abgeordnete Kräuter, dass mit der neuen echten Allzuständigkeit künftig „Streitigkeiten über den Umfang und die Bedeutung einzelner Beteiligungstatbestände vermieden werden sollen“ (Plenarprotokoll wie vor), während die Auslegung des VG Meiningen und von Gorf/Braun demgegenüber erhebliche Rechtsunsicherheiten auslöst (dazu bereits oben). Außerdem führt der Abgeordnete Kräuter in der Plenardebatte vom 9. Mai 2019 wie oben zitiert weiter aus, dass sich die umfassende Allzuständigkeit „…in der Verwaltungspraxis etabliert und sich bewährt [hat] und das im Übrigen nicht nur in Schleswig-Holstein. Der Freistaat Thüringen reiht sich nunmehr in diese Liste ein und das ist gut so…“ (vgl. u.a. Plenarprotokoll vom 9. Mai 2019, Seite 12662, vgl. im Übrigen auch n.ö. Ausschussprotokolle). Speziell diese Bezugnahme in dem Redebeitrag des Abgeordneten Kräuter auf das Schleswig-Holsteinischen Mitbestimmungsgesetz und dessen Vorbildwirkung für den Gesetzentwurf hat erhebliches Gewicht im Rahmen der Gesamtwürdigung und stellt ein wichtiges historisches Argument für eine umfassende Allzuständigkeit nach dem ThürPersVG dar, weil im Gesetzestext des novellierten ThürPersVG die Bestimmung des § 51 Abs. 3 des Schleswig-Holsteinischen Mitbestimmungsgesetzes inhaltsgleich in § 69 Abs. 2 ThürPersVG mit den zugrunde liegenden gesetzgeberischen Erwägungen in Thüringen übernommen wird. Die vom Abgeordneten Kräuter bekräftigte Vorbildwirkung des Schleswig-Holsteinischen Mitbestimmungsgesetzes manifestiert sich unmittelbar in den gesetzlichen Regelungen des ThürPersVG. Dies belegt, dass sich der Thüringer Gesetzgeber in den §§ 2 Abs. 2, 69 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 ThürPersVG tatsächlich an der umfassenden Allzuständigkeit nach dem Schleswig-Holsteinischen Mitbestimmungsgesetz „…stark orientiert“ hat (Abgeordneter Adams, Plenarprotokoll a.a.O., Seite 12659). Diese Orientierung an dem Schleswig-Holsteinischen Modell und die entsprechende wesentliche Steigerung der Arbeitsbelastung der Personalvertretungen wird durch substanziellen Ausbau der Freistellungstaffeln in § 45 Abs. 4 ThürPersVG konsequent aufgefangen und die ernstzunehmende Allzuständigkeit in Wortlaut und Materialien bestätigt.
Im Ergebnis ist festzuhalten: Die Verlängerung der Probezeit eines Beamten auf Probe ist infolge der Allzuständigkeit des Personalrats eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme der zuständigen Dienststelle.
Ergänzend ist zu den sonstigen Einwendungen des Antragsgegners anzumerken:
Soweit sich der Antragsgegner im Schriftsatz vom 28. Mai 2021 u.a. auf den Erlass des TMIK vom 9. November 2020 – nicht veröffentlicht – beruft und auch damit die fehlende Mitbestimmung bei Probezeitverlängerungen rechtfertigen will, sind diesem Verwaltungserlass dieselben Gründe entgegenzuhalten, die vorstehend in der Auseinandersetzung mit dem Beschluss des VG Meiningen vom 6. August 2021 – 3 E 707/20 – und Gorf/Braun (beide wie vor) dargelegt wurden. Im Übrigen kann die Allzuständigkeit des Personalrats gemäß der personalvertretungsrechtlichen Gesetzeslage nicht durch Erlass einer obersten Landesbehörde abgeändert oder eingeschränkt werden.
Auch kann dem Antragsgegner und dem o.g. Erlass vom 9. November 2020, Seite 2, nicht darin gefolgt werden, dass die Verlängerung der Probezeit keine „Maßnahme“ im Sinne von § 2 ThürPersVG sei bzw. den Beamten auf Probe nicht in seiner persönlichen Rechtsstellung berühre, die Verlängerung habe „…gerade den Zweck, den Beamten in seiner bestehenden Rechtsstellung zu belassen, um die Entlassung zu verhindern“. Die Verlängerung der Probezeit ist unzweifelhaft eine den Beamten belastende personalvertretungsrechtlich relevante „Maßnahme“ (und als solche auch kein begünstigender Verwaltungsakt), die die persönliche Rechtsstellung ernstlich beeinträchtigt und entsprechenden Schutzbedarf für den einzelnen Beamten auslöst. Da die Verlängerung der Probezeit oftmals die Vorstufe zu einer Entlassung ist, wird der Beamte dadurch über einen längeren Zeitraum dem „Risiko einer Nichtbewährung“ ausgesetzt bzw. verzögert jede Verlängerung jedenfalls die Entscheidung über die Lebenszeiternennung. Ob es sich um einen „Ausnahmefall“ handelt, wie es im Erlass heißt, ist für die rechtliche Einordnung nicht von Belang. Auf die weiteren Hinweise im Erlass des TMIK zur „Vergleichbarkeit“ im Sinne des Beschlusses des BVerwG vom 24. Juni 2014 – 6 P 1/14 – kommt es nach der hier vertretenen Rechtsauffassung nicht an.
Der Vollständigkeit halber ist zu dem Vorbringen des Antragsgegners im Schriftsatz vom 18. Juni 2021 u.a. Seite 5 anzumerken: Dem Antragsgegner ist zu widersprechen, dass es ein wichtiges Indiz sei, dass insbesondere Ernennungen im Sinne von § 8 BeamtStG als wichtigste beamten- bzw. laufbahnrechtliche Entscheidungen des Dienstherrn, „gerade nicht pauschal in den Katalog des § 73 ThürPersVG aufgenommen wurden“. Vielmehr sind seit je her wichtige Statusentscheidungen in den Mitbestimmungskatalogen aufgeführt, wie beispielsweise der bis 8. Juni 2019 geltende § 75 Abs. 2 Nr. 1, 2, 8 bis 10 ThürPersVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Januar 2012 (GVBl. S. 1) anschaulich belegt (so betrifft auch die Aufzählung in § 73 Abs. 2 ThürPersVG aktuelle Fassung – in den Nr. 1 und Nr. 2 – ernennungsbedürftige Maßnahmen, die freilich nur noch für den Geltungsbereich der eingeschränkten Mitbestimmung von Bedeutung sind und wegen der Allzuständigkeit nach §§ 2 Abs. 2, 69 Abs. 1 Satz 1 ThürPersVG keine Bedeutung mehr für den generellen Umfang der Mitbestimmung haben). Ansonsten zielen die Ausführungen auch im Schriftsatz vom 18. Juni 2021 wiederum auf die Vergleichbarkeit nach den Maßstäben der Entscheidung des BVerwG vom 24. Juni 2014 (a.a.O. wie vor), die für das ThürPersVG aus den o.g. Gründen wegen der Allzuständigkeit allgemein unbeachtlich sind. Daher kann dahingestellt bleiben, ob die Auffassung des Antragsgegners nach den Maßstäben des BVerwG vom 24. Juni 2014 – deren Anwendbarkeit einmal unterstellt – zutreffend wäre. Angesichts der aufgezeigten „Gefährdung“ der persönlichen Rechtsstellung des Beamten dürfte dies wohl abzulehnen sein.
Damit sind die Einwendungen des Antragsgegners im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens insgesamt zurückzuweisen.
Folglich ist die mitbestimmungspflichtige zweite Verlängerung der Probezeit mit Verfügung vom 14. Juni 2018 mangels der Beteiligung des BPR gemäß § 82 Abs. 1 ThürPersVG i.V.m. §§ 2 Abs. 2, 69 Abs. 1 Satz 1 ThürPersVG formell rechtswidrig.
Die Mitbestimmungspflicht entfällt entgegen dem Vorbringen des Antragsgegners im Schriftsatz vom 28. Mai 2021 nicht ausnahmsweise nach der Übergangsbestimmung des § 95 Abs. 3 ThürPersVG. Die Übergangsbestimmung in § 95 Abs. 3 ThürPersVG sieht für Beteiligungs- und Einigungsverfahren, die vor Inkrafttreten des Thüringer Gesetzes zur Anpassung personalvertretungsrechtlicher Vorschriften vom 28. Mai 2019 (GVBl. S. 123) eingeleitet worden sind, eine Fortgeltung der bisherigen Vorschriften vor. § 95 Abs. 3 ThürPersVG ist ebenso wenig einschlägig wie § 95 Abs. 5 ThürPersVG. Das Anpassungsgesetz ist nach Art. 4 am 8. Juni 2019 in Kraft getreten. Bis zu diesem Zeitpunkt (und bis jetzt) ist, wie oben dargelegt, kein personalvertretungsrechtliches Beteiligungs- oder Einigungsverfahren eingeleitet worden. Zwar wurde vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 28. Mai 2019 am 8. Juni 2019 nach Aktenlage zumindest ein behördliches Verwaltungsverfahren bei der LPD zur zweiten Verlängerung der Probezeit eingeleitet; der Antragsteller wurde im Hinblick auf das bevorstehende Ende der ersten Verlängerung seiner Probezeit zum 28. April 2019 mit Schreiben der LPD vom 25. April 2019, ausgehändigt am 14. Mai 2019, zu einer weiteren Verlängerung bis zum 28. Oktober 2019 angehört. Der Bescheid der LPD über die zweite Verlängerung erging nach Inkrafttreten des Anpassungsgesetzes mit Bescheid vom 14. Juni 2019, Postausgang am 25. Juni 2019. Auf die Einleitung eines behördlichen Verwaltungsverfahrens vor Inkrafttreten kommt es nach § 95 Abs. 3 und Abs. 5 ThürPersVG nicht an. Schon nach dem Gesetzeswortlaut des Absatzes 3 (ebenso Absatz 5) ist allein maßgeblich die Einleitung eines Beteiligungs- oder Einigungsverfahrens. Etwas anderes ergibt sich weder aus Sinn und Zweck noch aus der Gesetzgebungsgeschichte. Insbesondere sind weder die amtliche Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung (Landtags-Drucksache 6/5575 vom 18. April 2018 zu Nr. 47 [§ 95], Seite 20, 58) noch die Begründung der Textfassung des Innen- und Kommunalausschusses zu § 95 (Ergebnis- und Beschlussprotokoll der 61. Sitzung des Innen- und Kommunalausschusses vom 21. März 2019, Seite 17, Seite 32 und Landtags-Drucksache 6/7173) für die Auslegung des § 95 Abs. 3 und Abs. 5 ThürPersVG ergiebig. Lediglich einem Gesetzentwurf der Landesregierung zum Thüringer Gesetz zur Änderung personalvertretungs-rechtlicher Vorschriften vom 30. November 2005 zu einer Vorgänger-Übergangsbestimmung in § 95 Abs. 7 a.F. zu Einigungsstelleverfahren, textgleich mit § 95 Abs. 5 ThürPersVG (vgl. amtliche Begründung, Landtags-Drucksache 4/1383 vom 30. November 2005. Seite 5, 6, 10) sind gesetzgeberische Erwägungen zu entnehmen: „…Es ist davon auszugehen, dass Einigungsstellenverfahren, die vor der Verkündung dieses Änderungsgesetzes eingeleitet wurden, nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage begonnen wurden. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollten sie deshalb auch nach dieser Rechtslage und somit ohne Veränderung der personellen Besetzung der Einigungsstelle beendet werden.“ Zieht man diese Erwägungen ergänzend zur Auslegung des § 95 Abs. 3 und Abs. 5 ThürPersVG heran, wird deutlich, dass die Übergangsbestimmung tatsächlich nur personalvertretungsrechtliche Verfahren, hier Einigungsstellenverfahren meint, und nicht beliebige Verwaltungsverfahren. Auch der erkennbare Normzweck einer personellen Stetigkeit der Einigungsstelle spricht klar für ein enges Verständnis. Mithin ist die Übergangsbestimmung des § 95 ThürPersVG nicht einschlägig. Das aktuelle ThürPersVG ist anwendbar.
Damit beruht die streitgegenständliche Entlassungsverfügung vom 5. Februar 2021 mindestens bezüglich der zweiten Verlängerung auf einem rechtsfehlerhaften Zeitraum der Probezeit; wie eingangs ausgeführt, war für den Zeitraum vom 29. April 2019 bis 28. Oktober 2019 die Probezeit des Antragstellers nicht formell rechtmäßig verlängert worden. Dieser Umstand ist im Rahmen summarischer Betrachtung der Entlassungsverfügung beachtlich und führt dazu, dass der Widerspruch gegen die zweite Verlängerung nach derzeitigem Stand erfolgreich ist.
Etwas anderes ergibt sich nicht, wenn man die fehlende Anordnung der sofortigen Vollziehung für die dritte Probezeitverlängerung und die diesbezügliche aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers nach § 80 Abs. 1 VwGO dahingestellt bleiben lässt. Auch dann bleibt es bei dem Umstand, dass die rechtmäßige bzw. rechtmäßig verlängerte Probezeit des Antragstellers nach der – angenommen bestandskräftigen – ersten Verlängerung mit Ablauf des 28. April 2019 rechtlich gesehen abgelaufen war.
Dadurch ist die Probezeit des Antragstellers im Ergebnis derzeit in der Zeit vom 29. April 2019 bis zum 28. April 2020 unterbrochen, weil (erst) die vierte Verlängerung der Probezeit bestandskräftig ist. Diese „Lücke“ in der durchgehenden Probezeit wird nicht durch die anschließende isolierte Probezeit im Zeitraum ab dem 29. April 2019 bis zum 28. Oktober 2020 gegenstandslos bzw. unwirksam. Im Gegenteil verliert vielmehr eine solche derzeit rechtswidrige „Probezeit-Insel“ ihre Funktion für die rechtsfehlerfreie Würdigung der fachlichen und persönlichen Eignung eines Beamten. Dies muss auch dann gelten, wenn hier für die dritte – unter Beteiligung des BPR erlassene – Verlängerung nachträglich die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet würde, die bisherige aufschiebende Wirkung insoweit entfiele und im Ergebnis von einer einjährigen „Probezeit-Insel“ im Zeitraum der dritten und vierten Verlängerung bzw. einer nur halbjährlichen Unterbrechung im Hinblick auf die ohne Beteiligung des BPR erlassene zweite Verlängerung auszugehen wäre. Auch dann bliebe es dabei, dass die bis 28. April 2019 verlängerte Probezeit in jedem Fall abgelaufen und über einen nicht geringfügigen, nicht mehr tolerierbaren Zeitraum von sechs Monaten nicht fortgesetzt wurde (zumal dazu jedenfalls der Zeitraum von gut drei Monaten ab Ende Oktober 2020 bis zum 5. Februar 2021 zu addieren wäre). Spätere isolierte Probezeiten, selbst über ein Jahr, wären rechtlich für die Bewertung der fachlichen und gesundheitlichen Eignung des Antragstellers unbeachtlich und insoweit gegenstandslos. Die Entlassung wäre – bezogen auf den dann maßgeblichen Ablauf der Probezeit zum 28. April 2019 – mit der streitgegenständlichen Entlassungsverfügung vom 5. Februar 2021 offensichtlich viel zu spät nach Ende der Probezeit ausgesprochen worden.
Im Übrigen dürfte der aufgezeigte Fehler in der maßgeblichen Dauer der Probezeit auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der abschließenden Probezeit-Beurteilung zur Feststellung der Nichtbewährung haben; dies kann hier dahinstehen.
Ob und inwieweit die – wie festgestellt – rechtsfehlerhaft unterbliebene Beteiligung der zuständigen Personalvertretung bis zur letzten Behördenentscheidung bzw. bis zum endgültigen Abschluss der Willensbildung des Dienstherrn mit heilender Wirkung nachgeholt werden kann (vgl. OVG Greifswald, NordÖR 1999, 237, 238 und OVG Bautzen, SächsVBl. 2004, 238, 239 m.w.N.), kann vorliegend dahingestellt bleiben. Insbesondere kann in diesem Zusammenhang auch dahingestellt bleiben, ob bei der formell rechtswidrigen zweiten Verlängerung der Probezeit die Willensbildung des Dienstherrn angesichts der beiden nachfolgenden Verlängerungen, davon die letzte sogar bestandskräftig, möglicherweise ausnahmsweise schon jetzt endgültig abgeschlossen sein könnte, weil eine Änderung der Position des Antragsgegners nicht mehr zu erwarten ist, oder ob der BPR doch noch die Möglichkeit hat, seine Einschätzung zur Geltung zu bringen und so auf die Entschließung des Dienstherrn noch hinreichenden Einfluss zu nehmen, bevor diese im Widerspruchsbescheid abschließend verlautbart wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1983 – 2 C 9/82 –, zitiert nach Juris).
Mithin ist die Entlassungsverfügung derzeit materiell rechtswidrig.
Daher kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Übrigen materiellen Voraussetzungen für die streitgegenständliche Entlassung mit Bescheid vom 5. Februar 2021 vorliegen. Mangelnde Bewährung liegt bereits dann vor, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass der Beamte den Anforderungen genügen wird, die an die (charakterliche) Eignung, Befähigung und fachliche Leistung eines Beamten seiner Laufbahn gestellt werden. Die Zweifel können sich sowohl im dienstlichen als auch im außerdienstlichen Verhalten zeigen. Sie müssen allerdings auf tatsächlichen Feststellungen und Erkenntnissen basieren und dürfen sich nicht im Bereich bloßer Mutmaßungen bewegen. Die Frage, ob sich der Beamte auf Probe in diesem Sinne für das konkret angestrebte Amt bewährt hat, unterliegt nach ständiger verwaltungsgerichtsgerichtlicher Rechtsprechung nur eingeschränkter gerichtlicher Überprüfung. Die Entscheidung hierüber erfordert eine Bewertung des Dienstherrn, der letztlich nur selbst entscheiden kann, welche Anforderungen auch an den Charakter eines Beamten das konkret angestrebte Amt stellt. Das Gericht ist in diesem Zusammenhang darauf beschränkt zu überprüfen, ob der Dienstherr den angewendeten Begriff der Bewährung und den gesetzlichen Rahmen des Beurteilungsspielraums verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 18. Juli 2001 – 2 A 5.00 –, zitiert nach Juris, Rn. 20 ff. und vom 19. März 1998 – 2 C 5.97 –, zitiert nach Juris Rn. 20; OVG Münster, Beschluss vom 13. April 2017 – 6 A 8/17 –, zitiert nach Juris, Rn. 3). Gemessen an diesen Maßstäben dürfte nach Aktenlage wohl einiges dafür sprechen, dass sich der Antragsteller – vorbehaltlich der dargelegten materiellen Rechtsmängel infolge der formellen rechtsfehlerhaften Verlängerungen und der offengelassenen Frage der Rechtmäßigkeit der dienstlichen Probezeit-Beurteilung und deren evtl. Auswirkungen zu Gunsten des Antragstellers – dem Grunde nach aus den im streitgegenständlichen Bescheid vom 5. Februar 2021 umfänglich und nachvollziehbar dargelegten Gründen in gesundheitlicher und fachlicher Hinsicht nicht bewährt haben dürfte.
Im Übrigen dürfte sich entgegen der Ansicht des Antragsteller-Bevollmächtigten eine kürzere Probezeit nicht aus einer „Anrechnung“ von Vordienstzeiten bei der Bundeswehr als Feldjäger ergeben. Die diesbezüglichen Argumente mögen auf besoldungsrechtlicher Ebene ggf. von Belang sein. Für die beamtenrechtliche Probezeit dürfte dies voraussichtlich nicht der Fall sein.
All diese ergänzenden materiellen Fragen können wegen der fehlerhaften Verlängerung der Probezeit dahingestellt bleiben.
Nach alledem war dem Antrag stattzugeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 40, 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Maßgeblich sind bei einem streitgegenständlichen Beamtenverhältnis auf Probe die für das laufende Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme von nicht ruhegehaltsfähigen Zulagen und solchen Bezügebestandteilen, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind. Dies sind nach Maßgabe von Anlage 5 ThürBesO (Fassung ab Januar 2021) in der zum Zeitpunkt der Antragstellung im März 2021 geltenden Fassung je zwölfmal das Endgrundgehalt (vgl. OVG Weimar, Beschluss vom 13. März 2014 – 2 EO 511/13 – juris Rn. 4 ff.) der Besoldungsgruppe A 70 ThürBesO von monatlich 3.146,84 € zuzüglich der allgemeinen (ruhegehaltsfähigen) Stellenzulage nach Nr. 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa. der Vorbemerkungen zur ThürBesO A/B in Höhe von monatlich 51,19 € Euro. Der sich daraus ergebende Betrag von 38.376,36 € ist zunächst nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG zur Hälfte anzusetzen. Sodann ist dieser Betrag in summarischen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in Anlehnung an Nr. 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit regelmäßig auf die Hälfte verringert. Im Ergebnis ist der Streitwert auf 9.594,09 € festzusetzen.


Ähnliche Artikel

Mobbing: Rechte und Ansprüche von Opfern

Ob in der Arbeitswelt, auf Schulhöfen oder im Internet – Mobbing tritt an vielen Stellen auf. Die körperlichen und psychischen Folgen müssen Mobbing-Opfer jedoch nicht einfach so hinnehmen. Wir klären Rechte und Ansprüche.
Mehr lesen

Das Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse dienen dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers und helfen oft den Bewerbern in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen.
Mehr lesen


Nach oben