Bankrecht

Anforderungen an Widerrufsbelehrung

Aktenzeichen  19 U 1098/19

Datum:
25.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 41100
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 355 Abs. 1, § 495 Abs. 1
AEUV Art. 288 Abs. 3
EGBGB Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1, 3, § 7 Nr. 3
ZPO § 522 Abs. Nr. 2, Nr. 3

 

Leitsatz

Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage nur dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Der Umstand, dass eine einheitliche Entscheidung des Revisionsgerichts in mehreren denselben Sachverhalt betreffenden Parallelverfahren angestrebt wird, gibt der Sache keine allgemeine, mithin grundsätzliche Bedeutung.  (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

27 O 1650/19 2020-01-27 Urt LGMUENCHENI LG München I

Gründe

I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 27.01.2020, Az.: 27 O 1650/19, gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen, da er einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Die Entscheidung des Landgerichts, die Klage abzuweisen ist, erweist sich als zutreffend. Die hiergegen von der Berufung erhobenen Einwendungen greifen nicht. Der Klägerin stand zwar beim Abschluss des Darlehensvertrags vom 10.05.2016 gemäß § 495 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 355 BGB ein Widerrufsrecht zu, bei dem die Widerrufsfrist nach § 356b Abs. 2 BGB nicht begann, bevor die Klägerin die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hatte. Zu diesen Pflichtangaben gehörte nach § 492 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB auch die Erteilung einer wirksamen Widerrufsinformation. Der Klägerin wurden jedoch die von ihr als fehlend bzw. als fehlerhaft gerügten Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB im streitgegenständlichen Darlehensvertrag zutreffend und in hinreichend klarer und verständlicher Form erteilt, so dass sich ihr Widerruf vom 20.01.2020 als verfristet erweist.
1. Widerrufsinformation
Die Klägerin wurde mit der streitgegenständlichen Widerrufsinformation (vgl. Anlage B 3a Seite 4 von 5) entsprechend den Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB klar und verständlich bzw. prägnant über ihr Widerrufsrecht informiert, da diese dem Muster in Anlage 7 (einschließlich der verwendeten gesetzlich vorgesehenen Gestaltungshinweise) zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB entspricht (Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB). Es steht daher von Gesetzes wegen fest, dass die Beklagte die Klägerin entsprechend den Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB über ihr Widerrufsrecht klar und verständlich bzw. prägnant informiert hat. Die von der Beklagten vorgenommene Personalisierung ist im Muster vorgesehen.
1.1. Dem Einwand der Klägerin, sie werde in der streitgegenständlichen Widerrufsinformation nicht klar und prägnant über den Beginn der Widerrufsfrist informiert (BB Seite 25 ff), steht daher die Gesetzlichkeitsfiktion entgegen.
(1) Zwar hat der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 26.03.2020 – C- 66/19, auf dessen Ausführungen Bezug genommen wird, festgestellt, dass eine sog. Kaskadenverweisung den Beginn der Widerrufsfrist nicht hinreichend klar und prägnant bezeichnet.
(2) Dies führt jedoch keinesfalls dazu, dass die Gesetzlichkeitsfiktion gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB i.V. m. Anlage 7 nicht greift.
a. Eine richtlinienkonforme Auslegung von Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB i. V. m. Anlage 7 ist nicht möglich.
aa. Der Gesetzgeber des Gesetzes zur Einführung einer Musterwiderrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge, zur Änderung der Vorschriften über das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen und zur Änderung des Darlehensvermittlungsrechts vom 24. Juli 2010 (BGBl. I S. 977) hat – worauf der Bundesgerichtshof zutreffend hinweist (vgl. Beschluss vom 19.03.2019 – XI ZR 44/18) – den Verweis auf § 492 Abs. 2 BGB mit Gesetzesrang als eine klare und verständliche Gestaltung der Information über die Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist vorgegeben. Aus dem Gesetzeswortlaut, der Systematik und den Materialien der zum 30. Juli 2010 in Kraft getretenen Änderungen des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ergibt sich, dass der Gesetzgeber selbst eine Erläuterung anhand des um Beispiele ergänzten § 492 Abs. 2 BGB nicht nur für sinnvoll (BT-Drucks. 17/1394, S. 25 f.), sondern als mit den sonstigen gesetzlichen Vorgaben in Einklang stehend erachtete. Durch die schließlich Gesetz gewordene Auswahl der für eine Mehrzahl unterschiedlicher Vertragstypen relevanten Beispiele (BT-Drucks. 17/2095, S. 17) brachte der Gesetzgeber überdies zum Ausdruck, dem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher die Ermittlung der für den einschlägigen Vertragstyp jeweils relevanten Pflichtangaben anhand des Gesetzes zuzutrauen. Über dieses gesetzgeberische Gesamtkonzept dürfen sich die Gerichte, die ihrerseits der Gesetzesbindung unterliegen, bei der Auslegung des gleichrangigen übrigen nationalen Rechts zur Umsetzung der RL 2008/48/EG nicht hinwegsetzen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 4. Februar 2019 6 U 88/18, juris Rn. 12 ff., 19). In der Entscheidung, der Verweis auf § 492 Abs. 2 BGB sei unzureichend klar und verständlich, läge eine Missachtung der gesetzlichen Anordnung, die dazu führte, dass das Regelungsziel des Gesetzgebers in einem wesentlichen Punkt verfehlt und verfälscht und einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Norm ein entgegengesetzter Sinn gegeben würde. Dazu sind die Gerichte nicht befugt (BGH, Beschluss vom 19.03.2019 – XI ZR 44/18; BGH, Urteil vom 3. Juli 2018 XI ZR 702/16 und Beschluss vom 02.04.2019 – XI ZR 488/17).
bb. Eine richtlinienkonforme Auslegung des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB scheitert daher vorliegend daran, dass es dem Senat verwehrt ist, ein vom deutschen Gesetzgeber verabschiedetes Umsetzungsgesetz entgegen dessen erklärten Willen auszulegen (contra legem).
Nach der eindeutigen Regelung des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB i.V. m. Anlage 7 genügt der Darlehensgeber seinen Informationspflichten, wenn er in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form eine Vertragsklausel verwendet, die bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen dem Muster in Anlage 7 entspricht.
Die in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB getroffene Regelung ist offensichtlich keiner Auslegung, die sie im Ergebnis ins Gegenteil verkehren würde und faktisch auf eine Nichtanwendung hinausliefe, zugänglich. Sie beruhte auch nicht auf einer ungewollten Regelungslücke oder Nachlässigkeit des deutschen Gesetzgebers, sondern war ausdrücklich gewollt.
Dass den deutschen Gerichten eine – grundsätzlich gebotene (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 14. Juli 1994 – C-91/92, Rz. 26) – richtlinienkonforme Auslegung contra legem verwehrt ist, entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des EuGH (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Januar 2019 – C- 193/17 -, Rn. 74; EuGH, Urteil vom 17. April 2018 – C-414/16 -, Rn. 71, juris; in diesem Sinne Urteil vom 19. April 2016, DI, C-441/14, ECLI:EU:C:2016:278, Rn. 31 und 32 sowie die dort angeführte Rechtsprechung; EuGH, Urteil vom 26.09.1996 – C-168/95; . vgl. etwa auch BAG, Beschluss vom 18.02.2003 – 1 ABR 2/02, Rz. 66 m. w. N., DB 2003, 1387, 1389).
b. Es ist dem Senat schließlich verwehrt, die Vorschrift des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB nicht anzuwenden.
Etwas anderes ergibt sich weder aus der Rechtsnatur der zugrundeliegenden RL 2008/48 EG noch aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EuGH.
aa. Richtlinien sind gemäß Art. 288 Abs. 3 AEUV grundsätzlich nicht unmittelbar anwendbar, sondern müssen erst von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgewandelt werden. Unmittelbar anzuwenden sind die zur Umsetzung einer Richtlinie ergangenen mitgliedstaatlichen (Umsetzungs-) Gesetze, hier also Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB. Selbst insgesamt nicht umgesetzten Richtlinien kommt im Verhältnis zwischen Bürgern untereinander grundsätzlich keine unmittelbare Geltung zu. Die Zuerkennung einer unmittelbaren (horizontalen) Wirkung auch im Verhältnis von Privatrechtssubjekten würde die Kompetenzordnung des EG-Vertrags zu Lasten der Mitgliedstaaten verschieben, die insoweit auf ihre souveränen Rechte nicht zugunsten der Gemeinschaftsorgane verzichtet haben (BAG, Beschluss vom 18. Februar 2003 – 1 ABR 2/02 -, BAGE 105, 32-58, Rn. 85; EuGH, Urteil vom 14. Juli 1994 – C-91/92 -). Eine Ausdehnung der Möglichkeit, sich auf nicht oder nicht richtig umgesetzte Richtlinien zu berufen, auf den Bereich der Beziehungen zwischen Privaten liefe nämlich darauf hinaus, der Union die Befugnis zuzuerkennen, mit unmittelbarer Wirkung Verpflichtungen zulasten der Einzelnen anzuordnen, obwohl sie dies nur dort darf, wo ihr die Befugnis zum Erlass von Verordnungen zugewiesen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Januar 2019 – C-193/17 -, Rn. 72, juris; EuGH, Urteil vom 6. November 2018, Bauer und Willmeroth, C-569/16 und C-570/16, ECLI:EU:C:2018:871, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung; EuGH, Urteil vom 10.10.2017, C-413/15; EuGH, Urteil vom 14. Juli 1994 – C-91/92). bb. Ein mitgliedstaatliches Umsetzungsgesetz nicht anzuwenden – mit der faktischen Konsequenz der unmittelbaren Anwendung der Richtlinie – kommt auch nach der Rechtsprechung des EuGH nur in Ausnahmefällen in Betracht. Dazu zählt der Fall, wenn die Beklagte – unmittelbar oder mittelbar – Teil der staatlichen Gewalt ist (vgl. EuGH, Urteil vom 22.01.2019 – C – 193/17 (Cresco); EuGH, Urteil vom 06.10.2015, C-508/14 m. w. N.; EuGH, Urteil vom 26.09.1996 – C-168/95; EuGH, Urteil vom 10.06.1982 – 255/81; EuGH, Urteil vom 19. 01.1982 – 8/81; BVerwG, Urteil vom 28.10.2010 – 2 C 52/09).
Vergleichbares gilt, wenn die nationalen Rechtsvorschriften nicht im Einklang mit einer Richtlinie ausgelegt werden können, das vorlegende Gericht aber gleichwohl gehalten wäre, den Rechtsschutz zu gewährleisten, da andernfalls die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts oder die Charta der Grundrechte der Europäischen Union verletzt wären (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Januar 2019 – C-193/17 -, Rn. 78); hier kommt im Verhältnis zweier nicht staatlicher Beteiligter aber letztlich nicht die Richtlinie zur unmittelbaren Anwendung, vielmehr entfalten die dahinterstehenden allgemeinen Grundsätze resp. Grundrechte unmittelbare Wirkung.
Beide Ausnahmen greifen hier nicht. Weder ist die Beklagte (unmittelbar oder mittelbar) Teil der Staatsgewalt, noch werden im Falle einer Anwendung des nationalen Rechts allgemeine Grundsätze des Unionsrechts oder Grundrechte verletzt.
(3) Diese vom Senat vertretene Ansicht wurde mittlerweile vom Bundesgerichtshof bestätigt. Auf dessen Ausführungen im Beschluss vom 31.03.2020 – XI ZR 198/19, Rz. 13/14 wird Bezug genommen.
1.2. Die Berufung greift nicht, soweit sie meint, in der Widerrufsinformation werde die Klägerin unrichtig darüber belehrt, sie müsse nach dem Widerruf das Darlehen zurückzahlen und für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung den vereinbarten Sollzins entrichten, obwohl der Darlehensnehmer im Falle des Widerrufs bei einem verbundenen Vertrag – nachdem die Ware ausgeliefert wurde – weder die Rückzahlung des Darlehens noch die Zinsen schulde (BB Seite 29 ff).
(1) Nach Art.247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB muss im Falle des Bestehens eines Widerrufsrechts nach § 495 BGB ein Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers enthalten sein, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten.
Die streitgegenständliche Widerrufsinformation enthält dazu folgende Ausführungen:
Soweit das Darlehen bereits ausbezahlt wurde, hat es der Darlehensnehmer spätestens innerhalb von 30 Tagen zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten.(..).
Damit hat die Beklagte die Klägerin klar, verständlich und zutreffend über die Rechtsfolgen des Widerrufs des Darlehensvertrages informiert.
Die Ausführungen der Berufung, die Information sei unrichtig, da die Klägerin bei einem Widerruf weder die Darlehensvaluta an die Beklagte zurückzuzahlen noch Zinsen zu zahlen habe (BB Seite 29 ff), gehen schon deshalb ins Leere, da die Beklagte das Muster aus Anlage 7 zu Art. 247 §§ 6 Abs. 2 Satz 3, 12 Abs. 1 Satz 3 EGBGB verwendet hat und daher dessen Schutzwirkung greift. Den Besonderheiten bei verbundenen Verträgen wird im Abschnitt Besonderheiten bei weiteren Verträgen der streitgegenständlichen Widerrufsinformation genügt, wo die Beklagte die gesetzlich vorgesehenen Gestaltungshinweise umgesetzt hat (ebenso BGH, Beschluss vom 31.03.2020 – XI ZR 198/19).
2. Weitere Pflichtangaben
2.1. Zutreffend ist das Erstgericht zu dem Ergebnis gekommen, die Beklagte habe die Klägerin ordnungsgemäß über die Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung informiert gemäß Art. 247 § 7 Nr. 3 EGBGB (LGU Seite 9 f). Soweit die Klägerin die streitgegenständlichen Informationen zur Vorfälligkeitsentschädigung für nicht hinreichend hält (BB Seite 36 i.V.m Seite 10 f), lässt sie vollständig außer Acht, dass der Bundesgerichtshof (Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18) bei den wortgleichen Ausführungen zur Vorfälligkeitsentschädigung eine hinreichende Information gemäß Art. 247 § 7 Nr. 3 EGBGB bejaht und damit letztlich die bisherige ständige Rechtsprechung des Senats bestätigt hat. Auf die im Urteil des BGH vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18 insoweit nachzulesende Begründung wird Bezug genommen. Die Ansicht des von Klägerin zitierten LG Ravensburg, Beschlüsse vom 05.03.2020 – 2 O 280/19, 2 O 328/19 und 2 O 334/19 teilt der Senat ebenso wie der Bundesgerichtshof nicht. Auf die Ausführungen des BGH, Beschluss vom 11.02.2020 – XI ZR 648/18 und Beschluss vom 31.03.2020 – XI ZR 198/19 wird verwiesen.
2.2. Die Beklagte hat der Klägerin die nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 11 EGBGB erforderliche Pflichtangabe über den Verzugszins und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung im Darlehensvertrag klar und verständlich bzw. prägnant erteilt (BB Seite 36 i.V.m Seite 8 f). Auf die Ausführungen in BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18 und Beschluss vom 11.02.2020 – XI ZR 648/18 wird Bezug genommen.
2.3. Soweit die Klägerin ausführt, sie sei entgegen Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB nicht darüber informiert worden, dass iRd Kündigung aus wichtigem Grund eine Frist nicht eingehalten werden muss (BB Seite 36 i.V.m Seite 12 ff), verhilft das der Berufung nicht zum Erfolg.
Eine Unterrichtung über das einzuhaltende Verfahren bei der außerordentlichen Kündigung des Vertrages stellt nach ständiger Rechtsprechung des Senats, die der Bundesgerichtshof bestätigt hat, von vorneherein keine Pflichtangabe im Sinne des Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB dar. Auf die Ausführungen des BGH im Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18, dort Ziffer 3 sowie im Beschluss vom 11.02.2020 – XI ZR 648/18, dort Ziffer 3, wird verwiesen.
2.4. Die Klägerin wurde im streitgegenständlichen Darlehensvertrag klar und verständlich bzw. prägnant gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr.1, § 3 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB über die Auszahlungsbedingungen informiert. Soweit die Klägerin rügt, sie sei nicht darüber informiert worden, dass mit der erfolgten Zahlung die Kaufpreisverbindlichkeit gegenüber dem Verkäufer in dieser Höhe erlischt und der Käufer nach vollständiger Zahlung des Kaufpreises die Aushändigung des gekauften Fahrzeugs vom Verkäufer verlangen könne (BB Seite 36 i.V.m. Seite 19 f), ist ihr kein Erfolg beschieden.
Für einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher, auf den abzustellen ist, liegt bei gebotenen Befassung mit dem Darlehensvertrag auf der Hand, dass er durch die Auszahlung der Darlehensvaluta an den Fahrzeugverkäufer insoweit von seinen Verbindlichkeiten aus dem Kaufvertrag befreit wird, er den Kaufpreis nicht nochmals an den Verkäufer zu zahlen hat und dass er spätestens nach vollständiger Zahlung des Kaufpreises die Aushändigung des Fahrzeugs vom Verkäufer verlangen kann. Dies ergibt sich schon eindeutig daraus, dass der Darlehensvertrag zur Finanzierung des näher bezeichneten Fahrzeugs geschlossen wurde und vereinbart wurde, dass das Darlehen zum Zeitpunkt der Fahrzeugauslieferung an den Fahrzeugverkäufer ausbezahlt wird. Des darüber hinaus von der Klägerin geforderten Hinweises bedurfte es nicht.
2.5. Die Klägerin wurde im streitgegenständlichen Darlehensvertrag auch klar und verständlich bzw. prägnant über das außergerichtliche Beschwerde – und Rechtsbehelfsverfahren informiert (BB Seite 36 i.V.m. Seite 20 ff).
Der Darlehensvertrag enthält dazu folgende Ausführungen: Ombudsmannverfahren Für die Beilegung von Streitigkeiten mit der Bank besteht die Möglichkeit, den Ombudsmann der privaten Banken anzurufen. Näheres regelt die „Verfahrensordnung für die Schlichtung von „Kundenbeschwerden im Deutschen Bankgewerbe“, die auf Wunsch zur Verfügung gestellt wird oder auf der Internetseite des Bundesverbandes deutsche Banken e.V., www.bdb.de, eingesehen werden kann. Die Beschwerde ist schriftlich an die Kundendienstbeschwerdestelle beim Bundesverband deutscher Banken e.V., Postfach 040307, 1…0062 Berlin, zu richten.“
Insoweit hat der Bundesgerichtshof, auf dessen Beschluss vom 11.02.2020 – XI ZR 648/18 Bezug genommen wird, bereits entschieden, dass diese Ausführungen klar und prägnant sind und den Anforderungen des Art. 10 Abs. 2 Buchstabe t Verbraucherkreditlinie und des korrespondierenden Art. 247 § 7 Nr. 4 EGBGB genügen.
2.6. Zutreffend hat das Landgericht unter Bezugnahme auf das Urteil des BGH vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18 ausgeführt, dass die Klägerin in der Europäischen Standardinformation (vorgelegt als Anlage K 1, Seite 1 – 3 von 11), welche unangegriffen Bestandteil des Darlehensvertrages ist (LGU Seite 2), gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 2 EGBGB über die Art des Darlehens im Darlehensvertrag hinreichend klar und verständlich bzw. prägnant informiert wurde. Soweit die Klägerin dagegen einwendet, die auf Seite 1 des Darlehensvertrages gemachten Angaben träfen keine Aussage darüber, ob es sich um ein befristetes oder unbefristetes Darlehen handele (BB Seite 36 i.V.m. 17 ff), ist ihr kein Erfolg beschieden. Vielmehr ergibt sich die Befristung ohne Weiteres daraus, dass der Kredit als „Ratenkredit mit gelichbleibenden Monatsraten und erhöhter Schlussrate“ beschrieben ist und zudem die Laufzeit des Kreditvertrages mit 48 Monaten angegeben ist (vgl Europäischen Standardinformation, Seite 1 von 11).
Zudem enthält Seite 5 des Darlehensvertrages (Anlage K 1, Seite 5 von 11) die Informationen,
– dass das Darlehen zur Finanzierung das Kaufes des genauer beschriebenen Fahrzeuges dient,
– dass es sich um einen Ratenkredit handelt,
– dass das Darlehen in 47 monatlichen gleichbleibenden Raten sowie einer erhöhten Schlussrate (11.273,19 €), jeweils fällig zum 10. eines Monats, zurückzuzahlen ist,
– dass die Laufzeit 48 Monate beträgt und die letzte Rate am 10.05.2020 zu zahlen ist
– dass der Sollzinssatz über die gesamte Vertragslaufzeit gebunden ist und 2,97% beträgt und
– dass das Darlehen für private Zwecke bestimmt ist.
Diese Informationen sind hinreichend, um die Klägerin über die Art ihres Kredites, nämlich einen befristeten Ratenkreditvertrag mit gleichbleibenden Monatsraten, einer erhöhten Schlussrate und festen Zinssatz zu privaten Zwecken zu informieren. Sie sind auch hinreichend klar und verständlich bzw. prägnant.
3. Soweit die Berufung den gesamten erstinstanzlichen Vortrag zum Gegenstand des Berufungsverfahrens machen will (BB Seite 3), liegt schon keine zulässige Berufungsrüge vor (zu den Anforderungen vgl. etwa zuletzt BGH, Urteil vom 16.07.2019 – XI ZB 10/18, Rz. 8 ff.; BGH, Urteil vom 25.06.2019 – XI ZB 30/18, Rz. 9 ff.; BGH, Urteil vom 02.04.2019 – XI ZR 466/17, Rz. 13 ff.). Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt (BGH, Beschlüsse vom 26. Juli 2004 – VIII ZB 29/04, vom 27. Mai 2008 – XI ZB 41/06, vom 12. Mai 2009 – XI ZB 21/08, vom 1. März 2011- XI ZB 26/08 und vom 11. Oktober 2016 – XI ZB 32/15, jeweils m.w.N). Dabei reicht es nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (BGH, Beschluss vom 25.09.2018 – XI ZB 7/17 BGH vom 23. Oktober 2012 – XI ZB 25/11 und vom 11. Oktober 2016 – XI ZB 32/15, jeweils m.w.N). Beweisangebote sind konkret zu wiederholen.
4. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (vgl. BB Seite 19) sind nicht gegeben.
Es liegt weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache vor noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 522 Abs. Nr. 2 und 3 ZPO).
(1) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 12).
Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage im Übrigen nur dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Der artige Unklarheiten bestehen u.a. dann, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 12; Beschluss vom 22. September 2015 – II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 3 mwN). Dies ist nicht der Fall, zumal mit den Urteilen des BGH vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18 und XI ZR 11/19, den Beschlüssen vom 11.02.2020 – XI ZR 648/18 und vom 31.03.2020 – XI ZR 198/19) bereits höchstrichterliche Entscheidungen vorliegen Der Umstand, dass – wie vorliegend – eine einheitliche Entscheidung des Revisionsgerichts in mehreren denselben Sachverhalt betreffenden Parallelverfahren angestrebt wird, gibt der Sache keine allgemeine, mithin grundsätzliche Bedeutung (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 14; Beschluss vom 22. September 2015 – II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 5).
(2) Die Revision ist nicht zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung wegen Divergenz zuzulassen.
Das wäre dann der Fall, wenn in der Entscheidung des Berufungsgerichts ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt würde, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts aufgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 10; Beschluss vom 29. Mai 2002 – V ZB 11/02, BGHZ 151, 42, 45; Beschluss vom 1. Oktober 2002 – XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182, 186; Beschluss vom 27. März 2003 – V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 293 mwN; Beschluss vom 9. Juli 2007 – II ZR 95/06, ZIP 2007, 2074 Rn. 2).
Eine solche Abweichung ist nicht ersichtlich und wird von der Berufung auch nicht vorgetragen. Der Senat weicht in seiner Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ab. Divergenzen zu oberlandesgerichtlichen Endentscheidungen sind nicht bekannt und werden auch von der Berufung nicht dargelegt.
(3) Die Fortbildung des Rechts erfordert ebenfalls keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 15; Beschluss vom 4. Juli 2002 – V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 225). Dies ist nach Ansicht des Senats und – soweit bekannt – erkennbar auch der überwiegenden Mehrheit der Oberlandesgerichte nicht der Fall.
5. Eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die Vorlagebeschlüsse des LG Ravensburg vom 07.01.2020 – 2 O 315/19, vom 05.03.2020 – 2 O 280/19; 2 O 328/19; 2 O 334/19 und vom 31.03.2020 – 2 O 294/19; 2 O 249/19 ist nicht geboten. Die richtige Auslegung des Unionsrechts ist derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt (acte clair). Dies stellte der Bundesgerichtshof ausdrücklich fest. Auf dessen Ausführungen wird Bezug genommen (BGH, Beschluss vom 31.03.2020 – XI ZR 198/19; BGH, Beschlüsse vom 11.02.2020 – XI ZR 648/18 und XI ZR 630/18; BGH, Beschluss vom 19.03.2019 – XI ZR 44/18; BGH, Beschluss vom 02.04.2019 – XI ZR 488/17). Dies gilt auch, soweit gemäß Art. 10 Abs. 2 lit d RL 2008/48/EG die Bedingungen für die Inanspruchnahme des Kredits anzugeben sind.
6. Bei dieser Sachlage wird schon aus Kostengründen empfohlen, die Berufung zurückzunehmen. Im Falle der Berufungsrücknahme vor Eingang der Berufungsbegründung bei Gericht ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 1,0 Gebühren (vgl. Nr. 1221 des Kostenverzeichnisses zum GKG) und nach deren Eingang von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
7. Zu diesen Hinweisen kann der Berufungsführer binnen 3 Wochen ab Zugang Stellung nehmen. Der Senat soll nach der gesetzlichen Regelung die Berufung unverzüglich durch Beschluss zurückweisen, wenn sich Änderungen nicht ergeben. Mit einer einmaligen Verlängerung dieser Frist um maximal weitere 3 Wochen ist daher nur bei Glaubhaftmachung konkreter, triftiger Gründe zu rechnen (vgl. OLG Rostock, OLGR 2004, 127 ff.). Eine Fristverlängerung um insgesamt mehr als einen Monat ist daneben entsprechend § 520 II 3 ZPO nur mit Zustimmung des Gegners möglich.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben