Arbeitsrecht

Reduzierung des Gegenstandswertes bei einer Untätigkeitsklage

Aktenzeichen  M 15 M 18.30204

Datum:
24.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 33481
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RVG § 30 Abs. 1
AsylG § 80

 

Leitsatz

Bei einer Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO im Asylrecht ist ein Gegenstandswert nach § 30 Abs. 1 S. 1 RVG in Höhe von 5.000 Euro als unbillig anzusehen, weil insoweit das beantragte Ziel des Klageverfahrens nur die Fortsetzung des Asylverfahrens war. Ein derartiges Klagebegehren ist weder von der Bedeutung für den Kläger noch vom Aufwand für den Klägerbevollmächtigten vergleichbar mit einer beantragten (Sach-)Entscheidung durch das Gericht. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 3. Januar 2018 im Verfahren M 15 K 17.44516 wird dahingehend geändert, dass die entstandenen notwendigen Aufwendungen auf Basis eines Gegenstandswerts von 2.500 € festzusetzen sind.
Die Neufassung des Kostenfestsetzungsbeschlusses nach Maßgabe dieses Beschlusses wird dem Urkundsbeamten / der Urkundsbeamtin des Gerichts übertragen.
II. Der Kläger und Erinnerungsgegner hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Am 26. Juni 2017 erhob der Kläger und Erinnerungsgegner eine auf die Fortführung des Asylverfahrens und die Verbescheidung seiner Anträge gerichtete Klage. Nachdem die Beklagte und Erinnerungsführerin die Anträge verbeschieden hatte, wurde das Verfahren nach beidseitigen Erledigungserklärungen mit Beschluss vom 22. November 2017 (M 15 K 17.44516) eingestellt und der Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2017 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers und Erinnerungsgegners, die entstandenen notwendigen Aufwendungen auf … Euro festzusetzen (ausgehend von einem Streitwert in Höhe von 5.000 Euro).
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 3. Januar 2018 setzte die Kostenbeamtin des Verwaltungsgerichts … ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von 5.000 Euro die notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners auf insgesamt … Euro fest.
Am 8. Januar 2018 hat die Beklagte und Erinnerungsführerin hiergegen die Entscheidung des Gerichts beantragt. Streitgegenstand der Untätigkeitsklage sei allein die Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über den Asylantrag gewesen. Die Festsetzung des Gegenstandswerts von 5.000 Euro sei daher unbillig. Das Klageziel sei weder von der Bedeutung noch vom Aufwand vergleichbar mit einer Sachentscheidung durch das Gericht.
Die Urkundsbeamtin half dem Antrag nicht ab und legte ihn mit Schreiben vom 12. Januar 2018 dem Gericht zur Entscheidung vor.
Der Bevollmächtigte des Klägers und Erinnerungsgegners beantragte, die Erinnerung kostenpflichtig zurückzuweisen. Es bestehe kein Anlass, den Streitwert herabzusetzen.
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Verfahren M 15 K 17.444516 verwiesen.
II.
Die gemäß § 165 VwGO i.V.m. § 151 VwGO zulässige Kostenerinnerung ist auch begründet.
Der für die Kostenfestsetzung zugrunde zu legende Gegenstandswert wird abweichend vom Kostenfestsetzungsbeschluss vom 3. Januar 2018 auf 2.500 Euro festgesetzt.
In gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz erfolgt die Bestimmung der anwaltlichen Gebühren im Kostenerstattungsverfahren auf der Grundlage des Gegenstandswerts (§ 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), § 2 i.V.m. Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG § 13 RVG i.V.m. Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 Satz 3 RVG). Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG beträgt der Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz 5.000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2.500 Euro.
Das Gericht kann allerdings nach § 30 Abs. 2 RVG einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen, wenn der nach § 30 Abs. 1 RVG bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls „unbillig“ ist. Im vorliegenden Fall sieht das Gericht den Gegenstandswert des § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG in Höhe von 5.000 Euro für unbillig an, weil beantragtes Ziel des Klageverfahrens (Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO) nur die Fortsetzung des Asylverfahrens war. Ein derartiges Klagebegehren ist weder von der Bedeutung für den Kläger noch vom Aufwand für den Klägerbevollmächtigten vergleichbar mit einer beantragten (Sach-) Entscheidung durch das Gericht. Während eine Klage auf Sachentscheidung grundsätzlich noch weiteren Sachvortrag ermöglicht und gegebenenfalls auch erfordert, fällt der Aufwand für den Klägerbevollmächtigten im vorliegenden Fall deutlich geringer aus. Dass eine derartige Fallkonstellation von der grundsätzlichen Gleichbehandlung hinsichtlich der Streitwertfestsetzung der verschiedenen möglichen Verfahren nach dem AsylG von der Neufassung des § 30 Abs. 1 RVG erfasst sein sollte, ergibt sich auch nicht aus der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – 2. KostRMoG), BT-Drucksache 17/11471, S. 269). Diese zielte auf eine einheitliche Behandlung der verschiedenen Verfahren, die verschiedene Ansprüche zum Gegenstand hatten, wie Klagen auf Asylanerkennung, gegen Abschiebungsandrohungen und Abschiebungsanordnungen oder auch gegen die Durchsetzung einer Ausreisepflicht. All diesen Verfahren ist gemeinsam, dass sie – anders als vorliegend – eine materielle Anspruchsprüfung zum Gegenstand haben. Für eine Untätigkeitsklage, die auf eine reine Verbescheidung gerichtet ist, erachtet das Gericht einen Gegenstandswert in Höhe von 2.500 Euro für angemessen.
Das Gericht überträgt die infolge dieser Entscheidung erforderliche Neufassung des Kostenfestsetzungsbeschlusses dem Urkundsbeamten / der Urkundsbeamtin gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 573 Abs. 1 Satz 3 und § 572 Abs. 3 Zivilprozessordnung (vgl. BayVGH, B.v. 3.12.2003 – 1 N 01.1845 – NVwZ-RR 2004, 309, juris Rn. 20 m.w.N.).
Der Kläger und Erinnerungsgegner hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO.
Das Erinnerungsverfahren nach § 164 VwGO ist unabhängig von der in § 83b AsylG vorgeschriebenen Gerichtskostenfreiheit (vgl. hierzu OVG NRW, B.v. 16.10.2014 – 11 B 789/14.A – NVwZ-RR 2015, 359, juris Rn. 26) gerichtsgebührenfrei (§ 1 Abs. 2 Nr. 1, § 3 Abs. 2 Gerichtskostengesetz i.V.m. Anlage 1 Kostenverzeichnis).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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